Testbericht: Medieval Games
Mit Minispielsammlung ist man als Wii-Besitzer ja eigentlich mehr als gut versorgt. Von daher verdrehen bereits viele nicht zu Unrecht die Augen, wenn es um einen weiteren Titel mit Minispielen geht. Doch abseits der üblichen Partyspiele versucht man nun mit „Medieval Games“ in einem neuen Umfeld für spaßige Unterhaltung zu sorgen. Wir haben für euch die Lanzen geschwungen, Pfeil und Bogen gezückt und versucht das Herz der Prinzessin zu erobern.
Willkommen im Mittelalter!
Neben all den Sport-, Jahrmarkt- und sogar Babysitting-Partys ist es verwunderlich, dass bisher noch niemand auf die Idee kam eine Minispielsammlung in ein mittelalterliches Setting zu packen. Medieval Games fährt genau auf dieser Schiene und wirkt somit zumindest auf den ersten Blick in gewisser Weise frisch und unverbraucht. Prinzipiell orientiert man sich dabei übrigens am großen Vorbild aus dem Hause Nintendo und hat wie in Mario Party 8 den Storymodus mit drei Spielbrettern in den Mittelpunkt gestellt. Die drei Geschichten sind zwar sehr simpel gehalten, bieten allerdings zumindest eine gewisse Rahmenhandlung. Nach der Erstellung des Profils muss aber zuerst einmal der eigene Spielcharakter gewählt werden. Acht stereotype Charaktere aus dem Mittelalter stehen dabei zur Verfügung, wobei die Palette vom Ritter über den Hofnarren und den Magier bis hin zur Prinzessin reicht. Weitere Personalisierungsmöglichkeiten gibt es allerdings leider nicht, bevor man sich in den Storymodus stürzen darf. Anfangs ist dabei jedoch nur das erste Brett „Harvest Festival“ zugänglich. Die beiden anderen Spielbretter müssen erst frei geschaltet werden. Im „Harvest Festival“ gilt dabei als Anforderung die meisten Münzen zu verdienen, um das Brett erfolgreich zu beenden, während in „Feuding Kingdoms“ der Spieler mit den meisten Schätzen als Sieger vom Platz geht. Obwohl man sich Mario Party zum Vorbild genommen hat, ist nicht alles von Nintendos Minispiel-Vorreiter kopiert. Um die Reihenfolge der Spieler zu ermitteln gilt es beispielsweise die Wiimote senkrecht nach oben zu halten und diese auf Befehl in die Richtung zu neigen, welche das auf dem Bildschirm eingeblendete Schwert anzeigt.
Leider sind den Programmierern danach offenbar bereits alle Ideen ausgegangen gewesen, denn der Rest des Storymodus‘ erscheint wirklich wie ein schlechter Mario Party-Klon. Reihum wird gewürfelt und über das Spielbrett gezogen. Auf den insgesamt fünf verschiedenen Typen von Spielfeldern erhaltet ihr Münzen, löst Ereignisse aus, dürft beim Händler einkaufen, fordert andere Mitspieler zum Duell oder erhaltet die Möglichkeit in einer Location auf Schatzsuche gehen. Hierbei werden gegen die anderen Spieler Minigames absolviert, die entweder jeder gegen jeden oder alleine gegen den Rest der Spieler ausgefochten werden. Mit Pfeil und Bogen bewaffnet feuert ihr beispielsweise auf verschiedene Früchte in einem Baumhaus. Wer am besten zielen kann und die meisten Punkte einheimst, erhält als Belohnung einige Münzen. Ein anderes Minispiel mit einem ähnlichen Spielprinzip lässt euch Äxte auf Zielscheiben werfen. Alleine gegen den Rest der Spieler geht ihr dagegen unter anderem auf Schweinejagd und versucht die quiekenden Viecher zu fangen, die von euren Mitspielern gesteuert werden. Oder ihr tanzt auf einem Podest, während eure Gegner euch Bananenschalen in den Weg werfen.
Die Steuerung bringt dabei lediglich die Wiimote mit all ihren Funktionen ins Spiel. Meist ist es der Pointer sowie die Bewegungserkennung, die aber nur selten wie gewünscht funktioniert. Somit krankt Medieval Games in erster Linie an der zum großen Teil miserabel umgesetzten Steuerung, die den meisten Minispielen ihren Spaß raubt. Duelle auf der Brücke mit euren Kontrahenten gehen dank der hakeligen Steuerung in der Regel verloren, da eure CPU-Gegner im Gegensatz zu euch nicht mit der Steuerung zu kämpfen haben. Gegen menschliche Spieler ärgert ihr euch dagegen beide über die missratene Steuerung, was das Game selbst aber natürlich nicht besser macht. Das ist schade, denn in einigen wenigen Momenten macht Medieval Games durchaus Laune. Wenn ihr beispielsweise bewegliche Ziele treffen müsst, eure Gegenspieler aber genau diese „lebendigen“ Ziele steuern, ist das richtig witzig. Auch hätte die Mittelalter-Thematik an sich viel hergegeben, wie das Minispiel mit dem Rammbock, das Lanzenreiten oder das Marionettentheater beweisen. Insgesamt spielen sich viele Minigames aber zu ähnlich oder sind dank der verkorksten Steuerung schlicht unspielbar. Hinzu gesellen sich noch einige Patzer im Gamedesign selbst. Dass man im Falle des eigenen Ausscheidens die Minispiele der CPU-Gegner selbst noch Minuten lang mit ansehen muss ohne diese abbrechen zu können, grenzt an psychische Folter. Die Ladezeiten sind ebenfalls zu häufig, zu lang und hemmen so den Spielfluss.
Neben dem Storymodus gibt es noch das Turnier, in welchem eine vorgegebene Anzahl an Minispielen absolviert werden muss. Daneben wurde ebenfalls noch ein „Freies Spiel“ integriert, in dem allerdings zu Beginn nicht gleich alle Minispiele zur Verfügung stehen, sondern erst über den Storymodus frei geschaltet werden müssen. Weitere Optionen sucht man dagegen vergebens. Somit gibt es leider auch keine Möglichkeit den Schwierigkeitsgrad der CPU-Gegner anzupassen, was angesichts der schlecht funktionierenden Steuerung angebracht gewesen wäre. Zudem hält sich der Umfang mit knappen 30 Minispielen sowie den gerade einmal drei Spielbrettern stark in Grenzen.
Auf die Folterbank! In den Kerker!
Manch mittelalterliche Bestrafung wäre angebracht gewesen gemessen an dem, was uns die Programmierer im optischen Bereich hier antun. Es gibt ja durchaus Spiele, bei denen die Optik ein Griff ins Klo war. Was man bei Medieval Games jedoch abgeliefert hat, grenzt an fahrlässiger Körperverletzung. An sich wäre es so leicht gewesen die Atmosphäre des Titels mit stimmungsvollen Grafiken einzufangen. Stattdessen präsentiert man derart grob gestaltete Areale mit matschigen Texturen, dass die verantwortlichen Programmierer dafür sofort an den Pranger gestellt gehören. Der Abschuss sind allerdings die Animationen, die ich in so abgehackter und teils lächerlicher Form schon lange nicht mehr gesehen habe.
Verschonen dagegen darf man die Verantwortlichen für den Sound. Hier überzeugt man mit mittelalterlichen Themen, passenden Soundeffekten sowie überzeugenden Sprechern. Dass diese allerdings nur in englischer Form das Geschehen kommentieren ist zwar dank leichtem Akzent stimmungsvoll, die jüngere Zielgruppe wird sich trotz Untertiteln aber nur bedingt daran erfreuen können.
Fazit
Minispielsammlungen müssen nicht prinzipiell schlecht sein – Medieval Games ist es aber. Die Grafik wirkt mit matschigen Texturen und widerlichen Animationen wie aus dem Mittelalter, der Umfang ist mit knappen 30 Minispielen sowie gerade einmal drei Spielbrettern recht gering ausgefallen und einige Patzer im Design zehren an den Nerven. Die hakelige, schwammige und einfach oft nicht funktionierende Steuerung, die einige Minispiele quasi unspielbar macht, ist ein Graus. Wer dafür verantwortlich war, sollte mit mittelalterlichen Methoden gefoltert werden – oder sein eigenes Spiel spielen müssen. Gemessen an all diesen Punkten kann der ausnahmsweise recht gelungene Sound Medieval Games auch nicht mehr retten. Schade, dass diese aufgrund der Thematik wirklich interessante Minispielsammlung so in den Sand gesetzt wurde!
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