Testbericht: New Super Mario Bros. Wii
14 Jahre lang mussten Fans des dicken Klempners warten, bis Mario sich in einem reinrassigen 2D-Jump’n’Run zurück auf die Heimkonsolen verirrte. In „Super Mario World“ hatte er seinen letzten Auftritt, bevor er in die dritte Dimension verfrachtet wurde. Zwar war neben „Mario 64“ vor allem „Super Mario Galaxy“ ebenfalls ein spielerisches Highlight, Retro-Freaks wünschten sich dennoch schon lange wieder einen Ausflug des Schnauzbartträgers in zweidimensionale Gefilde. Auf dem Nintendo DS konnte man seit 2006 mit „New Super Mario Bros.“ fast 20 Millionen Käufer weltweit beglücken und ihnen genau dieses klassische Spielgefühl vermitteln. Nun soll es also endlich auch auf der Heimkonsole wieder ein 2D-Mario geben. Wir haben für euch zum Joypad gegriffen und gnadenlos den Spielspaß ermittelt.
Ein Geburtstag mit Hindernissen
Eigentlich hätte am Geburtstag von Prinzessin Peach alles so schön sein können. Zusammen mit Mario, Luigi und den Toads hätte es eine wunderschöne Feier mit einer riesigen Torte werden sollen. Doch just jenem kalorienhaltigen Sahnegebäck entsteigen mit einem Mal die Sprösslinge der fiesen Kröte Bowser, stülpen die Torte über die verdutzte Prinzessin und nehmen diese samt dem Gebäckstück in ihrem Luftschiff mit. Mario und Luigi nehmen nach dem ersten Schock zusammen mit einem gelben und einem blauen Toad natürlich sofort die Verfolgung auf, um die entführte Prinzessin zu retten. Mit diesem zugegeben nicht gerade innovativen, aber dafür verdammt klassischen Plot, wird das Game eingeleitet. Mit einem Augenzwinkern erfährt der Spieler auch endlich, wie die ganzen Items eigentlich in die Spielwelten gelangen, während das Klempnerduo bereits auf Prinzessinenhatz ist. Die simpel gehaltene Story passt dabei natürlich wie die Faust aufs Auge und – sind wir doch mal ehrlich – wird auch von Spielern genauso erwartet. In erster Linie ist die Geschichte ohnehin nur das probate Mittel zum Zweck, um Mario durch insgesamt acht Welten zu schicken.
Einmal Schnauzbart in 2D, bitte
Am grundlegenden Spielprinzip hat man dabei natürlich nichts geändert, denn was in den letzten 20 Jahren bis zur Perfektion verfeinert wurde, ist natürlich auch heute noch über alle Zweifel erhaben. Unser pummeliger Pastafritze mit der roten Schirmmütze läuft, rennt und springt durch die einzelnen Stages, räumt dabei mit Kopfsprüngen Gumbas und Koopa Troopas aus dem Weg, sammelt Münzen ein und möchte die finale Ziellinie erreichen. Bei 100 gesammelten Münzen gibt es ein Extraleben, genauso wie beim Einsammeln eines grünen „1Up“-Pilzes. Zu den alt bekannten Items wie dem Superpilz, dem Superstern und der Feuerblume gesellen sich diesmal noch ein paar neue Extras. Die Eisblume lässt Mario klirrend kalte Projektile werfen, die den Gegner einfrieren. Die so entstandenen Eisblöcke lassen sich nicht nur werfen, sondern sogar als Kletterhilfe missbrauchen. Als Propeller-Mario macht ihr dagegen optisch den Teletubbies Konkurrenz und dürft kurzzeitig in die Lüfte entschweben, während ihr im Pinguin-Kostüm nicht nur einwandfrei schwimmen, sondern auch problemlos über Eis laufen könnt. Vom DS-Vorgänger bekannt dürfte vielen Spielern zudem der Mikro-Pilz sein, der euch auf Ameisengröße schrumpfen lässt.
Ebenfalls übernommen hat man das Konzept der begehbaren Oberwelt, bei der man sich am DS-Teil orientiert. Hier lassen sich die einzelnen Levels ansteuern, Abkürzungen freischalten, Kanonen betreten und in Pilzhäusern in neuen Minispielen wie dem Item-Memory und dem Kanonen-Schuss um nützliche Gegenstände und Extraleben spielen. Die so verdienten Items dürfen vor dem Eintreten in ein Level eingesetzt werden, um dort eure Chancen zu erhöhen. Neben weiteren bekannten Elementen wie den roten Münzen und den großen Goldmünzen haben es auch einige Innovationen in New Super Mario Bros. Wii geschafft. Zu den neuen Kostümen gesellen sich ein paar Spielereien mit der Wiimote, die geschickt in das Game integriert wurden. Spezielle Plattformen werden durch ein Neigen der Wiimote gekippt, Brücken werden verschoben oder das Licht an einem Floß gelenkt, um in einer dunklen Höhle die Gegner ausfindig machen zu können. Traditionell wird als Hommage an das NES die Wiimote quer gehalten, wobei die beiden 1- und 2-Buttons nahezu für die gesamte Steuerung ausreichen. Rennen, Springen, Schießen, sich von den Wänden abstoßen, alles geht butterweich von der Hand. Lediglich für einige Sonderfunktionen wie das Schweben mit dem Propeller oder den Drehsprung muss die Wiimote einmal kurz geschüttelt werden. In den ersten Sekunden mag es dem ein oder anderen vielleicht so vorkommen, als würde sich Mario ein klein wenig schwammig steuern. Doch man hat sich schnell daran gewöhnt und springt zielsicher von Plattform zu Plattform.
Das durch die Bank hervorragende Leveldesign tut dabei sein Übriges. Beginnen die ersten Level noch relativ harmlos und können von erfahrenen Spielern nahezu im Blindflug erledigt werden, wird es in den späteren Welten mitunter recht knifflig. Egal ob man im ewigen Eis auf den Plattformen schlittert, sich in den tiefen Höhlen, im verwunschenen Wald, hoch über den Wolken oder umgeben von heißer Lava befindet, Mastermind Miyamoto und seine Leveldesigner haben in New Super Mario Bros. Wii ganze Arbeit geleistet. Zwar sind die einzelnen Stages grundlegend geradlinig aufgebaut, doch führen nicht alle Wege immer gleich ans gewünschte Ziel. Die vielen versteckten Areale, die geheimen Gänge und die großen Goldmünzen wollen nämlich erst einmal entdeckt werden. Hier wird der Forscherdrang der Spieler geweckt, denn nur wer jeden Winkel eines Levels erkundet wird fündig werden und mit noch weiteren Extras belohnt. Die Augen offen halten solltet ihr immer auch dann, wenn sich ein „?“-Block in einem Level befindet. Dort ist nämlich einer der Toads versteckt, will von euch befreit und ans Ende der Stage getragen werden. Selbst nach dem Durchspielen der acht Welten gibt es übrigens noch jede Menge zu Erkunden, aber mehr soll an dieser Stelle natürlich nicht verraten werden.
Der angezogene Schwierigkeitsgrad sollte erfahrene Zocker erfreuen, ebnet auf der anderen Seite jedoch auch den Weg für den so genannten Super-Assistent, der im Vorfeld der Veröffentlichung bereits für einigen Wirbel sorgte. Sobald ein Spieler in einer Stage acht Mal das Zeitliche gesegnet hat, darf er das Spiel an den von der CPU gesteuerten Luigi abgeben, der das offenbar zu schwere Level für den Spieler absolviert. Allerdings muss dabei gesagt werden, dass Luigi schnurstracks seinen Weg zum Ziel findet und euch natürlich auch keine Punkte auf euer Konto gut geschrieben werden. Geheimnisse und Extras müssen natürlich weiterhin selbst erkundet werden. Es wird kein Spieler gezwungen diese Hilfe in Anspruch zu nehmen, womit der Kritik der so genannten „Hardcore“-Fraktion der Wind aus den Segeln genommen wird. Neueinsteigern wird dagegen der Lösungsweg aufgezeigt und sie erhalten die Möglichkeit ihre Fähigkeiten zu verbessern und so selbst Erfolgserlebnisse zu erzielen.
Chaos & Spielspaß in einem gefällig?
Ursprünglich hatte sich Mario in seinen ersten Abenteuern alleine auf den Weg gemacht um die Prinzessin zu retten. In Super Mario World wurde ihm mit dem grünen Dino Yoshi erstmals ein Sidekick zur Verfügung gestellt, der zur Freude vieler Fans auch in New Super Mario Bros. Wii seine Rückkehr feiert und nicht nur wie gewohnt als Reittier dient, sondern wieder mit seiner langen Zunge nach Gegnern sowie Früchten schnappen und diese verzehren darf. Neu dagegen ist, dass bis zu drei Freunde zur Wiimote greifen dürfen, um gemeinsam Bowsers Schergen das Fürchten zu lehren. Dies ist absolutes Neuland, denn Mario, Luigi, ein gelber und ein blauer Toad befinden sich in diesem Fall gleichzeitig auf dem Screen. Neben dem freien Spiel, in welchem bereits absolvierte Level angespielt werden können und der Münzjagd, in welcher in extra kurz gehaltenen Stages die Geldgier siegt, darf auch das Hauptspiel von mehreren Spielern gespielt werden. Ob man dabei immer kooperativ zu Werke geht oder auch mal einem seiner Kollgen Items vor der Nase wegschnappt, ihm Münzen klaut oder ihn gar mit Yoshi auffrisst und an einer späteren Stelle wieder ausspuckt ist dabei jedem selbst überlassen. Immerhin gibt es nach jedem erfolgreich absolvierten Level eine Endabrechnung, in der nicht nur die erzielten Punkte, sondern auch die besiegten Gegner gezählt werden. Wer in dem bunten Partychaos ein Leben verliert, schwebt kurz darauf in eine Blase gepackt wieder ins Spiel und muss darauf hoffen von einem seiner Kumpanen befreit zu werden. Wer dabei wirklich gut zusammen arbeitet kann wie die für große Goldmünzen käuflich zu erwerbenden Spielvideos zeigen Spielsituationen erleben, die selbst gestandenen Zocker die Kinnlade herunter klappen lassen. Der Spielspaß mit mehreren Spielern vor der Konsole ist enorm und es ist schade, dass Nintendo in Zeiten des Onlinegaming verpasst hat in New Super Mario Bros. Wii einen entsprechenden Modus einzubauen, in dem man mit Spielern als aller Welt hätte antreten dürfen.
Ein Klassiker im neuen Gewand?
Dass man am Spielprinzip nicht viel veränderte heißt ja nicht, dass man auch in Sachen Technik puren Stillstand erleben muss. Natürlich sollte jedem Spieler klar sein, dass New Super Mario Bros. Wii kein Effektfeuerwerk zündet und sich in erster Linie auf seine Stärken im Gameplay konzentriert. Dennoch sah kaum ein 2D-Titel jemals so bunt, so liebevoll gestaltet und so schön aus. Hier stimmt einfach alles bis ins aller kleinste Detail. Dies fängt bei der hübsch gestalteten Oberwelt an, zieht sich durch die perfekt aufeinander abgestimmten Levels und endet in den geschmeidigen Animationen und dem ein oder anderen Effekt, der es dennoch ins Spiel geschafft hat. Im Einklang mit dem optisch absolut sauber präsentierten Titel steht auch die Aufmachung der Verpackung, die ausnahmsweise gesonderte Erwähnung verdient hat. Die knallrot gehaltene Hülle ist alleine schon ein Hingucker, Retro-Fans werden aber besonders das liebevoll gestaltete Booklet in ihr Herz schließen.
Auch in Sachen Sound leistet man sich seitens Nintendo natürlich keinen Schnitzer. Die alt bekannten und lieb gewonnenen Melodien aus dem Mario-Universum wurden in frischen und gut klingenden Versionen neu umgesetzt, so dass sich alte Hasen schnell wieder heimisch fühlen. Dazu gesellen sich ein paar neue Stücke, die wie beispielsweise in den Schlössern und Burgen richtig unheimlich geworden sind und sehr zur Atmosphäre des Titels beitragen. Mit den orchestralen Kompositionen eines Super Mario Galaxy können sie sich dabei natürlich nicht messen, aber das wollen und sollen sie auch gar nicht. Stattdessen wird hier der Retro-Gedanke hoch gehalten. Dazu passend erklingen die typischen Soundeffekte wie das Klingeln der Münzen, das Zerbersten der Blöcke, das Schrumpfen und Wachsen von Mario beim Einsammeln von Power Ups, bzw. beim Kassieren von Treffern – man kennt diese Sounds einfach und liebt sie so wie sie sind. Auf eine Sprachausgabe wurde größtenteils verzichtet, nur die üblichen Aussprüche seitens Mario, Luigi und den Toads sind zu finden. Das ist aber auch nicht weiter schlimm, denn in einem Mario-Jump’n’Run erwartet man nicht wirklich eine ausgiebige Sprachausgabe.
Fazit
It’s a me, Mario! Mario ist nach langen Jahren des Wartens endlich auch auf einer stationären Konsole wieder in der zweiten Dimension spielbar. Nintendo hat dabei das Gameplay in einigen Nuancen noch verfeinert und das Leveldesign nahezu perfektioniert. Natürlich kommen erfahrenen Mario-Veteranen manche Abschnitte bekannt vor, dennoch spielt sich New Super Mario Bros. Wii einfach nur fantastisch und ist von vorne bis hinten perfekt durchgestylt. Der fordernde Schwierigkeitsgrad und die vielen versteckten Extras sorgen für langen Spielspaß, doch auch Einsteiger kommen schnell damit zurecht. Die Krönung ist der spaßige Mehrspielermodus, den es so noch nie in einem Jump’n’Run gegeben hat. Schade ist nur, dass man auf einen Onlinemodus verzichtet hat. Abgesehen davon bekommt man mit New Super Mario Bros. Wii eine Gameplay-Perle allererster Güteklasse, die man sich nicht entgehen lassen sollte.
Schreibe einen Kommentar