Testbericht: No More Heroes 2: Desperate Struggle

Drei Jahre sind vergangen, seit wir Travis Touchdown bei seinem letzten blutigen Streifzug begleitet haben. Nun ist er wieder da und nach eigenen Aussagen noch stärker als zuvor. Ob das stimmt, haben wir für euch im Test herausgefunden.

Schnee fällt auf Santa Destroy

Dieser Hauch Weiß ist das einzige bisschen Unschuld, das wir in diesem Spiel sehen werden und das nicht für lange, denn schnell wird es in Blut ertränkt. Der abgefuckte Antiheld Travis Touchdown ist zurück und will wieder an die Spitze der Auftragskiller. Nur hat seit seinem letzten Kampf vor drei Jahren das Geschäft geboomt, nicht zuletzt dank seiner Legende. Killen ist hip und in Santa Destroy an der Tagesordnung. Dementsprechend viele Killer sind auf den Straßen unterwegs und wollen sich gegen den Antihelden beweisen.
Nach einem Einführungskampf auf dem Dach eines Hochhauses, in dem die grundlegenden Knöpfe und Griffe erklärt werden, ist Travis auf Platz 51 und kann somit wieder an Ranglistenkämpfen der UAA teilnehmen, wie ihm eine alte Bekannte namens Slyvia zu verstehen gibt. Doch als wäre das nicht genug, steht Travis auch noch vor dem Problem, dass jemand seinen besten Freund Bishop töten lässt. Es trifft sich gut, dass die Person, die dafür verantwortlich ist, nun seinen Platz an der Spitze eingenommen hat. Das schafft doch noch etwas mehr Motivation.

Bewaffnet mit einem Beam-Katana und Wrestling-Moves macht sich Travis auf den Weg, um erneut den Thron der Auftragskiller für sich zu beanspruchen. Jedoch führt dieser nicht wie in Teil eins durch eine offene Welt à la GTA. Die Spieleentwickler haben sich die scharfe Kritik an dem misslungenen Versuch zu Herzen genommen, weshalb die Navigation diesmal durch eine Übersichtskarte stattfindet.

Lach doch mal

NMH2 ist kein Spiel, welches sich selbst ernst nimmt. Skurriler Humor wird hier ganz groß geschrieben. Neben dreckigen Sprüchen, noch dreckigeren Anspielungen und einem Speichervorgang, der durch einen Klogang simuliert wird, kann man auch mal Pause machen vom Dauermetzeln, indem man sich in einem von neun Minispielen Geld für neue Katanas, Klamotten oder einen Trip zum Fitnesstudio verdient. Diese sind, bis auf eines, alle in 2D-Pixelgrafik gehalten und orientieren sich an Klassikern wie Pacman oder diversen Rennspielen. Retrofans und Pixelfreunde kommen voll auf ihre Kosten.

Lass es Blut regnen in Santa Destroy

Everybody deals with grief differently, right? Some people fuck at funerals. I cut off heads.
Und das ist fast noch das Harmloseste, was man seinen Gegnern antun kann. Zu sagen, das Spiel sei brutal, trifft es einfach nicht. NMH2 ist nicht Zwischen-die-Augen-schießen-brutal sondern Ich-hacke-dich-in-mehrere-Teile-und-muss-dann-etwas-warten-weil-mir-die-Blutwolke-die-Sicht-nimmt-während-dein-Fleisch-in-Stückchen-auf-mich-herunterregnet-brutal. Es ist ein einziges Gemetzel, eine Orgie aus Gewalt und sexuellen Anspielungen. Ein einziges stilvolles Gemetzel, muss man aber sagen. Hätte Quentin Tarantino sich entschlossen zusammen mit Mark Neveldine und Brian Taylor Crank zu drehen und daraus ein Videospiel zu machen, NMH2 wäre das Resultat.

Zwischen Kettensägen und Katanas

Die Gegner sind vielfältig. Von simplen Gaunern über Sektenführer bis hin zu Schulmädchen, Gothik Lolitas, Robotern und an Resident Evil 4 erinnernde paranormale Erscheinungen wurde an alles gedacht. Auch wenn man selbst „nur“ mit Katanas unterwegs ist, greifen sie schon mal zu Kettensäge, Baseballschläger und verschiedenen Schusswaffen. Letzteres ist besonders fies, da sie auch nicht aufhören auf Travis zu schießen, wenn er auf dem Boden liegt und das meistens aus sicherer Entfernung. Feiglinge!

Die Steuerung der Wii wird voll ausgenutzt. Kein Knopf von Remote und Nunchuk bleibt ungedrückt, keine Handbewegung unverwendet. Eigentlich bräuchte man sogar noch eine Hand mehr, um gleichzeitig zuschlagen, anvisieren und ausweichen zu können.
Die Kämpfe sind spannend und teilweise nicht gerade einfach. Man muss geschickt Schläge und Griffe kombinieren und sich auch mal eine Strategie ausdenken, während man darauf achtet, dass einem selbst, sowie dem Katana, die Energie nicht ausgeht. Zumindest Letzteres lässt sich durch eine Bewegung, die die meisten Männer sehr gut kennen dürften, immer wieder aufladen, auch wenn gerade mal keine Schatztruhe mit Batterie in der Nähe ist.

Während des Kampfes wird eine Esctasyleiste in Form eines Tigers angezeigt. Teilt man aus, so wird er dunkelrot und ermöglicht Specialmoves. Steckt man ein, wird er blass und ängstlich. Nach jedem Todesstoß wird im Stil eines einarmigen Banditen entschieden, ob man einen Bonus bekommt, der es einem ermöglicht sich noch schneller zu bewegen oder sich in einen unaufhaltsamen Tiger zu verwandeln, vor dem es kein Entkommen gibt.

Zurück in die Zukunft

Die Grafiken kann man lieben oder hassen, aber sie geben dem Spiel Flair, so wie einen gewissen Surrealismus, welcher der Brutalität fast die Grausamkeit nimmt. Man pendelt zwischen moderner Cel Shading Optik während der Kämpfe zu Old School 2D Pixelgrafiken während der Minispiele, was erstaunlich gut harmoniert.
Untermalt wird alles von einem erstklassigen Soundtrack, der sich der entsprechenden Situation anpasst. Arcade-Musik während der Pixelspiele, rockige oder elektronische Klänge während der Kämpfe. So muss das sein.

Störend hingegen sind die Bugs. Clippings, ungenaue Sprünge während Shinobus Part und eine Kamera, die besonders während der Kämpfe plötzlich überall hin zeigt, nur nicht zum eigentlichen Geschehen. Bugs, die einen zur Verzweiflung treiben würden, würde man nicht so fest im Kampfgeschehen stecken, dass man sie fast vergisst. Aber eben auch nur fast.
Die Dialoge an sich sind nicht schlecht, aber die Figuren neigen dazu, gerade in den Ranglistenkämpfen, immer wieder dasselbe zu sagen, was auf Dauer einfach nur nervig ist.

Lang leben die Antihelden! Oder eben nicht.

Wäre ich lesbisch oder männlich, hätte ich wohl noch mehr Spaß an dem Spiel gehabt, so muss ich aber sagen, dass es ein bisschen zu brustfixiert für mich war. Nichts gegen sexuelle Anspielungen, aber man fragt sich doch woher die Programmierer ihre Kenntnisse weiblicher Anatomie nehmen, wenn sie denken, dass sich Brüste so bewegen. Aber hey, ich gehöre wohl auch nicht in die klassische Zielgruppe für dieses Spiel. Trotzdem hatte ich verdammten Spaß dabei, mich quer durch Santa Destroy zu metzeln, Steaks zu braten, Skorpione zu fangen, mich von einem schwulen Fitnesstrainer drangsalieren zu lassen und mir die nicht uninteressanten Monologe einer leicht bekleideten Dame anzuhören. Und Spiele, die mir die Möglichkeit geben zwei Katanas anstatt nur eines zu nutzen, haben mein Herz quasi sowieso schon erobert.
Es wird gekämpft, es wird gef***, es wird geflucht, es wird gemetzelt. Wer Spaß an stylischen, abgefuckten Gewaltorgien hat, wird von NMH2 nicht enttäuscht werden. Mit Desperate Struggle wurde wieder eines jener Spiele geschaffen, von denen Wii-Gegner kritisieren, dass es sie für die Konsole viel zu wenig gäbe. Prüde Blümchenfreunde und blutunverträgliche Pazifisten sollten sich fern halten, für alle anderen (über 18 natürlich) gilt: Worauf wartet ihr noch?

Oh und noch ein Special-Wii-Insider-Tip: Wireless Nunchuks sind unsere Freunde. So ein Kabel im Gesicht kann ziemlich weh tun – und noch schlimmer: Vom Kampf ablenken. Aber keine Sorge, die Striemen verblassen relativ schnell und der Spaß ist es auf jeden Fall wert.

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Packshot No More Heroes 2: Desperate Struggle

No More Heroes 2: Desperate Struggle

Release: 28.05.2010
Publisher:
Entwickler:
Anzahl Spieler: 1
USK: 18