Testbericht: Nitro Bike
Wenn sich auch (hoffentlich) niemand die Wii für ihre Grafikpracht zugelegt hat, gibt es trotzdem ein paar Titel, die sehen auf Anhieb so schrecklich aus, dass es einem die Lust aufs Spiel versemmelt. Nitro Bike zum Beispiel – aber versteckt sich vielleicht doch ein brauchbares Spiel hinter der kruden Optik?
Auf geht’s!
In Nitro Bike fährt man, wer hätte das gedacht, mit Motorrädern über die Strecken. Zur Wahl stehen die Modi „Karriere“ (mehr als 60 Rennen und andere Herausforderungen), „Schaukampf“ (Quick Race mit zahlreichen Optionen: Strecke, Schwierigkeitsgrad, Anzahl der Gegner, Renntypus) und „Mehrspieler“.
Die unterschiedlichen Renntypen sind Einzelrennen, Schnellrunde (es gilt, eine Runde in möglichst kurzer Zeit zu bewältigen, wobei es Richtwerte gibt), Reifenchaos (klassisches Arcade-Rennen, bei dem man in vorgegebener Zeit die Runde bewältigen muss, und für das Durchfahren von Ringen Bonus-Sekunden erhält), Trickangriff (alle geforderten Stunts so schnell wie möglich ausführen), Eliminierung (der letzte Fahrer jeder Runde scheidet aus, bis nur noch einer übrig ist) und Serienrennen (es gilt, über mehrere Rennen Plazierungspunkte zu sammeln).
Optionen gibt es also reichlich. Doch was ist mit dem Spiel?
Kurvenlage
Wie bei so ziemlich allen Rennspielen auf der Wii liegt auch bei Nitro Bike die Wiimote quer, die Knöpfe 2 und 1 dienen als Gas und Bremse und das Steuerkreuz aktiviert den Turbo. So weit, so bekannt. Doch Nitro Bike legt noch ein paar Finessen obendrauf.
Da wären zunächst die Tricks: springt man mit dem Motorrad über eine Schanze, können in der Luft allerlei Stunts ausgeführt werden, und das ist kein Selbstzweck. Denn erfolgreich durchgeführte Tricks erhöhen die maximale Nitro-Dauer. Diese Stunts sind durch eine Art Mini-Combo ausführbar – immer mit dem Steuerkreuz durchgeführt, in der Regel zwei Steuerkreuz-Bewegungen hintereinander, bei manchen Tricks ersetzt der 1-Knopf die zweite Bewegung.
Die Steuerung erfordert ein gewisses Maß an Übung. Konnte man bei Excite Trucks einem Neuling ohne Bedenken die Wiimote in die Hand drücken, muss man sich bei Nitro Bike zuerst einmal an die Eigenheiten gewöhnen. Enge Kurven beispielsweise fährt man, indem man Gas oder Bremse antippt, statt gedrückt zu halten. Hat man einmal den Dreh raus, funktioniert das hervorragend. Ohne Übung geht fast nichts. Aber das muss nicht zwangsläufig schlecht sein, oder? Allerdings sollte erwähnt werden, dass Nitro Bike zu keinem Zeitpunkt eine Renn-Simulation ist. Ob dann trotzdem die schwierige Steuerung in Ordnung geht, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Turbonitro
Den Turbo zu aktivieren ist eine Freude – auf langen Geraden kommt dank der drastischen Effekte tatsächlich ein ordentliches Geschwindigkeitsgefühl aus. Ohne Turbo jedoch eher nicht.
Die Strecken strotzen vor Material: Kisten, Fässer, Tribünen und Holzbrücken können in aller Regel gefahrlos gerammt werden – das hat zwar meist einen Geschwindigkeitsverlust zur Folge, aber man bleibt auf der Strecke. Andere Hindernisse jedoch lassen sich nicht wegrammen, eine Kollision hat die Explosion des Bikes zur Folge. Zwar hat man sich schnell an die Unterscheidung der Hindernisse gewöhnt, etwas eigenartig ist es aber trotzdem.
Die Masse an Objekten wird einer der Hauptgründe für die polygon- und detailarme Grafik sein. Das ist jedoch keine Entschuldigung für die triste Farbpalette Braun in Braun.
Trotz der Mageroptik kann es passieren, dass in besonders hektischen Passagen mit vielen Fahrern, Explosionen und Gegenständen die Frame-Rate etwas in die Knie geht.
Zweitakter
Simpelste Rock-Songs kennen wir schon von Excite Trucks, doch Nitro Bike unterbietet diesen Soundtrack noch locker. Weitaus schlimmer als die bestenfalls durchschnittliche Musikkulisse sind die Soundeffekte. Die Motorräder klingen, als säße man auf einem ausgelutschten Mofa.
Die (zahlreichen) Explosionsgeräusche gehen zwar in Ordnung, sind aber im Vergleich zum restlichen Sound einen Tacken zu laut – ganz so, als hätten die Entwickler Angst, die Spieler würden mitten im Rennen einschlummern und müssten durch laute Explosionen wachgehalten werden.
Bikergang
Die größte Stärke von Nitro Bike ist der Multiplayer-Modus, on- wie offline. An einer Konsole können bis zu vier Spieler gleichzeitig mittels Splitscreen um die Wette rasen. Die Möglichkeit, online auf Gegnersuche zu gehen ist ebenfalls sehr willkommen. Leider benutzt auch Nitro Bike das System der Freundescodes.
Ein weiteres Problem am Online-Modus ist die Art und Weise, wie man nach Rennen sucht: sämtliche Eingaben wie beispielsweise die Größe des Fahrerfeldes (zwei, wenige oder viele Fahrer) müssen vorab getätigt werden, und dann heißt es beten, dass ein Spiel zustande kommt. Sinnvoller wäre es gewesen, eine Übersicht über die momentan angebotenen Rennen aufrufen zu können.
Rumgeschraube
Die Anleitung, die dem Spiel beiliegt, ist an Oberflächlichkeit kaum zu überbieten. Die Steuerung wird nicht erklärt, es wird nur geschrieben, dass man die Wii-Remote quer halten soll und durch Neigung nach hinten und vorne die Nase des Bikes hoch oder runter richtet. Wo sind Gas, Bremse, Turbo, wie macht man die Tricks? Zwar ist alles bis auf die Tricks sehr naheliegend, aber in eine Anleitung gehört das trotzdem. Zumal ausführlich die Tastenbelegung für die Menüführung beschrieben wird. Das Spiel selber bietet in den Optionen allerdings einen Überblick über die Steuerung, doch schaut man dafür nicht gewöhnlich zuerst in die Anleitung?
Freizuschalten gibt es auch ein paar Dinge, wie Strecken, Fahrer und Bikes. Und sogar ein weiterer Spielmodus ist zunächst versteckt: Bowling. Hier gilt es, das eigene Bike gegen ein flaches Hindernis zu fahren, um den Biker in Richtung Bowling-Pins zu schießen. Ein schräger Spaß, der allerdings nur sehr kurzfristig unterhalten kann.
Fazit
Es gibt so manches, was für Nitro Bike spricht: solide Multiplayer-Modi (on- und offline), einen umfangreichen Karriere-Modus und zahlreiche Optionen. Doch Grafik und Sound wissen nicht wirklich zu überzeugen. Die Steuerung hingegen ist sicherlich Geschmackssache: entweder, man mag es, dass die Steuerung etwas fordernder ist, oder man mag es nicht.
Die neue Referenz für Arcade-Renner auf der Wii ist Nitro Bike ganz sicher nicht, doch wer bei Excite Trucks den Splitscreen für vier Spieler oder den Online-Modus vermisst (oder einfach nur ein vergleichbares Game sucht), könnte allen Schwächen zum Trotz mit diesem Spiel gut beraten sein. Grafikfetischisten und seriöse Rennspieler schauen sich anderweitig um.
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