Testbericht: Indiana Jones und der Stab der Könige
Oh yeah Baby, Indiana Jones ist zurück auf der Wii, und statt sich mit LEGO-Männchen ins Abenteuer zu stürzen hat sich LucasArts an ein realistischeres Setting gewagt. Wir haben mit Indy die Welt bereist und die bösen Nazis besiegt. Hier lest ihr, ob uns das Spiel überzeugen konnte …
Pack die Peitsche ein mein Freund
Oh, was habe ich als Kind die ersten drei Indy-Filme geliebt und auch heute noch schaue ich mir selbst die 138. Wiederholung auf Kabel1 gerne an. Der coolste Archäologe der Welt hat es mir einfach angetan und zusammen mit seinem Vater bildet er das wohl beste Vater-Sohn-Gespann der Filmgeschichte. Umso mehr habe ich mich gefreut, als LucasArts für dieses Jahr den ersten Indiana Jones Auftritt auf der Wii angekündigt hat der sich nicht im LEGO Universum abspielt. In Indiana Jones und der Stab der Könige schlüpft ihr in die Rolle des Titelhelden und begebt euch auf die Suche nach dem namensgebenden Stab der Könige mit dem Moses einst das Meer geteilt hat. Das ein solches Artefakt natürlich Begehrlichkeit weckt und neben euch auch die Nazis ¬− eine Indiana Jones-Story ohne Nazis ist keine Indiana Jones-Story − auf der Suche danach sind versteht sich von selbst. Warum ihr aber eigentlich nach dem Stab sucht, vom archäologischen Interesse einmal abgesehen, oder wer euer Auftraggeber ist wird nicht näher erklärt und es offenbart sich hier eine der größten Schwächen des Titels, denn die Storyline ist äußerst dünn. So wandert ihr vom Sudan über San Francisco bis nach Nepal ohne so genau zu wissen warum ihr es eigentlich tut. Zum linearen Spielverlauf des Adventures passt das zwar, lässt aber echte Indiana Jones-Fans unbefriedigt zurück.
Habe ich eigentlich schon erzählt, dass ich Indy liebe? Ja? Habe ich…? Verdammt…
Im Endeffekt teilt sich das Spiel in vier verschiedene Gameplayelemente. Da wären einmal die Rätsel, welche mehr oder weniger gut in Tempelanlagen und unterirdische Gruften integriert wurden, oft aber leider etwas unlogisch daher kommen und selbst gegen Ende des Spiels noch viel zu einfach sind. Das Herumwandern in den Leveln wird immer wieder von Schieß- und Prügeleinlagen unterbrochen, die ebenfalls wenig fordernd wären, wenn einen die Steuerung nicht permanent im Stich lassen würde. Das Zielen per Pointerfunktion funktioniert dabei noch relativ gut, während die Kampfsteuerung, welche ausschließlich über die Bewegungserkennung realisiert wurde, den Spieler regelmäßig in den Pixeltod stürzt. Wenn man sich allerdings die Zeit nimmt die Steuerung genauer zu studieren und dabei genügend Zen mitbringt um auch nach dem wiederholten Ableben nicht die Wiimote an die Wand zu klatschen, kann vor allem den Prügeleinlagen doch so etwas wie Spaß entlocken. Trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack, da beispielsweise EA schon vor zwei Jahren gezeigt hat wie eine einwandfreie Prügelsteuerung auf der Wii aussehen kann.
Zwischen den Leveln gibt es auch die auf der Wii unvermeidlichen Geschicklichkeitsspiele wie Flugzeug fliegen, Lastenkran manövrieren oder Floßfahrten, gerne auch kombiniert mit den bereits erwähnten Schießübungen. Auch hier reagiert die Bewegungssteuerung leider nicht immer so wie man es sich wünschen würde, allerdings sind die gestellten Aufgaben meist einfach genug, um sie nach wenigen Versuchen dann doch zu bewerkstelligen.
Wer den Singleplaymodus erfolgreich hinter sich gelassen hat, darf dann im Multiplayer noch mit einem Freund in acht kurzen Leveln sein Glück versuchen, oder sich in Kampfarenen gegenseitig ordentlich eins auf die Mütze geben. Beide Modi leiden allerdings wieder unter der miserablen Steuerung und bieten deshalb nur frustresistenten Spielern einen überschaubaren Unterhaltungswert. Das einzig wirklich Gute daran ist, das der zweite Spieler in die Rolle von Henry Jones schlüpft. Habe ich eigentlich schon… ach vergesst es!
Das beste Extra bildet aber zweifelsohne die Integration des Point’n Click Adventures Fate of Atlantis aus dem Jahre 1992. Zwar ist das Spiel etwas in die Jahre gekommen, aber ein Klassiker bleibt ein Klassiker und dieses Spiel gehört zu meinen „All-Time-Favorites“. Dass es dabei das Hauptspiel in Sachen Gameplay, Charme und Wortwitz ganz schön alt aussehen lässt ist bezeichnend für die Qualität des Hauptspiels.
Trotzdem fällt der Umfang unter dem Strich eher mager aus. Nach rund sieben Stunden hat man den Storymodus erfolgreich hinter sich gelassen und für ein weiteres Durchzocken fehlt der Anreiz. Selbst das Sammeln der Artefakte zu dem in jedem Ladescreen aufgefordert wird, wirkt kaum motivierend und die Suche nach guten Sidequests oder alternativen Lösungswegen ist vergebens. Auch auf einen echten Koop-Modus oder weitere Charaktere wurde hier leider verzichtet.
Aua, mein Handgelenk…
Wie bereits angesprochen leidet das Spiel unter einer schlecht umgesetzten Bewegungssteuerung, die vor allem in den Kampfszenen oft unerwünschte Aktionen hervorruft oder den Dienst gleich ganz versagt. Hier wäre LucasArts gut beraten gewesen die einfachen Schläge auf die verfügbaren Tasten zu verteilen und nur Spezialschläge wie Uppercuts per Bewegung der Wiimote auszulösen. Denn so fuchtelt man oft nur wild in der Luft herum, statt gezielte Bewegungen nach oben, unten oder rechts auszuführen. Wer The Godfather gespielt hat, weiß wie eine gute Prügelsteuerung aussehen muss. Diesem Vorbild haben auch die Entwickler von Indiana Jones nachgeeifert, leider haben sie das Ziel aber weit verfehlt. Es mangelt nicht an interessanten Ansätzen, so kann man beispielsweise mit der Peitsche Gegner entwaffnen oder heranziehen, auch ist es möglich mit diversen Gegenständen auf die Bösewichte einprügeln, meist artet ein Kampf aber letzten Endes doch in wildes Gefuchtel aus.
Die restliche Steuerung präsentiert sich größtenteils klassisch und funktioniert ordentlich. Laufen mit dem Analogstick, Aktionen mit dem A-Knopf und Peitsche schwingen durch Drücken des B-Knopfes und einem Schwung mit der Wiimote. Letzteres hört sich leider intuitiver an als es am Ende wirklich ist und sorgt in Kombinationen mit den Kampfeinsätzen, so wie „Schüttel mich so schnell du kannst“-Quicktime Events, zu amtlichen Handgelenksschmerzen.
Grafik und Sound
Indiana Jones und der Stab der Könige ist zeitgleich auch für die PS2 erschienen und so sieht das Spiel auch leider wieder mal aus. Zwar können die Animationen der Figuren überzeugen und die Zwischensequenzen sind okay, mehr aber leider auch nicht. Wenigstens das Level design ist zwar sehr linear aber dennoch ganz ordentlich gelungen, allerdings wissen wir inzwischen, dass die Wii in Sachen Details und Texturen deutlich mehr auf dem Kasten hat. Hier wurde aus Gründen der Kompatibilität leider darauf verzichtet ein technisch zeitgemäßes Produkt zu kreieren, dem gemeinen Wii-Spieler ist die Optik ja anscheinend egal… schade!
Auch im Bezug auf den Sound kann das Spiel nicht wirklich überzeugen, zwar ertönt im Startbildschirm die Indiana Jones-Titelmelodie, allerdings auch nur da und danach nie wieder. Ich erinnere mich da an die Filme als in jeder zweiten Szene eine anders instrumentierte Version des Stücks kam und ja, ich liebe diese Musik. Zwar passen auch die restlichen Stücke ganz gut zum Geschehen, doch manchmal bleibt es auch völlig ruhig während des Spiels und lediglich Indys gefühlte drei Sprachsamples durchbrechen die Stille. Dazu kommt ein nicht wirklich gelungener Sprecher-Cast und eine unterirdische Lokalisierung.
Mein liebster Übersetzungsfehler sei hier kurz erwähnt: „Cut it“, in diesem Zusammenhang sinngemäß mit „Hör‘ auf“ zu übersetzen, wurde zu „Schneid‘ es aus“. Herrlich sinnfrei…
Fazit
Indiana Jones ist voller Action, mystischer Rätsel und genialem Wortwitz – leider gilt das nur für die Filme von Starregisseur Steven Spielberg. Beim Wii-Spiel Indiana Jones und der Stab der Könige stimmt leider nicht allzu viel davon. Zwar sieht das Spiel auf der Wii ganz ordentlich aus, jedoch machen die schwache Story, die unlogischen Rätsel und die verkorkste Steuerung das Ganze wieder zunichte. Da zieht nicht mal mehr der Indy-Bonus. Schade drum…
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