Testbericht: The Sky Crawlers: Innocent Aces
In Sachen Flugsimulatoren wurde die Wii-Fangemeinde bis jetzt schwer vernachlässigt. Wenige Titel sind erschienen, von denen lediglich „Blazing Angels“ im Großen und Ganzen hielt, was es versprach. Namco schickt sich an, es mit der Anime-Adaption „The Sky Crawlers: Innocent Aces“ besser zu machen. Ob es ihnen gelingt, lest Ihr hier!
Japan liegt in Europa?
Schauen wir uns zuerst einmal die Story an. The Sky Crawlers: Innocent Aces basiert auf der gleichnamigen Romanreihe von Hiroshi Mori und wurde auch vom „Ghost in the Shell“-Schöpfer Mamoru Oshii in einen Animefilm umgesetzt. Der Handlungsrahmen ist komplett fiktiv.
Ihr schlüpft in die Rolle des talentierten Kampfpiloten Lynx, der gerade in eine Fliegerstaffel der „Rostock Air Force“ versetzt wurde. Die Geschichte spielt in einer fiktiven jüngeren Vergangenheit in einem Europa, das in dieser Form nicht existiert – und Ihr seid Teil eines ebenso erfundenen Krieges. Bei dem Namen „Rostock“ handelt es sich nämlich nicht etwa um den Standort Eurer Flugstaffel, sondern um Euren Sponsoren, einem Rüstungskonzern der Eure Truppe sozusagen mit dem neusten High-Tech-Equipment versorgt. Natürlich gibt es mit einem gewissen „Lautern“ auch einen Gegenspieler, den es zu bekämpfen gilt. Warum die Kriegstreiber zwingend mal wieder deutsche Namen bekommen müssen, sei einfach mal offen gelassen, weil es eigentlich auch nichts mit dem Spiel an sich zu tun hat, da die Story ja schon vorher existierte. Auch ziemlich schräg ist die Tatsache, dass die Einsatzbesprechungen jedes Mal klar erkennbar vor einer Europakarte stattfinden – Städte sowie Täler und Flüsse wurden aber mit japanischen Namen ausgestattet.
Aber zurück zum Thema: Der Krieg in The Sky Crawlers: Innocent Aces nimmt neue Ausmaße an. Er ist sozusagen nicht territorialen oder religiösen Ursprungs, sondern wird vielmehr als multimediales Ereignis in die Welt katapultiert. Der Frieden auf der Erde ist den Menschen zu langweilig geworden und die Piloten kämpfen um der Ehre willen und darum, der Beste zu sein. Da die Rostock Company von einem durchaus ungesunden Ehrgeiz gepackt wurde, fängt sie an sogenannte „Kildren“ zu züchten. Klone in Gestalt von Jugendlichen, gedrillt darauf ein absolutes Fliegerass zu sein. So staunt Ihr und Eure Staffelkollegen nicht schlecht, als Euch auf einmal die offensichtlich viel zu jungen Rekruten untergeschoben werden. Obwohl Euer Charakter stark in die Handlung integriert ist und im Laufe des Spiels sogar zum Captain ernannt wird, seid Ihr jedoch nie zu sehen und bekommt den Handlungsstrang mehr oder weniger als Statist mit.
Die Story selbst wird auf der einen Seite durch sehr gute Anime-Filmsequenzen dargestellt. Auf der anderen werdet Ihr während der Missionen durch den Funkverkehr in die Geschehnisse mit eingebunden und auf dem Laufenden gehalten. Das geht jedoch oftmals im Schlachtgetümmel unter. Die Sprachausgabe ist in englischer Sprache gehalten, es werden jedoch deutsche Untertitel geboten. Deren Übersetzung ist jedoch teilweise sehr einfach gehalten, so dass es kein Nachteil ist, ein wenig anglistische Sprachsicherheit sein eigen zu nennen.
Flache Erde
Bevor Ihr Euch als Lynx hinters Cockpit setzt, um den gegnerischen Streitkräften ordentlich einzuheizen, empfiehlt es sich den einen oder anderen Blick auf das Tutorial zu werfen. Die über alle Maßen gelungene Steuerung bekommt der angehende Pilot hier kurz und bündig erklärt. Gesteuert wird mittels Wiimote und Nunchuk, wobei erstere durch Kippen und Neigen für die Regulierung der Geschwindigkeit zuständig ist. Der Nunchuk hingegen wird komplett als Steuerknüppel verwendet. Die jeweiligen Buttons auf der Controller-Kombi dienen zum Schießen, Waffenwechsel oder zum Ausführen von taktischen Manövern (TMBs). Mithilfe des Analogsticks lassen sich noch einige manuelle Flugmanöver auf den Bildschirm zaubern. Gamecube- und Classic-Controller werden zwar unterstützt, aber ambitionierten Piloten sei die Wii-Variante nahe gelegt.
Die Grafik im Tutorial lässt jedoch eine böse Vorahnung aufkeimen. Während das Flugzeug sich noch im Wii-Standard bewegt, wurden bei der sterilen Landschaftsgestaltung wohl einige Möglichkeiten außer Acht gelassen. Lieblos schlängeln sich Flussläufe durch Täler und Berge, die durch detailarme und kreativitätsfrei in die Map geklatschte Texturmonstren dargestellt werden. Was von oben noch einigermaßen als Landschaft aussieht und einen Hauch Atmosphäre vermittelt, erweist sich im Tiefflug als Bild des Grauens. Bäume, Gebäude, Äcker liegen fernab aller topografischen Eigenschaften platt gedrückt unter Euch und fristen ein unbelebtes Dasein. Natürlich verbessert sich diese Angelegenheit im Anschluss an das Tutorial nicht wesentlich – und das ist verdammt schade!
Möge der Beste gewinnen!
Nach der ersten Einsatzbesprechung geht´s nun endlich daran sich zu beweisen. Vor jeder Mission könnt Ihr Euch noch in den Hangar begeben. Im Laufe des Spiels bekommt Ihr hier die Möglichkeit Euer Flugzeug aufzurüsten. Von Panzerung über Geschütze bis zum Motor kann hier nach Herzenslust herum geschraubt werden – natürlich nur, wenn Ihr Euch dementsprechend das Equipment erst verdient habt. Das geschieht in Form von Punkten, die Ihr während den Missionen durch Eure Abschüsse sammelt. Auf diese Weise spielt Ihr auch nach und nach die verschiedensten Fluggefährte frei, welche sich in erster Linie in Ihren Steuerungseigenschaften unterscheiden.
Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, den Analogstick nach Belieben mit den verschiedenen manuellen Flugmanövern zu belegen. Die Steuerung selbst unterteilt sich im Übrigen in drei verschiedene Modi: Anfänger, Normal und Experte. Während dem künftigen Fliegerass bei Ersterem noch einige Hilfe zuteilwird, entspricht der normale Steuermodus den klassischen Flugspielen. Beim Expertenmodus bekommt Ihr zusätzliche gar noch die Möglichkeit zu gieren und zu rollen – was die ganze Flugaction natürlich erheblich erschwert. In Kombination mit den ohnehin vorhandenen drei Schwierigkeitsgraden wird so sicher jeder den richtigen Level finden, auf dem er spielen will.
Die ersten Missionen bewegen sich grundsätzlich noch im sehr einfachen Bereich, um sich langsam an das Game heran zu tasten. Es gilt ein paar Bomber abzuschießen, bevor sie den Angriff auf eine Stadt eröffnen oder eine befreundete Fliegerstaffel zu eskortieren. Nach einem tragischen Zwischenfall und dem damit verbundenen Tod Eures Captains, werdet Ihr, wie bereits erwähnt, befördert – ab da wird das Spiel auch etwas knackiger. Ihr müsst Euren Rekruten den Rücken frei halten, so dass die ganze Staffel überlebt oder etwa einen exakt geplanten Angriff ohne Sichtkontakt zeitgleich mit drei anderen Kameraden ausführen.
Das Gameplay weiß dabei voll zu überzeugen. Den Nunchuk komplett als Steuerknüppel zu verwenden, erweist sich als hervorragende Idee und man legt ihn nach der einen oder anderen Mission nicht selten mit schweißnassen Handflächen zurück. Der Puls steigt jedes Mal, wenn Euch ein feindliches Bordgeschütz auf einmal von hinten eine Salve nach der anderen um die Tragflächen ballert. The Sky Crawlers: Innocent Aces schafft es tatsächlich, dass man „drin“ ist und dass man nicht nur aufgrund des gelungenen Sounds und des Rumble Packs das Gefühl hat, dass die Maschine gleich in ihre Einzelteile zerlegt wird.
Verpasste Möglichkeiten
Das Spiel hat Potential – und davon jede Menge! Wieso genau wird dem Zocker dann das Gefühl vermittelt, ein Spiel zu spielen, welches nicht ganz fertig ist? Eine solide Story wird mit kinoreifen Animesequenzen dargestellt. Dazwischen gibt es immer wieder packendes Gameplay, allerdings vor einem dermaßen dürftigen Leveldesign, dass man seine Augen nicht vom Spielgeschehen ablenken sollte, um nicht einen Lag in Sachen Atmosphäre zu erleben. Der geringe Spielumfang von 17 Missionen bei einer Spielzeit von gerade mal zehn Stunden (davon eine halbe Stunde reine Filmsequenzen, die hierfür extra kreiert wurden) lässt das Game dort aufhören, wo ihr gerade richtig Bock auf mehr bekommt. Mit Abschluss des Storymodus‘ wird zwar noch eine Bonusmission frei gespielt, in der es gilt binnen 30 Minuten 100 Jäger vom Himmel zu holen – aber auch das täuscht nicht über den dürftigen Umfang hinweg.
Ebenso vermisst man bei diesem Spiel einen vollwertigen Multiplayermodus. Ein zweiter Spieler kann sich zwar einklinken, fungiert jedoch lediglich als Bordschütze. Das ist mal ganz witzig für zwischendurch – auf Dauer ödet es dann halt doch ein bisschen an. Vollkommen unverständlich auch, warum Namco keinen Onlinemodus integriert hat. Gerade dafür wäre ein solches Game prädestiniert!
Sound & Grafik
Man könnte auch sagen: Licht und Schatten! Die Sound FX-Kulisse ist ordentlich – hier und da könnte es vielleicht mal etwas lauter krachen, aber dieses kleine Manko wird durch den stets stimmigen und gut komponierten Soundtrack wieder wett gemacht. Mal schwer und düster, mal in bester Top Gun-Manier fügt er sich in jeder Mission passend ein. Die Grafik ist jedoch wie oben erwähnt ein klarer Minuspunkt des Spiels – was sich natürlich nicht auf die Filmsequenzen, sondern lediglich auf die Ingame-Grafik bezieht. Leute, das geht besser!
Fazit
The Sky Crawlers: Innocent Aces verbindet verdammt spaßiges Gameplay mit einer total kranken Story. Gerade deren Ende hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Man mag in diesem Fall über Kriegsverherrlichung streiten – in meinen Augen ist die Handlung jedoch eher kritisch zu sehen. Leider ist die Spielzeit sehr kurz und der fehlende Multiplayer- bzw. Onlinemodus bei der technischen Möglichkeit klar ein Fauxpas. Ich wünsche mir persönlich sogar einen Nachfolger. Grafisch ein wenig ausgereifter, mit längerer Spieldauer und der Möglichkeit die Kampagnen zumindest zu zweit spielen zu können. Empfehlen kann man diesen Titel den Fans des Genres recht bedenkenlos, wenn sie die genannten Schwächen verzeihen können.
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