Testbericht: Little King’s Story
In der Regel müssen Europäer immer am längsten auf die Veröffentlichung eines Videospiels warten. Zuerst werden meist die Gamer in Japan bedient, danach unsere amerikanischen Kollegen jenseits des großen Teichs und mit gehörigem Abstand darf man dann auch in der alten Welt Hand an einen neuen Titel legen. Dass es auch anders geht, beweist Rising Star Games mit „Little King’s Story“, welches zuerst seinen Weg nach Europa gefunden hat, in den USA für den Juni angekündigt ist und in Japan noch nicht einmal einen konkreten Erscheinungstermin hat – und das, wo doch unter anderem die kreativen Köpfe von „Final Fantasy VII“, „Harvest Moon“, „Kingdom Hearts“ sowie der „Dragon Quest“-Reihe hier ihre Finger mit im Spiel hatten. Wir haben jedenfalls das Zepter an uns genommen und verraten euch, wie viel Spaß euer Weg zur Weltherrschaft wirklich macht.
„Wir sind pleite!“
Das ist kurz gesagt die Zusammenfassung, die euch euer Kuhritter Hauser verkündet, nachdem ihr den Thron in eurem Königreich Alpoko erklommen habt. Zwar wartete der tapfere Hauser 35 Jahre lang auf den König, der nun endlich gekommen ist, aber in eurem Reich sieht es schlecht aus. Euer Volk besteht aus einem Dutzend Faulpelzen, die keiner Beschäftigung nachgehen und die Staatskasse ist leer. Aber davon lasst ihr euch natürlich nicht aus der Bahn werfen, sondern besucht als frisch ernannter König eure Untertanen, rekrutiert diese und geht auf die erste Schatzsuche. Bald schon klingelt eure Kasse und die ersten Gebäude dürfen errichtet werden. Spätestens ab diesem Moment ist man Little King’s Story verfallen, sofern man ein Fan von Strategie- und Simulationsgames sowie Adventures ist. Denn das von Cing entwickelte Spiel zieht den Spieler automatisch in seinen Bann und überschüttet ihn mit Aufgaben, die es zu erledigen gilt.
In eurem Schloss, welches im Laufe des Spiels immer größer und prächtiger wird, dürft ihr dabei die grundlegende Verwaltung eures Reiches erledigen. Nachdem ihr ja der König von Alpoko seid, ruft ihr einfach eure Untergebenen her, wenn etwas erledigt werden soll. Kuhritter Hauser beschert euch die in der Petitionskiste eingeworfene Post, die neben Fanbriefen der Untertanen auch allerhand Aufgaben und Missionen erhalten kann, die erledigt werden wollen. Zudem hält er den „Plan des Reiches“ parat, in welchem festgehalten wird, welche neuen Gebäude und Erweiterungen gekauft werden dürfen. Die neuen Gebäude werden dabei zwar an vorgegebenen Orten positioniert, werten aber eure Stadt nicht nur optisch auf, sondern bringen euch auch im Game weiter. Wohnhäuser sorgen für mehr Einwohner, während in speziellen Gebäuden eure Bewohner neue Berufe erlernen dürfen. Ist die Ausbildung zum Bauern oder Knappen noch kostenfrei, so muss in spätere Berufe wie Jäger, Handwerker, Bergmann, etc. auch noch entsprechend investiert werden. Man sollte sich also gut überlegen, welchen Beruf man seine Untertanen erlernen lässt. Die beiden anderen Helfer in eurem Schloss sind die Speicherministerin Verde sowie eure Berater Liam, der euch gerne Auskunft über alle möglichen für das Spiel relevanten Dinge gibt. In eurem Schloss dürft ihr zudem die Nacht verbringen und dadurch eure Kraftreserven wieder regenerieren.
Das ist wichtig wenn ihr mit eurer Leibgarde aufbrechen und die anstehenden Missionen erledigen wollt. Zu Beginn des Spiels rekrutiert ihr eure Untertanen durch die persönliche Ansprache, später dagegen baut ihr euch ein Podest vor eurem Schloss und könnt euer gesamtes Volk mittels praktischen Menüs verwalten. Besteht eure Truppe anfangs aus gerade mal einer Hand voll Leuten, zieht ihr mit steigender Spielzeit eine immer größere Armee im Schlepptau nach euch. Dabei ist es sinnvoll, wenn ihr nicht nur vor Kraft strotzende Knappen mit euch führt, denn diese können sich zwar den umher wuselnden Undingern in eurem Königreich annehmen, aber auch nicht viel mehr. Stoßt ihr beispielsweise auf ein Loch im Boden und wollt den dort versteckten Schatz ausbuddeln, müsst ihr einen Bauern einsetzen. Versperrt ein umgefallener Baumstamm euren Weg, solltet ihr einen Holzfäller in eurer Truppe haben, der sich um das Hindernis kümmern kann. Ein Handwerker dagegen kann an vorgegebenen Stellen Brücken und Treppen bauen und euch somit das Vorankommen sichern. Jäger dagegen nehmen sich mit ihrem begrenzten Vorrat an Pfeilen Gegnern in einiger Entfernung an und können zudem Objekte abwehren, die auf euch geworfen werden. Ihr seht also, dass eure Truppe immer gut ausgewogen sein sollte, denn Undinger wie tote Kühe, Pilze, kleine Teufel, Sonnenblumen, Schnecken und allerlei anderes Gekreuch und Gefleuch kehren spätestens nach dem Verlassen des Bildschirms wieder und lassen sich nicht mit einem reinen Soldatentrupp abmetzeln, nur um später mit einer zweiten Mannschaft noch die Schätze abgreifen zu können.
Eine gewisse Prise Taktik kommt auch im Kampf mit den Undingern selbst zum Tragen. Denn eure Leibgarde wuselt immer brav hinterher euch her und agiert nur auf eure Befehle hin. Ihr müsst sie somit zu ihren Aktionen anweisen, denen sie brav auf Gedeih und Verderb Folge leisten. Sortiert also eure Truppe nach der Berufsklasse und versichert euch, dass ihr keine Kinder in den Kampf schickt, da diese zwar auf Bäume klettern, nichts jedoch gegen die fiesen Undinger ausrichten können. Wird es zu brenzlig, dürft ihr euren Knappen auch den Rückzug befehligen. Vor allem die Bosskämpfe gegen besonders starke Gegner oder die Herrscher der anderen Königreiche gestalten sich dabei als meist minutenlange Scharmützel, in denen ihr erst einmal die Taktik eurer Kontrahenten studiert, um möglichst effektiv eure Truppen zum Einsatz bringen zu können. Zusätzlich könnt ihr eure Mannen noch mit gefundenen Gegenständen ausrüsten, um ihre Effektivität zu verbessern. Vor den großen Schlachten findet ihr in der Regel noch heiße Quellen, bei denen eure Soldaten eventuell verlorene Energie zurückgewinnen und sich erholen können. Doch seid stets vorsichtig im Kampf selbst, denn nicht alle dahingeschiedenen Einheiten eurer Leibgarde finden sich am nächsten Morgen angespült am nächsten Strand wieder. Außerdem kann es vorkommen, dass euch eure Bewohner den Verlust eines Familienmitglieds übel nehmen und euch auf der Straße anschreien oder schwarzen Trauerflor tragen. Der Aspekt des eigenständigen Lebens eurer Untertanen wird dadurch verstärkt, dass jeder Bewohner einen Namen und ein eigenes Leben hat, dem er abseits der Arbeit in eurer Leibwache nachgeht und sich beispielsweise verliebt und auf euer Geheiß hin heiratet und Kinder bekommt.
Wie ihr das Spiel dabei genau angeht, ist euch selbst überlassen. Ab einem bestimmten Punkt kann man zwar relativ linear der Story folgen und sich an das Erobern der anderen Königreiche machen, genauso gut kann man aber auch einfach nur stundenlang auf Schatzsuche gehen und die Nebenmissionen erfüllen, um die Staatskasse aufzubessern und das kleine Reich zu verschönern. Wer möchte, kann auch gerne die 100 versteckten Artworks suchen, die von Fans gezeichnet und in das Spiel als Bonus mit integriert wurden. Diese Freiheit gepaart mit den vielen liebevollen Ideen machen Little King’s Story zu einem absolut süchtig machenden Titel, der euch unzählige Stunden vor die Konsole fesseln wird. Das Spiel sprüht förmlich vor Charme und darf sich bereits jetzt als einer der ungewöhnlichsten, innovativsten und fesselndsten Titel auf Nintendos Bewegungskonsole bezeichnen lassen.
Ich gebe hier die Befehle!
Bei der Steuerung hat man kaum Experimente gemacht. Der Analogstick des Nunchuks bewegt euren kleinen König, mit dem A-Button erteilt ihr Befehle und ruft mit dem B-Knopf eure Truppen wieder zurück. Z lässt euch eine virtuelle Hilfslinie einblenden um euer Ziel besser anvisieren zu können und mit dem C-Button dürft ihr selbst das Zepter schwingen und in den Kampf mit eingreifen. Über die Minus- und Plus-Buttons gelangt ihr in ein kleines Ringmenü, wo sich eine Übersicht über die Karte, die aktuellen Aufgaben sowie eure Truppe aufrufen lässt. Der 1-Knopf löst eure Leibgarde auf und lässt sie zum normalen Alltag zurückkehren, während der 2-Knopf euch aus dem Kampf direkt in euer Schloss zurück teleportiert. Wichtig ist noch das Steuerkreuz der Wiimote. Links und rechts lässt sich hierbei die Kamera drehen, ein Druck nach oben ändert die Formation eurer Truppe (sofern ihr diese bereits freigeschaltet habt) und mit einem Druck nach unten ändert sich die Sortierreihenfolge der Mitstreiter in eurer Leibgarde.
An sich ist die Steuerung somit relativ simpel umgesetzt und geht schnell in Fleisch und Blut über. Dass im Vergleich zu Pikmin auf die Pointerfunktion verzichtet wird, kann man verkraften. Ein einmal anvisierter Feind wird ohnehin „eingeloggt“ und verfolgt, so dass ihr eure Truppen nur selten mal in die Leere schickt. Man braucht anfangs noch etwas Zeit, um sich mit der Sortierung der Truppen zurecht zu finden. Daran gewöhnt man sich aber auch schnell und schickt dann stets die passenden Truppenteile zu den gewünschten Aktionen los. Dennoch soll nicht verschwiegen werden, dass vor allem bei Bosskämpfen mitunter viel Buttondrücken notwendig ist, um die gewünschten Aktionen auszuführen. Ein wenig muss auch die KI eurer Truppen kritisiert werden. Ist man in den teils etwas engen Gassen und Schluchten des Königreiches unterwegs, geht teils die Übersicht flöten. Hinzu kommt noch, dass vor allem bei Treppen ein Teil eurer Leibgarde gerne an den Seiten der Stufen hängen bleibt und euch nicht mehr direkt folgt. Hier muss man mit einigen Tricks arbeiten und entweder die Formation der Schlangenlinie verwenden oder die Truppen erst einmal nach vorne schicken, bevor man selbst die Treppe betritt. Dies ist zwar nur eine Kleinigkeit, soll der Vollständigkeit halber aber auch nicht verschwiegen werden.
Im Traumland
Rein optisch gesehen hat man sich bei Little King’s Story ziemlich ins Zeug gelegt. Der an sich knuffige Stil des Spiels mag zwar auf den ersten Blick nur eine jüngere Zielgruppe ansprechen, doch bietet das Game auch dem erfahrenen Zocker einiges an Highlights. Die gesamte Welt ist in sich stimmig präsentiert und voller liebevoller Details versehen, an denen sich das Auge erfreuen darf. Schmetterlinge fliegen über die Wiesen, die Bäume wiegen sich im Wind und rauschen mit ihren Blättern, die gesamte Spielwelt wirkt lebendig und wie aus einem Guss. Euer König samt Leibgarde wuselt sympathisch über den Screen und nur in engen Schluchten kann die Übersicht etwas unter der Action auf dem Bildschirm leiden. Die Zwischensequenzen in Little King’s Story werden in hübsch animierten Videos im Wachsmalkreidenstil wiedergegeben, wie man sie in ähnlicher Form von Super Mario World 2: Yoshi’s Island kennt. Durch diese sehr eigenen Stilelemente wird der Titel schnell unverwechselbar und erhält seinen besonderen Charme. Hinzu kommt die komplett deutsche Übersetzung, die mit teils witzigen Dialogen aufwarten kann und ebenfalls einen guten Eindruck hinterlassen hat. Witzig ist dabei, dass die unterschiedlichen Berufsgruppen in eurem Königreich teils verschiedene Dialekte haben und ihr es so unter anderem mit Schwaben und Bayern zu tun bekommt. Harsche Kritik muss sich Rising Star Games dagegen gefallen lassen, da man weder an eine Unterstützung des 60 Hz- noch des 480p-Modus gedacht hat. Auf Röhrenfernsehern wird man kaum einen Unterschied bemerken, aber auf großen LCD-Bildschirmen wirkt die Grafik deutlich verwaschener, als es in der heutigen Zeit hätte sein müssen.
Beim Sound wird man in den ersten Minuten förmlich dahin schmelzen. Klassische Klänge aus der Feder von Tschaikowski oder Mozart verwöhnen das Ohr und passen zum royalen Ambiente des Titels. Die Soundeffekte sind gut gelungen und passen zum Geschehen. Dass man sich für verschiedenen Einwohner eures Reiches eine Fantasiesprache erdacht hat und somit unverständliches Gebrabbel die nachzulesenden Dialoge begleitet, ist an sich in Ordnung. Einzelne Worte wie „King“ sind dabei immer wieder hörbar und es scheint auch so, als wäre die Sprachausgabe teils an europäische Sprache wie Spanisch, Französisch, Englisch oder auch Deutsch angelehnt worden – ein netter Einfall, der wiederum deutlich für die Lokalisierungsarbeit von Rising Star Games spricht. Schade ist allerdings, dass selbst wichtigen Charakteren wie eurem Kuhritter Hauser nur ein Satz für alle Standardsituationen spendiert wurde, so dass sein Kauderwelsch bald etwas nervig werden kann. Das gilt auch für das quietschende Laufgeräusch eurer Schuhe, was in den ersten Minuten noch putzig wirkt, euch bald aber den letzten Nerv rauben kann. Doch auch hier sei wieder gesagt, dass dies nur Kritik im Detail ist und der Gesamteindruck absolut überzeugend ist.
Fazit
Sollte es jemals zu einem Nachfolger kommen, müssten für Little King’s Story 2 eigentlich nur Verbesserungen im Detail gemacht werden. Denn abgesehen von ein paar Kleinigkeiten präsentiert uns Cing hier einen absoluten Geheimtipp, der nicht nur durch seine saubere Spielbarkeit überzeugt, sondern auch durch seine vielen tollen Ideen sowie das ungewöhnliche und zugleich fesselnde Gameplay. Ich bin der König in einem Traumland aus Wachsmalkreide, ich plätte mit meiner Leibgarde alle Undinger dieser Welt, sorge für meine Bürger und reiße die Weltherrschaft an mich. Und ihr geht alle sofort Little King’s Story kaufen. Jetzt!
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