Testbericht: WWE SmackDown vs. RAW 2011

Nicht täglich, aber immerhin im Jahresrhythmus grüßt das Murmeltier, wenn es um die Neuauflagen bekannter Sportserien geht. Neben den üblichen Verdächtigen aus dem Hause Electronic Arts erlebt auch THQs „WWE SmackDown vs. Raw“ mittlerweile ein jährliches Update und bietet dabei natürlich immer den aktuellen Kader der Wrestling-Superstars. Welche Neuerungen sich diesmal noch mit auf der Disc befinden und ob Fans erneut zuschlagen müssen, verraten euch die folgenden Zeilen.

The King of the Ring

Wrestlingfans warten schon gespannt auf den neuen Aufguss der Sportserie, die von Yuke’s entwickelt wird und sich seit Jahren konstant weiter entwickelt hat. Nachdem auch der Sport selbst sich einigen Änderungen unterzogen hat und die Storylines zwischen den Kämpfen wie in einer Art Soap Opera mehr und mehr Bedeutung gewinnen, hat man diese mittlerweile auch verstärkt in die Videospielumsetzungen integriert. Dies spiegelt sich auch in WWE SmackDown vs. Raw 2011 wieder. Neulinge werden dabei schon nach dem Titelbildschirm überwältigt von der Flut an Spielmodi sein und gar nicht wissen, womit sie sich zuerst beschäftigen sollen. Alten Hasen fällt dagegen auf, dass der seit der 2009er Fassung bekannte Road to Wrestlemania-Modus wieder mit von der Partie ist, bei dem ihr Storylines von insgesamt fünf verschiedenen Stars selbst spielen dürft. Mit John Cena macht ihr euch dabei auf die Jagd nach dem Titel, in der Rolle von Chris Jericho dürft ihr den fiesen Bad Boy heraushängen lassen, mit Christian deutet alles auf ein Tag Team-Revival hin und als Rey Mysterio dürft ihr den Underdog spielen, der sich seine Chancen auf den Titel hart erkämpft. Die fünfte Geschichte ist zwar dem Undertaker zugeordnet, allerdings spielt ihr dort nicht als der schwarze Sensenmann selbst. Stattdessen schickt ihr hier einen selbst erstellten Wrestler ins Rennen. Die Matches und alles drum herum scheint allerdings vom Undertaker kontrolliert zu werden. Viele Matches und auch die Cutscenes hinter den Kulissen sind dabei sehr stimmungsvoll inszeniert und lassen gerade diese Storyline zu einem echten Highlight werden. Die anderen Geschichten sind zwar auch vor allem für Fans des Sports überzeugend, warten jedoch mit weitaus weniger Überraschungen auf und sind allesamt in knappen zwei bis drei Stunden durchgespielt.

Wer sich nicht gerade im Ring gegen seine Opponenten zur Wehr setzt, stolziert dabei durch den erstmals frei gegebenen Backstagebereich. Ihr werdet über euer Handy hierbei immer über alle wichtigen Neuigkeiten informiert, sucht das Büro des Chefs auf um Infos über neue Matches zu erfahren, werdet in eurer Umkleidekabine von euren Widersachern angegriffen und verteilt in Matches gewonnene Erfahrungspunkte auf euren Recken. Interviews für die virtuellen TV-Sendungen sind genauso möglich wie das Aufeinandertreffen mit euren nächsten Gegnern im Ring. Ihr dürft dabei entscheiden, ob ihr euch normal mit euren Kollegen unterhaltet oder eine Rauferei im Backstagebereich anzetteln wollt. Siegt ihr dort durch ein technischen KO, verschafft euch das zwar mitunter zusätzliche Erfahrungspunkte für euren Wrestler, Auswirkungen auf den bevor stehenden Kampf hat das kleine Techtelmechtel jedoch nicht. Euer Kontrahent stapft kurz nach der Prügelei munter in den Ring, als wäre nichts geschehen. Hier hat man meiner Meinung nach viel Potenzial verschenkt, was den Realismus des Spielmodus noch gesteigert hätte. So hat man im Backstagebereich in erster Linie mit aufkommender Langeweile zu kämpfen, da das Areal dort meist ziemlich leer und verwaist wirkt. Die Kamera klebt euch zudem direkt hinter der Schulter, was zu Lasten der Übersichtlichkeit geht. Trefft ihr doch auf eine Diva oder einen anderen Muskelmann, gibt es kurze Gespräche, die jedoch meist nicht sonderlich interessant sind.

Im Ring dagegen ist alles in bester Ordnung und wir bekommen das bereits im Titel aus dem Vorjahr erprobte Gameplay geboten. Lobenswert dabei ist, dass neben der Kombination aus Wiimote und Nunchuk auch der Classic Controller unterstützt wird. WWE SmackDown vs. Raw 2011 kommt zwar ohne aufgezwungenes Fuchteln aus, ist mit dem Classic Controller aber wesentlich angenehmer spielbar und nahezu identisch mit dem großen Bruder auf den HD-Konsolen. Die Steuerung funktioniert dabei präzise, allerdings sehen blutige Anfänger in ihren ersten Matches wohl nicht viel Land. Wrestling ist eine ziemlich umfangreiche Sportart, die alle nur erdenklich möglichen Schläge, Tritte, Würfe und Griffe umfasst. Je nach Moveliste eures Recken wendet ihr so die unterschiedlichsten Aktionen an, um euer Gegenüber auf der Matte zu zermürben. Wer den Kniff einmal raus hat, zaubert offenbar mit Leichtigkeit ein High Risk Manöver nach dem anderen aus dem Ärmel und lässt seinen Kontrahenten krachend in die Ringecke knallen. Man muss allerdings wissen, über welche Aktionen der eigene Superstar verfügt, um diese im Kampf zum eigenen Vorteil anwenden zu können. Je nach Position zum Gegner können dabei die Moves teils deutlich variieren. Natürlich kommt man auch mit simplen Schlägen und einfachen Griffen zum Erfolg. Eine stilvolle Kombination aus verschiedenen Attacken und besonders spektakulären Würfen, die mit dem eigenen Finishing Move abgerundet wird, sieht aber nicht nur für Zuschauer besser aus, sondern befriedigt auch den eigenen Anspruch daran ein möglichst reales Wrestlingmatch auf dem Bildschirm nachzustellen. Eine große Rolle spielen diesmal auch die Reversal, mit denen ihr feindliche Angriffe durch das rechtzeitige Drücken einer eingeblendeten Taste kontern könnt. Ebenfalls geändert ist die Tatsache, dass ihr bei einem Pinversuch nicht mehr wie wild auf eine Taste hämmern müsst, damit ihr euch befreien könnt. Stattdessen wird nun ein Quick Time Event absolviert. Die Verbesserung der Steuerung ist dabei eher im Detail zu suchen. Nachdem sich aber schon der Vorgänger souverän steuern ließ, ist dies nicht als Nachteil zu werten.

Bekannt sein dürfte Besitzern der Vorgänger auch die unglaublich große Auswahl an Matcharten, in denen ihr euch vergnügen dürft. Einzelkämpfe im Modus 1 VS 1 sind dabei richtig langweilig, wenn man sich einmal die anderen Optionen betrachtet. Handicap-Matches in den verschiedensten Konstellationen, Leitermachtes, Hell in a Cell, Royal Rumble mit 10, 20 oder gar 30 Teilnehmern, First Blood-Machtes mit besonders brutalen Regeln, bei dem der Gegner blutig geschlagen werden muss, Kämpfe im Stahlkäfig, mit Tischen und Stühlen – da kann einem direkt schwindelig werden. Dennoch hat man all diese Varianten schon einmal gesehen und auf Dauer kann es etwas langweilig werden, wenn man immer nur im Exhibition-Verfahren einzelne Matches bestreitet. Eine richtige Karriere gibt es in WWE SmackDown vs. Raw 2011 nämlich nicht. Was diesmal allerdings wirklich neu ist, ist der WWE Welt Modus, der sozusagen eine Art massiv erweiterten Karrieremodus darstellt. Hier nämlich wird euch eine komplette WWE Welt vorgegeben inklusive Rangliste, Fehden, Freundschaften, Storylines, Titelkämpfen und allem, was auch im TV so dazu gehört. Ihr entscheidet nun, ob ihr die festgesetzten Matches in dieser Konstellation so spielen wollt oder einfach nur das Ergebnis simulieren lasst. Passt euch an den Matches etwas nicht, so darf alles, aber auch wirklich alles von euch geändert werden. Ihr spielt somit WWE-Chef und ändert bei Bedarf neben den Regeln auch die Teilnehmer sowie die Gürtelvergabe. Ihr schafft neue Fehden und sorgt für Freundschaften. Alle Ergebnisse aus den Matches wirken sich dabei sofort auf das gesamte Umfeld aus. So wirkt die WWE Welt stets lebendig, was durch unvorhergesehene Aktionen untermauert wird. Euer selbst erstellter Superstar darf dabei auf Wunsch genauso mit ins Geschehen eingreifen und zum nächsten Champion gemacht werden. Über diesen Modus werden zudem weitere Wrestler sowie Extras frei geschaltet, was die Motivation in die Höhe treibt.

Aus einer unglaublichen Vielzahl an Möglichkeiten dürft ihr natürlich auch dieses Jahr wieder eure eigenen Heldinnen und Helden erstellen. Neben dem optischen Möglichkeiten in der Gestaltung eures Recken hat sich auch das Repertoire an Moves noch einmal erweitert, welches ihr frei konfigurieren dürft. Neu ist auch die Möglichkeit einen eigenen Finishing Move vom Ringseil zu entwerfen. Da ihr auch noch euren Einzug möglichst spektakulär mit Kameraschwenks und Pyroeffekten gestalten, eigene Logos erstellen und euch sogar an einer eigenen Storyline mit Cutscenes und selbst geschriebenen Dialogen versuchen dürft, werden Fans des Sports hier sicherlich Tage, Wochen und vielleicht sogar Monate lang eine Beschäftigung finden. Wer sich nicht gerne alleine vor die Konsole gesellt, darf auch bis zu drei Kumpels einladen und mit ihnen, bzw. ihren Alter Egos in den Ring steigen. Hat man eine Clique aus ähnlich enthusiastischen Wrestlingsfreaks zusammen, ergeben sich so lange Zockernächte mit jeder Menge Gaudi. Schade ist dagegen, dass man auf einen Onlinemodus verzichten muss und nicht wie bei der HD-Konkurrenz die selbst erstellten Wrestler und Storylines mit der gesamten Welt teilen kann. Aber als Wii-Besitzer hat man sich wohl schon daran gewöhnt, in diesem Bereich meist die zweite Geige spielen zu müssen.

Der Glanz des Titels?

Auch wenn WWE SmackDown vs. Raw 2011 spielerisch vieles richtig macht und einige Verbesserungen an meist sinnvollen Stellen bietet, so erlebt der Titel technisch nicht den erhofften Fortschritt. Die Wrestler selbst sehen zwar noch einen Tick authentischer aus als in der Version aus dem letzten Jahr, nur bewegen sie sich immer noch teils etwas abgehackt im Ring, wenn gerade mal eine Aktion nicht so recht glücken will. Ansonsten sind die Moves, Würfe und Griffe jedoch sauber animiert. Gerade im neu verfügbaren Backstagebereich sind die Laufanimationen allerdings teils zum fürchten. Das gilt genauso für die extrem schwachen Texturen der verschiedenen Locations, die mitunter sehr grob und pixelig wirken. Das ist vor allem deswegen schade, weil die Einmärsche der Superstars schön effektvoll inszeniert wurden, Einspieler aus realen Matches beinhalten und einfach eine Augenweide sind. Eine definitive Schwachstelle ist dagegen weiterhin das Publikum. Zwar wirken die Zuschauer nun etwas abwechslungsreicher als zuvor und wiederholen sich nicht mehr so oft, dennoch sind sie einfach hässlich. Im Hintergrund kleben schlichte Sprites, im Vordergrund warten simpel gestaltete Polygoncharaktere mit klobigen Ecken an der Stelle, wo richtige Menschen normalerweise ihre Hände haben.

Beim Sound gibt es leider ebenfalls kleine Mängel zu beklagen. Diese betreffen nicht die Musik, denn die Originalstücke der Interpreten dröhnen satt aus euren Boxen und untermalen das Menü sowie den Einzug eurer Stars perfekt. Im Ring sind die Schlaggeräusche ebenfalls authentisch. Die Kommentatoren wiederholen sich jedoch relativ häufig und bringen auch Sprüche, die gar nicht zur aktuellen Situation passen. Mehrfach wurde ein Schlag mit einem Axhandle Blow kommentiert, obwohl ich meinen Gegner gerade in einem Würgegriff hatte. Alle Wrestler haben ihre Zeilen übrigens selbst eingesprochen, was den Entwicklern hoch anzurechnen ist. Nur die neuen Brawls im Backstagebereich sind in Sachen Sound ein absoluter Schuss in den Ofen gewesen. Natürlich kann hier kein Kommentator das Geschehen begleiten, aber die Schlag- und Trittgeräusche klingen Backstage so dermaßen unrealistisch und sind so selten zu hören, dass immer wieder absolutes Schweigen herrscht. Hier hätte man sich vielleicht etwas mehr Mühe geben und das ein oder andere zusätzliche Sprachsample der Wrestler selbst einbauen sollen, um die Atmosphäre nicht so leer wirken zu lassen. Nachdem es in den TV-Sendungen auch immer wieder Berichte über Auseinandersetzungen hinter den Kulissen gibt, wäre ein überraschend auftauchendes Kamerateam samt Kommentator ebenfalls eine Möglichkeit gewesen, um die hitzige Atmosphäre einer solchen spontanen Prügelei auf den Bildschirm transportieren zu können.

Fazit

Kauf ich’s oder kauf ich es nicht? Diese Frage dürften sich in der Tat alle stellen, die den Vorgänger bereits im Regal haben. Technisch reißt WWE Smackdown VS Raw 2011 keine Bäume aus, im Gegenteil. Doch das Gameplay stimmt dank einiger Feinjustierungen nach wie vor. Der Umfang ist riesig und der neue WWE Welt-Modus überzeugt durch seine schier unendlichen Möglichkeiten. Der frei begehbare Backstagebereich im Storymodus ist zwar eine nette Idee, hier fehlt allerdings noch der notwendige Feinschliff. Besitzer des Vorgängers können also mitunter auf die hoffentlich noch einmal die kleinen Schwachstellen ausmerzende und mit neuer Engine auch endlich technisch überzeugende Version im nächsten Jahr warten. Beinharte Wrestlingfreaks kommen dagegen nicht um den Kauf von WWE SmackDown vs. Raw 2011 herum, verzeihen Yuke’s die kleinen Patzer und werden lange Zeit ihren Spaß mit dem Titel haben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Packshot WWE SmackDown vs. RAW 2011

WWE SmackDown vs. RAW 2011

Release: 29.10.2010
Publisher:
Entwickler:
Anzahl Spieler: 4
USK: 16