Testbericht: Monster Lab
Wenn ein neues Spiel auf den Markt gebracht wird und man als Spieler kaum etwas davon mitbekommt, dann gibt es meist nur zwei Möglichkeiten: Entweder der Publisher verrichtet seine Arbeit nicht ordentlich oder die Qualität des Titels ist so mies, dass er es am liebsten vermeiden würde, wenn darüber negativ in der Presse berichtet wird. Da im Falle von „Monster Lab“ für Nintendos Wii Eidos Interactive als Publisher fungiert, darf man sich nun die Frage stellen, welche von beiden Optionen hier zutrifft. Wir haben natürlich weder Kosten noch Mühen gescheut und den Titel für euch besorgt und auf Herz und Nieren getestet. Welche Bewertung wir zusammen mit ein paar Monstern aus unserem Testlabor mitgebracht haben, lest ihr am besten selbst.
Einmal der verrückte Professor sein…
Ihr ward schon als kleines Kind fasziniert von Monstern, Ungeheuern und finsteren Gestalten? Euch haben die Experimente von Dr. Frankenstein einen kalten Schauer über den Rücken gejagt? Und zu eurem Leidwesen war eure Mutti alles andere als begeistert von eurem Vorschlag eurer Katze eine Kettensäge an die Pfote zu schrauben und ihren Kopf durch den Plastikschädel eures neuen Transformers-Roboters zu ersetzen? Dann hat die lange Wartezeit endlich ein Ende gefunden! Ihr könnt jetzt selbst in die Fußstapfen von Dr. Frankenstein treten und euch ein Monster nach euren Vorstellungen erschaffen – zumindest bis zu einem gewissen Maße. In Monster Lab stellt euch nämlich der durchgeknallte Erfinder Dr. Unsicher sein Schloss zur Verfügung, um dort neue Kreaturen erschaffen zu können. Warum er das macht hat einen bestimmten Grund. Einst ging der Mechaniker mit drei weiteren Wissenschaftlern der Aberwitz-Liga zusammen seinen Forschungen nach, doch einer davon – der verrückte Baron Mharti – drehte mit einem Mal durch und versucht nun die Weltherrschaft an sich zu reißen. Jetzt seid natürlich ihr gefragt und müsst das Labor im Schloss dazu nutzen, um eine mächtige Kreatur zu erschaffen, die den finsteren Gesellen und dessen Schergen aufhalten kann.
Im schön gemachten Tutorial seid ihr dabei noch mit einem Monster von Dr. Unsicher selbst unterwegs, während er euch die grundlegenden Eigenheiten in Monster Lab erklärt. Sobald ihr mit der Steuerung vertraut seid, dürft ihr im Monstergenerator endlich selbst Hand anlegen. Prinzipiell besteht eure Kreatur dabei aus fünf verschiedenen Teilen: Dem Torso, den Beinen, dem Kopf und den beiden Armen. Anfangs ist euer Repertoire noch begrenzt, aber bald schon wird sich euer Arsenal entsprechend vergrößert haben. Ihr selbst bleibt dabei quasi immer auf dem Schloss, verfolgt allerdings eure Kreatur mit einem Blick durch das „Zoffoskop“, sobald es mit einer Kanone in die nächste Location gefeuert wurde. Ihr seid dort auf vorgegebenen Pfaden unterwegs und eure Schöpfung trifft dort natürlich auf andere Monster. So kommt es unweigerlich zum Kampf, der viele Elemente aus dem Bereich der Rollenspiele enthält. Denn obwohl bei einer Konfrontation Beat’em’Up-like in den Kampfmodus umgeschaltet wird, laufen die Auseinandersetzungen Runden basierend ab. In diesem Moment kommt es darauf an, wie gut ihr euer Monster vorher ausgerüstet habt. Jedem Körperteil sind zwei Aktionen zugeteilt, die ihr im Kampf anwenden dürft. Die Gliedmaßen und der Kopf sind dabei in erster Linie für die Attacken zuständig, bzw. für das Blocken. Eure Beine können allerdings nicht nur für Tritte, sondern auch für eine Flucht verwendet werden, falls man fürchtet gegen einen Kontrahenten keine Chance zu haben.
Damit es nicht so weit kommt, darf man sich die taktische Komponente der Kämpfe in Monster Lab zunutze machen. Ein Kampf gilt nämlich dann als gewonnen, sobald eine Kreatur entweder alle Gliedmaßen mitsamt dem Kopf verloren hat oder sobald der Torso zerstört wurde. Ja, ihr habt richtig gelesen. Ihr könnt eure Widersacher im Kampf mit kraftvollen Attacken im wahrsten Sinne des Wortes mal so richtig auseinander nehmen. Das erweist sich vor allem dann als praktisch, wenn man in der aktuellen Runde vor seinem Gegner einen Angriff landen kann und ihm damit den Schädel vom Blechkörper fegt, bevor er damit zum wütenden Kopfstoß ansetzen kann. Natürlich gehört eine gewisse Portion Glück dazu, aber ab und zu lassen sich so Gegenangriffe geschickt vereiteln. Ob ihr darauf setzt euren Feinden die Gliedmaßen abzutrennen oder lieber den Torso zerstört, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Jeder Körperteil hat nämlich nicht nur bei euren Opponenten, sondern auch bei eurer Kreatur selbst ganz unterschiedliche Stärken und Schwächen. Und auch euer Monster muss Federn lassen, wenn ein Teil zu oft und zu hart getroffen wurde. Das Ausführen sämtlicher Aktionen kostet dabei stets Energie, wodurch ein weiterer Faktor mit ins Spiel kommt. Die Ladung eurer Batterien muss somit immer wieder aufgeladen werden. Hier habt ihr die Wahl zwischen einem Ausweichmanöver, welches jedoch nur einen kleinen Teil der Ladung wieder auffüllt, sowie eine kompletten Regeneration, die euch allerdings in dieser Runde schutzlos einem gegnerischen Angriff ausliefert. Da die Batterieladung eures Gegenübers ebenfalls angezeigt wird und die KI relativ berechenbar kämpft, lassen sich die Pausen des Gegners allerdings geschickt für die eigene Erholung nutzen.
Nach jedem gewonnen Kampf sammelt ihr nicht nur ein paar neue Gegenstände ein, die sich im Labor zu neuen Körperteilen verwursten lassen, sondern bekommt auch Erfahrungspunkte als Wissenschaftler gut geschrieben. Darüber hinaus werden je nach Spielsituation noch Orden verliehen, von denen es insgesamt 150 Stück zu sammeln gibt. Anders als bei klassischen Rollenspielen könnt ihr eure Kreatur während des Kampfes übrigens nicht heilen. Schäden an den Körperteilen werden einmalig nach der Auseinandersetzung mit einer so genannten „Feldreparatur“ wieder beseitigt. Hierbei handelt es sich um ein kleines Minigame, bei dem ihr unter Zeitdruck mit dem Analogstick die zu reparierenden Körperteile auswählt und mit der Wiimote wie mit einer Kurbel dreht, um diese von ihren Schäden zu befreien. 15 Sekunden stehen euch dafür zur Verfügung, so dass ihr bei schlimmeren Beschädigungen notfalls entscheiden müsst, welche Teile wichtiger sind und etwas lädiert in den nächsten Kampf geht. Allerdings gehen euch im Kampf abgetrennte Gliedmaßen nicht verloren, sondern können durch die Feldreparatur ebenfalls wieder in Schuss gebracht werden. Neben den Kämpfen gegen andere Monster dürft ihr an bestimmten Stellen in den Locations immer wieder zu Minispielen antreten. Diese befassen sich thematisch ganz grob gesehen mit dem Thema „Monster“ und sind meist recht gelungen. Ob ihr nun Särge zerschlagt, Knochen wieder zusammensetzt oder mit einer alten Blechbüchse in der stinken Kanalisation fischt, alles bringt euch nicht nur Erfahrungspunkte, sondern auch neue Bauteile für eure Monster. Die Minispiele sind dabei allerdings nur ein optionales Spielelement und müssen nicht zwangsweise gespielt werden.
Anders sieht es aus, wenn ihr eure Mission erfüllt habt. Dann geht es schnurstracks zurück auf das Schloss, wo ihr in der Werkstatt an neuen Körperteilen für eure Monster arbeiten dürft. Hierbei steht euch I.G.O.R. zur Seite. Wer dabei an einen buckeligen Gehilfen denkt ist allerdings schief gewickelt, denn I.G.O.R. steht für den „Inventargenerierten Operationsresonator“, der neben euren Aufträgen und diversen Statistiken auch alle bisher gesammelten Gegenstände verwaltet. Dr. Unsicher erklärt euch übrigens erst einmal wie ihr neue Teile fabriziert, bevor ihr dann selbst Hand anlegen dürft. Und jetzt kommt der Part in Monster Lab, in welchem es zur Pflicht wird ein Minispiel zu absolvieren. Da diese jedoch auch hier größtenteils gut gemacht wurden, geht diese Mischung auf jeden Fall in Ordnung. Kurz noch zur Erklärung: Es gibt generell drei verschiedene Arten von Bauteilen: Mechanisch, biologisch und archaisch. Nach dem Prinzip von Stein, Schere und Papier haben diese drei Arten auch jeweils den anderen Sorten gegenüber ihre Vor- und Nachteile, die es im Kampf geschickt zu nutzen gilt. Da der liebenswert irre Dr. Unsicher nur die mechanischen Künste beherrscht, stehen euch anfangs auch nur selbige Teile zur Verfügung. Erst wenn im weiteren Spielverlauf die beiden anderen Wissenschaftler zu euch stoßen, erlangt ihr Zugang zum Biolabor und dem Archaikum. Bis es soweit ist vergeht allerdings eine gewisse Weile, so dass am Anfang die Monster etwas eintönig wirken könnten. Diese Hürde gilt es zu nehmen, um mit einer umso größeren Vielfalt belohnt zu werden.
Doch kommen wir noch einmal zurück zur Erstellung neuer Gliedmaßen. Mechanische Arme werden in einem Minispiel Namens „Schweißgerät“ gefertigt, wo ihr mittels Pointerfunktion eine Schweißnaht möglichst perfekt nachziehen müsst. Köpfe dagegen werden durch den „Robo-Evolver“ gefertigt. Hier stehen drei Roboter auf Plattformen mit je einem Symbol über ihren Schädeln. Eines der drei Symbole wird euch angezeigt, woraufhin ihr die beiden „falschen“ Robos durch ein Schwingen der Wii-Remote zerstampfen müsst. Je besser ihr in diesen Minispielen abschneidet, desto besser, stärker und kräftiger werden auch die erschaffenen Körperteile. Da alle Körperteile nicht nur aus einem Primär-, sondern auch einem Sekundärobjekt bestehen, kann man durch die richtige Kombination Sondereffekte erzielen, wie beispielsweise eine Erdung, die euch weniger anfällig gegen elektrische Angriffe macht. Welche Kombinationen zum Erfolg führen werden übrigens nicht verraten, hier hilft nur das bloße Experimentieren. Ob man damit die Langzeitmotivation oder eher die Frustration der Spieler fördert, muss jeder für sich entscheiden. Ich empfand die immer größer werdenden Möglichkeiten in Monster Lab allerdings als sehr angenehm. Das an sich sehr simple Prinzip erlangt dadurch eine unglaubliche Komplexität. Neu erschaffene Körperteile dürfen jederzeit im Monstergenerator an bereits vorhandene Kreaturen angebaut werden. Wahlweise lässt sich aber auch ein neues Monster erstellen, was später ohnehin ratsam ist. So könnt ihr nämlich während den Ausflügen in die insgesamt sechs verschiedenen Welten jederzeit die Monster wechseln und euch so den zu bekämpfenden Gegnern anpassen.
Wer nicht nur gegen die KI antreten will, kann seine Kreaturen auch mit seinen Freunden kämpfen lassen. Eigens hierfür wurde ein Online-Modus integriert, was an sich ein sehr löbliches Unterfangen ist, wirkt ein Kampf gegen einen menschlichen Kontrahenten doch immer spannender, weil er viel unberechenbarer ist. Natürlich ist ein Freundescode erforderlich, um Kontakt mit einem Gegenüber aufnehmen zu können. Aus mir nicht verständlichen Gründen wurde allerdings auf die Möglichkeit gegen zufällig gewählte Kontrahenten anzutreten vollkommen verzichtet. Dies hätte in der heutigen Zeit eigentlich Standard sein müssen und schmälert den guten Eindruck, den Monster Lab bezüglich des Online-Features hinterlassen hat ein wenig. Auch die ursprünglich geplante Idee der Entwickler mittels der WiFi-Connection Gliedmaßen zu tauschen hat es leider nicht in die finale Version des Games geschafft. Ein vernünftiger Online-Modus hätte das Spiel noch einmal zusätzlich aufwerten können. In seiner tatsächlichen Form ist er dagegen nur für Leute interessant, deren Freundeskreis ebenfalls das Spiel besitzt.
In den Händen des Monsters
Schon wenige Minuten nachdem man Monster Lab ins Laufwerk gepackt hat fällt auf, wie viel Mühe sich Backbone Entertainment mit der Steuerung gegeben hat. Das Game erschien auch für die Playstation 2 sowie den Nintendo DS, wurde allerdings nahezu optimal an die Wii angepasst. Beide Nintendo-Versionen profitieren dabei von ihrer eigenen Steuerungsvarianten. Auf Nintendos weißer Heimkonsole setzt man nicht nur auf den Einsatz der Pointerfunktion, sondern integrierte auch die Elemente der Bewegungssteuerung. Es gibt nur wenige Ausnahmen, in denen diese etwas unangebracht scheinen, bzw. wo auch die Minispiele selbst nicht wirklich gelungen sind wie im Falle des „Wütenden Mobs“ oder beim „Abwasserfischen“. Der Großteil der Minigames dagegen wurde hervorragend umgesetzt und macht auch bei mehreren Wiederholungen immer noch Spaß. Gerade wegen der hohen Komplexität der Monstererschaffung ist es lobenswert, dass die Steuerung bewusst simpel und intuitiv gehalten wurde.
Kraftprotze?
Im Bereich der Technik kann Monster Lab zwar keine neuen Maßstäbe setzen, aber das muss es auch nicht. Aufgrund seines geringen Schwierigkeitsgrades, der leicht zu erlernenden Steuerung und der comicartigen Optik richtet es sich dem Anschein nach ohnehin an eine jüngere Zielgruppe. Zudem braucht man so auch nicht zu befürchten, dass das konstante Zerstückeln eurer Feinde ein Fall für die BPjS wäre. Dies soll freilich nicht heißen, dass man keinen Anspruch an die optischen Qualitäten des Titels haben darf. Im Gegenteil, denn auch in diesen Belangen weiß der Titel zu überzeugen. Zwar hätten die Texturen an der ein oder anderen Stelle gerne noch etwas schärfer sein dürfen, insgesamt überzeugt Monster Lab jedoch durch seine stimmungsvolle Optik. Die Kamerafahrten in den Kämpfen machen die Duelle spannend, effektvolle Blitze und Explosionen werten die Auseinandersetzungen optisch auf und die zahlreichen Animationsvarianten der Protagonisten sind gelungen. Im selben Atemzug müssen auch die restlichen NPCs wie die Wissenschaftler gelobt werden, die allesamt recht durchgeknallt aber von Grund auf sympathisch gestaltet wurden. Die atmosphärisch gestalteten Oberwelten mit ihren leichten Anleihen bei Tim Burton hinterlassen ebenfalls einen guten Eindruck.
Dies bestätigt sich ebenfalls in Sachen Sound. Unaufdringlich, aber stets stimmungsvolle tönt es zumeist mit einem leicht klassischen Flair aus dem Hintergrund, so dass der Spieler niemals von der Musik genervt wird. Die Soundeffekte passen zudem perfekt ins Spielgeschehen. Da heulen die Hunde einsam des nachts in den Straßen und die Grillen zirpen, während sich eure zum Leben erweckten Blechhaufen krachend und scheppernd gegenseitig die Schädel einschlagen. Gekrönt wird das Ganze noch durch die reichhaltige deutsche Synchronisation, die allen Protagonisten eine wirklich passende Stimme verleiht. Es ist schön zu sehen, mit wie viel Liebe zum Detail hier offenbar gearbeitet wurde. Die Ladezeiten halten sich übrigens ebenfalls in Grenzen. Selbst beim Wechsel in den Kampfbildschirm oder zu den Minispielen wird nicht nachgeladen. Einzig nach jedem Kampf wird eine Ladesequenz erforderlich, unabhängig übrigens davon, ob ihr die Feldreparatur in Anspruch nehmt oder nicht. Dies ist jedoch zu verschmerzen und wird durch die Unterstützung des 480p- sowie des 60 Hz-Modus fast wieder ausgeglichen.
Fazit
Ich muss zugeben, dass ich von Monster Lab nicht viel erwartet hatte und dafür aber umso positiver überrascht wurde. Die Kombination aus Monsterbaukasten, Runden basierenden Kämpfen mit RPG-Anleihen und Minispielen ist absolut gelungen. Durch die taktische Komponente in den Kämpfen sowie die schier unendlich scheinende Zahl an Kombinationsmöglichkeiten für seine zu erstellenden Kreaturen erlangt das Game eine unglaubliche Tiefe. Hätte man den ein oder anderen kleinen Patzer im Design vermieden und im Online-Modus den Kampf gegen Zufallsgegner ermöglicht, wäre dem Titel sogar noch eine höhere Wertung möglich gewesen, da man sich auch technisch rundum überzeugend präsentiert. Warum Eidos dem Spiel keine größere Aufmerksamkeit schenkt ist mir schleierhaft. Monster Lab ist somit der Geheimtipp für alle, die auf der Suche nach einer nicht ganz alltäglichen Spielerfahrung sind.
Schreibe einen Kommentar