Testbericht: Sniper Elite
Dank der Pointersteuerung der Wiimote machen sich Shooter auf Nintendos Konsole eigentlich besonders gut. Abseits vieler Railshooter hat man bisher aber nur wenige Genrevertreter gesehen, die wirklich überzeugen konnten. Bigben Interactive bringt nun mit Sniper Elite einen weiteren Shooter auf unsere kleine, weiße Kiste. Wir haben uns für euch die Sniper Gun geschnappt und sind in den Krieg gezogen.
Der „Kalte Krieg“ hat begonnen…
Das Szenario des Zweiten Weltkriegs scheint für Shooter sicherlich nicht mehr neu. Zu viele Genrevertreter haben sich bereits damit befasst und an sich kann das Szenario sicherlich niemandem mehr hinter dem Ofen hervor locken. Auf den ersten Blick scheint somit auch Sniper Elite nur ein weiterer Titel unter vielen zu sein, der just auf jenen Schauplatz setzt. Doch das von Rebellion entwickelte Game hebt sich bei genauerem Hinsehen von der Konkurrenz ab. Das liegt nicht nur an der aus Plastik gefertigten Sniper Gun, die dem Bundle beilegt. Auch der Titel selbst bietet eine gewisse Abwechslung vom Rest des Genres. In Sniper Elite ist nämlich ausnahmsweise mal nicht der Deutsche der Feind, sondern der Russe. Ihr seid in der Rolle eines US-Scharfschützen in Berlin unterwegs und müsst grob gesagt verhindern, dass am Ende des Zweiten Weltkriegs Stalin die Informationen über die Atombombenforschung sowie die V2-Technologie in die Hände fällt.
In 28 Levels kämpft ihr euch dabei durch die feindlichen Reihen und erfüllt verschiedenste Missionen. Teils ändern sich eure Ziele dabei während der Level, wenn ihr beispielsweise bemerkt, dass ein Stützpunkt schwerer bewacht ist als angenommen. Ihr müsst Informanten treffen, Verwundete zu euren Kollegen bringen, Feuerschutz gewähren, Bunker ausschalten, Panzer eliminieren und dergleichen mehr. Während der Missionen könnt ihr jederzeit auf einer Karte die Lage prüfen und dürft auch zu jeder Zeit speichern – allerdings pro Level immer nur einige Male. Ihr solltet euch also gut überlegen, wann ihr einen Speicherpunkt setzt. Zumindest in den ersten Levels werdet ihr noch darauf hingewiesen, wann ein guter Zeitpunkt dafür ist. Später sowie in den höheren Schwierigkeitsgraden seid ihr auf euch selbst gestellt. Einsteiger werden dabei bereits im Anfängermodus ihre Schwierigkeiten haben. Nur selten ist es nämlich ratsam, in Sniper Elite mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. Schneller als euch lieb ist habt ihr dann nämlich ein paar Treffer kassiert und ins Gras gebissen. Von daher solltet ihr lieber das Scharfschützengewehr nutzen, welches ihr mit euch führt, um Feinde aus sicherer Distanz auszuschalten. Dabei gilt es nicht nur die Deckung hinter ausgebrannten Fahrzeugen, zerbombten Mauern und Barrikaden zu suchen, sondern auch Ausschau nach feindlichen Scharfschützen auf den Dächern zu halten. Denn wo eure Schüsse mitunter tödlich sein können, gilt das für Projektile der Gegenseite ebenso. Bei Schüssen auf Distanz wird euch dabei sofort eine Bewertung sowie die exakte Entfernung zu eurem Opfer angezeigt.
Auf Wunsch lassen sich dabei Beeinflussungen durch die Schwerkraft, den Wind sowie die Entfernung an- oder ausschalten, was das Game noch einmal schwieriger macht. Wie sicher ihr zielen könnt, hängt übrigens auch von eurer aktuellen Position ab. Im Liegen habt ihr die meiste Ruhe, während ihr stehend oder gar im Laufen nicht immer sicher zielen könnt. Auch eure Herzfrequenz beeinflusst die Sicherheit im Schuss. Ihr könnt zudem den Atem anhalten, um genauer zielen zu können. Gezielte Headshots sind nämlich der Schlüssel zum Erfolg, denn wer zu unüberlegt nach vorne stürmt, sieht die Radieschen künftig von unten wachsen. Hin und wieder müsst ihr allerdings zur MG greifen, wenn ihr euch beispielsweise auf engem Raum gegen feindliche Soldaten wehren müsst. Mit einem Schalldämpfer dagegen dürft ihr auch aus der Nähe lautlos töten. Zur Verwirrung feindlicher Soldaten könnt ihr dabei auch Steine werfen und sie somit auf eine falsche Fährte locken. Medipacks und Granaten gehören ebenfalls zu eurer Ausrüstung. Nachschub davon sowie weitere Munition findet ihr immer wieder mal in Waffenlagern oder bei der Durchsuchung erledigter Gegner. In den an sich recht überschaubar großen Arealen wird leider strikt nach Vorgaben gearbeitet. Missionen müssen in der korrekten Reihenfolge erledigt werden, andernfalls finden notwendige Events nicht statt oder euer Weg wird von unsichtbaren Mauern blockiert. Zudem könnten auch Dauer die Missionen ruhig abwechslungsreicher gestaltet worden sein, da irgendwann die Überraschungen aus bleiben und sich leichte Abnutzungserscheinungen einschleichen.
Mit einem Kumpel vor der Konsole dürft ihr übrigens im Koop-Modus per Splitscreen antreten, was dem Spielspaß durchaus zuträglich ist. Der Umfang ist insgesamt gut, denn mit allen 28 Levels seid ihr gut über zehn Stunden beschäftigt. Dabei kommt es allerdings auch auf das eigene Spieltempo an. Manche Levels lassen sich vorsichtig und mit viel Umsicht in einer halben Stunde spielen, andere dagegen haben Stellen, an denen man auch etwas ruppiger zu Werke gehen kann. Aufgrund des etwas höher angesetzten Schwierigkeitsgrades wird man jedoch sicher länger als zehn Stunden reine Spielzeit vor der Konsole verbringen. Nach jedem absolvierten Level erfolgt eine Abrechnung inklusive Punkten für besondere Treffer. Euer ultimatives Ziel laut dem Überlebens-Handbuch (bei anderen Spielen auch ganz simpel „Spielanleitung“ genannt) sollte dabei der höchste Rang als Scharfschütze sein, um so realistisch wie möglich zu spielen und dabei auf Hilfsmittel wie die Feldstecher- oder die Scharfschützensicht zu verzichten. Bis man soweit ist, muss man allerdings viel üben…
Alles unter Kontrolle?
Die Steuerung in Sniper Elite wurde an sich sehr gut und zweckmäßig zugleich gelöst. Mittels Analogstick bewegt ihr euch, mit dem Pointer wird sich umgeschaut. Der C-Button lässt euch in Deckung gehen, bzw. auf den Boden legen. Gefeuert wird mittels B-Knopf, während der A-Button zum Bestätigen diverser Aktionen und in Verbindung mit dem Analogstick zum Zoomen im Scharfschützenmodus dient, den ihr mit dem Z-Knopf aktivert. Per Steuerkreuz wechselt ihr durch die Waffen und das Ausrüstungsmenü, die Buttons 1 und 2 bringen euch zur Karte und ins Menü. Auch wenn alle Tasten belegt sind, hat man sich schnell mit der Steuerung vertraut gemacht und kommt gut damit zurecht.
Anders sieht die Sache allerdings auch, wenn man die mitgelieferte und von Bigben Interactive hergestellte Sniper Gun verwenden möchte. An und für sich ist das Plastikgewehr dabei gut verarbeitet und auch in wenigen Schritten aus dem Karton geholt und zusammen gebaut. Über den Lauf des Gewehrs wird dabei die Wiimote gelegt und eine Aussparung an der Vorderseite stellt sicher, dass die Pointerfunktion im Spiel natürlich Verwendung finden kann. Das Zielfernrohr auf dem Gewehr wird dabei einfach zur Seite geklappt. Dahinter befindet sich eine Aussparung im Griffstück, in welche das Nunchuk positioniert wird. Danach klappt man das Zielfernrohr wieder zurück und die Sniper Gun ist einsatzbereit. Am Handgriff finden sich Verlängerungen für die Buttons C und Z, der Abzug betätigt den B-Button der Wiimote. Eine Stütze stabilisiert dabei zudem auf Wunsch den Lauf und soll ein sichereres Zielen ermöglichen. In der Theorie ist das alles ganz toll und sieht nicht zuletzt dank der schwarzen Farbgegung des Gewehrs auch recht realistisch aus. In der Praxis machen sich allerdings einige Probleme bemerkbar. Das Nunchuk lässt sich nur schwer in die dafür vorgesehene Aussparung bringen – zumindest nicht so weit, dass sich die Klappe mit dem Zielfernrohr darauf wieder sauber schließen lässt. Dann hat man das Problem, dass der C-Button am Gewehr nicht nur den C-Button, sondern auch den Z-Button des Nunchuks auslöst. Das Zielfernrohr ist zudem zwar eine nette Sache und dient der realistischen Optik, ist für das Spiel selbst aber nicht zu gebrauchen. Da man immer wieder den A-Button benötigt und dafür umständlich umgreifen muss, disqualifiziert sich die Gun letztlich leider selbst. Für eine kurze Zeit ist das Spielen mit dem Plastikgewehr zwar recht witzig, aber insgesamt ist die Steuerung ohne Plastikzusatz oder maximal noch mit dem Wii-Zapper zu empfehlen.
Braun in braun?
Technisch gesehen merkt man nicht sofort, dass der Titel ursprünglich 2005 für die Xbox, den PC sowie die Playstation 2 erschien. Man wird zwar von der Optik nicht vom Hocker gehauen, bemerkt aber die Überarbeitung bei der finalen Wii-Version. Vor allem die Texturen der Häuser haben gewonnen und sehen nun schärfer und knackiger aus. An sich herrscht natürlich eine eher braune und trist gehaltene Optik vor, was an der Thematik selbst liegt. Im Rahmen der Möglichkeiten hat man jedoch versucht viel herauszuholen. Berlins Wahrzeichen wie der Flughafen Tempelhof oder auch das Brandenburger Tor wurden authentisch umgesetzt. Natürlich gibt es auch einige matschige Texturen, die gerade beim Zoomen mit dem Scharfschützengewehr negativ auffallen. Dennoch läuft das Spielgeschehen immer stets flüssig ab und hinterlässt einen passablen Eindruck. Dazu trägt auch die Atmosphäre des Spiels bei. Immer wieder huschen Flugzeuge über euren Kopf und lassen in gescripteten Events Bomben fallen, die Löcher in den Boden sprengen und Trümmer durch die Gegend segeln lassen.
Eine große Rolle spielt dabei auch der Sound, der wirklich gelungen ist. Von allen Seiten prasselte das Gewehrfeuer auf euch ein, Explosionen donnern aus den Boxen, Soldaten rufen sobald sie euch entdecken, im Hintergrund hört ihr die Schreie der Zivilisten. Hin und wieder setzt unheilschwanger eine bedrohliche Musikuntermalung ein, welche die Atmosphäre noch einmal verstärkt. Die deutsche Sprachausgabe ist ebenfalls positiv zu erwähnen.
Fazit
Im Einheitsbrei der Shooter mit der Thematik des Zweiten Weltkriegs macht sich Sniper Elite eigentlich gar nicht schlecht. Mit 28 Levels bietet es einen ansprechenden Umfang und legt viel Wert auf ein realistisches Gameplay. Der damit verbundene hohe Schwierigkeitsgrad dürfte dagegen absolute Anfänger abschrecken. Erfahrene Zocker finden dagegen eine gewisse Herausforderung. Sniper Elite ist zwar technisch kein Meisterwerk, punktet aber vor allen Dingen mit seiner packenden Atmosphäre und seinem starken Sound. Die auf die Möglichkeiten der Wii angepasste Steuerung funktioniert gut, allerdings sollte man auf das mitgelieferte Plastikgewehr verzichten. Optisch sieht es zwar nett aus, spielerisch behindert es den Spieler aber eher und ist somit ungeeignet. Das Game selbst dürfen Genrefreunde jedoch durchaus mal antesten.
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