Testbericht: We Love Golf!
Gerade im Bereich der Golfspiele gibt es nun nicht gerade eine geringe Auswahl auf Nintendos Wii. Nintendo selbst legte mit dem Golfspiel in „Wii Sports“ bereits gut vor, Tecmo konnte mit dem Anime-Game „Pangya! Golf with Style“ nachlegen und die beiden „Tiger Woods“-Teile von Electronic Arts richten sich eher an die Fans realistischer Golfsimulationen. Als Vierter im Bunde wagt sich nun Capcom an diese Sportart heran. Inwieweit „We Love Golf!“ dabei besser abschneidet als die anderen Genrevertreter, haben wir für euch herausgefunden, indem wir uns den virtuellen Golfschläger geschnappt und die Kurse unsicher gemacht haben.
Let’s swing it!
Man könnte eigentlich meinen, dass Nintendos Wii bereits mit genug Golfspielen gesegnet wurde. Wenn man allerdings weiß, welches Programmierer-Team sich hinter der Entwicklung von We Love Golf! verbirgt, dann sollten viele Gamer hellhörig werden: Nämlich niemand geringeres als das Team von „Camelot“ und die haben bekanntlich in dem Genre bereits einschlägige Erfahrungen gesammelt, waren sie doch nicht nur für den ersten Everybody’s Golf-Teil verantwortlich, sondern auch für alle Golfspiele mit Mario & Co, angefangen von der Gameboy Color-Version bis hin zu Mario Golf: Toadstool Tour für den Gamecube. Weiß man jetzt noch, dass die bei „Camelot“ beschäftigten Takahashi-Brüder verlauten ließen, dass die bisherigen Golfspiele auf Nintendos Wii den Controller nicht optimal ausnutzen würden, darf man umso gespannter die Disc zu We Love Golf! in den Slot der Konsole schieben. Begrüßt werden wir im farbenfrohen Menü und sogleich mit einer Vielzahl von Spielmodi überflutet. In diesem Punkt haben sich die Entwickler wirklich nicht lumpen lassen und alle möglichen Spielvarianten integriert. Egal ob man nun ein Training absolvieren möchte, ein Match gegen einen zweiten Spieler austragen will, sich mit einem CPU-Gegner duelliert, Zielgolfen spielt oder im Turnier antreten möchte – mit insgesamt sieben verschiedenen Spielmodi bietet We Love Golf! jede Menge Umfang. Zudem muss noch erwähnt werden, dass in den einzelnen Modi weitere Boni freigeschaltet werden können. Im direkten Match gegen die CPU-Spieler schaltet man weitere Charaktere frei, während es im Turnier neue Kurse als Belohnung gibt. Des Weiteren winken auch neue Kostüme für eure Spielfiguren. Die am Anfang zur Auswahl stehenden Golfer sind zwar alles erfundene Stereotypen, doch Capcom hat für seine Fans einige Schmankerl im Repertoire, indem man freischaltbare Charaktere wie Zack aus Zack & Wiki, den Ritter Arthur aus Ghosts’n’Goblins, die Zombie-Jägerin Jill Valentine sowie die beiden Street Fighter Ken und Chun Li integrierte. Selbst an Charaktere wie die geflügelte „Morrigan“ aus der Beat’em’Up-Reihe Darkstalkers oder „Apollo Justice“ wurde gedacht. Und wer ganz fleißig ist, darf für den Einzelspieler-Modus sogar den eigenen Mii freispielen – ebenfalls eine nette Dreingabe. Das Hauptaugenmerk wurde natürlich auf den Turniermodus gelegt, in welchem die insgesamt 18 Löcher eines jeden Kurses zu bespielen sind. Insgesamt stehen dem Spieler vier verschiedene Kurse zur Verfügung, so dass für einiges an Abwechslung gesorgt ist.
Schwing den Schläger!
Der Punkt der Steuerung dürfte bei einem Golfspiel mit zu den interessantesten Aspekten gehören, immerhin sollte die Wiimote doch eine halbwegs realitätsnahe Steuerung ermöglichen. Gerade weil seitens Camelot im Vorfeld viel Kritik an der Steuerung der anderen Golfspiele auf Nintendos Wii geübt wurde, ist die Umsetzung der Steuerung am Anfang mehr als verwirrend. Das Interface auf dem Screen dürfte dabei vor allem denjenigen bekannt vorkommen, die bereits einmal einen Mario Golf-Titel gespielt haben. Eine Bewegung der Wiimote lässt die Anzeige am unteren Bildschirmrand ausschlagen, doch zum Abschlagen des Balls wird nun nicht der Schwung durchgezogen, wie man es meinen könnte und auch aus Wii Sports kennt. Vielmehr kommt es nun darauf an, durch gezieltes und gut dosiertes Bewegen der Wiimote einen Schatten des Schlägers nach vorne gleiten zu lassen, welcher den Ball möglichst auf dem als optimal angezeigten Punkt zum Abschlag bringen soll. Was kompliziert klingt, ist auch in Wahrheit keine leichte Angelegenheit, denn hier kommt es stark auf das richtige Timing sowie die passende Technik an. Stimmt das Timing, lassen sich besonders starke Schläge ausführen, die den Ball weiter befördern, als euch die Marker im Vorfeld angezeigt haben. Um es dem Spieler einfacher zu machen, werden an allen Ecken und Enden Hilfestellungen gegeben. Das passende Eisen wird automatisch gewählt, der aktuell wehende Wind angezeigt, etc. – auf der anderen Seite darf man durch ein Neigen der Wiimote jedoch sogar den Schlagwinkel des Schlägers einstellen und dem Ball beim Abschlag durch einen Druck auf das Steuerkreuz einen Drall verleihen. We Love Golf! erhebt also den Anspruch daran eine Simulation zu sein, nimmt dem Spieler aber derartig viele Entscheidungen ab, dass es sich im Endeffekt doch eher Arcade-lastig spielt. Für Einsteiger mag dies sicherlich von Vorteil sein, Profis und Simulationsfreaks dagegen hätten sich sicher mehr Eigenverantwortung gewünscht. Positiv fällt allerdings auf, dass We Love Golf! ohne Nunchuk auskommt und selbst Kleinigkeiten wie die Steuerung der Kamera perfekt über die Bewegungssensoren der Wiimote gelöst wurden. Auch generell spricht die Steuerung exakt und punktgenau an, nur das Steuerkonzept selbst ist eben fraglich. Wäre man hier vom eher traditionellen Mario Golf-Konzept abgewichen, hätte das dem Game mit Sicherheit gut getan.
Golfen auf der ganzen Welt
Ein Punkt, bei den We Love Golf! in jedem Fall für Langzeitmotivation sorgt, ist der Online-Modus, den es in der japanischen Variante des Games nicht gab, der aber für die US- und PAL-Version extra integriert wurde. Egal ob man gegen einen Freund antreten oder sich mit anderen Spielern aus der ganzen Welt messen möchte, mit Hilfe der WiFi-Connection ist dies jederzeit möglich. Die Vernetzung mit einem Freund ist dabei zwar wie gehabt über das teils immer noch etwas umstrittene Freundescode-System zu bewerkstelligen, funktioniert allerdings tadellos. Einfacher wird es, wenn einem der Kontrahent egal ist und man gegen willkürlich gewählte Gegner rund um den Globus spielen möchte. Schade dabei ist nur, dass man in der Angabe der eigenen Fähigkeiten lediglich die Entscheidung zwischen „Amateur“ und „Profi“ treffen darf und man im Match immer neun Löcher spielt, wobei der erste Spieler mit fünf gewonnenen Löchern automatisch gewinnt. Hier wären weitere Optionen schön gewesen, um den Spielern mehr Gestaltung in den Online-Matches zu überlassen. Abgesehen davon funktioniert die Verbindung jedoch einwandfrei.
Farben-Overkill
We Love Golf! ist auf den ersten Blick vor allem eines: Chaotisch bunt. Das merkt man nicht nur am Titelmenü, sondern vor allem auch beim Interface wenn es direkt an die einzelnen Schläge geht. Am Anfang mag diese Farbenpracht für viele Spieler sicherlich etwas verwirrend wirken und man benötigt in der Tat eine gewisse Zeit, bis man alles auf dem Screen richtig zu deuten weiß. Hier wäre vielleicht eine etwas aufgeräumtere Optik zugunsten einer besseren Übersicht gut gewesen. Ansonsten richtet sich We Love Golf! vor allem an Gamer, die nichts gegen eine bunte Optik im Anime-Look haben. Wer sich also mit dem Look eines Pangya! Golf with Style anfreunden konnte, wird auch an Capcoms Golfspiel seine Freude haben. Die einzelnen Kurse sind in verschiedene Thematik unterteilt, die vom normalen Rasenkurs über weite Wüsten reichen und euch sogar auf eine Pirateninsel führen. Während die Hintergründe abwechslungsreich gestaltet wurden und mit einigen netten Finessen glänzen können, hätte man in die Gestaltung der Akteure auf dem Rasen gerne noch mehr Mühe investieren können. Vor allem die vorgegebenen Charaktere wirken austauschbar und stereotyp. Insgesamt macht We Love Golf! einen technisch sauberen Eindruck und unterstützt den 60Hz- sowie den 480p-Modus.
Der meist recht beschwingte Sound passt recht gut zum Geschehen auf dem Bildschirm. Die Soundeffekte sind nicht überragend, allerdings stimmungsvoll gewählt. Ebenso zum Einsatz kommt der Lautsprecher der Wiimote. Die aus dem Lautsprecher ertönende Sprecherin möchte euch zwar motivieren, kann aber schon nach kurzer Zeit einen leicht nervtötenden Touch haben.
Fazit
Insgesamt gesehen ist We Love Golf! eine spaßige und vor allem kunterbunte Angelegenheit. Dank Online-Modus, vielen weiteren Spielmodi und etlichen freischaltbaren Extras ist eine gewisse Langzeitmotivation gewährleistet, die sogar über das Arcade-lastige Gameplay hinwegtrösten kann. Die Steuerung spricht exakt an, wurde aber in meinen Augen leider etwas zu detailgetreu aus den anderen Golftiteln von Camelot übernommen. Mit mehr Mut zu Neuem, hätte We Love Golf! sicher den Golf-Thron erklimmen können. Vor allem Liebhaber dieser Sportart und Capcom-Fans dürfen aber dennoch ruhigen Gewissens einen Blick riskieren.
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