Testbericht: Shaun White Snowboarding: Road Trip
Beinhahe zeitgleich zum ersten Schnee des Jahres bringt Ubisoft mit „Shaun White Snowboarding: Road Trip“ ein Snowboardspektakel auf Nintendos stationäre Konsole. Ob es dem Platzhirsch „SSX Blur“ Konkurrenz bieten kann, haben wir für euch getestet. Nun rauf auf das Balance Board, noch mal schnell die Bindung fest gezurrt und los geht die Reise…
Auf zum Roadtrip, aber wo ist eigentlich Shaun?
Zugegebener Maßen ist die Story bei einem Funsport-Titel eher nebensächlich und meist unterirdisch, dem tut auch Ubisofts neuester Stoff keinen Abbruch. Eine Handvoll Freunde, die auf nicht näher erklärte Art und Weise mit dem Titelhelden befreundet sind, startet eine Reise rund um die Welt um auf den verrücktesten Strecken die krassesten Stunts zu fabrizieren. So weit so schlecht, aber daran sollte man sich nicht stören, denn man stellt schnell fest, dass man in den anderen, wichtigeren Bereichen des Spiels überdurchschnittliche Arbeit geleistet hat. Bereits im liebevoll gestalteten Menü des Spiels zeigt sich der Wii-exklusive Comic-hafte Stil, in dem der Titel gehalten wurde, und der hervorragend zum Feeling passt. Die Charaktere sind wunderbar überzeichnet und der meist infantile Humor so wie die seichte Story bildet einen gewissen B-Movie Charakter, und das soll keineswegs abwertend klingen.
Starten wir also mit unseren ersten Charakteren, die wir im Tourbus auswählen können, die Reise rund um die Welt. Der Trip wird uns von Kanada über Chile, die Schweiz und Japan bis in die USA führen und in jedem Land warten verschiedenste Herausforderungen auf uns, die alle zum Standardrepertoire eines Snowboardspiels gehören. Da warten Halfpipe- und Trickcontests, Railbattles, Rennen und Erkundungsfahrten im Backcountry auf den ambitionierten Nachwuchsboarder. Dabei kommt es allerdings nicht alleine auf die Fähigkeiten des Fahrers an, sondern ebenfalls auf den gewählten Kameramann, der brav hinter dem Protagonisten her fährt und ihn mit Trick- oder Speedboosts unterstützt. Wie genau man sich das in der Realität vorstellen muss wird nicht näher erklärt, tut aber auch nichts zur Sache. Dem Spiel verleiht diese Kombinationsmöglichkeit mehr Tiefe und eine gewisse taktische Komponente.
Während die Herausforderungen der ersten Tourstops fast immer „first try“ erledigt werden zieht der Schwierigkeitsgrad gegen Ende des ersten Durchlaufs ordentlich an und bietet auch für erfahrenere Spieler genügend Motivation. Wer Shaun White Snowboarding einmal komplett beendet hat bekommt einen zusätzlichen spielbaren Charakter spendiert und das ist, und jetzt bitte festhalten, Shaun White! Wahnsinn!
Zwar bringt das Freispielen des Namensgebers keine neuen Strecken mit sich, dafür erhöhen sich die Anforderungen auf dem bekannten Terrain aber erheblich und man muss in der Pipe mal schlappe 20.000 Punkte aufs Parkett legen, was selbst mit Shaun White eine durchaus amtliche Hausnummer ist. Wer das Spiel wirklich zu 100% bestreiten möchte, darf sich also auf eine ausreichend lange Spielzeit einstellen. Wem das einmalige Durchspielen genügt hat nach ca. 6 Stunden die Credits gesehen. Prinzipiell reicht es sich den sogenannten „Mut-Zielen“ zu widmen, die deutlich unter den „Respekt-Zielen“ liegen, für das Freischalten neuer Locations und Spieler jedoch ausreichend sind.
Wer noch mehr Arbeit möchte kann auf den Pisten noch sekundäre Aufgaben lösen wie beispielsweise eine bestimmte Anzahl Müllsymbole einsammeln, was leider wenig motivierend ist und daher mehr als nettes Beiwerk denn als echter Umfang gewertet werden darf.
Im Gegensatz zur Version auf PS360 kann man in der Wii-Version des Spiels das Terrain nicht frei erkunden sondern bewegt sich auf begrenzten Pfaden, wie man es von anderen Vertretern der Sparte gewohnt ist. Auch wenn wir uns manchmal etwas mehr Freiheit und Variantenreichtum gewünscht hätten, funktioniert dieses Prinzip nach wie vor bestens und sorgt für viel Spielspaß, ein echtes Next-Gen-Gefühl kommt dabei aber leider nicht auf.
Wer nicht alleine die Kicker und Rails rippen möchte ist auf der Wii leider auf Freunde angewiesen, die gemeinsam vor dem heimischen Fernseher aktiv werden, denn ein Onlinemodus ist, mal wieder, nicht mit von der Partie. Dafür können bis zu vier Spieler, wobei maximal einer auf dem Balance Board Platz nehmen darf, im Splitscreenmodus gegen- oder miteinander auf Rekordjagd gehen. Der Multiplayermodus ist durchaus spaßig, hätte aber noch deutlich mehr Partytauglichkeit wenn mehr als ein Balance Board unterstützt würden. Von der fehlenden Onlineanbindung wollen wir nicht sprechen…
Mal wieder eine grafische Extrawurst
Im Gegensatz zur Version auf den leistungsstärkeren HD-Konsolen hat man auf der Wii aufgrund der schwächeren Hardwarebasis nicht nur auf die frei erkundbare Umgebung verzichtet, sondern auch einen comichaften Grafikstil einer realistischeren Darstellung vorgezogen. Was sich zunächst wenig positiv anhört entpuppt sich bei näherer Betrachtung allerdings als wirklich ordentlich umgesetzt. Die Charaktere sind schön designt und flüssig in Bewegung gesetzt. Dem gesamten Spiel und insbesondere den Zwischensequenzen hat man einen leicht verwischten Look verpasst, was jedoch dazu führt, dass es selbst auf einem großen Fernseher mit wenig Treppchenbildung noch sehr ordentlich aussieht. Eine beachtliche Weitsicht, schöne Licht- und Schneeeffekte so wie die „Hinterherfahrende Kamera“ runden das gute Gesamtbild ab. Shaun White Snowboarding: Road Trip ist definitiv einer der optisch schönsten Titel, den ich bisher in meiner Wii begrüßen durfte und der Comiclook war die beste Wahl, die man hätte treffen können!
In Sachen Sound gibt sich das Team Ubisoft ebenfalls keine Blöße und packt von Hardrock bis zu elektronischer Musik alles, was passend ist, in den Sountrack und geizt auch nicht mit bekannten Namen. Von Audioslave über Faithless bis hin zu Bob Dylan ist für jeden Geschmack etwas dabei. Schade ist nur, dass man sich seine Tracklist nicht selbst zusammen stellen kann.
Der restliche Soundteppich ist ebenfalls passend inszeniert und auch der Lautsprecher der Wiimote gibt hin und wieder Geräusche von sich. Egal ob kratzende Kanten auf Eis oder der Jubelschrei eures Kameramanns, alles fühlt sich richtig platziert an und unterstützt das Feeling des Spiels optimal.
Boarders ready…
Oft beginnt bei unseren Reviews spätestens hier der Teil, in dem ordetnlich gemeckert wird, aber auch hier macht der Titel vieles richtig. Als Steuerungsoptionen stehen euch das Balance Board plus Wii-Remote oder nur die Remote, überraschenderweise ohne Nunchuk, zur Verfügung.
Die Steuerung mit dem Board klappt nach kurzer Eingewöhnungsphase sehr gut. Die Gewichtsverlagerung auf Zehen oder Fersen lässt euren Charakter Kurven fahren, ein kurzer Druck mit beiden Beinen bringt ihn zum springen und eine Verlagerung nach vorne sorgt dafür, dass euer Alter Ego in die Knie geht um extra Speed aufzunehmen. Seid ihr in der Luft, könnt ihr durch Gewichtsverlagerung Spins ausführen während ihr für Grabs und Flips die Wii-Remote benötigt.
So carvt und hüpft ihr gemütlich durch die Levels und die Zugänglichkeit dieser Steuerung macht das Spiel absolut Eltern- und Partytauglich. Nur die fetten Highscores räumt ihr so leider nicht ab, dafür ist diese Methode einfach zu schwerfällig und ungenau. Wer die Ambition hat, das Spiel in Gänze durchzuspielen wird früher oder später auf die Steuerung per Wiimote zurückgreifen müssen. Wie bereits erwähnt, kommt der Titel ganz ohne Nunchuk aus und steuert sich ausschließlich durch Bewegungssensorik sowie den Knöpfen A und B. Indem ihr die Wii-Remote leicht nach links oder rechts neigt fährt euer Boarder Kurven, drückt ihr den B Knopf dazu werden die Kurven enger doch ihr verliert auch Geschwindigkeit. Zum Abspringen auf Kickern reicht ein kurzer Schwung nach oben aus und ihr hebt mit sofortiger Wirkung ab. Einmal in der Luft angekommen, sorgt ein Neigen der Fernbedienung für Drehungen, und drückt ihr gleichzeitig A, B oder beide Knöpfe, so kommt zur Drehung noch ein Grab dazu. Eine schwungvolle Bewegung in eine der vier Richtungen plus optional A und/oder B führt zu diversen Flips oder auch mal zu einem One-foot-Air. Was sich in der Theorie als überladen und kompliziert anhören mag klappt in der Praxis relativ schnell ziemlich gut und macht darüber hinaus einen realistischen Eindruck, der das Tricksystem der „Übertricks“ aus SSX Blur klar in den Schatten stellt.
Allerdings muss man auch sagen, dass die exakte Auswahl der Tricks eher dem Zufall überlassen wird, denn ob man jetzt einen Sato oder einen Barrel springt liegt oft nicht in der Macht des Spielers, was den Spielfluss aber ehrlich gesagt nicht wirklich stört.
Fazit
Shaun White Snowboarding: Road Trip auf der Wii ist ein großartiges Spiel und jeder der nur ein minimales Interesse an Wintersport hat, sollte es sich auf keinen Fall entgehen lassen. Optisch und technisch macht Ubisoft fast alles richtig und die Steuerung klappt sowohl mit als auch ohne Balance Board problemlos. Ob entspanntes Cruisen im Familienkreis oder gnadenlose Rekordjagd – für jede Vorliebe ist die passende Steuerung vorhanden. Lediglich einen Onlinemodus vermissen wir schmerzlich und in Punkto „spielerische Freiheit“ schielen wir manchmal neidisch zur Konkurrenz.
Trotzdem haben die Entwickler hier im Rahmen der Wii-Möglichkeiten alles gegeben und somit spreche ich hiermit eine klare Kaufempfehlung aus, basta!
Schreibe einen Kommentar