Testbericht: MadWorld
Dass die Wii eher eine Konsole für den gemeinsamen Familienabend ist als für die Hardcore Zocker, darüber sind sich scheinbar alle einig. Alle? Nein! Die Unbeugsamen von SEGA bringen dieses Jahr gleich mehrere potentielle Hardcore-Titel auf die unschuldige weiße Kiste. Nach „House of the Dead: Overkill“ folgt nun das extrem brutale Beat’em’Up „MadWorld“ aus dem Hause Platinum Games, welches leider nicht in Deutschland veröffentlicht wurde. Wir haben die Version aus dem schweizerischen Nachbarland getestet und können euch sagen, ob das Spiel den hohen Erwartungen gerecht wird.
Sunday, bloody Sunday…
Dass U2 1983 von MadWorld noch nicht gewusst haben dürften, liegt auf der Hand und doch eignet sich kaum ein Satz besser als Einleitung zum Harcore-Gekloppe aus dem Hause Platinum Games als eben „Sunday, bloody Sunday…“. Denn neben dem stilistischen schwarz-weißen Look der etwas an „Sin City“ erinnert, hat nur die Farbe Rot seinen Weg ins Spiel gefunden – dafür gleich literweise, in unnatürlich großen Mengen. In der Rolle von Jack Cayman, dessen rechter Arm praktischerweise direkt mit einer Kettensäge verbunden ist, nehmt ihr in Varrigan City, bzw. auf der Insel Jefferson Island, an den sogenannten DeatchWatch-Spielen teil – einer recht makaberen Fernsehshow und so eine Art moderne Gladiatorenkämpfe. Die einzige Regel dabei ist es zu überleben und im Gegenzug gebühren Ruhm und Ehre … bzw. viel Geld. Ob das als Ansporn reicht um friedliebende Bürger in blutrünstige Bestien zu verwandeln sei mal dahin gestellt, ihr werdet es schon noch früh genug erfahren.
Es wird geschlagen, zerteilt und aufgespießt bis das ganze Areal blutdurchtränkt zurück bleibt, wenn man sich bis zum Bossfight durchgekämpft hat. Eine wichtige Rolle spielt dabei ein Punktesystem, dass sich die Veranstalter der Kämpfe ausgedacht haben. Hier wird honoriert je brutaler aber auch kreativer ihr eure Gegner aus dem Weg räumt. Der einfachste Weg ist es beispielsweise Jacks Kettensäge zu verwenden, viele Punkte gibt dies jedoch logischerweise nicht. Ein angesehenerer Weg wäre da schon den Gegner zuerst in einen Autoreifen zu stecken, ihm dann den Kopf mit einem Straßenschild zu durchbohren um ihn anschließend in den Fleischwolf zu schieben – da klingelt das virtuelle Punktekonto!
Auf jeder Map gibt es zahlreiche Waffen mit denen ihr euren Gegner zu Leibe rücken könnt, als da wären beispielsweise Straßenlaternen, Knüppel oder Golfschläger von denen viele zuvor freigeschaltet werden müssen. Zusätzlich gibt es noch weitere Objekte wie Stachelfelder, Mülltonnen, Walzen und der bereits erwähnte Fleischwolf, die euch helfen eure Gegner gepflegt über den Jordan zu schicken. Wer lieber in klassischer Boxermanier auf die Gegner eindrischt, dem stehen verschiedene Schlagkombinationen so wie Uppercuts zur Verfügung. Das Punktekonto füllt sich dadurch jedoch nur langsam und der Weg zum Bossfight, der von der Anzahl der gesammelten Punkte abhängt, wird ziemlich zäh.
Der Aufbau der Challenges ist in beinahe allen Levels gleich, denn ihr müsst so lange auf die Scharen aus dem Nichts auftauchenden Gegnern eindreschen bis die geforderte Punktzahl für den Bossfight erreicht ist. Habt ihr diesen ebenfalls erledigt, so landet ihr in der Regel nach einer kurzen Zwischensequenz, welche die Story (Ja, es gibt in der Tat eine!) etwas weiter voran treibt, wieder bei der Karte Jefferson Islands und könnt zum nächsten Abschnitt voran schreiten.
Damit das Gameplay nicht zu eintönig wird haben sich die Entwickler noch die sogenannten Bloodbath-Challenges einfallen lassen, die es in fast allen Levels gibt. Habt ihr eine bestimmte Punktzahl erreicht könnt ihr, wenn ihr wollt, eine solche „Blutbad Herausforderung“ bestreiten, welche euch vom Super-Pimp persönlich „The Black Baron“ präsentiert wird. Zur Auswahl stehen unterhaltsame Sportarten wie Man-Dart oder Man-Golf wo es darum geht eure Gegner in überdimensionale Dartscheiben zu katapultieren und damit Punkte zu erzielen, oder mit ihren Köpfen Golf zu spielen. Was bei den ersten Durchgängen noch durchaus unterhaltsam ist, verliert doch relativ schnell seinen Reiz da es nur wenig fordernd und dafür ziemlich eintönig ist. Aus diesen Bloodbath-Challenges besteht auch der Multiplayer-Modus, in welchem ihr im Splitscreen-Modus diese Herausforderungen bestreiten dürft was aber auch kaum länger fesseln kann, da man sämtliche Onlinefunktionen bzw. zumindest Online-Rankings außen vor gelassen hat. Auch einen Koop-Modus sucht man bei MadWorld leider vergebens. Auch wenn der Titel eher ein klassischer Singelplayer-Titel ist, wären wir gerne gemeinsam mit einem Freund in die Kämpfe gezogen. Ab und an schwingt sich Jack auf seine Chopper und ballert damit die Straßen von Varrigan City herunter. Leider wirken diese Einlagen ziemlich aufgesetzt und es stellt den Spieler kaum vor Herausforderungen die Gegner von Ihren Vehikeln zu holen und kalt zu machen. Trotzdem bietet das Motorradfahren eine kurze Abwechslung vom restlichen Gameplay.
Nach rund sechs Stunden darf man sich dann als Nummer 1 der Kämpfer in DeathWatch feiern lassen und außer einem höheren Schwierigkeitsgrad und zusätzlicher Bewaffnung bietet das Spiel leider keinen all zu hohen Wiederspielwert.
Steuerung
Gesteuert wird Jack mit Hilfe des Analogsticks, Z lässt ihn springen und mit C justiert man die Kamera bzw. loggt einen Gegner in der Nähe ein. Will man dem Schlag eines Opponenten entgehen, so reicht ein Ruck am Nunchuk und Jack vollführt einen FlickFlack nach hinten.
Gekämpft wird mit einer Kombination aus Button Mashing und Bewegungssensorik, wobei die einfacheren Moves durch Drücken der A-Taste ausgeführt werden bzw. mit B die Kettensäge gezückt wird. Die aufwendigeren Schläge und Finishing Moves werden durch eine Kombination aus Knöpfedrücken und Bewegung der Wii-Remote ausgeführt. Durch Halten des A-Knopfes kann man Gegner auch greifen um sie beispielsweise in Richtung eines Stachelfeldes zu bugsieren. Dort angekommen reicht ein kurzer Ruck mit der Wiimote und Jack schleudert den armen Gegenspieler in die Stacheln, gerne auch mehrmals … einfach so, aus Spaß an der Freude.
Bei den Boss-Kämpfen kommt es darüber hinaus immer wieder zu Quicktime-Events, bei denen man recht flott die eingeblendete Aktion mit Nunchuk oder Wiimote ausführen muss.
Insgesamt wirkt die Steuerung gut gelöst und das Gleichgewicht stimmt, so dass man nicht Gefahr läuft in wilden Kämpfen einen Krampf in der Hand zu bekommen. Die Bewegungserkennung funktioniert darüber hinaus problemlos, Frustmomente aufgrund nicht erkannter Bewegungen kommen quasi nie auf.
Die weiteren Buttons so wie das Steuerkreuz dienen dem Wechsel der Waffen, Aufheben von Gegenständen und dem Öffnen des Pausenmenüs.
Grafik und Sound
Wie eingangs bereits erwähnt fällt die Analogie zur Colorkey-Technik von „Sin City“ sofort auf, denn das gesamte Setting ist in einem schwarz-weiß Comiclook gehalten und lediglich die Unmengen an Blut sorgen für etwas farbliche Abwechslung. Was soll man sagen? MadWorld sieht fantastisch aus und setzt in Sachen Präsentation und Style Maßstäbe auf der Wii und kaschiert damit die technischen Defizite der Konsole perfekt. Hoch aufgelöste Texturen sucht man so vergeblich, vermisst sie aber auch in keinster Weise. Das Leveldesign bietet von Industrieanlagen über Chinatown bis hin zu einer mittelalterlich angehauchten Burg voller Zombies so ziemlich alles, was das Herz begehrt. Darüberhinaus bieten die Levels weit mehr Interaktivität und Variabilität als zunächst angenommen. Selbst auf einem großen Fernseher sieht MadWorld immer noch gut aus und auch das sonst so typische Kantenflimmern hält sich stark in Grenzen. In Punkto Animation und Design der Charaktere bleiben ebenfalls keine Wünsche offen denn sowohl Jack als auch eure Gegner sind derart skurril überzeichnet wie es sein muss und wurden sauber und flüssig in Bewegung gesetzt.
Einzig die Kamera bietet in manchen Situationen Grund zur Kritik da der Ausschnitt teilweise unglücklich gewählt wird. Ein kurzer Druck auf den C-Knopf justiert die Ansicht aber wieder hinter unserem Protagonisten und es kann weiter gehen.
Kommen wir also zum Sound, einem Punkt der mir bei allen Videos vor Release die meisten Kopfschmerzen bereitet hat, denn wider Erwarten setzt man hier nicht auf harte Gitarrenriffs und Metalklänge sondern auf schnelle HipHop- und Crossover-Beats, was mich ein bisschen an den Prügler DefJam erinnert. Und ich muss zugeben, obwohl ich kein großer HipHop-Fan bin, überzeugt der Soundtrack auf ganzer Linie. Das schnelle, actiongeladene Gameplay bekommt mit Künstlern wie Ox, Sick YG oder Doujah Raze den Soundtrack spendiert, den es benötigt ohne auf die Nerven zu gehen. Kein Einspruch, euer Ehren. Das I-Tüpfelchen bilden dann noch die beiden englischsprachigen TV-Kommentatoren die mit ihrem tief schwarzen Humor die Kämpfe treffend und höchst unterhaltsam kommentieren. Lediglich das sich schnell wiederholende Gedudel im Menü könnte man beanstanden, wenn man denn unbedingt möchte.
Fazit
Erst steck ich dich in einen Reifen, dann ramme ich dir ein Schild in den Kopf und dann ab in den Fleischwolf mit dir! Wer bei diesen Worten nicht zumindest ein kleines Lächeln auf den Lippen hat, sollte vielleicht besser die Finger von MadWorld lassen. Das Spiel ist brutal, keine Frage, doch es sollte als provokatives Kunstwerk angesehen werden. Der herausragende Style, das schnelle und fesselnde Gameplay so wie ein toller Soundtrack bieten zweifelsohne den Rahmen für einen echten Hit. Auch wenn die Spieldauer mit knapp sechs Stunden etwas kurz geraten ist und der Multiplayer-Modus noch etwas Feinschliff vertragen könnte, ziehe ich meinen Hut vor dem Mut der Entwickler solch ein Stück Software auf die Wii zu bringen. Da bleibt mir nur eins zu sagen: Kaufen!
Schreibe einen Kommentar