Testbericht: Professor Heinz Wolff’s Gravity
Dass man durch die Zusammenarbeit mit einem Wissenschaftler ein erfolgreiches Spielkonzept auf den Markt bringen kann, hat Nintendo mit den beiden Gehirn-Jogging Spielen unter Beweis gestellt, die auf den Studien von Dr. Kawashima basieren und weltweit millionenfach verkauft wurden. Weit weniger bekannt dürfte dagegen der Physiker Professor Heinz Wolff sein. Dies soll sich nun ändern, zumindest wenn es nach den Vorstellungen von Deep Silver geht. Diese veröffentlichen nun nämlich über Koch Media mit „Professor Heinz Wolff’s Gravity“ ein Spiel für Nintendos Wii. Wir haben in unserem Testlabor hinter die Fassade geschaut und verraten euch, was es damit auf sich hat.
Spaß mit Physik?
Dank der bewegungssensitiven Steuerung eignet sich Nintendos Wii nicht nur für Sportspiele und ähnliche Genres, sondern auch für innovative Puzzles. Genau das ist das Genre, in welchem sich Professor Heinz Wolff’s Gravity bewegt. Das Grundkonzept ist dabei sehr simpel, denn ihr müsst lediglich in jedem Level den roten Auslöser betätigen, um die Stage zu komplettieren. Dies erreicht ihr, indem ihr vom Startpunkt des Levels eine Kugel just bis zum Auslöser rollen lasst. Der Weg dahin ist nicht immer gleich offensichtlich, was das Ganze dann doch etwas komplizierter macht, als es im ersten Moment scheint. Pro Level steht euch nämlich nur eine vorgegebene Anzahl an Bauteilen zur Verfügung, die ihr zum Erreichen eures Ziels einsetzen dürft. Dies können quadratische oder rechteckige Klötze in den verschiedensten Größen, Stangen, Wippen, aber auch andere Kugeln oder gar kleine Rollwägen sein. Per Pointersteuerung werden diese frei im Level positioniert, wobei alle Elemente physikalisch korrekt aufeinander reagieren. Wer also mehrere Klötze in die Höhe stapelt, muss damit rechnen, dass seine Konstruktion mit steigender Höhe zunehmend instabil wird.
Ein grüner „Play“-Button aktiviert eure Kugel, die aus dem Startfeld fällt und losrollt. Habt ihr vorausschauend gebaut, geht euer Plan auf, die Kugel erreicht den Auslöser und eine herabfallende Fahne bestätigt euch, dass ihr den Level geschafft habt. Bleibt eure Kugel dagegen hängen oder hat eure Konstruktion nicht die gewünschte Auswirkung, dürft ihr jeden Schritt rückgängig machen und es so lange erneut probieren, bis ihr die Lösung habt. Ein „Game Over“ im klassischen Sinne gibt es somit nicht. Wer in einer Stage gar nicht mehr weiter kommt, kann sich Hilfe holen und sich Tipps zur korrekten Positionierung einzelner Bauteile holen. Diese kosten unterschiedlich viele Punkte, wobei euch zu Beginn 250 Punkte zur Verfügung stehen. Leider könnt ihr dieses Punktekonto durch das Absolvieren von Stages nicht weiter aufstocken. Ihr solltet euch also gut überlegen, ob ihr bereits in den ersten Spielstufen Hilfe in Anspruch nehmen könnt, da ihr sonst eventuell in den späteren Stages hilflos vor schier unmöglich zu lösenden Rätseln steht.
Der Schwierigkeitsgrad der Rätsel in Professor Heinz Wolff’s Gravity scheint allerdings ohnehin etwas unausgewogen zu sein. Zwischendurch begegnet ihr immer wieder Aufgaben, die ihr binnen kurzer Zeit gelöst habt, nur um im nächsten Level eine kleine Ewigkeit an der Lösung zu knabbern. Eine konstante Steigerung wäre sicherlich angenehmer gewesen. So erlebt ihr aber selbst unter den letzten Stages noch welches, die vergleichsweise einfach zu bewältigen sind. Positiv ist dagegen, dass es zwingendermaßen nicht immer eine einzig richtige Lösung gibt, sondern man durchaus experimentieren darf. Fix ist laut Packungsrückseite ohnehin nur das Gesetz der Schwerkraft. So kommt es durchaus vor, dass man in einem Level mit weniger als der Hälfte der zur Verfügung stehenden Teile ebenfalls zum Erfolg kommen kann. Schade ist allerdings dabei, dass dieser Erfinderreichtum des Spielers nicht mit Bonuspunkten belohnt wird. Überhaupt hält sich Professor Heinz Wolff’s Gravity sehr zurück, wenn es um Lob für den Spieler geht. Punkte gibt es generell nicht, ebenso wenig eine Zeitbegrenzung pro Stage. Dies alles wären allerdings Aspekte gewesen, mit denen man die Langzeitmotivation des Titels deutlich in die Höhe hätte treiben können. Lediglich 20 Baukastenlevel werden nach und nach freigeschaltet, in denen ihr mit vorgegebenen Bauteilen nach Lust und Laune experimentieren könnt. Ein Zu- und Abschalten der Schwerkraft sowie das Volllaufen lassen mit Wasser ist zwar ein nettes Gimmick, fesselt aber kaum einen Spieler länger vor den Bildschirm.
Selbiges gilt auch für den Partymodus, der seinen Namen eigentlich gar nicht verdient hat. Lediglich vier Spiele stehen hier zur Auswahl, die grob in die Kategorien „Turmbau“, bzw. „Abräumer“ eingeordnet werden können und die man in ähnlicher Form bereits von anderen Spielen könnt. An sich wäre das noch keine schlechte Sache, nur sind selbst diese Minigames nur von einem Spieler zu spielen. Wer also gerne mit sich selbst wilde Partys feiert, mag daran seine Freude haben, in erster Linie wird hier jedoch gewaltig Potenzial verschenkt. Denn generell ist es durchaus amüsant die physikalisch korrekt reagierenden Konstrukte in ihre Einzelteile zu zerlegen. Alleine macht dies dagegen nur bedingt Spaß.
Die Schwerkraft im Griff?
Gerade wenn es bei einem Spiel wie Professor Heinz Wolff’s Gravity auf eine teils Millimeter genaue Positionierung der Blöcke ankommen kann, ist eine exakte Steuerung essentiell. Zum Glück hat man sich hier seitens der EM Studios nicht lumpen lassen und das Game mit einer präzisen Pointerfunktion ausgestattet. Mit dem A-Button werden alle Objekte aufgenommen und positioniert, das Drehen der Gegenstände funktioniert mit dem Steuerkreuz und ist leider etwas zickig. Hier wäre eine Integration der Wii-Gesten sicherlich intuitiver gewesen, indem man Objekte einfach durch eine Drehung der Wiimote selbst dreht. Der B-Button schließlich löst den aktuellen Level aus, ersetzt also quasi einen Klick auf den „Play“-Knopf.
Technisch auf der Höhe?
Wenn man in einem Game schon mit einer korrekten Physik wirbt, darf man dann wenigstens auch eine ebenso korrekte Technik erwarten? Man darf – zumindest im Rahmen der Möglichkeiten. Dass es bei einem Knobelspiel ohnehin nicht auf eine überragende Optik ankommt, dürften sich die meisten bereits gedacht haben. Immerhin wirken die Texturen in Professor Heinz Wolff’s Gravity vergleichsweise scharf, wennschon das Game selbst optisch nur wenig Abwechslung bietet. Kleine Highlights sind allerdings immer wieder die Hintergrundgrafiken der Stages, die von fantastischen Gebilden über Halloween artige Skulpturen bis hin zu knuddeligen Teddybären auf einem Bett reichen.
Die musikalische Untermalung beschränkt sich auf einige wenige Stück, die mal mehr, mal weniger gefallen und in erster Linie Geschmackssache sind. Während ich einige der Musiken ganz passabel fand, war aus meinem Umfeld während des Testens mehrfach zu vernehmen, dass das Gedudel des Spiels sehr an den Nerven zehren würde. Die Soundeffekte sind sehr spartanisch und beschränken sich auf ein paar Fallgeräusche der Objekte. Hier hätte noch mehr drin sein können. Auf der anderen Seite kann man von einem Knobelspiel in technischer Hinsicht kaum mehr erwarten. Das Spiel wirkt sauber und ordentlich präsentiert, kommt ohne große Mankos aus und die Optik erfüllt ihren Zweck.
Fazit
In erster Linie dürften wohl Puzzlefreaks ihren Spaß mit Professor Heinz Wolff’s Gravity haben. Wer sich für physikalische Rätsel begeistern kann und auch gerne alleine einige Stunden vor der Konsole verbringt, darf ruhig einen Blick riskieren. Die teils intelligent gemachten Stages, die passende Präsentation und die gelungene Steuerung müssen allerdings gegen Kritikpunkte wie den unsinnigen, da nur auf einen Spieler ausgelegten, Partymodus sowie den generellen Mangel an Abwechslung antreten. Je nachdem welche persönlichen Präferenzen schwerer wiegen, lohnt sich der Kauf des Titels – oder eben nicht. Ich hatte eine nette Zeit mit dem Professor der Schwerkraft, muss aber auch zugeben, dass man ein gewisses Potenzial verschenkt hat und Professor Heinz Wolff’s Gravity damit deutlich unter seinen Möglichkeiten bleibt.
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