Testbericht: WWE SmackDown vs. RAW 2009
Erst kürzlich schickte Midway mit „TNA Impcat!“ neue Kämpfer aus dem Bereich der Wrestlingspiele in das Rennen um die Gunst der Spieler. Obwohl der Titel einige gute Ansätze aufweisen konnte, krankte er dennoch an diversen Kinderkrankheiten. Nun darf THQ mit „WWE Smackdown vs. Raw 2009“ zeigen, warum man zurecht die Nummer 1 im Wrestlinggenre ist. Wir haben uns für euch in die Latexhosen gezwängt, fleißig in der Muckibude trainiert und herausgefunden, ob die 2009er Version für Nintendos Wii mehr ist als nur ein lauer Aufguss…
The Road to Wrestlemania
2008 feierte die Smackdown vs. Raw-Serie ihren Einstand auf einer Nintendo-Konsole. Trotz guter Ansätze fiel die endgültige Bewertung eher mittelmäßig aus, da zu viele Details eine höhere Wertung verhinderten. Nachdem in diesem Jahr seitens Midway erstmals ernst zu nehmende Konkurrenz im Bereich der Wrestlingspiele erschien, musste sich THQ respektive das Entwicklerteam Yukes ein wenig anstrengen, um die Vorherrschaft in diesem Genre zu unterstreichen. Was soll ich sagen? Das Unterfangen ist gelungen – und dies liegt nicht nur daran, dass der Konkurrent TNA Impact! wie THQs Reihe im letzten Jahr selbst mit einigen Kinderkrankheiten zu kämpfen hatte. Nein, Smackdown vs. Raw 2009 wurde im Vergleich zu seinem direkten Vorgänger in nahezu jedem Punkt verbessert. Das Grundprinzip wurde natürlich beibehalten: Ihr bekämpft euch im Ring mit Schlägen, Tritten, Würfen und Haltegriffen so lange, bis die Energieleiste eures Gegners abgenommen hat und ihr einen Pinversuch wagen wollt. Zählt der Ringrichter bis drei durch, tragt ihr den Sieg davon. Doch das ist nicht so einfach wie gedacht, denn Konterattacken, das Anfeuern des Publikums, das Eingreifen von Dritten, der Einsatz von unerlaubten Gegenständen wie Tischen und Stühlen sowie das drohende „Ring Out“ beim Verlassen des Rings wollen allesamt bedacht werden und lassen die Herzen von Wrestlingfans höher schlagen.
Wie es sich für ein Wrestlingspiel gehört, könnt ihr natürlich auf ein riesiges Repertoire an Muskelprotzen und Power-Girls zurückgreifen. Die aktuellen Roster der Smackdown- sowie der Raw-Ligen sowie die der ECW sind allesamt enthalten, sodass dem Spieler die Qual der Wahl schwer fallen dürfte. Gut 60 Akteure wollen von euch in den Ring gebracht werden, wobei von Anfang an allerdings nicht alle Superstars gleich zur Verfügung stehen, sondern einige erst freigeschaltet werden wollen. Wem diese Palette an Mattenakrobaten nicht ausreicht, der darf sich im „Create a Wrestler“-Modus vergnügen. Dieser gehört zum guten Ton eines jeden Wrestlinggames und erlaubt euch einen männlichen oder weiblichen Superstar nach euren eigenen Wünschen zu basteln. Die Auswahl aus Gesichtsformen, Bärten, Frisuren, Tattoos, Unterhosen und dergleichen mehr ist wieder einmal enorm. Egal ob ihr euren liebsten Helden aus frühen Jahren nachbasteln wollt oder versucht euren ehemaligen Chemielehrer nachzubilden, um ihm im Ring ordentlich eins auf die Mütze zu geben, eurer Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt und alleine mit dem Erstellen von Wrestlern kann man sich schon stundenlang beschäftigen.
Hat man seine Ringkämpfer fertig gestellt, ist aber noch lange nicht Schluss. Denn nun könnt ihr euch noch über die Movepalette her machen und diese entweder aus vorgefertigten Sets wählen oder komplett selbst nach euren Wünschen erstellen. Der dritte „Create“-Aspekt befasst sich mit den Einzügen der Superstars in die Arena und ist in dieser Form brandneu. Erstmals werden die Einmärsche interaktiv gestaltet. Wer mit seinem Wrestler in die Arena marschiert, darf an bestimmten Stellen vorgefertigte Gesten ausführen, um so den Marsch zum Ring zu personalisieren. Während die Idee an sich großartig ist und dem Spieler weitere Interaktionsmöglichkeiten und einen erhöhten Realismusgrad bietet, trüben Fehler im Detail den guten Eindruck. Dass man mit dem Untertaker die Arme bedrohlich hebt und Pyroflammen zünden lassen kann trägt erheblich zur Stimmung bei. Dass er allerdings im nächsten Moment wie ein schmächtiger High Flyer behende in Richtung Ring sprintet und dabei das Publikum abklatscht, ist einfach unpassend. Hier hätte eine individuellere Gestaltung erfolgen müssen, wie man sie bei der Einmarscherstellung für seine selbst kreierten Recken auch vornehmen kann.
Ein weiteres Detail könnte dem erfahrenen Konsolenwrestler ebenfalls negativ aufstoßen. So mag es zwar eine gewisse Motivation bieten, wenn man sich die Punkte zum Aufbessern der Eigenschaften seiner Wrestler im Karrieremodus Match für Macht verdienen muss, ein schnelles Erstellen eines eigenen Rosters inklusive gut trainierter Superstars fällt damit aber flach. Hinzu kommt noch, dass die Punkte je nach Agieren in den Matches vergeben werden. Wer also wenig Abwechslung bietet und nur Würfe ansetzt, wird kaum viele Punkt im Bereich „Taktik“ und „Speed“ bekommen, was sich auf das Endresultat des erstellten Wrestlers auswirkt. Dieser Aspekt ist allerdings nicht nur negativ zu bewerten. Wer sich gerne intensiv mit seinen selbst erstellten Akteuren befasst und deren Stil eine eigene Persönlichkeit verleihen will, wird hier sicherlich seine Erfüllung finden und erhält perfekt auf seinen Spielstil angepasste Helden. Ebenfalls erfüllend ist die Anzahl an Matchvarianten. Vom klassischen 1on1 über Tag Team-Kämpfe und Leitermatches ist hier nahezu alles geboten, was das Wrestlingherz begehrt. Neu in Smackdown vs. Raw 2009 sind dabei der Royal Rumble, das TLC-Match (Tables, Ladders, Chairs) sowie der Steelcage Showdown.
Auch in einem weiteren Punkt gibt es Neues zu vermelden: Mit „Road to Wrestlemania“ wurde ein komplett neuer Spielmodus integriert, der es wahrlich in sich hat. In diesem Modus spielt man die Geschichten von sechs Superstars nach, die sich die WWE-Schreiberlinge in Zusammenarbeit mit Yukes erdacht haben. Man schlüpft in die Rollen von wahlweise Triple H, dem Undertaker, John Cena, Chris Jericho, CM Punk oder wählt das Team Batista/Rey Mysterio und erlebt die letzten Wochen vor Wrestlemania, dem wichtigsten Ereignis in der Geschichte des Wrestlingjahres. Hierbei rückt man nicht einfach nur auf dem Kalender nach vorne und bestreitet Kampf um Kampf, sondern erlebt die den Wrestlern auf den Leib geschriebenen Stories hautnah mit. Der Undertaker beispielsweise legt sich mit Nü School an und man muss mit ansehen, wie einem im dritten Kampf um den Heavyweight Title kurz vor dem Sieg dieser durch eine Disqualifikation genommen wird – Nü School greifen in euer Match ein. Die Fehde nimmt ihren Lauf, indem Kane mit involviert wird und ihr nach dessen „Bekehrung“ mit ihm zusammen als „Brothers of Destruction“ im Team antretet, um letztlich bei Wrestlemania selbst in einem spektakulären Käfigmatch gegen den Mann anzutreten, der hinter dieser Verschwörung steckt. Dazwischen gibt es „Live-Reportagen“ mit authentischen Kameraschwenks und Backstageszenen, die euch mitten in das Geschehen hinein versetzen. Doch dies ist nur eines der Beispiele dafür, wie fesselnd „Road to Wrestlemania“ umgesetzt wurde. Gute zwei Stunden darf man mit jedem der Superstars in diesem Modus verbringen, der durch optionale Zusatzaufgaben sogar noch freischaltbare Extras bietet.
Für den Einzelspieler wird allerdings noch weitaus mehr geboten. In „Mein WWE“ darf man sich seine eigenen Roster nach Belieben zusammenstellen. Auch die Vergabe der Gürtel sowie die Gesinnung der einzelnen Wrestler („Face“ oder „Heel“, bzw. „fair“ oder „unfair“) sind einstellbar und wer mit wem im Tag Team kämpfen soll, darf hier ebenfalls festgelegt werden. Neben dem in der Tat umfangreichen Karrieremodus stehen noch diverse Turniere zur Verfügung, wobei man auch hier auf vorgefertigte Werke wie das „King of the Ring“ zurückgreifen oder eigene Turniere erstellen kann. Wer gerne mit mehreren Kumpels in den virtuellen Ring steigt, darf bis zu drei Freunde einladen und sich an der Schlacht der Muskelprotze erfreuen. Wer lieber alleine spielt und dennoch nicht immer gegen die KI antreten will, darf sich im brandneuen Onlinemodus mit Spielern aus aller Welt messen. Da während unseres Tests allerdings konstante Verbindungsprobleme auftraten, muss eine genauere Betrachtung der Onlinefeatures leider ausgeklammert werden.
Im Würgegriff
Wenn wir schon beim Thema „Klammern“ sind, können wir uns aber gleich der Steuerung widmen, einem bei Wii-Games nicht immer ganz einfachem Thema. Im Falle von Smackdown vs. Raw 2009 wurde dabei die grundlegende Steuerung des Vorgängers beibehalten, was euch ein leicht arcadelastigeres Gameplay beschert als auf den Konkurrenzkonsolen. Gesteuert wird euer Recke mit dem Analogstick des Nunchuk, Schläge und Tritte werden durch ein Schütteln der Wii-Remote verteilt. Hält man den A-, respektive den B-Button gedrückt und schwingt die Wiimote, werden je nach Button und Schwungrichtung verschiedene Moves und Griffe ausgeführt. Gerade im Falle der anspruchsvolleren Wrestlingsmoves und -griffe gibt es noch Variationsmöglichkeiten. Hat man den Gegner beispielsweise einmal umklammert, kann die Aktion verschiedene Ausführungen haben. Die Möglichkeiten dazu werden euch unter eurem Energiebalken eingeblendet und werden mit Gesten der Wii-Remote (Heben, Senken, Drehen) ausgeführt.
Viele der Aktionen sind zudem abhängig von eurer Position zum Gegner. Steht man direkt vor ihm, bewirkt ein Schütteln der Wiimote eine normale Punchcombo, aus einiger Entfernung kann es dann schon mal ein Dropkick sein und liegt euer Opponent gerade am Boden, kracht ihr mit einem Kneedrop auf dessen Gesicht. Auch Reversals sind möglich, sofern im richtigen Moment der B-Knopf gedrückt wird. Der C-Button lässt euch Jubeln, bzw. das Publikum anfeuern, der Z-Button ist für den Pin zuständig und mit einer Nunchuk-Geste schickt ihr euren Kontrahenten zum Irish Whip in die Seile. Insgesamt ist die Steuerung in Smackdown vs. Raw 2009 ziemlich leicht zu erlernen und die einzelnen Moves sind bald schon intuitiv ausführbar. Dennoch wirkt die Movepalette im Vergleich zu den anderen Konsolenversionen noch etwas eingeschränkt. Die Gesten werden in der Regel zuverlässig erkannt, doch wäre vielleicht eine etwas traditionellere Steuerung im Bezug auf die herkömmlichen Moves und der Einsatz von Gesten gekoppelt an die Finishing Moves noch besser gewesen. Doch das ist nur eine Kritik im Detail, denn an sich lässt sich das Game schon nach kurzer Einspielzeit wirklich gut steuern.
The Big Show
In technischer Hinsicht verstecken sich die Verbesserung im Vergleich zum direkten Vorgänger eher im Detail. Bereits im letzten Jahr waren die Athleten hervorragend animiert und konnten mit überzeugenden Texturen aufwarten. Dies ist auch in der aktuellen Ausgabe der WWE-Rauferei wieder der Fall. Besonders die Mimik der einzelnen Superstars ist fantastisch geworden. Hierbei profitieren natürlich vor allem Stars wie der Undertaker, der bedrohlich mit seinen Augen rollt und die Mundwinkel verzieht, während er im Ring majestätisch niederkniet und seine Urnenhand in den Himmel reckt. Die Animationen weisen leider ab und an Hänger auf, die sich auch während der Kämpfe selbst bemerkbar machen und leider nicht immer absolut flüssig laufen und sporadisch auch unter den obligatorischen Clippingfehlern zu leiden haben. Die fulminante Präsentation mit ihren stimmungsvollen Menüs, den unzähligen Einspielern, den realistischen Kameraschwenks und der actionbetonten Kameraführung während der Kämpfe sammelt dagegen fleißig Pluspunkte. Dies gilt ebenso für die Videoschnipsel, die es während der Einzüge der Wrestler auf die Videoleinwände im Hintergrund geschafft haben. Kritik muss sich Yukes dagegen für das verdammt hässliche und grob pixelige Publikum gefallen lassen, welches besonders während Kamerazooms einfach wie frisch aus der Gaming-Hölle entstiegen wirkt. Hier wäre mit etwas mehr Mühe deutlich mehr drin gewesen.
In Sachen Sound kann man bei einem Wrestlingspiel keine großen Taten verlangen. Die Einzugsmusiken der Athleten wurden allesamt integriert, der Sound dröhnt wuchtig aus den Boxen und die Schlag-, Tritt- und Wurfgeräusche während der Kämpfe vermitteln eine packende Atmosphäre. Ob man die beiden englischen Kommentatoren mag oder nicht, muss man selbst entscheiden. Es ist allerdings positiv anzumerken, dass es sich um die Originalkommentatoren der WWE handelt, was zur Atmosphäre des Titels beiträgt. Das ist auch stets dann der Fall, wenn sie im Modus „Road to Wrestlemania“ eure Story vor jedem Match kommentieren und die Ereignisse der letzten Veranstaltung noch einmal zusammenfassen – wie in den TV-Sendung eben auch. Als kleine Randnotiz muss auch erwähnt werden, dass der Lautsprecher der Wii-Remote sporadisch zum Einsatz kommt. Im „Road to Wrestlemania“-Modus hinterlassen euch Freund wie auch Feind nämlich schon einmal Sprachnachrichten auf eurer Mailbox, die ihr euch dann „aus dem Lautsprecher“ anhören könnt. Ein nettes Gimmick.
Fazit
Selbst wenn die Wii-Version um einige Details abgespeckt ist (der „Create a Finisher“-Modus beispielsweise fehlt im Vergleich zu den HD-Konsolen), so macht WWE Smackdown vs. Raw 2009 auf Nintendos weißer Kiste dennoch für sich betrachtet einfach jede Menge Spaß. Wrestlingfans kommen mit dem großen und aktuellen Roster, den zahlreichen Matcharten sowie dem umfangreichen „Create a Wrestler“-Modus voll auf ihre Kosten. Neuerungen wie die individuellen Einmärsche und der geniale „Road to Wrestlemania“-Modus runden das Spiel passend ab, so dass selbst Kritikpunkte wie die hässliche Zuschauerkulisse oder die eingeschränkte Movepalette den Spielspaß kaum trüben können. Luft nach oben ist immer noch, doch man merkt dem Game einfach seinen Feinschliff an. Wer im letzten Jahr noch Bedenken hatte, darf diese nun getrost über Bord werfen und im Falle von WWE Smackdown vs. Raw 2009 zuschlagen – und das im wahrsten Sinne des Wortes!
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