Testbericht: U-Sing
Dass man auf Nintendos Wii mit allerlei Einsteiger freundlichen Spielen den Markt überflutet, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Umso erstaunlicher ist es, dass eines der Partygenres schlechthin – Karaokespiele – bisher ein ziemliches Schattendasein fristen musste. Electronic Arts versuchte zwar mit mittlerweile zwei „Boogie“-Teilen bereits die Klientel zu bedienen, verstrickte sich aber in einer eher mittelprächtigen Mischung aus Tanz und Gesang. Nun schickt sich Mindscape an es mit „U-Sing“ besser zu machen. Wir haben zum Mikrofon gegriffen und für euch unsere Stimmbänder malträtiert.
Schnapp dir das Mikro!
Dass man mit Karaokespielen vor allem in Europa einen wahnsinnigen Erfolg feiern kann, hat Sony bereits vor Jahren mit der Singstar-Reihe unter Beweis gestellt. Ohne diese Serie wäre die Playstation 2 sicherlich nicht so ein großer Erfolg gewesen, denn über 30 verschiedene Singstar-Titel sowie Millionen verkaufte Einheiten sprechen eine eindeutige Sprache. Microsoft hat mit Lips bereits lange gekontert und lässt auf der Xbox 360 die Spieler ebenfalls trällern. Nur Nintendo hält sich bislang bedeckt und mischt im Kampf um die Gunst der Wohnzimmer-Supertalente noch nicht mit. Man überlässt das Feld hier vollkommen den Drittherstellern, die nach einer unverständlich langen Wartezeit nun ebenfalls mit ihren Produkten auf den Markt kommen. U-Sing von Mindscape wird dabei nicht zuletzt durch einen Werbedeal mit Pro7, bzw. der Sendung PopStars recht intensiv beworben. Von daher erfüllt es zumindest auf den ersten Blick alles, was das Game zum Hit machen sollte: Medienpräsenz sowie die Ausnutzung des aktuellen Trends im Bereich der Karaokespiele. Doch reicht dies zum absoluten Hit?
Mit Sicherheit nicht. Denn natürlich muss auch der spielerische Aspekt stimmen. Vom Grundprinzip her kann U-Sing dabei durchaus als Singstar-Klon bezeichnet werden. Das ist an sich auch nicht weiter schlimm, überzeugt doch das Original stets mit seiner spielerischen Qualität und sind die Möglichkeiten im Bereich der Karaokespiele leicht eingeschränkt. Von daher verwundert es uns nicht, dass wir in U-Sing zuerst einmal die üblichen Spielmodi entdecken:
Entweder man tritt alleine an um seine Sangeskünste unter Beweis zu stellen, was aber nur bedingt motivieren dürfte, oder nutzt den Spielmodus, wofür Games dieser Art gemacht wurden: Multiplayer. Bei U-Sing kann gewählt werden zwischen einem Duett, wo die Sangesparts beider Teilnehmer bewertet und zusammen ein möglichst hoher Score erzielt werden muss oder einem Duell, wo jeder auf sich alleine gestellt ist. Interessant ist auch der „Kampf“, wo es gewisse Störnoten gibt, mit denen man seinen Kontrahenten ein paar Schwierigkeiten bereiten kann. Trällert man die erforderliche Note selbst lange und gut, verschwimmt beim Gegenspieler beispielsweise der Songtext, dreht sich um oder wird kurzzeitig unsichtbar. Die Idee an sich ist nett, kennt der Mitspieler den Song jedoch auswendig, wird er sich davon kaum aus der Ruhe bringen lassen können.
Die Bewertung eures Gesangs richtet sich dabei wie in jedem anderen Karaokespiel einzig nach den getroffenen Tönen selbst. Ob ihr also wirklich den Text singt oder nur die Melodie summt, hat auf das Ergebnis keinerlei Auswirkung. Allerdings gehört es gerade in der Gruppe dazu, dass sich Mühe gegeben wird und den eingeblendeten Lyrics auch folgt. Um euch von der Tonhöhe her orientieren zu können, werden ebenfalls Balken eingeblendet, die euch auch Auskunft über die Länge der zu haltenden Töne gibt. Am Ende einer jeden Textzeile winkt eine kurze Bewertung, die von „fürchterlich“ bis „perfekt“ reichen kann, während am Ende des Songs die finale Bewertung verkündet wird.
Was an sich wie Standardkost klingt, wird euch von der Stimmerkennung leider unnötig schwer gemacht. Immer wieder hat man das Gefühl, als würden selbst die korrekten Töne vom Programm nicht erkannt. Hinzu kommen Schwierigkeiten mit dem Timing, da man augenscheinlich immer den Hauch einer Sekunde früher einsetzen muss, als es im Song selbst erforderlich wäre. Richtet man sich aber nach der Musik, erkennt das Game zu spät die gesungenen Töne und die ersten Noten gehen meist schon als nicht gesungen verloren. Mit mehreren Spielern kämpfen zwar alle mit denselben widrigen Umständen, schön ist es aber trotzdem nicht. Vor allem für den Einzelspieler lässt es das Game nahezu uninteressant werden, da so ein Highscore nur schwer möglich ist.
Das ist schade, denn an sich bietet U-Sing eine ordentlich Songauswahl, die ziemlich breit gefächert ist und für jeden den ein oder anderen interessanten Song bieten dürften, sofern man sich generell mit Popmusik anfreunden kann. Warum allerdings Künstler wie Rosenstolz und Cassandra Steen gleich mit zwei Titeln vertreten sind darf hinterfragt werden. Positiv ist jedoch, dass man auch regionale Interpreten mit aufgenommen hat und die Songliste nicht nur einige Klassiker, sondern auch recht aktuelle Tracks enthält:
Culture club („Do you really want to hurt me“)
Boyzone („Better“)
Cassandra Steen („Darum leben wir“, „Stadt“)
Coldplay („Viva la Vida“)
DJ Ötzi („Noch in 100.000 Jahren“)
Duffy („Mercy“)
Gloria Gaynor („I will survive“)
Jackson 5 („ABC“)
James Morrison („Wonderful World“)
Jan Delay („Oh Jonny“)
Keane („Somewhere only we know“)
Kool & The Gang („Celebration“)
Lady Gaga („Eh,eh (Nothing Else I can say“)
La Roux („Bulletproof“)
Lili Allen („22″)
Lionel Richie („All night long“)
Mando Diao („Dance with somebody“)
Mika („Love today“)
Polarkreis 18 („Alleinallein“)
Rosenstolz („Blaue Flecken“, „Gib mir Sonne“)
Sam Brown („Stop“)
Selig („Schau schau“)
Texas („I don’t want a lover“)
The All American Rejects („I wanna“)
The Cure („Boys don’t cry“)
The Mamas & The Papas („California Dramin“)
The Pussycat Dolls („When I grow up“)
The Temptations („My Girl“)
Wirklich brauchbar ist jedenfalls die Jukebox-Funktion. Mit dieser lassen sich die Musikvideos der Songs abspielen, was als Hintergrundmusik auf einer Party ganz nett sein kann. Sich dafür extra das Game zu kaufen ist zwar unnötig, als Feature selbst ist es aber eine gute Idee.
Die Technik…
Auf der technischen Seite kann den Entwicklern nicht viel vorgeworfen werden. Die Menüs sind übersichtlich und stylish gestaltet, wirken aber ab und an ein wenig zu schlicht. Die Musikvideos haben in ordentlicher Qualität ihren Weg auf die DVD gefunden und sind bis auf wenige Ausnahmen wirklich die Originale, wie man sie von den Musiksendern her kennt.
Mit Soundeffekten hält man sich zurück, was bei einem Spiel dieser Art allerdings auch verständlich ist. Viel wichtiger ist dafür der klare Sound der Songs, an dem es nichts zu bemängeln gibt.
Fazit
Die Grundvoraussetzungen für ein gutes Karaokespiel sind bei U-Sing eigentlich erfüllt: Der Titel bietet eine gute Songauswahl, einige Spielmodi, eine interessante Jukebox-Funktion und hat auch die passende Publicity bekommen. Jedoch steht und fällt ein Musikspiel mit dem Gameplay, und da hier die Stimmerkennung deutliche Schwächen aufweist, ist U-Sing leider nicht der erwartete Hit geworden.
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