Testbericht: Sonic Colours
Segas Maskottchen Sonic hat es weiß Gott nicht leicht. Die Verfrachtung in die dritte Dimension auf Segas letzter Konsole Dreamcast hat er vor gut einer Dekade noch einigermaßen gut überstanden, seine weitere Karriere war allerdings eine einzige Berg- und Talfahrt. Das hat man auch seitens Sega erkannt und ein Einsehen mit dem blauen Igel gehabt. In einer Qualitätsoffensive sollte die Marke „Sonic“ zu ihrer alten Stärke zurückfinden. Gleich zwei Spiele mit dem schnellen Igel in der Hauptrolle werden dabei nun zum Jahresende hin auf die Spieler losgelassen. Sonic the Hedgehog 4 – Episode 1 zeigte Segas Maskottchen dabei in zweidimensionaler Form als Fortsetzung der klassischen Sidescroller aus Mega Drive-Tagen. Mit dem exklusiv für die Nintendo-Konsolen entwickelten Sonic Colours will Sega den blauen Igel auch im dreidimensionalen Raum rehabilitieren. Ob das gelingt, verraten wir euch in den folgenden Zeilen.
Super Sonic Galaxy?
Für Sonics neuen Streich hat man sich eine nicht gerade überraschende Geschichte einfallen lassen. Der fiese Dr. Eggmann hat einen interstellaren Vergnügungspark gebaut, doch dahinter steckt natürlich keine Bespaßungsanlage für Sonic und seine Freunde. Vielmehr hat er die außerirdischen Wisps dort gefangen genommen und möchte sich deren Energie zu nutze machen. Als Sonic davon Wind bekommt, will er natürlich genau das verhindern und die gefangenen Kreaturen befreien. An dieser Stelle kommt ihr ins Spiel und übernehmt die Kontrolle über den flinken Igel. Ob ihr dabei lediglich die Wiimote quer haltet, ein Nunchuk angeschlossen habt oder lieber zum Gamecube, bzw. Classic Controller greift, ist euch frei gestellt. Wichtig ist nur, dass ihr mit Sonic nach und nach die insgesamt sechs regulären Welten auf der Suche nach den Wisps durchkämmen und am Ende einer jeden Welt einem teuflischen Roboter-Gegner von Dr. Eggmann entgegen treten müsst. In den Welten selbst sind die Stages dabei linear zu absolvieren, so dass euch nur bedingt Wahlmöglichkeiten gegeben werden. Zudem müssen für den Fortschritt in die finale Welt auch wirklich alle Level gespielt werden. Wo ihr bei der galaktischen Konkurrenz aus dem Hause Nintendo hier mehr Freiraum habt und auch die ein oder andere Stage auslassen könnt, fordert Sonic Colours von euch die Komplettierung aller Level.
Ein wenig hat man sich allerdings dennoch am berühmten Klempner orientiert, wenn man sich die Settings des neuesten Sonic-Abenteuers anschaut. Denn durch die Verlagerung in einen interstellaren Vergnügungspark ist man nicht nur frei was die Gestaltung der Welten betrifft, sondern kann sich an der ein oder anderen Stelle auch mit Spielereien der Schwerkraft vergnügen. In erster Linie hat man sich allerdings auf Sonics Tugenden besonnen und lässt den Igel an viele Stellen dank Beschleunigern, Rampen, Loopings und dergleichen mehr mit rasanter Geschwindigkeit durch die Stages düsen. Neben den bekannten Ringen, die Sonic als Schutz vor einem Treffer dienen, sammelt er dabei noch 10er Ringe, Extraleben und auch rote Spezialringe ein, die weitere Akte im Spielmodus Eggmans Sonic-Simulator freischalten. Die roten Ringe sind dabei teils richtig gut versteckt und fordern euren Forscherdrang. Denn um diese zu finden, müsst ihr in den Levels die mitunter richtig gut versteckten Abzweigungen und alternativen Wege finden. Dabei müsst ihr euch auch die Kräfte der außerirdischen Wisps zunutze machen. Zu Beginn des Games trefft ihr dabei zuerst auf die weißen Wisps, die eure Turboleiste füllen. Türkise Wisps lassen Sonic wie einen Laserstrahl durch das Level flitzen, wobei ihr euch durch Feinde schießen und an Hindernissen abprallen könnt. Gelbe Wisps dagegen verwandeln euch in eine Art Maulwurf, so dass ihr euch durch die lockere Erde graben könnt. Mit der Kraft der blauen Wisps verwandelt ihr blaue Blöcke in Münzen und umgekehrt, orangefarbene Wisps feuern euch die eine Rakete geradewegs in die Luft und grüne Wisps verleihen euch kurzzeitig die Kraft zu schweben. Mit einem pinkfarbenen Wisp nutzt ihr die Kraft eurer Stacheln und dürft euch sogar an der Decke entlang bewegen. Letztlich hätten wir da noch die violetten Nega-Wisps. Diese lassen Sonic auf Kommando wütend werden, so dass er selbst große Steine und Hindernisse zerstören kann.
Diese neuen Fähigkeiten stehen unserem blauen Igel zur Verfügung, sobald er die entsprechenden Wisps in den dazu gehörigen Levels entdeckt hat. Man findet somit schon im frühen Spielverlauf immer wieder farbige Wisp-Behälter, die aber zu diesem Zeitpunkt noch leer sind. Erst wenn man später die passenden Wisps gefunden hat, findet sich an dieser Stelle auch ein Wisp in dem Behälter wieder. Somit müsst ihr immer wieder an frühere Stellen im Spiel zurückkehren, wollt ihr wirklich alle versteckten Extras entdecken. Das verlängert den Spielumfang noch einmal enorm und erhöht den Wiederspielwert der einzelnen Stages. Das Durchforsten der Stages macht dabei ungemein viel Spaß, was auch an deren Levelaufbau liegt. Die bunten Welten sind immer wieder für eine Überraschung gut. Mal rast ihr auf den Schienen einer monströsen Achterbahn durch die Stages, mal taucht ihr in einer japanischen Welt in die Tiefen des Wassers ein, mal flitzt ihr durch die von Gras bewachsenen Ebenen der Wisp-Heimat. Für Abwechslung sorgt dabei auch der nahezu stete Wechsel zwischen den Perspektiven. Immer wieder schwankt das Game zwischen zwei- und dreidimensionalen Passagen. Bestimmte Moves wie das Abspringen von Wänden oder das Graben im Boden kann Sonic dabei nur in der zweiten Dimension ausführen. Das ist durchaus sinnvoll und kommt der Spielbarkeit zugute, denn in 3D würde hierbei die Orientierung sicherlich schnell flöten gehen. Sonic Colours überrascht dabei mit erstaunlich vielen Ideen und deren in der Regel tollen Umsetzung.
Dennoch muss erwähnt werden, dass es auch ein klein wenig Kritik an Sonic neuestem Abenteuer zu üben gibt: Die leicht träge Steuerung des Igels im Sprung werden Kenner der Serie bereits erwartet haben und nach kurzer Eingewöhnungszeit kommt man auch gut damit zurecht. Der Wandsprung dagegen wird immer wieder zum Glücksspiel, da er sich teils scheinbar nur mit Widerwillen ausführen lässt. Unverständlich ist auch eine Entscheidung im Gamedesign. So muss man um Zugang zur finalen Stage zu erhalten wirklich alle übrigen vorigen Stages absolviert haben. Das wäre an sich nicht schlimm, warten jedoch einige spätere Stufen mitunter mit fiesen Stellen auf, die euch die Nerven rauben werden. Gegen schwere Passagen hat dabei niemand etwas und alleine die Verstecke der roten Ringe zeigen, dass Sonic Colours seine Spieler wirklich fordert. Wenn es aber fast schon unfair wird, ist man dazu geneigt die Wiimote ein ums andere Mal in die Ecke zu pfeffern. Mit viel Geduld kommt man aber dennoch an jeder Stelle weiter. Ein angepasster und damit fairer Schwierigkeitsgrad wäre aber sicher an der ein oder anderen Stelle angebracht gewesen und hätte Frustmomente verhindert.
Wer sich erfolgreich durch alle Levels gekämpft hat, darf neben der Suche nach den versteckten Extras auch mit Spielern aus aller Welt seine Highscores in den einzelnen Stages messen. Dank Freundescode lassen sich die Punkte übrigens auch nur mit der eigenen Freundesliste vergleichen. Mit Eggmans Sonic Simulator enthält das Game übrigens noch einen weiteren Spielmodus. Dort hüpft man durch zweidimensionale Stages entweder mit einem, eineinhalb oder zwei Spielern, wobei sogar ein Spielen mit dem eigenen Mii möglich ist. Es ist zwar recht nett mit zwei Spielern kooperativ unterwegs zu sein, doch bringt das auch Schwierigkeiten mit sich. Bewegt sich der erste Spieler nämlich auf dem Bildschirm zu weit nach vorne, verliert der zweite Spieler automatisch ein Leben. Im Herausforderungsmodus dagegen spielt ihr alle Stages der Reihe nach und eure erreichte Punktzahl wird addiert. Auch wenn diese beiden Modi nur eine Ergänzung zum Hauptmodus sind, so sorgen sie doch für die ein oder andere unterhaltsame Minute.
Kunterbunte Action im Weltall
Auf technischer Ebene kommt Sonic Colours erstaunlich stark daher. Die Zwischensequenzen in Spielgrafik sind dabei noch der schwächste Punkt, wobei auch diese in der Tat ordentlich wirken. Seine volle Stärke entfaltet das Game jedoch in den Stages selbst. So dermaßen liebevoll, bunt und abwechslungsreich gestaltete Welten hat man auf der Wii schon lange nicht mehr gesehen – zumindest seit Super Mario Galaxy 2 nicht mehr. Sonic Colours profitiert dabei in der Tat vom Setting im Weltall, da man so alle Möglichkeiten der Levelgestaltung nutzen konnte. Die weitläufige Areale haben zwar vergleichbar mit Sonic Andventure einen mehr oder weniger linearen Weg, viele Abzweigungen und versteckte Wege lassen die Levels aber ungemein groß wirken. Viele Objekte im Hintergrund verzieren dabei den Anblick und sehen einfach gut aus, egal ob es sich um riesige Süßigkeiten, ganze Planeten oder andere Objekte handelt. Das Game ist dabei selbst in den schnellen Passagen ruckelfrei und mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit unterwegs. Tolle Lichteffekte und Explosionen runden Sonic Colours entsprechend ab. Dass der Titel mit einem 60 Hertz-, bzw. 480p-Modus daher kommt, versteht sich dabei wohl von selbst.
Der Sound kann dabei nicht ganz mithalten. Ist der trashige Titelsong noch Geschmackssache, punktet man vor allem mit der netten Sprachausgabe. Die nahezu komplett ersetzte (englische) Sprecherriege macht einen guten Job und sorgt mit einigen Gags immer wieder für ein Schmunzeln. Die Soundeffekte sind klassisch und gut zugleich, wie man sie aus den Sonic-Titeln eben kennt. Lediglich die Hintergrundmusik geht nicht immer so ins Ohr, wie man es gerne hätte. Allerdings passt sie auch gut zum Spielgeschehen und geht dem Spieler nicht schon nach kurzer Zeit auf den Keks.
Fazit
Sonic ist zurück – kunterbunt, rasend schnell und besser, als viele es wohl erwartet hätten. Sega hat ganze Arbeit geleistet und dem blauen Igel mit Sonic Colours endlich wieder einen würdigen Titel spendiert, der nahtlos an die beiden Sonic Adventure-Klassiker auf Segas Dreamcast anknüpfen kann. Der anfangs noch leichte Schwierigkeitsgrad zieht schnell an und weist leider auch ein paar unfaire Stellen auf. Zusammen mit leichten Schwächen in der Steuerung sind dies aber die einzigen starken Kritikpunkte an Sonics neuem Abenteuer. Abgesehen davon bekommt man nämlich ein optisch ansprechendes, durchweg unterhaltsames Spiel geboten, welches sich nicht nur Fans des Igels genauer betrachten sollten.
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