Testbericht: Opoona
Nintendos Wii wurde bisher nicht gerade mit Rollenspielen überschwemmt. Umso erfreulicher wird jedes RPG von der Spielergemeinde aufgenommen, wenn es den Sprung aus Japan und über den großen Teich letztendlich zu uns nach Europa schafft. Koeis „Opoona“ ist eines dieser Beispiele, welches es nach PALien geschafft hat und hierzulande von THQ vertrieben wird. Wir haben uns das Game geschnappt und für euch getestet, was der Titel wirklich taugt…
In einer weit entfernten Galaxie…
Opoona – der Name kommt nicht von irgendwoher, denn so heißt in Koeis erstem Rollenspiel für Nintendos Wii der kleine Titelheld, welcher der Rasse der Tizianer angehört. Zusammen mit seiner Familie (dazu gehören die Eltern Dadeena und Mameena sowie sein kleiner Bruder Copoona und seine Schwester Poleena) befindet er sich gerade auf einem Ausflug zum Planeten Landroll. Die Besonderheit der Tizianer liegt darin, dass jeder von ihnen eine Energiekugel – „Bonbon“ genannt – kontrollieren kann, die entweder über dem Kopf oder unter dem Tizianer schwebt. Natürlich ist es mit dem gemütlichen Familienausflug nicht lange hin, denn das Schiff von Opoonas Sippschaft wird kurz vor dem Landeanflug auf Landroll angegriffen und so müssen die Familienmitglieder in separaten Rettungskapseln evakuiert werden. Opoona erwacht nach dieser Rettungsaktion in einer ihm fremden Zivilisation und muss feststellen, dass er wie alle anderen Einwohner von Landroll einen Job annehmen muss. Nur dadurch kann er Geld verdienen, um so schnellstmöglich seine Familie wiederzusehen.
Ab diesem Punkt geht das eigentliche Spiel los. Wurde man vorher mit der Story und der Steuerung vertraut gemacht, entdeckt man so nun nach und nach die Umgebung auf Landroll. Um Jobs annehmen zu können, benötigt man Lizenzen. Von vornherein wird Opoona übrigens als Ranger eingestuft, der sich im Kampf weiterbildet und für die Bewahrung des Friedens einsteht. Doch im weiteren Verlauf des Titels können optional auch andere Jobs angetreten und erlernt werden. Vieles kommt dabei einem Minigame gleich, wie beispielsweise Angeln, Hellsehen oder den Kellner in einem Restaurant spielen. Mit dem Fortschreiten der Story haben die Jobs nur wenig zu tun. Die Tatsache, dass teils jedoch bestimmte Lizenzen erforderlich sind, wirkt eher etwas aufgesetzt, als wolle man die Spielzeit künstlich in die Länge ziehen. Die Jobs sind ein Aspekt, warum Opoona als „Lifestyle RPG“ behandelt wird. Der andere Punkt ist die Einbindung sozialer Kontakte. Ihr könnt Freundschaften schließen und so eure sozialen Eigenschaften wie den Ruf und den Bekanntheitsgrad verbessern. Die Ansätze sind zwar interessant, wirken sich leider zu wenig auf den Verlauf der Story sowie das Gameplay aus.
Das Erkunden der Kuppeln (so werden die Städte auf Landroll genannt) ist dabei stets eine eher langwierige Angelegenheit. Die Kuppeln sind weitläufig und in mehrere Ebenen unterteilt. Aufzüge verbinden zwar die Ebenen miteinander, führen aber immer nur von einer Ebene zur nächsten. Möchte man drei Ebenen nach oben, müssen umständlicherweise drei verschiedene Aufzüge genutzt werden. Um nach und nach Zugang zu weiteren Teilen der Kuppeln zu erhalten werden wiederum Lizenzen benötigt, allerdings wird es auch hier dem Spieler schwer gemacht. Immer wieder tappt man im Dunkeln, welche NPCs angesprochen werden sollen um voranzukommen. Gekoppelt mit einer eher spartanischen, emotionslosen Übersetzung samt einigen Fehlern (in einem Raum mit zwei blauen Türen wird man zur blauen Tür geschickt – tolle Wurst!) und einer insgesamt recht unspektakulären und vorhersehbaren Story, wirkt Opoona anfangs nicht sonderlich fesselnd.
Doch die Entwickler von ArtePiazza haben auch etliches bei Opoona richtig gemacht. Herzstück des Games ist das interessante Kampfsystem, welches das so genannte „Active Bonbon System“ beinhaltet. Im Kampf kommen nämlich die bereits erwähnten Bonbons zum Einsatz, die jeder Tizianer mit sich trägt. Diese Energiekugeln werden aufgeladen und auf die Kontrahenten geschleudert. Je länger die Energie dabei vor dem Angriff gebündelt wird, desto schneller und verheerender wird die Attacke ausgeführt. Ausgelöst wird der Angriff dabei, indem man den Analogstick des Nunchuk für die gewünschte Zeit in eine Richtung gedrückt hält und ihn zur Attacke loslässt – die Energiekugel eures Protagonisten schnippt danach in die gewünschte Richtung auf den anvisierten Gegner los. Euer Energie-Bonbon kann so nicht nur in einer Links-, bzw. Rechtskurve abgeschossen werden, sondern auch über Gegner an der Front hinweg auf die weiter hinten positionierten Opponenten oder unter Hindernissen hindurch – je nachdem, in welche Richtung ihr über den Analogstick aufgeladen habt.
Was anfangs wirklich simpel klingt, entpuppt sich als recht forderndes Kampfsystem für erfahrene Zocker, da die Battles allesamt in Echtzeit ablaufen. Während euch also von Beginn an meist gleich mehrere Monster attackieren, müsst ihr eure Angriffe geschickt platzieren. Geht eine Attacke daneben oder wird geblockt, müsst ihr warten, bis sich eure Energie wieder regeneriert hat, bevor der nächste Angriff gestartet werden kann. Dabei ist taktisches Abwägen gefragt. Ist es nun besser schnell anzugreifen und einen schwächeren Treffer zu landen oder lädt man lieber etwas auf und hat dafür den Kontrahenten gleich mit einem einzigen Hit vom Screen gefegt? Die verschiedenen Angriffsrichtungen wirken zu Beginn noch verspielt, doch sobald die ersten Hindernisse in den Locations auftauchen und eure Gegner mit Schilden an den Seiten bewaffnet sind, wird es zwingend notwendig die Schussrichtung eurer Energiekugeln zu beachten. Schnelles Handeln ist ebenfalls gefragt, wenn man Items aus dem Menü einsetzen möchte, denn selbst während ihr in euren Taschen kramt läuft das Spielgeschehen weiter. Wer nicht immer wieder mal seinen Charakter levelt, riskiert vor allem bei den Endbossen, dass schnell die Kraft ausgeht. Da teils mehrere Gegner auf euch losgehen, kann dies leichter passieren, als es dem Spieler lieb ist. Doch Opoona setzt euch zum Glück nach dem erlittenen Heldentod mit voller Energie an den letzten Speicherpunkt zurück und nur ein Teil der verdienten Kohle geht flöten. Es gibt zwar im Verlauf des Spiels auch die Möglichkeit euren Bonbon zu verbessern, die Auswirkungen im Kampf sind jedoch relativ gering. Eine kleine Runde Aufleveln in der Außenwelt ist meist effektiver als sich mit dem Upgrade der Energiekugel zu befassen.
Ist euer Held anfangs noch alleine unterwegs, wächst die Party im weiteren Verlauf auf bis zu drei Mitstreiter an, wobei später neben den physischen Attacken durch die Bonbons auch die obligatorische Heil- sowie Angriffsmagie ins Spiel kommt. In Opoona bekommt ihr es übrigens mit Zufallskämpfen zu tun, die euch jederzeit in den Außenwelten überraschen können. Zudem sollte das Zeitlimit von zwei Minuten für die normalen Monsterkämpfe beachtet werden. In der Story wird dies damit begründet, dass die Tizianer ihre Energiekugeln nicht länger als zwei Minuten unter Kontrolle halten können. Wird das Zeitlimit überschritten, hat man die Auseinandersetzung automatisch verloren – was aber zum Glück eher selten der Fall sein dürfte. Entweder habt ihr eure Gegner vorher besiegt oder aufgrund massiver Attacken selbst eine Niederlage erlitten, wenn ihr euch nicht rechtzeitig mit Popcorn und dergleichen mehr heilen konntet.
Seitens des Herstellers wird bezugnehmend auf Opoona immer wieder angepriesen, dass sich das Game einhändig nur mit dem Nunchuk steuern lässt. Das ist prinzipiell richtig, wird doch nur der Analogstick zum Steuern von Opoona benötigt und lenken euch die Buttons C und Z durch die Menüs. Um die Kamera allerdings halbwegs komfortabel bedienen zu können, ist es einfacher die ohnehin angeschlossene Wiimote noch in die Hand zu nehmen und auch für die Kommunikation mit den Bewohnern von Landroll den A-Button zu verwenden. Wer mag, darf übrigens jederzeit als Alternative den Classic Controller verwenden. Das einhändige Steuern ist somit zwar möglich, die anderen Steuerungsvarianten sind dagegen wesentlich angenehmer. Warum in den Kuppeln die Kamera jederzeit gedreht werden kann während in der Außenwelt allerdings auf dieses Feature verzichtet wurde, wird das Geheimnis der Entwickler bleiben. Gerade weil in den Außenbereichen oftmals Items versteckt sind, wäre eine bessere Übersicht durch eine bewegliche Kamera schön gewesen. Da die Außenlevels aber nie überdimensioniert groß sind, fällt dieser Punkt nur marginal negativ auf. Die reine Spielzeit von Opoona liegt mit knapp 30 Stunden für die normale Storyline im durchschnittlichen Bereich. Rechnet man mit ein, dass mit den zahlreichen Sidequests und Jobs wesentlich mehr Zeit mit dem Game verbracht werden kann und selbst nach dem Abspann noch weiter durch Landroll gestreunt werden darf, bekommt man einigermaßen „Value for Money“ geboten.
Knuff mich, ich bin ein Monster!
Was die meisten Hardcorezocker sofort abschrecken dürfte, ist der Grafikstil von Opoona. Ob es wohl geschickt war, ein eher an erfahrene Zocker gerichtetes Kampfsystem mit einer dermaßen knuddeligen Optik zu kombinieren? In Opoona sind alle Figuren im knuffigen Cel Shading-Look gehalten und wirken daher eher einem Comic entsprungen, was selbstverständlich nicht nur für euren Protagonisten, sondern auch für die nicht wirklich furchteinflößend wirkenden „Monster“ gilt. Technisch wird das Game sauber präsentiert, nur spricht der Grafikstil wohl eher eine jüngere Zielgruppe an. Diese wird dagegen die Feinheiten im Gameplay kaum zu schätzen wissen, dürfte sich auf der anderen Seite allerdings auch kaum an den kleinen Patzern in Sachen Gamedesign stören. Wo rein optisch gesehen die Kuppeln übrigens recht öde und lieblos gestaltet wurden, sind die Außenwelten kleine Highlights. Ansehnliche grasgrüne Wiesen und Wälder, rötlich gefärbte Sonnenuntergänge, dunkelblaue Wüsten – Opoona ist bunt und mit schönen Locations gesegnet. Videosequenzen und optische Highlights sucht man dagegen vergeblich. Selbst die später zum Einsatz kommenden Zauber kommen ohne großartige Effekte aus – schade.
Verantwortlich für die musikalische Untermalung in Opoona war kein Unbekannter. Hitoshi Sakimoto (u.a. Final Fantasy Tactics) komponierte die Hintergrundmusiken, die dem Setting angepasst sind und das Geschehen ansprechend untermalen. Die Soundeffekte dagegen sind eher durchschnittlich und fehlen in einigen Bosskämpfen seltsamerweise komplett. Auf eine Sprachausgabe wurde leider verzichtet, was mittlerweile für ein Rollenspiel eigentlich nicht mehr zeitgemäß ist und ebenfalls für leichten Punktabzug sorgt.
Fazit
Werden Rollenspieler mit Opoona endlich Futter für ihre Wii bekommen? Bedingt. Wer auf eine fesselnde Story verzichten und sich mit der knuffigen Optik anfreunden kann, sollte sich das Game näher betrachten. Denn trotz kleiner Patzer im Gamedesign kann das ausgefallene Kampfprinzip überzeugen und die Aspekte des „Lifestyle RPG“ (Jobs ausführen, Freunde finden) sind immerhin ein netter Ansatz. Einen wahren RPG-Hammer durfte man von Opoona ohnehin nicht erwarten, wer das weitaus strategischere Fire Emblem allerdings bereits durchgespielt hat und verzweifelt weitere Rollenspielkost sucht, kann sich mit dem kleinen Tizianer durchaus einige Stunden beschäftigen.
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