Testbericht: Tony Hawk: RIDE
Activision bringt nicht nur einen weiteren „Tony Hawk“ Titel sondern gleich noch einen komplett neuentwickelten Controller auf Nintendos Wii. Wir haben für Euch den spielerischen Inhalt und den Controller, in Form eines Skateboards, unter die Lupe genommen. Unsere Eindrücke haben wir im folgenden Testbericht zusammengefasst.
Der goldene Pfad
Aller Anfang ist schwer. Besonders wenn man, so wie ich kein Freund von Inlineskates oder Skateboards ist. Ich habe zwar schon mal auf einem Skateboard gestanden und erste Fahrversuche unternommen aber ausbleibender Erfolg und eine sich, nach dem ein oder anderen Unfall, recht schnell entwickelnde Abneigung gegenüber allem was Rollen oder Kufen unter meinen Füßen hat, erklärt wohl warum ich als blutiger Anfänger die leichteste der Schwierigkeitsstufen im Spiel wähle. Neben der einfachsten Stufe „Casual“ kann „Erfahren“ oder „Hardcore“ ausgewählt werden. Im erstgenannten Modus fährt man auf dem so genannten „goldenen Pfad“. Der Skater fährt dabei auf einem festgelegten Pfad, sodass er sich auf das Meistern von Tricks konzentrieren kann. Geübte Spieler wählen die nächste Schwierigkeitsstufe. Der festgelegte Pfad verschwindet, lediglich ein Stoß hier und dort zur besseren Ausführung von Tricks wird helfend eingreifen. Bei der „Hardcore-Variante“ ist der Skater auf sich gestellt, keinerlei Hilfe wird angeboten und erfordert somit das größte Geschick auf dem Plastik-Board.
Zum eigentlichen Spiel: Glücklicherweise besitzt der „Skateboard-Controller“ weder Rollen noch ist er besonders wackelig. Ein gutes Gleichgewichtsgefühl ist sicherlich hilfreich und die Übung macht auch hier den Meister. Ich erinnere mich also an meine Zeit als Skateboard-Rookie zurück und stelle mich mutig auf den Controller. Mehr zum Thema Haptik des Controllers findet Ihr im Abschnitt „Steuerung“. Mit der Remote in der rechten Hand und dem Skateboard-Controller unter meinen Füßen gilt es zunächst letzteren zu kalibrieren. Dazu ist es notwendig, dass recht viel Platz (etwa einen Meter) um den Skateboard-Controller frei von Gegenständen ist. Die Erklärung zur Kalibrierung erfolgt per Video in Englisch, in dem die genauen Aktionen gezeigt werden. Bei einem Spiel dieser Preisklasse (gut der Controller ist teuer, aber trotzdem) habe ich die Sprachausgabe in Deutsch erwartet. Auf dem Video erkennt man dafür schnell die geforderten Aktionen, sodass die Kalibrierung schnell erledigt ist und der Spielmodus ausgewählt werden kann. Neben dem Einzelspieler- besitzt das Spiel auch einen Mehrspielermodus. Der Einzelspielermodus unterteilt sich in „Ausflug“ und „Performance“. An dieser Stelle kann ich vorwegnehmen, dass sich die beiden Modi laut Ingame-Beschreibung“ im Bezug aufs Punkesammeln unterscheiden. Wobei das Wort „unterscheiden“ in diesem Zusammenhang etwas irreführend ist, da es bei beiden Modi grundsätzlich darauf ankommt möglichst viele Punkte zu sammeln, um die nächsten Städte bzw. Orte freizuspielen. Von den Spielmodi her kommt das Spiel also sehr mager daher. Werfen wir also erstmal einen Blick auf den Einzelspielermodus und machen einen Ausflug.
Bevor ich loslegen kann darf ich noch aus acht voreingestellten, und mehr oder weniger bekannten, Skatern auswählen oder meinen eigenen Skater kreieren. Ich möchte lieber selbst entscheiden wie mein Skater die nächsten Stunden aussehen soll und habe die Wahl zwischen unterschiedlichen Köpfen, der Körpergröße, verschiedenen Kleidungsstücken, Gewichtsklassen, Augenfarbe, Tattoos oder dem Skateboard. Die Tattoos sind für den ein oder anderen von Euch vielleicht interessant, aber grafisch leider schlecht umgesetzt, da kaum zu erkennen. Ganz unkreativ dafür aber schnell gestalte ich einen mir ähnlich aussehenden Skater. Es folgt zu allererst eine Einführung in die Steuerung. Dazu kann zwischen zwei Arten der Haltung auf dem Board gewählt werden. „Regular“, hier steht der linke Fuß vorne (Nose) und beim „Goofy“ stehen die Füße umgekehrt. In der Vergangenheit hatte ich meinen linken Fuß immer vorne und wähle daher „Regular“. Das darauf folgende Training beinhaltet unterschiedliche Einheiten, wird mit dem Fortschritt schwieriger und schließt mit einem Test, der alle erlernten Elemente beinhaltet, ab. Wichtig in diesem Zusammenhang ist genügend Platz, da das Board nach rechts bzw. links geschwenkt werden muss. Außerdem verschiebt sich der Aktionsradius mit der Zeit in eine Richtung. Ebenso ist ein ebener sowie ein einigermaßen griffiger Untergrund wichtig. Am besten sollte sich ein dünner Teppich eignen. Die geforderten Trainingseinheiten geben mir die Gelegenheit mich an die Steuerung zu gewöhnen und mit den immer wieder erforderlichen Wiederholungen stelle ich dann auch fest, dass sich das Spiel zumindest nicht an Sportmuffel richtet. Das bereits angesprochene Gefühl für Gleichgewicht und eine gewisse Kondition werden vorausgesetzt. Auffallend schwieriger sind diejenigen Übungen bzw. Tricks zu meistern, die eine sehr schnelle Drehung des Skateboard-Controllers nach rechts oder links erfordern. Besonders bei diesen Tricks ist es frustrierend, wenn man z.B. die ersten drei von vier Tests besteht und dann mal den ersten verpatzt dafür aber den letzten schafft. Hier ist Durchhalten angesagt. Was ich in den einzelnen Trainingseinheiten bereits vermutet habe bestätigt sich dann im finalen Test. Einzelne und diejenigen Tricks mit einfachen Bewegungen des Boards im Raum lassen sich wunderbar reproduzieren. Der Controller arbeitet hier präzise. Dafür sind Tricks, die eine Drehung des Controllers nach links oder rechts erfordern relativ schwierig umzusetzen. Eine Reproduktion, durch subjektiv gleiche Bewegungen des Controllers, ist kaum möglich. Das unpräzise Erfassen machte sich darüber hinaus noch bei anderen Tricks bemerkbar. Dazu unter der Rubrik „Steuerung“ etwas mehr. Nach einer gewissen Eingewöhnungs- und Übungszeit war ich dann froh den finalen Test bestanden zu haben. Nun konnte also der Karrieremodus (Ausflug) folgen.
Von Stadt zu Stadt und Ort zu Ort
Zu Beginn steht zunächst eine von sechs Städten zur Auswahl. Jede Stadt umfasst vier verschiedene Orte, wobei zunächst nur zwei wählbar sind. Um sowohl weitere Orte als auch Städte freizuschalten gilt es eine bestimmte Anzahl von Punkten in jedem Ort zu sammeln. Dazu hält jeder Ort wiederum vier unterschiedliche Session-Typen bereit. Bei der „Trick-Session“ gilt es, durch Ausführen verschiedener Tricks und durch Füllen der „Stil-Anzeige“ und „Signatur-Momente“, möglichst viele Punkte zu erhalten. Die „Tempo-Session“ beinhaltet zwei Arten: Tempolauf und Temposlalom. Beim Tempolauf muss der Spieler innerhalb einer bestimmten Zeit den Level durchqueren. Der Temposlalom erfordert hingegen das Durchfahren einer vorgegebenen Anzahl an Toren und dem Einsammeln von Zeit-Boni und Temposchüben. Die „Herausforderung“ verlangt das Meistern vorgegebener und per Symbol markierter Tricks. Last but not least kann beim Fun-Skaten einfach drauflos geskatet werden, allerdings ohne dabei verwertbare Punkte sammeln zu können.
Während ich also ordentlich Punkte gesammelt und Orte freigespielt habe ist mir zum einen die unübersichtliche und unglücklich gestaltete Menü-Führung aufgefallen. Hier muss der Spieler erst umständlich von einem zum anderen Menü wechseln um den nächsten Ort bzw. die nächste Session wählen zu können. Zum anderen ist die immer wieder aufs Neue auftauchende Abfrage, nach der Positionierung meiner Füße auf dem Skateboard-Controller, aufgefallen. Also die Einstellung die ich bereits anfangs gemacht habe. Wozu habe ich mir dann ein Profil mit eigenem Skater erstellt? Ich bin froh, dass ich die Tricks einigermaßen im „Regular-Stil“ hinbekomme! Meine Positionierung werde ich ganz sicher nicht mehr ändern! Auch wenn mich das Spiel gefühlte 500-Mal danach fragt. Zwei Kritikpunkte, die einerseits recht leicht vermeidbar gewesen wären und andererseits den Spielfluss bremsen und somit auch ganz klar Spielspaß kosten!
Die Steuerung
Zu erst einige Worte zur Haptik des Skateboard-Controllers: Hier knarrt und wackelt nichts. Die Sensoren sind sauber eingefasst und die Oberfläche ist „Skateboard-artig“ angeraut und griffig. Einzig die recht breiten, abgerundeten braunen Ränder sind aus weniger griffigen Plastik gefertigt. Hier liegt auch bereits der Hase im Pfeffer: Da die Schuhe (Barfuss oder auf Socken eigenen sich aufgrund der Kontrolle nicht gut) meist Druck auf die Ränder ausüben kommt es vor, dass man den Halt bzw. Gripp verliert und das Board unfreiwillig verlässt. Mit einem Gewicht, das nicht zu leicht aber auch nicht zu schwer ausfällt vermittelt das Board dafür insgesamt einen soliden, stabilen und wertigen Eindruck. Die Verarbeitungsqualität kann sich also sehen lassen. Aber wie heißt es doch so oft? Auf die inneren Werte kommt es an! Genau. Die angesprochene unpräzise Umsetzung von Tricks bzw. Bewegungen tauchen in der Regel bei schnell auszuführenden Bewegungsabläufen auf. Dies mindert natürlich den Spielspaß. Besonders wenn der Spieler es mal geschafft hat durch „riskante“ Tricks die „Stil-Anzeige“ aufzuladen und versucht durch die so genannten Signatur-Momente zusätzliche Punkte zu erhalten. (Dieser Modus wird durch das Abdecken des hinteren Sensors aktiviert und zeigt die folgenden Tricks in Zeitlupe, unterlegt mit farbigen Effekten). Gelingen hier nicht die gewünschten Tricks oder muss der hintere Sensor mehrmals zur Aktivierung abgedeckt werden, bleiben wertvolle Punkte auf der Strecke. Was ziemlich frustrierend sein kann. Ebenfalls negativ aufgefallen ist, bei der Rückkehr in ein bestimmtes Menü, die Beschwerde des Spiels, dass die Wii-Remote nicht angeschlossen ist. Das stimmt, aber ich habe schließlich auch mit dem Skateboard-Controller gespielt und da schaltet sich die Wii-Remote eben ab. Also runter vom Board, Remote geschnappt, aktiviert und durch die Menüs navigiert. Warum nun das Board alle relevanten Knöpfe der Remote besitzt und nicht verwendet werden kann, hat sich mir nicht erschlossen! In diesem Zusammenhang möchte ich noch das Booklet ansprechen. Hier hat Activision besonders an der Beschreibung der Steuerung per Wii-Remote gespart. Nur per Zufall habe ich herausgefunden, dass der 2-Knopf für das Ingame-Menü zur sofortigen Wiederholung der Session programmiert wurde. Recht gut hat mir die Positionierung des Boards beim Vert-Skating gefallen. Diese Art des Skatens kommt beim Fahren in Halfpipes zum Einsatz. Das Board wird dabei parallel zum Fernseher ausgerichtet und vermittelt somit ein nettes Fahrverhalten. Zusammenfassend kann ich sagen, dass der Controller hardwareseitig einen qualitativ guten und durchdachten Eindruck macht. Auch wenn er nicht ohne Tadel ist, so stellt er eine mutige Alternative zu den gewohnten Eingabemöglichkeiten dar. Leider hat man es versäumt auf überzeugende innere Werte zu achten und verspielt durch ungenügende Präzision wertvolle Punkte.
Grafik und Sound
Grafisch bietet das Spiel allenfalls Durchschnitt. Nur durch die angesprochenen Effekte bei den „Signatur-Momenten“, kann das Spiel nette Akzente setzen, ansonsten wartet das Spiel mit einfalllosen Texturen auf. Dabei müssen es nicht unbedingt die gleichen sein, aber nach einer gewissen Zeit habe ich mir gedacht: „Das haste doch schon mal gesehen.“ Nett, aber von Vorgängertiteln gewohnt, sind die unterschiedlichen Orte mit Feuerwehrleitern zum Grinden oder anderen „abgedrehten“ Objekten. Richtig negativ ist mir noch das Fallverhalten des virtuellen Skateboarders aufgefallen. Bei Stürzen fällt der eigene Skater wie eine Schaufensterpuppe auf den Asphalt ohne nur mit der Wimper zu zucken. Als hätte der Puppenspieler einfach die Fäden durchgeschnitten. Das wirkt erst schmerzhaft, ist natürlich unrealistisch und dazu technisch total überholt. Was bei den normalen Spielern schon „böse“ aussieht sieht bei der Verwendung der Wii-Charaktere nur noch lächerlich aus. Dazu kommt noch der ein oder andere Bug, der sich unter anderem bei der Kollisionsabfrage bemerkbar gemacht hat. So ist es vorgekommen, dass ich durch eine Wand gefahren bin und mich im freien Fall ins Nirgendwo wieder gefunden habe. Auch soundtechnisch bekleckert sich das Spiel nicht gerade mit Ruhm. Die Titelauswahl der Musikstücke ist noch ganz gut gelungen, nur kann die Quantität nicht überzeugen. Von den Geräuscheffekten gibt es ebenfalls nur Durchschnitt auf die Ohren oder bleibt einfach gleich aus. Dies ist mir in einem Ort passiert: Musik aus und nur noch Stellenweise ein Geräusch. Dieser Käfer ließ sich leider nur durch einen Neustart des Spiels beseitigen. Zusammengefasst lässt sich folgendes schreiben: Einerseits sollte ein Spiel dieser Preiskategorie für Augen und Ohren mehr bieten und andererseits qualitativ in Ordnung sein.
Fazit
Mit Tony Hawk: RIDE geht Monkey Buzz, im Auftrag von Activision, neue und mutige Wege und entwickelt einen komplett neuartigen Controller. Softwareseitig bietet das Spiel lediglich nur einen einzigen „echten“ Spielmodus, den Ausflug und dann noch den einfach gestrickten Mehrspielermodus. Der Mehrspielermodus ist zu Beginn recht unterhaltsam, aber dadurch, dass die Spieler nacheinander fahren, weder spannend noch besonders unterhaltsam, bedingt durch die geringe Anzahl an Spielmodi bzw. Sessions. Diverse Bugs und Durchschnittskost bei Grafik und Sound trüben den mäßigen Spieleindruck zusätzlich. Andere Dinge wie die schlechte Menüführung und die sich wiederholende Einstellung der Fußpositionierung auf dem Board zehren unnötig an den Nerven des Spielers. Hardwareseitig hat Monkey Buzz haptisch eine solide Qualität abgeliefert. Leider fällt der Skateboard-Controller mit durchschnittlicher Leistung in Punkto Präzision negativ auf. Daher drängt sich mir der Verdacht auf, dass sich die Entwickler zu sehr auf eine neue Hardware konzentriert, diese Idee jedoch leider qualitativ nicht umsetzen konnten und es währenddessen versäumt haben eine qualitativ annehmbare Software abzuliefern.
Schreibe einen Kommentar