Testbericht: Smarty Pants: Das Besserwisserspiel
Partyspiele auf der Wii … ja, gibt es denn sowas? Unvorstellbar aber wahr: Smarty Pants: Das Besserwisserspiel reiht sich nicht einfach in die endlose Serie der Partyspiele ein – denn was bisher auf der Wii fehlte, war ein Quizspiel. Smarty Pants bietet genau das, und weiß durchaus zu überzeugen. Ist es perfekt? Sicher nicht – viele Kleinigkeiten gibt es zu bemängeln, nicht zuletzt der relativ hohe Preis. Doch der Reihe nach.
Gut 20.000 Fragen bietet das Spiel und wer andere Sprachen als Deutsch beherrscht, kann über die Ländereinstellung der Wii zudem auf den englischen, französischen, italienischen und spanischen Fragenschatz zurückgreifen. Die Fragen sind zwar größtenteils die selben, doch ein paar landesspezifische Fragen sind anders, und selbst die Fragerubriken unterscheiden sich teilweise. Aus diesem Grund fühlt sich das Spiel gezwungen, die Spieleraccounts zu löschen, wenn man die Sprache der Wii-Konsole ändern sollte. Wenigstens wird man vor dem Löschen gewarnt …
Beim Erstellen eines Spielerprofils gibt man sein Alter an, und bekommt im Spielverlauf zum Alter passende Fragen. Mehr noch: das Spiel merkt sich die Performance der Spieler in den einzelnen Bereichen (Kultur, Medien, Technik, Natur, Deutschland, Welt, Wissenschaft, Sport), und passt den Schwierigkeitsgrad der Fragen automatisch im Laufe der Zeit dem eigenen Wissensstand an. Prinzipiell eine gute Idee mit guter Ausführung, die allerdings einen kleinen Haken hat (siehe „Freunde“-Modus, unten).
Bevor wir uns ins Spielgeschehen stürzen, ein paar Worte zu den Optionen. Hierzu zählen die Einstellung der Lautstärken für Effekte, Musik und den Sprecher, die Möglichkeit, die richtigen Antworten bei einem falschen Tipp anzuzeigen oder nicht (um das Maximum an Wiederspielbarkeit herauszuholen, sollte diese Option deaktiviert werden), und die Credits rollen zu lassen (warum dies unter „Optionen“ zu finden ist, mag ein wenig verwundern). Das wäre geklärt, also auf ins Spiel!
Spielmodi
Zunächst hat man die Wahl zwischen drei Modi: „Solo“ (alleine raten), „Freunde“ (Wettkampf zwischen zwei bis vier Teilnehmern) und „Familie“ (Kooperation von zwei bis vier Leuten). Bei jedem Modus kann die Länge des Spiels, also die gesamte Anzahl an Fragerunden („Freunde“-Modus), oder die insgesamt zur Verfügung stehende Zeit („Solo“ und „Familie“), aus drei Möglichkeiten ausgewählt werden. Ob kurzes Raten zwischendurch oder ein längeres Quiz, alles ist möglich.
Alleine machen Quizspiele selten bis nie Sinn, weshalb sich EA wohl dazu entschlossen hat, einen Solo-Modus zwar anzubieten, diesen jedoch so unattraktiv wie möglich zu gestalten. Zunächst einmal kann man nicht mit dem eigenen Profil antreten, sondern muss einen Gast-Account wählen. Resultat: es werden keine Statistiken gespeichert. So ist das einzige, wozu dieser Modus geeignet ist, ein „Vorlernen“ der Fragen, bevor man ausreichend gewappnet ist, andere Spieler im „Freunde“-Modus ordentlich auflaufen zu lassen – das wäre aber schwerlich beeindruckend, du Pfuscher! Vergessen wir diesen Modus also schnell wieder, für Einzelkämpfer ist das Spiel wirklich nicht geeignet.
Das Kernstück von Smarty Pants ist der „Freunde“-Modus. Hier treten zwei bis vier Leute gegeneinander an, sammeln Punkte für richtige Antworten und verlieren Punkte für falsche.
Es werden zwei Varianten angeboten: die schnellere und naheliegendere Variante bringt einem Spieler mehr Punkte, je früher die Frage beantwortet wird; die zweite lässt alle Teilnehmenden auf Zielscheiben mit Werten von -200 bis +200 schießen, nachdem die Rubrik bestimmt wurde, wobei die Summe am Ende die Punkte für die Frage bestimmt. Das ist zwar prinzipiell eine nette Idee, doch die Schwankung bei den Punkten von Frage zu Frage ist einfach zu groß: zwischen 50 und 2000 kommt alles einmal vor – und 50 Punkte sind wirklich nicht der Rede wert. Dies straft Spezialisten sehr hart. Wenn man zum Beispiel als einziger auf ein umfangreiches Faktenwissen im Bereich Sport zurückgreifen kann, darf man sicher sein, dass Sportfragen immer nur 50 Punkte bringen werden, da alle andere auf die Minus-Ziele schießen. Eine ganz klare Empfehlung für die andere (normalere) Variante.
Bevor es an das Beantworten geht, muss erst mal eine Kategorie gefunden werden. Hierzu dreht man an einem Glücksrad, wobei es Felder für jede Kategorie und für jeden Mitspieler gibt. Landet das Rad auf dem Feld eines Spielers, darf dieser eine Kategorie wählen. Auf einigen Feldern gibt es Bonuskarten für den am Rad drehenden Spieler zu gewinnen, die im Spielverlauf an passender Stelle eingesetzt werden können. Eine Karte beispielsweise tauscht die aktuelle Frage gegen eine schwerere aus, eine andere wechselt zu einer leichteren Frage, wieder eine andere klaut die Beantwortungsmöglichkeit von dem Spieler, der gerade aufgezeigt hat, und so weiter. Kommt man in direkten Konflikt mit einem anderen Spieler (wenn man beispielsweise seine Frage klauen will), wird dieser in einem Minispiel ausgetragen (in dem erwähnten Fall: Tauziehen).
Die Spieler sind zwar der Reihe nach mit Raddrehen dran, die folgende Frage kann aber von allen beantwortet werden. Wer schneller buzzert (oder vielmehr aufzeigt, siehe Steuerung), hat den ersten Versuch. War die Antwort falsch, können die anderen ihr Glück versuchen.
Eine Frage kann auch schon beantwortet werden, bevor diese komplett auf dem Bildschirm zu sehen ist. Liegt man hier jedoch falsch, landet man im Gefängnis. Das bedeutet, dass man bei der nächsten Frage erst nach fünf Sekunden buzzern kann.
Nicht ohne Grund empfiehlt die Anleitung, diesen Modus mit Leuten zu spielen, die alle ein ähnliches Alter vorweisen können, ansonsten können sich die ganz Jungen schon mal darauf freuen, dass ihre recht einfachen Fragen in schöner Regelmäßigkeit von den Älteren weggeschnappt werden. Nicht nur können Ältere ohne Probleme die Fragen der Jüngeren beantworten, die ganz Kleinen sind einfach nicht schnell genug beim Lesen.
Ist also der Unterschied bei den Spielenden zu groß, empfiehlt sich der „Familie“-Modus. Dieser ähnelt prinzipiell dem „Solo“-Modus, jedoch kann hier das eigene Profil gewählt werden, und die Statistik wird gespeichert.
Man wählt, wie viele Fragen die „Familie“ richtig beantworten will (15, 20 oder eigene Wahl). Und dann geht es auch schon los: abwechselnd bekommt jedes Familienmitglied eine zum jeweiligen Alter passende Frage gestellt. Am Ende schafft man die selbst gewählte Vorgabe an richtigen Antworten, oder eben nicht. Kein besonders fesselnder Modus, und tatsächlich höchstens im trauten Kreis der Familie zu genießen.
Ein paar mögliche Fragen gefällig? Kein Problem. Stellen wir uns vor, du bist 10 Jahre alt, und bekommst eine Frage aus dem Bereich Medien: „Wie heißt ein Comic aus Belgien?“
Bist du jedoch ein alter Sack von 33 Jahren (wie ich), ist eine mögliche Frage aus dem Bereich Welt: „Wie heißt die Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo?“
Während dein 10jähriges Ich größere Probleme mit der Hauptstadtfrage haben könnte, dürfte die Bestimmung des belgischen Comics in der Auflistung für beide Alter Egos leicht von der Hand gehen – und genau aus diesem Grund sind gemischte Altersgruppen nicht zu empfehlen.
20.000 Fragen klingt nach einer ganzen Menge. Wenn man aber bedenkt, dass diese nicht nur in Kategorien, sondern auch in verschiedene Schwierigkeitsgrade unterteilt sind, wundert es wenig, dass schnell bereits bekannte Fragen auftauchen.
Steuerung
In den meisten Fällen beschränkt sich die Steuerung auf die Pointer-Funktion der Wii-Mote. Das Navigieren durch die Menüs und das Beantworten der Fragen funktioniert also Wii-typisch. Den unvermeidlichen Casual Gamer wird es freuen, und, mal ehrlich: wie sollte es sonst funktionieren? Nicht mit dem Steuerkreuz jedenfalls. Was hätten wir gelacht …
Zu Beginn eines neuen Spiels werden immer die weitergehenden Steuerungsarten erklärt: wie wird gebuzzert, wie setze ich Bonus-Karten ein, wie laufen die Minispiele, und so weiter. Leider „merkt“ Smarty Pants nicht, wenn nur erfahrene Leute bei einem Quiz antreten. In diesem Fall hätte man sich die Erklärung sparen können, oder nicht? Diese sind jedoch schnell weggeklickt, also Schwamm drüber.
Das Buzzern im „Freunde“-Modus erinnert mehr an ein Aufzeigen: A-Knopf drücken und Wii-Mote in die Höhe reißen. Das läuft recht intuitiv, und geht völlig in Ordnung. Im Spielverlauf geht es wie selbstverständlich von der Hand, beziehungsweise selbige in die Höhe. Damit das Spiel zwischen Aufzeigen und dem Einsetzen von Karten sicher unterscheiden kann, wird für letztgenanntes der B-Knopf gedrückt, während man mit der Wii-Mote eine ausladende Geste nach vorne macht. Ganz so, als würde man die Karte nach vorne schmeißen. Auch das klappt einwandfrei.
Das Drehen des Rubrikenrades ist etwas eigenartig: A-Knopf drücken, Wii-Mote kreisen lassen, A-Knopf loslassen. Um nachher das Rubrikenrad nach links oder rechts zu drücken (was durchaus ein Spaß ist, kann man so doch erstens versuchen, die Fragenrubrik zu beeinflussen, und zweitens verhindern, dass andere Teams Bonuskarten erhalten), wird die Wii-Mote in eine bestimmte Richtung bewegt: seitwärts plus A-Knopf drückt das Rad nach rechts, runter plus B-Knopf nach links. Ähnlich wie beim Bonuskarteneinsatz vermutlich, damit es keine Missverständnisse bezüglich links oder rechts gibt.
Bei den Minispielen ist die Steuerung ebenfalls eingängig. Beim Tauziehen beispielsweise (eine Frage soll „geklaut“ werden) zieht man die Wii-Mote in schnellem Rhythmus zu sich ran, und bei der Temperaturbestimmung (eine Frage soll in der Schwierigkeit verändert werden) werden Flammen oder Eisblöcke per Drag’n’Drop von Pointer und A-Knopf aufs Thermometer gezogen. Einfach, verständlich, aber alles nichts Besonderes. Nur die Tanzeinlagen bei einer der Bonuskarten wirkt arg aufgesetzt: man fuchtelt wild mit Wii-Mote im Takt in der Luft, und erhält so einen Multiplikator zwischen 1,1 und 2,5. Wer jedoch die Leute dazu anhalten kann, tatsächlich für zwei, drei Sekunden durchs Zimmer zu tanzen, holt zumindest etwas Vergnügen aus diesem Minispiel. Zum Glück ist es schnell vorbei.
Alles in allem geht die Steuerung aber in Ordnung. Nichts lenkt allzu sehr vom eigentlichen Geschehen, dem Quiz, ab.
Grafik und Sound
Die Optik kommt schlicht, aber stimmig daher. Die Schaltflächen erinnern von Größe und Gestaltung an das Wii-Menü. Der größte Pluspunkt ist die Einbindung der Miis. Das ist zwar recht naheliegend, aber selten so gut gelungen wie hier: die Miis sehen in Smarty Pants sehr schick aus. Dass alle Erwachsenen immer im Anzug beziehungsweise im Kleid antreten, ist jedoch etwas schade.
Alles in allem nichts Tolles, aber auch nichts Schreckliches.
Der Sound ist ebenfalls nicht weltbewegend. Der deutsche Sprecher hat eine durchaus angenehme und gut verständliche Stimme – doch warum liest er nicht die Fragen (und möglichen Antworten) vor? Die Sprachausgabe ist somit vernachlässigbar; außer ein paar erklärenden Worten und einer knappen Kommentierung nach jeder richtigen Antwort hat der Sprecher nichts zu tun.
Fazit
EA veröffentlicht ein grundsolides Ratespiel mit zahlreichen netten Features, das mit mehreren Leuten ein grandioses Vergnügen ist. Doch warum dieses doch recht einfach gestrickte Spiel eine unverbindliche Preisempfehlung von 49,99 Euro besitzt, ist wirklich ein Rätsel. In der Preisregion von Big Brain Academy wäre es besser aufgehoben. Alleine taugt der Titel nicht, aber das war eigentlich vorher klar – die nur rudimentäre Einbindung eines Solo-Modus überrascht dennoch, und das nicht positiv. Auch das Rumfuchteln mit der Wii-Mote ist auch nicht immer überzeugend. Zudem könnten es mehr Fragen sein, erst recht zu diesem Preis.
Was noch? Ein Online-Modus wäre möglich gewesen, fehlt aber leider – dass bei dieser Art Spiel jedoch die wenigsten Onlinefunktion erwarten würden, ist auch dieser Punkt vernachlässigbar.
Positiv fällt auf, dass (ähnlich zu Wii Sport, und im Gegensatz zu Big Brain Academy) keine Grenze zur Anzahl der Spielerprofile gesetzt wurde. Egal, wie viele Leute im Laufe der Zeit mit raten, jeder behält sein eigenes Profil. Eigentlich selbstverständlich und vorauszusetzen, aufgrund von Negativbeispielen (das noch nicht in Europa erhältliche Wii Fit macht angeblich auch einen Cut bei acht Profilen) trotzdem erwähnenswert.
Was das Spiel leisten will, ein Mehrspieler-Ratevergnügen zu sein, schafft es jedoch trotz aller Einschränkungen überzeugend. Wer also (wie ich) auf ein Quizspiel für die Wii gewartet hat, genügend Wii-Motes für alle Mitspielenden am Start hat, und vom Preis nicht abgeschreckt wird, der greife ruhigen Gewissens zu. Auch und vor allem in mangels Alternativen.
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