Testbericht: Speed Racer – The Videogame
Dass die Wachowski-Brüder in ihren Filmen gerne einmal in die digitale Trickkiste greifen dürfte seit „Matrix“ jedem Kinogänger bekannt sein. Und auch ihr neustes Werk „Speed Racer“, welches sich an der gleichnamigen japanischen TV-Serie orientiert, macht da keine Ausnahme. Bonbonfarbene Welten, spacige Boliden und irrwitzige Strecken sind die Basis für einen außergewöhnlichen Film und für das dazu gehörige Spiel. Wir haben uns mit dem Protagonisten Speed in seinen Mach 5-Rennwagen gesetzt und uns gegen Horden von durchgeknallten Fahrern behauptet um heraus zu finden, ob einem Film endlich mal eine gute Umsetzung spendiert wurde.
Martial Arts für KFZ-Mechaniker
Der erste Eindruck des Spiels ist zwar bunt, aber sauber und aufgeräumt. Das Menü beschränkt sich auf Einzel- und Mehrspielermodus, Tutorial und die Spieloptionen.
Da es nicht wirklich viel auszuwählen gibt, beginnen wir unseren Test sinniger Weise im Tutorial, welches dem Neuling Schritt für Schritt die Steuerung seines Boliden nahe bringt. Die grundlegende Handhabung bedarf dabei eigentlich keiner großen Erklärung: Gelenkt wird mit quer gehaltener Wii-Remote und Bewegungssensorik, der 2-Knopf dient zum Beschleunigen und der 1-Knopf zum Bremsen. Widmen wir uns also schnell dem Nahkampfsystem des Spiels, denn ohne die nötige Heimtücke landet man bei diesem Arcaderacer nur schwer auf den vorderen Plätzen.
Bei Speed Racer gibt es eine Art Kampfsystem für Rennwagen, dass unter dem einfallsreichen Namen „Car-Fu“ läuft, denn neben der Tatsache, dass euer Rennwagen mehrere Hundert Stundenkilometer schnell fährt, kann er nämlich auch springen, 360-Grad-Rotationen und ähnliche Manöver in der Luft sowie am Boden ausführen. Primäres Ziel bei diesen Attacken ist es eure Opponenten aus dem Weg zu räumen oder ganz zu zerstören, um am Ende in den vorderen Regionen der Rangliste zu stehen. Ein kleiner Nebeneffekt dieser Aktionen ist, dass sich eure Boost-Anzeige schneller füllt als es normalerweise der Fall wäre. Habt ihr insgesamt drei Boost-Leisten gesammelt, könnt ihr euren Wagen in den Turbomodus bringen und für eine gewisse Zeit, welch Überraschung, noch schneller unterwegs sein.
Die „Car-Fu“-Manöver werden allesamt durch eine Bewegung der Wii-Remote ausgeführt, was auch tadellos funktioniert. Eine Bewegung zur Seite rammt den rechts bzw. links neben euch befindlichen Gegner, eine Bewegung nach oben lässt den Wagen springen und das D-Pad funktioniert als Modifikator für ausgefallenere Manöver, die auch mehr Schaden beim Gegner anrichten.
Sowohl das Steuern der Fahrzeuge, als auch das Ausführen von „Car-Fu“-Manöver ist einwandfrei umgesetzt und bedarf kaum Eingewöhnungszeit, lediglich das richtige Timing beim Rammen der Gegner will gelernt sein. Einem schnellen Einstieg in das Spiel steht daher nichts im Wege.
Völlig untypisch aber angenehm fällt die geringe Gewichtung der Story des Films auf, denn diese wird im Spiel so gut wie nicht erwähnt. Hier geht es nicht darum Szenarien aus der Vorlage mehr oder weniger sinnig auf die Konsole zu bringen wie es oft der Fall ist, sondern es handelt sich um ein reinrassiges Rennspiel, welches auch ohne den Film wunderbar funktionieren würde. Ein Ansatz, der manch kommenden Filmumsetzungen als Vorbild dienen sollte…
Ich brauche Drogen, jeden Tag…
Der bunte Grafikstil und die treibende Musik, welche uns bereits im Menü willkommen heißt, wird vom Spiel nochmal locker getoppt und „bunt“ wird dem Treiben auf dem Fernseher eigentlich nicht im geringsten gerecht. Die Umgebungen, durch die sich die Rennstrecken mit Steilkurven, Sprüngen und Loopings schlängeln, sind komplett in Neonfarben gehalten und geben in Verbindung mit der aufpeitschenden Musik und der irren Geschwindigkeit ein Bild ab, das an LSD-Trips erinnert – oder zumindest an das, was man sich darunter vorstellt. Glücklicherweise lassen sich die Boliden ruhig und angenehm lenken und die Befürchtung, dass diese Kombination zu einem wirren und hektischen Gameplay führt, ist unbegründet. Bereits in den ersten Rennen navigiert man seinen Wagen souverän über die Strecke und rammt die Gegner von der Bahn. Die Tatsache, dass man nicht über den Streckenrand hinaus fahren kann und nach einer Landung auf dem Kopf irgendwie trotzdem immer weiter fährt, um dann wie von Geisterhand wieder auf die Räder gedreht zu werden, erleichtert den Einstieg ins Spiel ungemein. Allerdings dürften ambitionierte Rennfahrer mit dem arcadelastigen Gameplay nur schwer zu befriedigen sein. Aber dass dieser Titel mehr Unterhaltung als Simulation bieten soll, dürfte beim ersten Anblick sowieso eindeutig sein.
So simpel und zugänglich wie sich der Einstieg ins Spiel und das Durchspielen der Singleplayer-Missionen gestaltet, so wenig fesselnd entpuppt sich leider die Langzeitmotivation des Spiels. Denn neben Meisterschaft, Einzelrennen und Zeitfahren im Singleplayer-Modus steht dem Spieler lediglich noch die Splitscreen-Variante für zwei Player zur Verfügung. Sowohl einen Online- als auch irgendeine Art von Battlemodus sucht man vergebens, obwohl sich das „Car-Fu“-Prinzip dafür bestens eignen würde.
Auch in Punkto Umfang hätte dem Spiel ein wenig Mehrarbeit gut getan, denn die Auswahl an Szenarien, sowie die freischaltbaren Charaktere und Fahrzeuge halten sich stark in Grenzen. So stellt sich leider trotz anfänglicher Euphorie relativ schnell Tristesse ein.
Technisch wenig futuristisch
Von der grafischen Seite präsentiert sich das Spiel leider wieder so wie man es von einer durchschnittlichen Filmversoftung gewohnt ist. Schwammige Texturen, wenig Abwechslung im Streckendesign und Explosionen, die auf dem Gamecube besser hätten aussehen können, geben wenig Anlass zu positiver Kritik. Nicht, dass Speed Racer schlecht aussehen würde, aber zeitgemäß ist es leider bei weitem nicht. Mal wieder hat man den sonst sehr soliden Eindruck des Spiels durch die Optik ein wenig zerstört und eine wirklich gute Wertung verschenkt.
In Sachen Musik bietet das Spiel allerdings gute Kost, denn der etwas schwer in ein Genre einzuordnender Mix von „Crossing all Over“ bis „Future Trance“ ist mindestens ebenso schrill und wirr wie das gesamte Renngeschehen und weiß durchaus zu gefallen. Wem die Musik irgendwann aber zu sehr auf die Nerven geht, der kann sie in den Optionen zum Glück deaktivieren, denn jedermanns Fall ist sie mit Sicherheit nicht.
Fazit
Speed Racer liegt irgendwo zwischen F-Zero, Burnout und Wipe Out und überrascht für eine Filmumsetzung mit gelungenem Gameplay und interessantem Design. Da es zusätzlich auch noch zum Budgetpreis angeboten wird möchte man etwas vorschnell eine Kaufempfehlung aussprechen wenn, ja wenn da nicht die Sache mit dem Umfang wäre. Denn der Karrieremodus stellt einen kaum vor Herausforderungen und die Abwechslung in Punkto Streckenauswahl lässt auf Dauer zu wünschen übrig, genau wie die KI der anderen Fahrer. Ohne Onlinemodus bleibt am Ende nur das Spielen im Splitscreen-Modus übrig, welches auf Dauer wenig befriedigend ist.
Trotzdem hat Warner mit Speed Racer ein solides Rennspiel auf die Wii gebracht welches ohne aufgesetzt wirkende Storyline daher kommt und die Stimmung des Films trotzdem gut widerspiegelt. Es ist definitiv eines der gelungenen „Spiele-zum-Film“ und darf Rennspielfreunden ohne große Überlegung ans Herz gelegt werden. Zum echten Knaller ist die Technik allerdings zu schwach und der Umfang einfach zu gering.
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