Testbericht: Rabbids Go Home
Menschen sind ja sooo einfallslos. Als in den 60ern das Wettrüsten um die erste, bemannte Mondlandung begann, setzten West- und Ostmächte alle Ressourcen in die Entwicklung ihrer Raketentechnologie. Dabei wäre das gar nicht nötig gewesen. Wie man heutzutage artgerecht den Mond betritt zeigen uns Ubisofts bekloppte Hasen in „Rabbids Go Home“!
Superstars
Kennt Ihr Monty Phython? Trigger Happy TV oder Homer Simpson, wenn er mal wieder eine Idee hat? Natürlich, denn dieser Humor ist zu Recht Kult. Warum? Na weil er einfach so herrlich schwachsinnig ist. Die Krönung all dessen sind nun Ubisofts Rabbids, die so derb-genial-fies-dämlich sind, dass sie innerhalb kürzester Zeit – trotz nicht überragend guter Spiele – in der Spielergemeinschaft ebenfalls Kultstatus erreichten. Da musste es zwangsläufig dazu kommen, dass den Langohren nach drei Minispielsammlungen endlich auch ein eigenes Action-Adventure gewidmet wurde. Die Handlung ist dabei gewohnt vielschichtig. Nachdem die außerirdischen Hasen die Welt quasi fast unterjocht haben, sehnen sie sich nach einer neuen Aufgabe. Was läge da näher, als zum Mond zu gelangen? Und wie ginge das einfacher, als schlicht und ergreifend einen riesigen Müllberg zu stapeln, mit dem man ganz entspannt hinauf zum Erdtrabanten klettern kann. Gesagt – getan, ein Plan ist geboren und unsere Helden machen sich mit Einkaufswagen, Matratze und Blasorchester auf den Weg in die große Stadt…
Genie oder Wahnsinn?
Ok, die wichtigste Voraussetzung für ein gutes Rabbids-Spiel scheint damit bereits erfüllt – die Hintergrundgeschichte bietet Potenzial für ausreichend debile Situationen. Doch worum geht es bei den Rabbids überhaupt? Also spielerisch, denn das ist ja auch nicht ganz unbedeutend. Tatsächlich dreht sich der ganze Titel primär um das Einsammeln von Müll – wobei dieser Begriff weit gefasst ist. Für das noble Vorhaben der Hasen sind rumliegende Gegenstände, Lebensmittel, Kleidung, oder Abfall genauso nützlich wie Menschen und Tiere oder komplettes Zimmermobiliar. Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, kann für den Turmbau benötigt werden. Und so flitzt Ihr mit eurem „zwei-Hasen-und-ein-Einkaufswagen-Gespann“ durch die Oberwelt, sucht gezielt Missionsorte auf, sammelt dort alles, was es gibt und am Ende meist noch einen besonders großen Klumpen, quasi das Missionsziel. Unterwegs gilt es Hindernissen und Fallen auszuweichen, Gegner ruhigzustellen (und idealerweise gleich mit einzusammeln) oder auch mal in Stealth-Manier den aufmerksamen Blicken auszuweichen. Stilgerecht setzen sich die Hasen natürlich mit einem kräftigen BWUAAAAAA zur Wehr – schreien Wiedersacher oder Passanten also in Grund und Boden, was nicht nur immer wieder witzig ist, sondern auch dazu dient, Teile der Umgebung, etwa Kisten, auseinander zu nehmen und in den Wagen zu packen.
Am Ende jeder Mission wandert der komplette Inhalt des Einkaufswagens ganz einfach in die Toilette und wird durch die Kanalisation direkt zum Schrottplatz und damit auf den Müllhaufen der Hasen gepumpt – raffiniert! Obwohl sich dieses Prinzip im Grunde durch das ganze Spiel zieht, haben es die Entwickler doch nicht versäumt, eine entsprechende Abwechslung einzubauen. Während sich alle Welt über die Flughafenszene eines Modern Warfare 2 erzürnt, gehen die Hasen sogar noch einen Schritt weiter und terrorisieren auf einer Flugzeugturbine reitend ein Airport-Terminal. Eingesaugte Menschen dienen dabei praktischerweise als Turbo für die sadistischen Chaos-Hasen. An vielen Stellen muss zudem unter Zeitdruck ein gewisser Parcours absolviert oder ein Ziel erreicht werden. Die Krönung der Idiotie ist aber zweifelsohne eine Szene, in der die Hasen erst eine fliehende Kuh in einem Wettrennen einholen und anschließend in ihrem Einkaufswagen zur nächsten Toilette schleppen müssen. Herrlich. Diese Szenen überzeugen dank ihres Humors und animieren zum Weiterspielen – täuschen auf der anderen Seite aber auch nicht immer über das im Kern eben sehr simple Spielprinzip hinweg. Doch sei’s drum, denn viele verrückte Ideen machen das Abenteuer der Langohren einfach sympathisch. Eine Weitere davon ist übrigens auch der Hase in der Wiimote. Gleich zu Beginn des Spiels hat sich ein Rabbid in eurem Controller eingenistet und kann fortan für allerlei Blödsinn missbraucht werden. So etwa lässt sich dieser Hase per Pointer auf Gegner schießen – vergleichbar mit den Kristallen bei Super Mario Galaxy. Und ebenso wie beim großen Klempner kann auch hier ein zweiter Spieler die Kontrolle über die Hasenkanone übernehmen und somit den Hauptspieler unterstützen. Auf Knopfdruck lässt sich außerdem im Pausenmenü in das Innenleben der Wiimote hineinblicken. Den dortigen Hasen kann man mit allerlei freigespielten Accessoires schmücken und dekorieren oder einfach nur per Schüttelbewegung ganz fürchterlich in der Fernbedienung herum schmeißen. Doch keine Sorge, da diese Hasen ohnehin nicht ganz sauber sind, freuen sie sich über jede Form der Peinigung und euer Rabbid in der Wiimote bleibt immer gut gelaunt. Über den spielerischen Sinn dieses Features darf freilich gestritten werden, cool ist es aber allemal. Dieses Motto trifft im Übrigen auch auf das gesamte Spiel zu. Denn obwohl Ubisoft ihrem Hasenauflauf sicher noch mehr Facetten und spielerischen Feinschliff hätte spendieren können, macht die chaotische Sammeljagd aufgrund des sympathischen Wahnsinns ganz einfach Spaß.
Süße Häschen
Dass Meister Lampe aus technischer Sicht kein Blockbuster wird, war im Vorfeld bereits abzusehen. Der Comicstil ist zwar insgesamt stimmig, die Figuren, bis auf die Rabbids allerdings relativ polygonarm. Das mag einerseits zwar zum Stil passen, denn selbst auf Artworks haben die Passanten viereckige Arme, fällt im Spiel aber trotzdem immer wieder mal negativ auf. Auch die Animationen sind nicht immer das Gelbe vom Ei, wobei auch hier gilt, dass sich die Macher bei ihren Protagonisten sichtlich mehr Mühe gegeben haben, als beim Rest des Spiels. Wirklich tragisch ist das allerdings nicht, denn im Grunde sind alle Menschen und sonstigen NPCs ohnehin nur belangloses Futter für den Sammelwahn der Hasen.
Akustisch gehen die Rabbids komplett ungewöhnliche Wege, denn häufig werdet ihr im Spiel von eigentlich völlig unpassender Blasmusik begleitet. Das lässt sich zwar auf das im Spiel enthaltene Hasenorchester und auf eine im Endeffekt kranke Idee der Designer zurückführen, sorgt aber andererseits für eine wunderbar chaotische Stimmung, wenn Ihr zu zünftig-hektischer Volksfest-Mukke die Menschenwelt terrorisiert. Im Umkehrschluss könnte man sich fast fragen, was für eine Musikrichtung wohl besser zu dieser verrückten Spielwelt passen könnte? Die im Spiel enthaltenen Soundeffekte sind weitestgehend passend, nicht überragend, aber auch nie störend. Für den deutschen Markt hat Ubisoft den vereinzelten Sprachfetzen der Menschen eine eigene Synchro spendiert, die aber ebenfalls weder besonders gut, noch schlecht auffällt. Das wichtigste Sprachsample ist ohnehin ein anderes und das erklingt markig wie immer aus den Boxen: BWUAAAAAAA
Fazit
Zugegeben, mit einem Superhit hatte ich bei Rabbids go home ohnehin nicht gerechnet. Das Spiel hat seine Schwächen in der grafischen Präsentation und hier und da auch im Leveldesign. Doch irgendwie ist mir das vollkommen egal, denn ich möchte einfach nur wissen, was für verrückte Situationen, was für abgefahrene Animationen (Kuh in der Toilette) und was für kranke Hasenmomente mich im Spiel noch erwarten. Und das macht schlicht und einfach Spaß. Ich hoffe, dass Ubisoft hiermit den Grundstein für weitere, ausgefeilte Hasenabenteuer legt und irgendwann natürlich auch ein obligatorischer Animationsfilm folgt. Bis dahin vergnüge ich mich einfach noch eine Runde mit meinen Rabbids und klaue dem Weihnachtsmann seinen Bart. BWUAAAAAAAAAAA!!!
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