Testbericht: Sonic & SEGA All-Stars Racing
Wer bislang einen Funracer auf einer Nintendo-Konsole gesucht hat, kam um „Mario Kart Wii“ nicht herum. Nun schickt sich Sega an mit „Sonic & SEGA All-Stars Racing“ dem bisherigen Platzhirsch den Platz an der Sonne streitig zu machen. Wir sind für euch über die Pisten gerast und haben herausgefunden, ob das Unterfangen gelungen ist und SEGAs rasender Igel mit seiner Truppe die Pole Position eingenommen hat.
Achtung, fertig… los!
In den 90ern konnte sich eigentlich niemand so recht vorstellen, dass es einmal wie in Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen zu einer Kooperation der beiden damaligen Konkurrenten Nintendo und Sega kommen würde. Doch die Zeiten ändern sich und aus dem Konsolenhersteller Sega von einst wurde ein reiner Spieleentwickler, bzw. Publisher. Der einstige Erzfeind Nintendos scheint nun also in gewisser Weise zum Verbündeten geworden zu sein. Im Hinblick auf das Genre der Funracer will man nun allerdings den amtierenden Meister vom Thron stoßen. Angesichts der Tatsache, dass Mario Kart Wii dem Wertungsdurchschnitt weltweiter Rezensionen der bisher schwächste Teil der Reihe ist, scheint das sogar im Bereich des Möglichen zu liegen. Das von Sumo Digital entwickelte Sonic & SEGA All-Stars Racing macht zumindest auf den ersten Blick sehr vieles richtig. Man darf auf eine illustre Riege an Charakteren aus dem Sega-Universum zurückgreifen, die neben dem Maskottchen Sonic, seinen Freunden Tails, Knuckles und Amy auch den Bösewicht Dr. Eggmann enthalten. Da Sega jedoch noch jede Menge andere Games in der Vergangenheit entwickelt hat, haben auch zahlreiche weitere Charaktere einen Platz in Sonic & SEGA All-Stars Racing gefunden. Dazu gehört Ulala aus Space Channel 5 genauso wie Ryo Hazuki aus Shenmue, Aiai aus Super Monkey Ball, Amigo aus Samba de Amigo, Billy Hatcher sowie die beiden Virtua Fighter-Recken Jacky Bryant und Akira Yuki. Als Wii-Besitzer darf man zudem seinen Mii als Charakter verwenden. Während Sony-Anhänger hier ins Leere schauen, hat man dem Game auf der Xbox 360 dagegen Banjo und Kazooie zusätzlich als Fahrergespann spendiert. Auf weitere Charaktere wurde dagegen selbst in der Wii-Version verzichtet.
Insgesamt stehen dem Spieler somit 20 Recken zur Auswahl, aus denen jeder sicher mit Leichtigkeit seinen Favoriten findet. Da diese teils allerdings erst freigeschaltet werden müssen, ist hier schon einmal für eine gewisse Motivation gesorgt. Jedem Teilnehmer wurde dabei sein eigenes Vehikel spendiert, so dass für ausreichend Abwechslung im Fahrerfeld gesorgt sein sollte. Dass die Fahrzeuge allerdings für jeden Charakter festgelegt sind und nicht untereinander getauscht werden können, ist der erste Kritikpunkt. Die fahrbaren Untersätze wie Autos, Monster Trucks und Flugzeuge unterscheiden sich zwar in verschiedenen Eigenschaften wie Beschleunigung, Kurvenlage, etc., doch zeigt die Konkurrenz in diesem Punkt, dass noch mehr Abwechslung durch frei wählbare Vehikel möglich ist.
In Sachen Spielmodi kann man dagegen gut mit dem großen Vorbild mithalten. Da wäre zum einen der vor allem für den Einzelspieler sehr interessante Grand Prix-Modus, bei dem in sechs verschiedenen Pokalen zu je vier Rennen angetreten werden darf. Das Prinzip dieser Rennen sollte eigentlich jedem Videospieler bekannt sein. Acht Charaktere starten in ihren Vehikeln und versuchen möglichst auf dem ersten Platz nach drei Runden die Ziellinie zu überqueren. Dafür gibt es dann entsprechend viele Punkte aufs Konto. Nach den vier absolvierten Rennen gewinnt derjenige den Pokal, der mit den meisten Punkten ganz oben auf dem Treppchen steht. Zum einen kommt es natürlich auf ein gewisses fahrerisches Können an, um die Kurven, Abgründe und Loopings der einzelnen Strecken heil zu überstehen. Zum anderen dürft ihr aber wie im Klassenprimus auch auf allerhand Objekte zurückgreifen, mit denen ihr euren Gegnern das Leben schwer machen könnt. Itemboxen verbergen dabei die Extras, die euch nach dem Zufallsprinzip zugeschustert werden. Die Palette reicht dabei von Raketen über Minen bis hin zum Schutzschild und offenbart keinen sonderlich großen Einfallsreichtum, denn die gebotenen Items kennt man bereits von der Konkurrenz. Zwar wurde jedem Charakter noch ein eigener Special Move spendiert, abgesehen von einem dem Bildschirm verdrehenden All-Star halten sich die Innovationen jedoch in Grenzen. Kritik muss man sich auch wegen des unausgegorenen Balancing gefallen lassen. Wo man bei Mario Kart Wii in der Führungsposition nur noch Bananen oder mal ein Schutzschild bekommt, werden dem Spieler beim Sega-Pendant auch Bomben und Raketen in die Finger gespielt, mit denen man in dieser Situation so rein gar nichts anfangen kann. Zurückliegende Spieler werden ebenfalls weniger mit starken Items gesegnet als beim Nintendo-Vorbild. Man kann zwar nun der Meinung sein, dass dadurch das Glück bei Sonic & SEGA All-Stars Racing eine weniger große Rolle spielt, auf der anderen Seite hat man so mit erfahrenen Spielern in der Runde kaum noch eine Chance aufzuholen.
Das macht sich im Rennen gegen die CPU auch bereits ab dem mittleren Schwierigkeitsgrad bemerkbar, wo die Konkurrenz sich unter Umständen absetzt und nur schwer wieder einzuholen ist. Schade ist auch, dass man auf verschiedene Geschwindigkeitsklassen verzichtet hat. Einzig an der aggressiver fahrenden CPU merkt man, dass man einen höheren Schwierigkeitsgrad gewählt hat. Anspruchsvollere Strecken in den höheren Klassen findet man leider ebenfalls nicht. Dafür darf man sich in 64 Missionen versuchen, um dort weitere Sega-Meilen zu erfahren. Diese werden zum Freischalten der neuen Charaktere, Strecken sowie Sounds benötigt. Zu den Missionen gehört das Aufsammeln von Ringen genauso wie der Sieg in Ausscheidungsrennen oder das Unterbieten von vorgegebenen Bestzeiten. Vor allem Einzelspieler werden damit eine ganze Weile beschäftigt sein. Wer sich lieber mit Freunden vor der Konsole vergnügt, ist dabei natürlich auch herzlich eingeladen. Per Splitscreen dürfen bis zu vier Spieler gegeneinander antreten und dabei nicht nur klassische Rennen bestreiten, sondern sich auch in drei Kampfarenen beackern, Capture the Chao sowie ein King of the Hill spielen. Dass man einen Onlinemodus für bis zu acht Spieler integriert hat, ist dabei eine tolle Sache und sollte auf den ersten Blick für längeren Spielspaß sorgen. Dass man im Onlinemodus nur selten mit Lags zu kämpfen hat ist ebenfalls erfreulich. Unverständlich dagegen ist die Tatsache, dass man lediglich zu regulären Rennen antreten darf. Pokalrennen, Teamwettkämpfe sowie die Kampfarenen fehlen völlig. Es ist mehr als schade, dass man hier enorm viel Potenzial verschenkt hat. Somit ist der Onlinemodus des Titels zwar eine nette Dreingabe, kann den Spieler aber nicht dauerhaft vor die Konsole fesseln.
Die Steuerung von Sonic & SEGA All-Stars Racing ist recht simpel gehalten, so dass auch Anfänger schnell damit zurechtkommen. Neben der klassischen Variante mit der quer gehaltenen Wiimote, die auch das Wii Wheel unterstützt, stehen euch auch die Kombination mit dem Nunchuk sowie der Classic Controller zur Verfügung. Neben dem Analogstick für die Steuerung der Vehikel werden noch drei Buttons für den Einsatz der Items, die Beschleunigung sowie zum Bremsen verwendet. Da die Fahrzeuge in den Kurven gleich driften, kommt einem die Steuerung anfangs sehr schwammig vor. Allerdings ist intensives Driften notwendig, um den dadurch entstehenden Geschwindigkeitsboost nutzen zu können. Schon nach kurzer Zeit hat man den Dreh raus und driftet durch die Kurven, als gäbe es kein Morgen mehr. Sonderlich viele Finessen lässt die Steuerung allerdings nicht zu. Tricks und Stunts wie man sie aus Mario Kart Wii kennt sucht man genauso vergeblich wie spezielle Wii-Funktionen.
Kunterbunte Ruckelorgie?
In Sachen Technik hat man seitens Sumo Digital vieles richtig gemacht. Die Strecken im Game sind ansprechend gestaltet worden und warten mit einigen Details auf. Die Abwechslung ist zudem groß, da die Kurse thematisch den verschiedensten Sega-Titel zugeordnet werden können. Die von Sonic inspirierten Levels beispielsweise sind größtenteils am Strand angelegt, schicken euch durch Loopings und lassen den aus Sonic Adventure für die Dreamcast bekannten Schwertwal durch den Hintergrund springen. Andere Sonic-Kurse wirken wie ein riesiges Casino inklusive Bumpern, Roulettetisch und Spiralen. Andere Stages führen euch in die von The House of the Dead inspirierten Parks, wo sich euch umher wandelnde Zombies in den Weg stellen. Die Samba de Amigo entliehen Stages sind knallbunt, während die an [/i]Super Monkey Ball[/i] angelehnten Kurse im Dschungel spielen und analog zum Geschicklichkeitsspiel mit dem Affen AiAi meist recht scharfe Kurven und Ecken aufweisen. Im Einzelspielermodus läuft das Spielgeschehen meist flüssig und nur selten trübt ein Ruckler die Freude am Fahren. Mit mehreren Spielern auf dem Screen dagegen merkt man, dass man hier technisch noch einiges hätte optimieren können. Dies hinterlässt einen leicht schalen Nachgeschmack, da sich das Spiel ansonsten mit sehr sauberen Texturen und knallbunten Farben ansprechend präsentiert.
Beim Sound hat man sich ebenfalls viel Mühe gegeben, muss sich aber auch hier Kritik gefallen lassen. Die zu den Stages passenden Musikstücke sind an sich eine tolle Sachen und tragen viel zur Stimmung bei. Doch wäre etwas mehr Abwechslung wünschenswert gewesen. Wenn zum hundertsten Mal „Samba de Janeiro“ aus den Boxen dröhnt, könnt ihr den Titel irgendwann nicht mehr hören. Der deutsche Kommentator macht seine Sache zwar ordentlich, doch wiederholen sich seine Sprüche schon bald etwas zu oft. Hier wäre weniger vielleicht mehr gewesen. Passende Soundeffekte runden den insgesamt dennoch relativ guten Eindruck ab, den der Sound hinterlassen hat.
Fazit
Ambitioniert ging man bei Sonic & SEGA All-Stars Racing zu Werke und das Engagement ist Sega anzurechnen. Im Endeffekt schafft man es jedoch mangels zu wenig eigenen Ideen, einem kastrierten Onlinemodus und kleinen technischen Patzern nicht Mario Kart Wii von der Pole Position zu stoßen. Wer mittlerweile genug vom kartfahrenden Klempner hat und lieber mit dem blauen Igel und weiteren Sega-Charakteren über die bunten Kurse driften will, darf gerne zugreifen. Eine spielerische Revolution sollte man allerdings nicht erwarten.
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