Testbericht: TNA Impact!

Über Jahre hinweg gab es eigentlich nur einen großen Namen im Wrestling-Business: „WWE“ („World Wrestling Entertainment“). Aus der ehemaligen „WWF“ hervor gegangen, kaufte Eigentümer Vince MacMahon die Konkurrenz der „WCW“ vor einigen Jahren kurzerhand auf. Das Interesse des Publikums wurde versucht mit immer neuen Fehden und untereinander konkurrierenden TV-Formaten aufrecht zu erhalten. Doch seit geraumer Zeit streben auch Independent-Ligen an die Spitze und buhlen um die Gunst der Wrestling-Fans. Zu diesen aufstrebenden Neulingen gehört auch die Liga „TNA“, deren erste Softwareumsetzung „TNA Impact!“ nun den Weg auf Nintendos Wii findet. Wir haben unsere Wrestlingkünste mit unzähligen Neckbreakern, Back Suplexes und Irish Whips für euch im Ring unter Beweis gestellt…

Total Nonstop Action Wrestling

Die Geschichte der „TNA“ ist für Außenstehende relativ kurz erzählt: Nach dem Zusammenbruch der WCW sowie der ECW hatte die WWE quasi keine Konkurrenz mehr auf dem Markt. Dies änderte sich, als der frühere WWE-Wrestler Jeff Jarrett zusammen mit seinem Vater 2002 eine eigene Liga gründete. Nachdem man in den ersten Jahren kaum eine Konkurrenz zur etablierten WWE darstellen konnte, hat sich die Situation mittlerweile geändert. Wrestlinggrößen Kurt Angle, Sting, Scott Steiner, AJ Styles, Kevin Nash, Booker T und viele mehr haben mittlerweile einen Vertrag bei der Independent-Liga und liefern sich heiße Schlachten im Ring. Da bei der TNA viel Wert auf konstante Action auf der Matte gelegt wird, wurde auch der Ring entsprechend angepasst und hat sechs Seiten, was mehr Freiraum für gewagte Manöver bietet. Doch widmen wir uns nun am besten mal direkt der ersten Videospielumsetzung, die sich mit den Kraftprotzen der TNA beschäftigt.

Ab in den Ring!

Ohne ein Intro landen wir nach dem Einschieben der Disc gleich im Hauptmenü. Krachende Rockmusik im Hintergrund und eine entsprechend raue Präsentation vermitteln einen ersten, positiven Eindruck, bevor wir uns mit dem Menü genauer befassen. Vor dem ersten Match sollte man sich dabei unbedingt mit der Steuerung vertraut machen, die entweder über die Kombination aus Wii-Remote und Nunchuk oder alternativ dazu mit dem Classic Controller funktioniert. In den Extras gibt es einige Trainingsvideos zu begutachten, in denen Wrestler wie AJ Styles oder Samoa Joe dem Spieler die ersten Kniffe sowie die grundlegenden Eigenheiten der Steuerung nahe bringen – ein Blick lohnt sich.

Hält man sich für vorbereitet genug und möchte endlich in den Ring steigen, stehen unter dem Punkt „Exhibition“ unzählige viele Matchvarianten zur Auswahl. Man darf wählen ob man ein klassisches 1on1 bestreiten möchte, im Tag Team zusammen mit einem Partner antreten will oder ob vielleicht sogar drei oder vier Wrestler in einem „Free For All“ im Ring stehen sollen. Dazu gesellen sich noch verschiedene Varianten wie ein Submission-Match, bei dem der Gegner nur durch einen Aufgabegriff besiegt werden kann, der Punkt „Falls count anywhere“, bei dem man seinen Kontrahenten in der gesamten Halle pinnen kann oder ein Handicap-Match gegen zwei Gegner gleichzeitig. Vom Namen her neu ist im Gegensatz zur WWE-Konkurrenz die Matchart „Ultimate X“, bei welchem ein großes „X“ über dem Ring hängt und ausgehakt werden muss, damit man den Sieg davon tragen kann. Dies erinnert zumindest entfernt an die klassischen Leiter-Matches der WWE und kann entweder im Duell gegen nur einen Wrestler oder im „Free For All“ mit zwei Kontrahenten gespielt werden. Hat man sich für eine Matchart entschieden, werden ein Charakter und ein Austragungsort gewählt, bevor es endlich losgehen kann.

Im Ring heißt es dann geschickt Schläge, Tritte und Griffe anzubringen, um so seinen Kontrahenten immer wieder auf die Matte zu schicken und ihn zu schwächen. Ein Display in Form eines kleinen Männchens zeigt dabei den körperlichen Zustand beider Wrestler an. Wird eine Körperstelle durch Aktionen besonders oft malträtiert, verfärbt sich die Anzeige von anfangs grün hin zu rot, wenn das entsprechende Körperteil des Athleten bereits stark angeschlagen ist. So lässt sich leicht feststellen, an welcher Stelle beispielsweise Aufgabegriffe angesetzt werden müssen, um schnell zum Erfolg zu führen. Jeder Wrestler verfügt zudem noch über eine „Impact!“-Anzeige. Diese füllt sich bei jedem erfolgreichen Angriff auf den Gegner. Ist die Leiste gefüllt, leuchtet sie auf und nimmt dann langsam wieder ab. Während dieser Zeit hat man die Möglichkeit seinen Finishing Move anzusetzen, dessen Auswirkungen auf den Gesundheitszustand eures Opponenten besonders verheerend sind. Unterhalb der „Impact!“-Anzeige gibt es noch einen weiteren Balken, der den Bewusstlosigkeitsmesser darstellt. Bei jedem erlittenen Treffer füllt sich die Anzeige und wenn sie voll ist, kann sich euer Charakter kurzzeitig nicht mehr bewegen und muss regungslos die Angriffe eures Kontrahenten über sich ergehen lassen. Damit es nicht so weit kommt, ist ein geschicktes Agieren im Ring vonnöten. Mangels Ringrichter darf dabei allerdings nicht nur mit regulären Moves zu Werke gegangen werden, sondern notfalls kommt eben auch mal ein Stuhl zum Einsatz, der scheppernd auf dem Kopf oder dem Rücken eures Kontrahenten landet. Andere Waffen wie Leitern, Stühle, Kommentatorenpults und dergleichen mehr gibt es jedoch leider nicht.

Dies ist nur einer der wenigen Punkte, die es TNA Impact anzulasten gilt. Die Ansätze des Titels sind nämlich gut, nur mangelt es meist an deren Umsetzung. Man war in der Tat bemüht etwas frischen Wind in die Riege der Wrestlinggames zu bringen, blieb dabei aber in einigen Punkten auf dem Standard von vor zehn Jahren zurück – und das hätte einfach nicht sein müssen. Der erste Punkt ist das völlige Fehlen eines Editors. Da nützen dem Spieler alle vorgefertigten Charaktere nichts, denn ohne einen Wrestler-Editor kann ein Spiel dieses Genres mittlerweile schon einpacken. Hinzu kommt, dass man im Storymodus nicht einmal aus den integrierten Wrestlern wählen darf, sondern den einstigen Superstar „Suicide“ vorgesetzt bekommt. Dieser will im entscheidenden Titelkampf nicht verlieren und kassiert daraufhin Prügel hinter dem Ring – und zwar so schwer, dass er dem Tod nur knapp von der Schippe gesprungen irgendwo in einer Hinterhof-Klinik in Mexiko wieder zu sich kommt. Wie er dorthin gekommen ist? Warum die Ärzte ihm überhaupt helfen? Und wer sein Gesicht zu Brei geschlagen hat? Egal, denn ab jetzt wird gekämpft, bis man wieder in der Oberliga mitreden kann. Leider wurde auch hier die Chance verpasst dem Spieler eine gewisse Prise Individualität zu gönnen. Neben der dröge erzählten Story wird man gezwungen sich mit „Suicide“ als Charakter zu arrangieren. Nach und nach lassen sich zwar weitere Moves für euren Wrestler freischalten, aber wirklich fesselnd wirkt die Story nicht.

Dass insgesamt nur zwei Spieler zum Controller greifen dürfen ist übrigens ein weiterer Punkt, der TNA Impact! so langsam das Genick bricht. Denn hätte man wenigstens noch mit mehreren Spielern seinen Spaß an einer Partie Wrestling im sechseckigen Ring, wäre zumindest dies ein Argument für den Kauf gewesen. Dennoch ist es gerade im Tag Team ratsam nur mit einem Partner aus Fleisch und Blut anzutreten. Leider bleibt euch diese Möglichkeit im Storymodus verwehrt und ihr müsst gezwungenermaßen die dumme K.I. eures Teampartners über euch ergehen lassen. Und ihr werdet hierbei alles sehen, was man sich nur vorstellen kann. Euer Partner steht regungslos neben euch, während ihr gepinnt werdet. Er greift nicht ein, wenn eure Gegner zu zweit auf euch losgehen. Er klettert mehrfach auf den Turnbuckle, nur um sofort wieder herunterzusteigen. Er rennt außerhalb des Ringes konstant gegen die Treppen. Würde das Spiel die Flucht aus der Halle erlauben, wäre euer Teampartner sicher irgendwann komplett verschwunden.

Wurde vielleicht wenigstens die Steuerung perfekt gelöst? Auch hier muss mit dem Kopf geschüttelt werden und gilt wieder einmal: Die Ansätze sind nicht schlecht. Schlagen, Treten, Greifen, Aktionen durchführen, Rennen, Kontern, Aktionen verstärken – das sind die wichtigsten Aktionen, die sogar relativ brauchbar auf die Kombination aus Wii-Remote und Nunchuk verteilt wurden. Interessant ist hierbei der Z-Button, der für eine Verstärkung der Aktionen sorgt und aus normalen Schlägen gefürchtete Uppercuts oder Handkantenschläge werden lässt. Auf dieselbe Art und Weise lassen sich auch Tritte stärker durchführen und normale Wrestlingmoves werden zu kraftvollen Aktionen. Leider ist danach auch schon vorbei mit der Herrlichkeit, denn sonderlich mehr kann TNA Impact! leider nicht bieten. Im Gegenteil, denn die integrierte Reversal-Funktion, mit der man prinzipiell alle Moves kontern kann, wird euch irgendwann in den Wahnsinn treiben. Gegen einen menschlichen Mitspieler fällt dies nicht auf, da je nach Aktion ein besonderes Timing benötigt wird. Müsst ihr jedoch gegen die K.I. nur noch Konter einstecken, weil euch keine einzige Aktion mehr gelingen will, so fördert dies nicht gerade eure gute Laune. Zudem wirkt es befremdlich, wenn man in einem Wrestlinggame keine Wrestlingmoves mehr einsetzen kann um den Sieg davonzutragen, sondern in erster Linie zu Stühlen und Finising Moves greift, weil die Gegner alle anderen Aktionen auskontern. Die Wii-Funktionen wirken teils aufgesetzt, denn mit einem Schwingen der Wiimote den Gegner zu greifen und ihn mit einer Nunchuk-Bewegung in die Seile zum Irish Whip zu schicken wäre nur dann brauchbar, wenn es zu 100% funktionieren würde. Das hektische Schütteln zum Befreien aus einem Pinversuch dagegen wirkt authentisch und erscheint sinnvoll. Ansonsten hält sich dank der eher eingeschränkten Steuerung die Movepalette der Wrestler stark in Grenzen, was sich wiederum auf die Action im Ring und damit unmittelbar auf den Spielspaß auswirkt. Immerhin kann alternativ auch der Classic Controller verwendet werden, was dem Game einen Pluspunkt beschert.

Full Impact?

Doch nicht in allen Belangen muss TNA Impact! Schelte einstecken. Die Grafik wirkt dank der zum Einsatz kommenden „Unreal Engine“ wirklich sauber. In erster Linie profitieren hiervon die einzelnen Charaktermodelle, die ihren lebenden Vorbildern teils erstaunlich nahe kommen und für Wii-Verhältnisse klasse modelliert wurden. Detailreiche Texturen und hervorragende Animationen gerade im Bezug auf die Finishing Moves lassen euch ein ums andere Mal staunen. Getrübt wird der optisch positive Eindruck von etlichen Clippingfehlern, einem eher lahm und farbarm animierten Publikum und der öden Präsentation der Story. Warum der Einzug der Gladiatoren in den Ring übrigens derart abgehackt erscheint, ist mir ebenfalls ein Rätsel.

In Sachen Sound hat man sich ebenfalls Mühe gegeben. Dies merkt man nicht nur bei der krachenden Titelmelodie, sondern auch zum Beginn des ersten Matches: Deutsche Kommentatoren begleiten die Action im Ring. Ob man deren Stimmen nun sympathisch findet oder nicht ist sicherlich Geschmackssache, aber einen weiteren Pluspunkt für die deutsche Synchronisation gibt es dennoch. Diesen müssen wir allerdings auch gleich wieder abziehen, da sich die Sprüche der Kommentatoren bereits nach einer Minute wiederholen und schnell eher nervig sind, als dass sie zur gelungenen Wrestling-Atmosphäre beitragen würden. Die Ansätze sind auch in diesem Fall wieder gut, aber – ach, das kennt ihr ja bereits. Die restlichen Soundeffekte beschränken sich auf ein paar Schlag- und Trittgeräusche sowie den Sound von auf die Matte krachenden Körpern. Standard eben für ein Spiel dieser Art.

Fazit

Man hätte soviel mehr aus TNA Impact! machen können. Die Lizenz der aufstrebenden Wrestling-Liga gibt viel her, der sechseckige Ring ermöglicht heiße Action, das Konzept der Moveverstärker und Konter birgt brauchbare Ansätze und die einzelnen Wrestler sind dank der „Unreal Engine“ optisch ein Augenschmaus. Doch leider trüben die geringe Movepalette, der fehlender Wrestler-Editor sowie etliche Patzer im Gameplay den guten Eindruck und lassen TNA Impact! nicht über das Mittelmaß hinauskommen. Für den ersten Teil der Reihe ist das Game ordentlich geworden, aber es hat einfach zu viel Potenzial verschenkt. Sollten sich die Entwickler für den nächsten Teil die Kritik zu Herzen nehmen und die bemängelten Punkte ausmerzen, könnte sich hier eine wirklich interessante Alternative zu WWE Smackdown vs. Raw etablieren. Bis dahin werden erfahrene Konsolenwrestler allerdings nur ein müdes Lächeln für TNA Impact! übrig haben.

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Packshot TNA Impact!

TNA Impact!

Release: 26.09.2008
Publisher:
Entwickler:
Anzahl Spieler: 2
USK: 16