Testbericht: Puzzle Quest: Challenge of the Warlords
Man sollte meinen, dass sich gewisse Genres aus dem Bereich der Videospiele einfach nicht verbinden lassen. Ego-Shooter und Reitsimulationen zum Beispiel oder Lernspiele für Kinder und Survival Horror. In solchen Fällen ist diese Annahme sicherlich richtig. Manchmal kommt aber bei einer auf den ersten Blick eher ungewöhnlichen Kombination auch ein absoluter Glücksgriff heraus, für den die Entwickler großes Lob verdienen. So geschehen im Falle von „Puzzle Quest“, welches ein normales Puzzlegame mit Rollenspielelementen aufgebohrt hat und ursprünglich für Xbox Live Arcade erschien. Aufgrund des großen Erfolges findet es nun seinen Weg auf andere Plattformen und legt auch auf Nintendos Wii einen Zwischenstopp ein. Wir haben uns den Zaubermantel und das Schwert geschnappt, um für euch unsere grauen Zellen in unzähligen Puzzle-Gefechten zu zermartern …
Magische Puzzles
„Vicious Cycle“ nennt sich das Entwicklerstudio, welches sich hinter dem Konzept von Puzzle Quest: Challenge of the Warlords (so der komplette Titel) verbirgt. So ungewöhnlich dabei die Mischung aus Knobelspiel und RPG im ersten Moment klingt, so faszinierend ist dessen Umsetzung geworden. Zugrunde liegt dem Titel das simple Prinzip des Puzzle-Klassikers Bejeweled. Wer dies noch nie gespielt hat, dem sei es kurz erklärt: Ein Fenster auf dem Bildschirm ist bis zum Rand mit verschiedenen Formen gefüllt. Je zwei davon können ihre Position tauschen und stellt man so Reihen mit mindestens drei gleichen Symbolen zusammen, lösen sich diese auf. Von oben fallen die nächsten Steine nach und neue, zufällig gewählte Symbole füllen den Bildschirm wieder komplett auf. Geschickte Puzzler planen dabei im Voraus und lösen Kettenreaktionen aus, die einen Großteil des Bildschirms abbauen und ordentlich Punkte bringen. Sollte einmal kein Zug mehr möglich sein, kommt es auf die Umsetzung an, was genau passiert. Im Original jedenfalls bedeutet dies ein unschönes „Game Over“ und etwas Frust, weil der Spieler oftmals nichts für die unmöglich positionierten Symbole kann, die einfach selbst bei der besten Planung keinen Zug mehr zulassen.
Das Prinzip sollte somit klar sein, doch widmen wir uns nun der genauen Umsetzung in Puzzle Quest. Hierzu muss gesagt werden, dass der Titel wie ein Rollenspiel beginnt – mit der Erstellung des eigenen Charakters. Aus vier verschiedenen Klassen darf gewählt werden (Druide, Ritter, Krieger oder Hexenmeister), die sich nicht gerade unwesentlich voneinander unterscheiden. Nach einer Namensvergabe und der Auswahl eines passenden Artworks ist der Charakter angelegt und man kann sofort loslegen. Ziel des Spiels ist es nämlich in epischen Missionen seine Gegner in Grund und Boden zu puzzlen, koste es was es wolle. Während Druiden dabei vor allem auf Zaubersprüche aus der Natur setzen und sich so auch selbst heilen können, greifen Hexenmeister eher auf starke Angriffs- sowie Verteidigungszauber zurück. Bei Rittern und Krieger dagegen regiert oftmals die rohe Angriffskraft, doch stehen ihnen ebenso Zauber zur Verfügung. Das hat den einfachen Grund, dass es in Puzzle Quest auf dem Screen verschiedene Symbole gibt, deren Bedeutung es zu wissen gilt. Grundlegend wichtig sind dabei die vier verschiedenen Sorten Mana, also Zauberkraft. Sie werden durch die Farben Rot, Blau, Grün und Gelb dargestellt. Kleine Geldsäcke dagegen lassen die Kassen der Spieler klingeln, während violette Sterne Erfahrungspunkte bedeuten. Wildcards verstärken den Effekt von Mana und ganz wichtig sind die Totenschädel, verursachen sie doch den Schaden beim Gegner. Wer dabei am Anfang denkt, man könne einfach so loslegen und sich ohne Studieren der Anleitung oder Absolvieren des Tutorials zum Erfolg puzzlen, wird sich gewaltig umschauen. Spieler und Gegner haben nämlich dasselbe Spielfeld und dürfen jeweils abwechselnd einen Zug machen. Schneller als einem lieb ist zucken dabei Blitze über den Screen, werden Zaubersprüche gegen euch eingesetzt und Kettenreihen aufgelöst, die eurem Kontrahenten zusätzliche Züge einbringen.
Wer sich dagegen etwas Zeit nimmt und die Spielmechanik durchschaut, wird sich so schnell nicht wieder von der Konsole losreißen können. Dabei ist das Konzept von Puzzle Quest durchaus leicht zu erlernen, aber schwer zu meistern. Aufgelöste Reihen mit Mana bringen dem Spieler die jeweilige Anzahl an farbigem Mana in seinem Mana Pool. Vier farbige Leisten zeigen euch dabei stets an, wieviel Mana euch bereits zur Verfügung steht. Unter eurem Charakterbild, welches euch auch Auskunft über eure Hitpoints gibt, werden eure Zaubersprüche aufgelistet, die ihr einsetzen könnt. Sobald ihr genug Mana für einen Zauberspruch gesammelt habt, könnt ihr diesen aussprechen und damit die verschiedenste Effekte erzielen. Die Zauber sind dabei sehr abwechslungsreich und reichen von Schutzzaubern wie geringerem Schaden und Heilung über Angriffszauber, die eurem Opponenten Hitpoints rauben bis hin zu Sprüchen, die direkten Einfluss auf das Spielbrett haben und euch entweder mehr Mana verschaffen, ganze Reihen auflösen oder euch einen zusätzlichen Zug einbringen. Die Stärke des jeweiligen Zaubers kann dabei von der gesammelten Mana-Menge abhängen, so dass der Effekt eines Spruchs sogar verstärkt werden kann. Man sollte dabei immer ein Auge auf das Spielbrett werfen, denn wenn keine Züge mehr möglich sind, setzt der „Manaschwund“ ein. Zwar wird dann das Spielbrett neu mit Symbolen gefüllt, beide Spieler verlieren aber all ihr zu diesem Zeitpunkt im Pool gesammeltes Mana und starten wieder von vorne. Doch sollte man sich nicht nur auf das Scheffeln von Mana konzentrieren, sondern auch die Totenschädel im Auge behalten. Kann man mindestens drei von ihnen in eine Reihe bringen, lösen sie sich natürlich ebenfalls auf und verursachen entsprechenden Schaden bei eurem Gegner. Dies sollte euer Hauptziel sein, denn nur wenn die Hitpoints eures Gegenübers auf ihren Nullwert gefallen sind, gilt der Kampf als gewonnen. Rot umrandete Schädel sind dabei besonders wertvoll, denn sie erhöhen nicht nur den zugefügten Schaden um fünf, sondern lösen auch sämtliches Mana auf den angrenzenden Feldern auf.
Wer geschickt puzzelt, achtet darauf, ob er Reihen mit vier oder gar fünf Symbolen zustande bringen kann. In diesem Fall ist nämlich nach euch nicht sofort euer Gegner an der Reihe, sondern ihr erhaltet einen zusätzlichen Zug, bzw. im Falle einer Fünferreihe sogar eine Wildcard. Taktische Tiefe erhält das Game zudem durch die beiden Symbole für Gold sowie Erfahrungspunkte. Ganz typisch für Rollenspiele lässt sich nämlich auch euer Charakter in Puzzle Quest aufleveln. Pro erreichter neuer Stufe steht dabei eine bestimmte Anzahl an Fertigkeitspunkten zur Verfügung, die ihr frei auf verschiedene Eigenschaften verteilen könnt. Die Magietypen Feuer, Wasser, Erde und Wind symbolisieren die vier Farben des Mana und verschaffen euch mehr Mana sowie größere Chancen auf eine Wildcard (einen Mana-Multiplikator) oder zusätzliche Spielzüge. „Kampf“ erhöht den verursachten Schaden beim Gegner, während „Moral“ eure Hitpoints nach oben treibt. „List“ als letzte Eigenschaft lässt euch nach einem gewonnenen Kampf mit zusätzlichen Erfahrungspunkten vom Schlachtfeld wiederkehren. Eure Charakterentwicklung kann somit sehr individuell gestaltet werden und genau das macht den großen Reiz des Titels aus. Hinzu kommt, dass man für das erhaltene Gold im Shop Items kaufen darf, die eure Fähigkeiten weiter verbessern. Ebenso taktisch vorgegangen werden muss, sobald man ein gewisses Level erreicht und mittlerweile etliche neue Zauber gelernt hat. Da nur sechs Zaubersprüche in einem Duell „ausgerüstet“ werden können, sollte man diese stets auf seinen Gegner anpassen und vor der Schlacht gut überlegen, ob man lieber den Heilzauber in der Hinterhand halten möchte und auf seine Verteidigung achtet oder eher auf Angriff setzt, um das Match möglichst schnell zu beenden. Die Riege der Gegner ist dabei typisch für das Genre und reicht von Kobolden und Dieben über Spinnen, Ratten und Wölfe bis hin zu Katapulten und mächtigen Drachen.
Wer eine Niederlage kassiert, muss übrigens kein „Game Over“ befürchten. Zwar erleidet eure Statistik in diesem Moment einen schwarzen Fleck, gesammeltes Gold und Erfahrungspunkte werden euch aber dennoch gut geschrieben und ihr könnt den Kampf einfach wiederholen. Das ist auch gut so, denn in gewissen Situationen möchte man seine Opponenten am liebsten zur Hölle wünschen. Durch ausgelöste Kettenreaktionen und unvorhersehbar nachfallende Symbole spielt nämlich das Glück in Puzzle Quest oftmals eine sehr große Rolle. Sieht es in einem Moment für euch noch richtig gut aus und überlegt ihr schon, ob ihr euch im nächsten Zug lieber die Erfahrungspunkte statt dem roten Mana holt, kann das im nächsten Zug schon wieder ganz anders aussehen. Eurem Gegner gelingt eine Viererreihe, durch die eine Kettenreaktion mit einem +5 Totenschädel ausgelöst wird und neben einem Extrazug erhält er auch noch eine Wildcard, sondern bläst euch noch zum ohnehin schon erlittenen Schaden einen mächtigen Angriffszauber um die Ohren und lässt somit eure Hitpoints in den Keller gehen. Die Züge des Computers werden dabei so schnell ausgeführt, dass man sie kaum nachvollziehen kann. Zum Glück ist das Zeitlimit auf Züge standardmäßig deaktiviert, so dass ihr in Ruhe eure nächste Aktion planen dürft. Doch selbst wenn euch erlittene Niederlagen ärgern, das fesselnde Gesamtkonzept, das actionreiche Puzzle-Gameplay und die Rollenspielelemente werden euch nicht so schnell loslassen. Man kennt das ja. „Nur noch eine Runde“ – und schon sind wieder zwei Stunden vergangen …
Prinzipiell stehen euch in Puzzle Quest übrigens vier Spielmodi zur Verfügung. Kernstück des Titels ist dabei definitiv der Missionsmodus, der auch am stärksten an ein Rollenspiel erinnert. Im fiktiven Land Etheria startet euer Spiel dabei in der Stadt Bartonia, wo man sich seine ersten Missionen abholen darf. Neben dem simplen Überbringen von Nachrichten in andere Städte (wobei man auf dem Weg dorthin beispielsweise einen Dieb besiegen muss), warten später noch viele weitere Aufgaben auf euch. Die Story wird dabei in Standbildern mit Texteinblendungen weitererzählt und ist eher als nettes Beiwerk zu betrachten, allerdings nicht wirklich essentiell. In der Tat gelungen sind dagegen Momente, in denen ihr euch selbst entscheiden könnt wie ihr verfahren wollt. Liefert ihr einen Gefangenen wirklich aus und kassiert das Kopfgeld oder lasst ihr ihn laufen und bekommt dafür wichtige Informationen von ihm sowie einen geheimen Gegenstand? Zwingt ihr die Tochter des Königs gegen ihren Willen zu ihrem „Glück“, indem ihr sie zur anstehende Heirat mit ihrem Zukünftigen bringt oder nicht? Solche Entscheidungen verändern den Verlauf der Story und lassen das Herz von Rollenspielern höher schlagen. Wichtig im Missionsmodus ist auch der Blick auf eure eigene Zitadelle. Sie ist eure Basis und Ausgangspunkt für weitere Handlungen. Mit genügend Kleingeld in der Tasche lässt sie sich außerdem ausbauen und verbessern. Wer einen Kerker besitzt, kann so besiegte Feinde gefangen nehmen. Im Magierturm lassen sich die Sprüche von Feinden erlernen. Der Reitstall ist der Sammelpunkt von Reittieren, die euch im Kampf zur Seite stehen können und in der Schmiede dürfen sogar neue Waffen hergestellt werden. Mit dem Missionsmodus ist man somit ausreichend beschäftigt, zumal man ja immer noch die Wahl aus verschiedenen Heldenklassen hat und das ganze Abenteuer jederzeit von vorne starten kann.
Wer abseits der Missionen ein schnelles Match sucht, kann entweder sofort gegen einen vom Computer gewählten Gegner der eigenen Stärke antreten oder sucht sich seinen Kontrahenten selbst aus. Auf diese Art und Weise kann man seinen Charakter auch aufleveln, sollten die Missionen einmal zu schwierig werden. Positiv fällt dabei auf, dass man in allen Spielmodi seine Charaktere verbessern kann und diese so nach und nach immer stärker werden lässt. Und wer einen menschlichen Mitstreiter vor die Konsole holt, darf sich im „Multiplayer“ direkt mit ihm messen. Man muss sich nur damit abfinden, dass beide Spieler dasselbe Steuerungsschema verwenden müssen, was ein grober Designpatzer ist. Highscores werden in allen Situationen übrigens ebenso anstandslos gespeichert wie das Inventory eines jeden erstellten Charakters – immerhin etwas.
Fehlgriffe
Möchte man nun meinen, dass dank der Pointerfunktion der Wiimote die Konsole eigentlich wie perfekt für Puzzle Quest geeignet sein sollte, so wird man gerade in Sachen Steuerung etwas enttäuscht werden. Zwar lässt sich der Titel in der Tat mit der Pointerfunktion bedienen, diese ist allerdings etwas unpräzise und sorgt so öfter als einem lieb sein kann für unerlaubte Züge, die das Spiel mit dem Verlust von Hitpoints und dem Ende des eigenen Zuges bestraft. Als Alternative wurde glücklicherweise eine Steuerungsmethode mit dem Nunchuk eingebaut, die ein wesentlich präziseres Spielen zulässt. Allerdings wird hierbei mit dem digitalen Steuerkreuz der Wiimote navigiert. Das Springen zu den Zaubern, das Anzeigen von zusätzlichen Infos, etc. wurde relativ ungeschickt auf alle möglichen Buttons verteilt, so dass man eine gewisse Eingewöhnungszeit benötigt. Der Analogstick des Nunchuks bleibt bei dieser Methode übrigens ungenutzt, lediglich die Buttons C und Z am Nunchuk haben eine Funktion. Warum man nicht an eine Steuerungsmöglichkeit mit quer gehaltener Wiimote im klassischen Sinne gedacht hat, ist mir jedenfalls ein Rätsel. Wenn ich daran denke, dass es Puzzle Quest auch für Nintendos DS gibt und man dort alles kinderleicht über den Touchscreen steuert, könnte man in Anbetracht der schwach umgesetzten Wii-Steuerung verzweifeln. Aber man kann sich damit arrangieren.
Spielspaß hin, Technik her
Ebenfalls arrangieren muss man sich mit der gebotenen Technik. Doch da wir es bei Puzzle Quest in erster Linie mit einem Knobelspiel zu tun haben, erwartet auch niemand eine bombastische Optik. Das Spielfeld selbst ist bunt und dennoch übersichtlich, die Charakterprofile sind charismatisch im leichten Anime-Look gehalten, den man allerdings nicht übertrieben hat. Die Story wird in Standbildern erzählt und die Karte wirkt sehr authentisch und stimmungsvoll. Effekte gibt es kaum, aber die müssen auch nicht unbedingt sein. Eine Frechheit dagegen sind die Texteinblendungen im Game. Selten hat man mit einer derart kleinen Schrift zu kämpfen gehabt, die in gewissen Situationen kaum noch zu lesen ist. Gerade die möglichen Updates beim Aufstieg eines Levels, die Auswahl im Shop oder die Infos über eure Zitadelle können mit einem gewissen Abstand zum Bildschirm fast nur noch erahnt werden. Weiteren Abzug in der B-Note gibt es für die Tatsache, dass wir es hier mit einem 4:3-Bildformat zu tun haben. Dass immerhin der 60 Hz- sowie 480p-Modus unterstützt wird, sollte ohnehin mittlerweile zum Standard geworden sein.
Eher schlicht ist auch der Soundtrack des Spiels ausgefallen. Leicht mittelalterlich angehauchte Musiken mit Chorgesängen und dezent pompöse Kompositionen sorgen für die entsprechende Atmosphäre, wiederholen sich meiner Ansicht nach aber zu oft. Die Soundeffekte sind schlicht und beschränken sich auf das Auflösen von Reihen sowie einige Effekte wie Blitze, Donner und dergleichen mehr. Eine Sprachausgabe gibt es nicht, allerdings vermisst man sie auch nicht unbedingt.
Fazit
Das Grundkonzept von Puzzle Quest ist wahrlich genial und ich hätte nicht erwartet, dass eine solch ausgefallen wirkende Kombination von Genres derart gut funktionieren würde. Man nimmt das einfache Spielprinzip von Bejeweled und peppt es mit etlichen Elementen des Rollenspiels gewaltig auf. Herausgekommen ist dabei ein absolut süchtig machendes Spiel, welches sowohl Knobelfreunden als auch Anhängern von RPGs gleichermaßen zusagen dürfte. Schade ist nur, dass an vielen Stellen der notwendige Feinschliff fehlt. Zusammen mit dem leicht überteuerten Preis im Vergleich zu der Umsetzung auf anderen Plattformen kostet dies Puzzle Quest den Sprung in noch höhere Wertungsregionen. Wer mit einem der beiden Genres allerdings etwas anfangen kann oder schlicht und ergreifend einen Titel sucht, mit dem er sich die nächsten Wochen in seinem Zimmer einsperren will, der sollte definitiv ein Auge riskieren.
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