Testbericht: Jagdfieber
In den letzten Jahren wird man in den Kinos von Animationsfilmen nur so überschwemmt. Auffällig ist dabei, dass sich die Thematiken oftmals wiederholen und den Studios scheinbar die Ideen ausgehen. Nach „Findet Nemo“ gab es „Große Haie, kleine Fische“ zu sehen, auf „Madagascar“ folgte ein ziemlich gefloppter Disney-Streifen mit derselben Thematik und nach „Über die Hecke“ kam mit „Jagdfieber“ im letzten Jahr bereits wieder ein Streifen mit ähnlich flauschigen Charakteren in die Lichtspielhäuser der Nation. Da es mittlerweile auch zur Tradition geworden ist, dass jeder Animationsfilm die passende Videospielumsetzung erhält, sind auch hier jede Menge Schnellschüsse zu befürchten. Inwieweit Ubisofts Umsetzung zu „Jagdfieber“ auch dazu gehört, haben wir für euch nach einem Ausflug in die virtuellen Wälder selbst herausgefunden.
Die Jagdsaison ist eröffnet!
Jagdfieber ist sicherlich als eine typische Filmumsetzung zu bezeichnen und macht daraus auch gar keinen Hehl. Das Game richtet sich in erster Linie an die jüngeren Spieler und möchte ihnen ermöglichen, den Animationsfilm daheim auf der Konsole nachzuspielen. Man schlüpft deswegen in die Rolle der beiden Protagonisten Boog und Elliot. Der zahme Grizzly Boog hätte dabei eigentlich ein so schönes und vor allem gemütliches Leben bei der Wildhüterin Beth in der Garage führen können, wo er sein Zuhause hat. Doch als der tollpatschige Hirsch Elliot seinen Weg kreuzt, führt eine Verkettung unglücklicher Umstände dazu, dass sich die beiden mitten in der Wildnis wiederfinden. Doch damit nicht genug, Boog hat den Zorn des fiesen Jägers Shaw auf sich gezogen und da gerade die Jagdsaison eröffnet wurde, sind der Hirsch und Bär mehr oder weniger zum Abschuss freigegeben. Zusammen mit Elliot auf sich allein gestellt muss Boog nun also nicht nur einen Weg zurück in seine Heimat Timberline finden, sondern auch nach und nach seine Wildinstinkte wiedererlangen und den wütenden Jägern entgehen. Das Abenteuer kann also beginnen!
An dieser Stelle steigt der Spieler richtig in das Geschehen ein, nachdem man in den ersten Missionen bereits grundlegende Infos zur Steuerung vermittelt bekommen hat. Doch erst wenn sich Boog und Elliot mitten im Wald wiederfinden, legt das Game richtig los. In der freien Wildbahn gilt es nun insgesamt 25 Level zu absolvieren und nach und nach der alten Heimat immer wieder ein Stückchen näher zu kommen. Wer den Film gesehen hat wird sich daran erfreuen, dass entscheidende Momente aus dem Streifen auch in das Videospiel übernommen wurden. Dazwischen wurden die Levels aber immer wieder mit anderen Aufgaben gestreckt, denn euer Grizzlybär lernt erst nach und nach sich in der Wildnis zurecht zu finden. Er muss sich durch das Erledigen diverser Aufgaben zudem mit den Tieren des Waldes anfreunden, damit diese ihm später behilflich sein können. Die Stinktiere möchten beispielsweise ihre Kinder wieder zusammengesammelt haben und anschließend noch ein paar Würmer serviert bekommen, während den Bibern die Brotzeit geklaut wurde und ihr diese wiederfinden müsst. Mit der Zeit lernt man so nicht nur seinen Geruchssinn einzusetzen um Kraft spendende Beerensträucher zu finden, sondern ebenso das Schwimmen oder das Niederrennen der Jäger. Zuvor muss nämlich bei einer Begegnung mit den schießwütigen Gesellen vorsichtig umgegangen werden. Wer sich nicht langsam an diese heranschleicht, wird frühzeitig entdeckt und bekommt eine Ladung Schrot in den Pelz gebraten. Nur wer nah genug an die Jäger herankommt oder diese überrascht, kann zum großen Gebrüll ansetzen und die Schützen verscheuchen.
Sobald ihr euch mit einigen Tieren angefreundet habt, könnt ihr aber auch auf deren Unterstützung zählen. Die Stinktiere lassen sich beispielsweise nicht nur direkt auf die Jäger werfen, sondern dienen auch als nettes Geschenk für jeden Kamin, um die Jägerbrut aus ihren Hütten auszuräuchern. Eichhörnchen dagegen können auf den Bäumen als Geschütztürme eingesetzt werden und werfen von dort aus mit Nüssen, Hasen lassen sich dagegen wie mit einer Schleuder abfeuern und krallen sich den Jägern bei einem Treffer ins Gesicht. Aufgelockert werden die herkömmlichen Levels dabei zum einen durch Actioneinlagen, bei denen man beispielsweise eine Schneekugel den Berg herunterrollen oder eine Draisine in einer wilden Achterbahnfahrt durch eine Mine manövrieren muss. Zum anderen darf der Spieler in speziellen Abschnitten auch die Kontrolle von Elliot übernehmen. Da sich der kleine Hirsch nicht mit einem mächtigen Brüllen gegen die Jäger wehren kann, muss man hier deutlich geschickter vorgehen und die Fieslinge durch Provokationen an- und dann in eine Bärenfalle oder ein knisterndes Lagerfeuer hineinlocken. An einer Stelle müsst ihr auch ein Wettrennen gegen den stolzen Platzhirsch Ian absolvieren und natürlich als erster die Ziellinie überschreiten. Steckt ihr generell Treffer ein, egal ob in der Gestalt von Elliot oder Boog, reduziert sich natürlich eure Kraftleiste. Allerdings merkt man, dass das Game auf eine jüngere Zielgruppe zugeschnitten wurde. Geht Boog die Kraft aus, darf man ihn durch das schnelle Drücken des A-Buttons aus seinem Taumel wieder erwecken, denn der Held unserer Geschichte stirbt natürlich nicht oder verliert ein Leben. Auch Elliot wird nach dem Verlust aller Kraftpunkt zwar von den Jägern ergriffen, man startet aber sofort wieder am Anfang des Levels.
Insofern ist es nicht sonderlich schwierig den Abspann von Jagdfieber über den Bildschirm flackern zu sehen. Geübte Spieler sollten damit nicht einmal fünf Stunden lang beschäftigt sein, die jüngeren Semester brauchen sicherlich auch nicht wesentlich länger. Die Spielzeit hängt auch zum großen Teil davon ab, ob man sich in den Levels auf die Suche nach den sammelbaren Wappen begibt und diese alle einkassieren möchte. Diese sind zwar nicht schwer versteckt, aber dennoch nicht immer beim ersten Durchspielen eines Levels zu bekommen. Alle Abschnitte lassen sich aber glücklicherweise noch einmal einzeln anwählen, so dass Komplettisten hier auf ihre Kosten kommen. Die dadurch und durch das Erledigen der Aufgaben gesammelten Punkte können schließlich dazu benutzt werden um Boogs Wildnistaktiken freizuschalten. Hierzu gehören neben stärkeren Würfen auch eine größere Energieleiste und ein stärkeres Brüllen. Was sich anfangs noch interessant anhören mag, wurde aber leider im Spiel selbst nur unzureichend umgesetzt. Auch ohne großes Geschick hat man bald schon genug Punkte zusammen um sich alle Erweiterungen zu kaufen. Wirklich sinnvoll einsetzen lassen sie sich aber aufgrund des ohnehin geringen Schwierigkeitsgrades kaum. Die letzte Erweiterung, ein besonders starkes Brüllen, steht zudem erst nach einem ersten Aufeinandertreffen mit Shaw zur Verfügung und entuppt sich als relativ sinnfrei. Immerhin ermöglichen alle gesammelten Wappen später einen Blick in Beths Waldlexikon. Hier lernen vor allem die Kleinsten noch etwas über die einzelnen Tiere im Wald. Inwiefern das aber wirklich als Motivation dient um alle Wappen auch zu sammeln, sei einmal dahin gestellt. Zusätzlich dazu lassen sich im Laufe des Games insgesamt sieben Minispiele freispielen, die man entweder alleine oder im Marathon auswählen kann. Doch auch diese sind nicht mehr als eine kleine Dreingabe, reichen doch die Aufgaben vom Blumen sammeln über das Versenken von Hasen in Löchern bis hin zum trivialen Wald-Memory. Auch wenn diese mit mehreren Spielern angetestet werden dürfen, so ist deren Spielspaß in der Regel bereits nach wenigen Minuten erschöpft.
Zielen und… Feuer!
Man merkt Jagdfieber an, dass es für alle Konsolen entwickelt und später nur auf die Wii portiert wurde, vor allem in Sachen Steuerung. Man bewegt seine Figuren mit dem Analogstick des Nunchuks durch die Wälder und führt mit dem A-Button die Aktionen (Springen im Falle von Elliot, diverse Aktionen im Falle von Boog) aus, doch die Motion-Elemente der Wii-Steuerung wirken allesamt aufgesetzt. Für ein schnelleres Laufen hilft es übrigens den Z-Button gedrückt zu halten. Durch ein Schwingen der Wii-Mote werden Gegenstände und tierische Gefährten aufgenommen, ein weiteres Schwingen lässt Boog sie wieder werfen. Wer gepackte Tiere gezielter werfen will, kann mit dem B-Button eine Zielvorrichtung aktivieren, welche dann die Pointerfunktion der Wii unterstützt. Diese wurde im Game selbst aber so dermaßen ungenau integriert, dass das Zielen hier eher zur Glückssache wird. Etwas besser funktioniert das Zielen sobald man einen gepackten Hasen abfeuern will, aber auch hier reagiert die Steuerung insgesamt zu träge, so dass euch die Jäger oft schon angeschossen haben und ihr den Hasen aus den Händen verliert, noch bevor ihr selbst das Feuer eröffnen könnt.
Die sehr spartanisch und teils hakelige Kamera darf mit dem digitalen Steuerkreuz nachjustiert werden, was öfter vorkommen wird als euch lieb ist. Aber immerhin funktioniert das Nachjustieren ohne Bestandungen. Die ebenfalls ermöglichte Ego-Perspektive werdet ihr dagegen im Spiel selbst kaum brauchen, da diese ohnehin nur zum Umschauen dient. Die bewegungssensitive Wii-Steuerung kommt auch in den drei actionreichen Levels zum Tragen, in denen man z.B. den herab rollenden Schneeball nur durch das Neigen der quer gehaltenen Remote steuert. Hier reagiert das Game aber leider viel zu sensibel und gäbe es nicht einige Rücksetzpunkte, wäre der Frustfaktor in diesen Abschnitten deutlich höher anzusetzen. Mehr muss man über die Steuerung des Titels nicht wissen. Einzig erwähnt werden soll noch, dass die Dialoge und Zwischensequenzen in der Regel aus Boogs Perspektive verfolgt werden und ihr somit mit einem kleinen Fadenkreuz die Protagonisten selbst beobachten und den Kamerawinkel ein wenig verändern könnt. Eine nette Spielerei ist dabei, dass ab und an Fragen mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden müssen. Dies geschieht durch ein entsprechendes „Nicken“ oder „Kopf schütteln“ mit der Wii-Mote. Insgesamt hätte aber die Steuerung viel griffiger und intuitiver umgesetzt werden können, was vor allem bei Elliots schwammigen Sprüngen negativ auffällt.
Wald, Wald und nochmals Wald
Auch wenn im Falle von Jagdfieber die Xbox360 die Leadplattform für die Entwickler gewesen ist, so merkt man im Falle der Wii-Version eigentlich nichts davon. Das kommt daher, dass von der 360er-Version alle anderen Versionen heruntergerechnet wurden, inklusive der Gamecube-Fassung. Als zum Launch der Wii Ubisoft nun die Veröffentlichung von Jagdfieber plante, nahm man sich nicht etwa die Version für Microsofts Konsole zum Vorbild und passte diese an die Wii an, sondern portiert schlicht und ergreifend die technisch deutliche schwächere Gamecube-Fassung auf Nintendos weiße Kiste. Dies macht sich optisch leider zu jedem Zeitpunkt des Games bemerkbar, da der Titel die Fähigkeiten der Wii zu keiner Sekunde ausnutzt. Die Texturen wirken allesamt billig und grob, die Areale in den einzelnen Levels wurden sehr lieblos und ohne viele Details gestaltet. Wirkt ein Abschnitt mal etwas weitläufiger, finden sich garantiert unsichtbare Wände, kleine Erhebungen, Bäume, etc., die ein freies Erkunden unmöglich machen und die vorgegebenen Wege sehr begrenzen. Einzig die Animationen der beiden Haupthelden ist ansatzweise positiv zu erwähnen, doch auch hier hat man sich kein Bein ausgerissen. Das gilt auch für alle anderen Charaktere, die teils sehr schwach animiert wurden. Hier wäre deutlich mehr möglich gewesen, sofern man sich etwas mehr Mühe gegeben hätte. Warum schließlich sogar der Abspann nicht als CGI-Film abläuft sondern nur in schnell aneinander gereihten Standbildern, ist mir ebenfalls ein Rätsel.
Etwas besser sieht es zumindest in Sachen Sound aus. Die Musikstücke werden zwar in erster Linie im Hauptmenü und während den Zwischensequenzen gespielt, sind aber durch ihren Mix aus Rock- und Countryklängen recht gelungen. Im Spiel selbst gibt es dann allerdings nur kurzzeitig eine treibende Melodie, sobald ihr von einem Jäger entdeckt wurdet. Ein Highlight ist dagegen die Sprachausgabe. Das Game wurde komplett eingedeutscht, was es auch für die jüngeren Spieler spielbar macht. Teils sind die Sprüche der Protagonisten sogar recht witzig und sorgen für den ein oder anderen Schmunzler. Besonders gelungen sind dabei die Kommentare der Stinktierdamen, die im derben Berliner Dialekt schon mal ein „Guten Freunden gibt man ein Düftchen… oder zwei!“ sowie ein „Zum Glück gab es gestern Bohnen!“ vom Stapel lassen. Die Soundeffekte selbst beschränken sich dann dagegen wieder auf die üblichen Klischees und können nicht sonderlich herausragen.
Fazit
Jagdfieber als Launchtitel zum Vollpreis zu veröffentlichen ist eigentlich eine ziemliche Frechheit gewesen von Ubisoft, da man sich mit der Portierung kaum Mühe gegeben hat und man dies dem Game auch ansieht. Nachdem das Spiel mittlerweile oftmals günstiger zu bekommen ist, wird es zumindest für jüngere Spieler ansatzweise interessant. Dennoch ist Jagdfieber eine der schlechteren, da einfach liebloseren, Filmumsetzungen und nutzt auch die Wii-Steuerung nicht wirklich überzeugend aus. Aufgrund des geringen Umfangs sollte man sich den Kauf gut überlegen und vielleicht ein Probespiel wagen, denn nur absolute Fans des Kinostreifens dürften hiermit wunschlos glücklich werden.
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