Testbericht: Tony Hawk’s Proving Ground
Mit Tony Hawk’s Downhill Jam bescherte Activision den Wii-Spielern zum Start der Konsole einen exklusiven Titel, der vor allem von der neuartigen Steuerung profitierte. Mit Tony Hawk’s Proving Ground bringt man nun aber einen Teil der regulären Reihe auf Nintendos Heimkonsole. Ob dieser Schritt gelungen ist oder nicht versuchen wir im Folgenden für euch herauszufinden.
Rigger, Hardcore oder Pro – das ist hier die Frage!
Tony Hawk’s Proving Ground stellt bereits den neunten Teil der Serie dar. Die Umsetzung der Xbox360- sowie PS3-Version übernahm jedoch ein anderes Entwickler-Team als für den Port der Wii- sowie PS2-Variante zuständig war. Hierfür sind nämlich die Jungs der „Page 44“-Studios verantwortlich. Zu Beginn, wie für Tony Hawk-Spiele üblich, lässt sich erst einmal ein virtueller Skater erstellen. Hierbei hat man die Wahl aus verschiedenen Gesichtern, Frisuren, Kleidungsstücken etc. Wer allerdings weiblich ist, der muss hier auf Skaterinnen leider verzichten. Es können lediglich männliche Figuren erstellt werden. Wurde der Skater erstellt, so kann ihm noch ein Name sowie eine Heimatstadt verpasst werden. Negativ auffallend hier, dass auf die Pointerfunktion der Remote verzichtet wurde. Das Bedienen der virtuellen Tastatur erfolgt klassisch per Steuerkreuz bzw. Analogstick. Da fragt man sich als Wii-Besitzer schon, wozu man eigentlich eine bewegungssensitive Steuerung zur Verfügung hat, wenn diese gar nicht verwendet wird.
Das Neue an Proving Ground ist, dass man sich als Spieler nun aussuchen kann, auf welche Art und Weise man zu einer bekannten Skaterpersönlichkeit werden will. Ingesamt gibt es drei unterschiedliche Wege. Entweder man orientiert sich ganz klassisch in die Pro-Richtung, sprich man feilt an der eigenen Karrier in Form von diversen Demos um am Ende ein eigenes Signature-Board herausbringen zu können, oder man wählt die eher etwas unkonventionellen Wege – Hardcore oder Rigger. Als Hardcore-Skater werden z.B. auch mal gerne einige lästige Personen umgefahren bzw. -gerempelt, um auch an verbotenen Stellen skaten zu können. Als Rigger versucht man möglichst spektakuläre Settings aufzubauen, um scheinbar unmögliche und vor allem gefährliche Stellen mit dem Board zu befahren. Hierzu wurde ein Editor ins Spiel integriert, der jederzeit per Minus-Knopf zu aktivieren ist. So können dann Rampen oder sonstige Skatepark-Elemente auf der Karte platziert werden.
Trotz dieser verschiedenen Arten, das Spiel zu spielen, bleibt das grundlegende Schema immer gleich. Es gilt diverse Herausforderungen zu bestehen, um neue Locations frei zu spielen. Diese lassen sich dann im Menü auswählen und nach neuen Herausforderungen erkunden. Und so geht es immer weiter, bis am Ende sämtliche Schauplätze zur Auswahl stehen. Übrigens ist genau hier ein markanter Unterschied zu den Versionen auf Xbox360 und PS3 festzustellen. Denn auf diesen Konsolen steht eine riesige Welt parat, die frei erkundet werden kann. Auf der Wii hingegen wurden die Locations in kleine Maps ausgekapselt und diese müssen eben, wie beschrieben, per Menü ausgewählt werden, anstatt dass man einfach zu ihnen hin skaten kann.
Multiplayer
In Sachen Mehrspieleroptionen bietet der neuste Teil der Tony Hawk-Reihe natürlich ebenfalls Futter, wenn auch nicht sonderlich viel. Zunächst einmal gibt es den Fun-Skate-Modus, indem ihr mit einem Freund oder einer Freundin frei in einer beliebigen Location des Story-Modes skaten könnt. Steht ihr mehr auf Wettkampfcharakter, so laden die übrigen drei Modi zum Duellieren ein. Im Trick-Turnier gilt es, vor Ablauf der Zeit möglichst mehr Punkte hinzulegen als der Gegenspieler. Etwas interessanter wird es dagegen im Grafitti-Modus. Jedes Objekt in der Map, welches von euch mit Tricks befahren wird, wird auf eurem Punktekonto gezählt und das Objekt mit einer Farbe markiert. Im Rahmen eines Zeitlimits gilt es also, mehr Markierungen zu setzen und somit Punkte zu sammeln als euer skatendes Gegenüber. Eine weitere Duell-Alternative ist der Loser-Modus. In diesem Spiel wird abwechselnd gespielt. Der erste Spieler muss dabei den Anfang machen und Trick-Combos skaten. Schafft der zweite Spieler weniger dieser Combos, so erhält er als Strafe einen Buchstaben des Wortes „Loser“ – und umgekehrt. Wer am Ende als erstes das Wort vollständig hat, der hat leider verloren.
Insgesamt werden also nicht viele Multiplayer-Modi präsentiert, allerdings sind diese gut genug für einige nette Spielchen zwischendurch – mehr aber leider auch nicht.
Steuerung
Neben den kaum nennenswerten Herausforderungen im Singleplayermode gesellt sich leider eine wirklich miserable Steuerung. Das ganze Schema wirkt derart aufgesetzt, dass man selbst als geübter Spieler unzählige Frustmomente erlebt und am liebsten die Remote samt Nunchuk des öfteren aus dem Fenster werfen möchte. Die ganz grundlegende Steuerung ist dabei sogar noch relativ einfach: den Skater steuert man per Analogstick des Nunchuks, einen Ollie (Sprung) führt man mit A aus und einen Grind bzw. Slide mit dem B-Knopf. Aber auch diese einfachen Dinge sind nicht leicht anzuwenden, denn die recht hohe Geschwindigkeit ist einfach zu viel des Guten. Die Steuerung ist zu schwammig und ungenau, sodass man auch mit den kleinsten Dingen Probleme bekommt. Das Springen auf ein Geländer, um anschließend einen Grind auszuführen wird teilweise zu einer echten Tortur. Man hat ständig ein Gefühl der Indirektheit beim Spielen. Und nun soll man auch noch um hohe Punktzahlen zu erreichen diverse Grabs, Flips oder Plants ausführen.
Die Sensoren der Remote sowie des Nunchuks werden natürlich auch noch verwendet, jedoch eher schlecht als recht. So ist die Verwendung des Aggro-Kicks, also ein starkes Abstoßen mit dem Bein, um ordentlich Speed zu erlangen, für einige Challenges absolut erforderlich. Hierzu muss im richtigen Moment, nämlich wenn das Bein am meisten nach vorne gestreckt ist, mit der Remote nach unten geschlagen werden. Ein nahezu hoffnungsloser Fall.
Eine prinzipiell gelungene Geschichte ist die „Nail-the-trick“-Funktion. In der Luft drückt man Z und B gleichzeitig, um eine Slowmotion-Ansicht zu erhalten, wobei die Kamera auf das Board gerichtet ist. Nun können per Remote- und/oder Nunchuck-Gesten diverse Kicks und Flips etc. ausgeführt werden. Im richtigen Moment muss dann der Modus wieder verlassen werden, ebenfalls durch Drücken von Z und B. Aber auch hier funktioniert die Erkennung der Bewegungen nicht immer einwandfrei.
Auch nach mehreren Stunden Spielen sind gelungene Tricks oft reine Glückssache. Es ist sehr schade, dass die Steuerung so unpräzise und so unpassend an das Remote-Nunchuk-Duo angepasst wurde. Nur selten wünscht man sich eine klassische Steuerung zurück, bei Proving Ground ist dies aber definitiv der Fall. Da wäre die Unterstützung von Classic- bzw. Gamecube-Controllern wirklich einmal sinnvoll gewesen.
Grafik und Sound
Wenn bisher schon so viel negativ war, ist vielleicht aus optischer und akustischer Sicht erfreuliches zu berichten, mag sich so mancher Leser sicherlich fragen. Aber auch hier gibt es leider viel zu kritisieren. Die Optik des Spiels ist alles andere als zeitgemäß. Das Spiel sieht eher aus wie ein mittelprächtiger PS2-Titel, gespickt mit diversen Clipping-Fehlern. Downhill Jam sah definitiv um einiges besser aus, obwohl der Titel einige Monate älter ist. Hier wurde anscheinend die alte Engine eines Vorgängers aus der Schublade hervorgeholt. Das würde auch erklären, warum die Animation der Figuren genauso aussieht, wie in älteren Teilen der Serie aus Gamecube-Zeiten. Was immerhin gut ausschaut, sind die Cutscenes. Hier wurden die originalen Szenen der PS3- bzw. Xbox360-Version in Form eines Videos eingebettet. Im Grunde also geschummelt, aber sieht dennoch hübsch aus im Gegensatz zur Ingame-Optik. Dies belegen auch die kleinen Icons auf dem Bildschirm welche anzeigen, in welche Richtung man die Remote gerade bewegt hat. Diese weichen leider zu oft von der eigentlich Aktion ab.
In Sachen Sounds hat offenbar auch eine Art Recycling stattgefunden. Die Effekte scheinen zu einem Großteil aus früheren Versionen zu stammen. Was auffällt sind die teils falschen Sounds zu aktuellen Aktionen des Skaters. Beispielsweise wenn ein Metallsound erklingt, obwohl die Spielfigur über eine Bordsteinkante grindet, die ja bekanntlicher Weise aus Beton besteht. Ansonsten gibt es aber nicht allzu viel zu meckern. Sehr gelungen ist zudem die Musikuntermalung des Spiels. Hier ertönen diverse Rocksongs u.a. von Bands wie den Foo Fighters oder den Sex Pistols.
Fazit
So gut die Ansätze in Downhill Jam doch waren, so schlecht ist leider die Portierung von Tony Hawk’s Proving Ground geworden. Eine im Vergleich zu anderen Wii-Titeln eher magere Optik gepaart mit unspektakulärem Inhalt sowie einer miserablen Steuerung sprechen letztendlich nicht für einen Kauf dieses Titels. Vielleicht war die Arbeit der Entwickler nicht gut genug, aber vielleicht passt auch ein klassischer Hawk-Titel einfach nicht auf die Wii – wie dem auch sei, am Ende steht allen Fans der Serie eine echte Enttäuschung ins Haus, was wirklich sehr bedauerlich ist, zumal man mit dem Namen „Tony Hawk“ eigentlich eine andere Qualität verbindet.
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