Testbericht: Hot Wheels: Beat That!
Excite Truck ist schon tausendmal durchgespielt? Mario Kart kommt erst in ferner Zukunft, und der Rest ist kaum erwähnenswert? Was ihr dringend sucht, ist ein guter Funracer? Alles klar – Bitte weitergehen Leute, hier gibt es nichts Interessantes zu sehen.
Vom Spielzimmerboden in die Konsole
Aha, immer noch da! Dann haben die kleinen Spielzeugautos euer Interesse geweckt. Nach THQ und Midway versucht sich nun auch Activision mit einem Multiplattformracer an den beliebten Plastikboliden, die seit Jahrzehnten durch die Spielzimmer düsen.
Tatsächlich stößt der Publisher damit in eine Marktlücke, denn das Genre der Rennspiele führt auf Wii bisher ein Schattendasein. Need for Speed, Excite Truck und ein paar mäßige Starttitel – viel mehr ist nicht vorhanden.
Ob es für einen guten Funracer aber der Hot Wheels-Lizenz bedurft hätte, sei mal dahin gestellt. Die Vergangenheit hat bereits mehrfach gezeigt, dass sich die Spielzeugautos, die 1968 vom Hersteller Mattel auf dem Markt eingeführt wurden, nur bedingt für Videospiele eignen. Denn während sich einige wenige Titel, etwa Hot Wheels: Stunt Track Challenge noch halbwegs passabel spielten, erwiesen sich die meisten Versoftungen der Miniflitzer doch eher als … bescheiden.
Beat That! tritt in sofern kein gutes Erbe an, und schafft es überdies noch seinen Namen zum Programm zu machen. Was damit gemeint ist? Lest selbst …
Von der Konsole wieder zurück in die Hülle
Gehen wir kurz auf die Fakten ein. Was braucht ein guter Funracer? Eine abwechslungsreiche Präsentation, gut designte, abgefahrene Strecken, eine simple Steuerung, coole Waffen und einen spaßigen Multiplayer.
Doch unter all diesen Gesichtspunkten hat Hot Wheels: Beat That! leider nicht viel zu bieten. Es sind insgesamt nur vier verschiedene Settings spielbar, deren Strecken sich sehr ähneln.
Nach dem Spielstart und einem zunächst ganz ordentlichen Renderintro, macht sich schon die erste Ernüchterung breit. Von drei wählbaren Schwierigkeitsgraden sind zwei gesperrt – von den vier thematischen Arealen sind drei gesperrt – und von dem einzigen wählbaren Areal sind alle Strecken bis auf eine gesperrt. Hier muss also erstmal Arbeit geleistet werden. Die theoretische Vielfalt überrascht zunächst.
Insgesamt gibt es in jedem der vier Areale, Spielzimmer, Minigolf, Dachboden und Bowlingbahn bis zu vier separate Strecken, die der Reihe nach in drei verschiedenen Modi absolviert werden müssen. Es gibt das simple Schnellrennen, den Modus Eliminierung, bei dem alle 40 Sekunden der letzte Fahrer den Weg alles Irdischen beschreitet und Randale. Bei Letzterem müssen innerhalb eines Zeitlimits so viele Gegner wie möglich beschossen werden.
Zudem gibt es auf jeder Stecke in jedem Spielmodus mehrere Ziele zu erfüllen – etwa einen bestimmten Stunt ausführen, Punkte durch Gegnerbeschuss sammeln oder eine Abkürzung finden. Für erreichte Ziele gibt es zur Belohnung kleine Flammensymbole, mit denen nach und nach weitere Strecken, Areale und Schwierigkeitsgrade freigeschaltet werden. Bessere Autos mit stärkeren Attributen sind ebenfalls freispielbar, jedoch fühlt sich jeder Flitzer nahezu gleich an. Und auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad – ein anderer ist zu Beginn ja nicht verfügbar – düst Ihr selbst mit einem langsamen Auto den Gegnern davon.
Der Spielablauf sieht also vor, dass ihr jede Strecke etliche Male in verschiedenen Modi und auf der Jagd nach unterschiedlichen Zielen absolvieren müsst. Die dadurch freigespielten Fahrzeuge und Strecken erweisen sich aber nicht als sonderlicher Mehrwert. Markante Designideen hätten dem Spiel sicherlich zu mehr Motivation des Spielers verholfen.
Etwas besser sieht es dagegen beim Waffendesign aus und in der Theorie klingt zunächst wieder alles ganz prima. Fahren die Spielzeugautos durch einen gelben Feuerring, gibt es eine zufällige Waffe. Zur Auswahl stehen Raketen, Mörser, Bremsfallschirme, Eissplitter und Ähnliches, mit dem ihr eure Gegner beharken könnt. Der Clou hierbei ist aber die Möglichkeit, eine Waffe zu überladen. Durch häufigen Einsatz der Waffen, Sprünge, saubere Landungen oder gezieltes Fahren im gegnerischen Windschatten, spendiert das Spiel Punkte, mit denen sich die Hot Wheels-Leiste am oberen, rechten Bildschirmrand nach und nach auffüllt. Leuchtet das Logo in seiner vollen Pracht, kann durch einen kurzen Ruck an der Wiimote die aktuelle Waffe überladen werden. Aus drei ungelenkten Raketen, werden drei Gelenkte, der Eissplitter friert Gegner sofort ein und der mächtige Luftangriff fegt nicht mehr nur den Fahrer an erster Position weg, sondern auch alle Gegner auf dem Weg dorthin.
Der Spieler soll also gezielt motiviert werden, gut zu fahren, um seine Waffe zu verbessern. In der Praxis funktioniert das leider nur bedingt, denn erstens sind die Waffen auch im Normalzustand recht brauchbar und zweitens bringen die etwas selteneren blauen Feuerringe euch gleich eine überladene Waffe – ohne das vorherige Procedere.
Habt ihr ein Rennen erfolgreich beendet – was in den meisten Fällen an der Sensorsteuerung scheitern wird – könnt ihr also insgesamt zwölf Strecken freispielen und die Zahl der verfügbaren Autos auf 30 aufstocken.
Ein wirklich motivierender Turnier- oder Karrieremodus fehlt allerdings, ihr absolviert praktisch nur Einzelrennen.
Unter der Haube
Auf technischer Seite führt Hot Wheels: Beat That! seinen mäßigen Kurs leider fort. Multiplattform kann hier kein Argument sein, denn das Spiel wäre selbst auf dem Gamecube höchstens Mittelmaß. Die Autos, die Strecken, die Effekte – alles wirkt bei näherer Betrachtung nicht zeitgemäß, egal ob auf einem normalen Röhrenfernseher oder im progressiven 60 Hertz-Modus eines HDTV-Geräts. Meistens rast ihr zudem über unzählige Regale und komische graue Blöcke, die der Autor dieser Zeilen so in noch keinem Kinderzimmer gefunden hat. Eine Fahrt durch eine Miniaturstadt gibt es zwar auch, optische Abwechslung fehlt aber in der Regel, da zu viele Strecken das selbe Thema benutzen. Dafür kann das Geschwindigkeitsgefühl überzeugen. Obwohl der subjektive Eindruck entsteht, dass das Spiel nicht immer mit konstanten 60 Frames läuft, wirkt das Geschehen angenehm schnell.
Ein Tipp noch, am besten beim Spielen auf lautlos schalten und andere Musik hören. Der Soundtrack von Beat That! gehört mit zum Langweiligsten, was es auf Nintendos Konsole seit langem zu hören gab. Vom Intro über das Menü und über die Strecken hinweg – stets begleiten euch dieselben, monotonen Gitarrenriffs. Die empfundene Anzahl an unterschiedlichen Stücken beträgt genau eins, von Melodie kann dabei aber keine Rede sein. Die Soundeffekte sind dagegen erträglich und der Sprecher macht seinen Job in Anbetracht der überarbeitungsbedürftigen Texte (nach einem Treffer: „Oh nein! Los, räche dich!“) noch ganz ordentlich und versucht wenigstens motiviert zu klingen.
Ans Lenkrad geschwungen
In Puncto Steuerung klappt alles ganz ordentlich oder auch gar nicht. Je nachdem, für welche Kontrollvariante man sich entscheidet. Die Wii-typische Horizontalhaltung der Wiimote mit Bewegungserkennung verursacht von der ersten Spielminute an Probleme. Auch nach viel Übung ist diese Methode alles andere als präzise, reagiert zu spät, dafür aber übermäßig stark. Präzise Manöver sind so gut wie unmöglich. Eine Veränderung der Empfindlichkeit ist zudem nicht möglich.
Alternativ können die Plastikautos bei gleicher Handhaltung auch mit dem Steuerkreuz gelenkt werden, was gleich viel besser funktioniert. Wer lieber klassisch spielt, stöpselt einfach ein Nunchuk an seine Wiimote und lenkt per Analogstick.
Abgesehen von den sensorischen Unzulänglichkeiten ist die Steuerung recht einfach gehalten worden. Standardmäßig wird mit 2 beschleunigt und mit 1 gebremst. A feuert die aktuelle Waffe ab, B löst in Kurven einen Drift aus und der Minusknopf dient als Rückspiegel.
Zweispielerkrämpfe
Ein Funracer mit Zweispielermodus? Wo gibt’s denn sowas? Warum im Multiplayermodus – dem Herzstück eines Funracers – nur als Duo im Splitscreen gefahren werden darf, ist ein absolutes Rätsel. Und natürlich können nur Strecken und Modi ausgewählt werden, die bereits freigespielt sind. Zu Beginn also nur ziemlich wenige. Zusammen mit einem Freund dürfen somit die bekannten Herausforderungen des Singleplayers bestritten werden, außerdem gibt es zwei zusätzliche Modi. Einmal den Lagerkampf – eine Kopie des Mariokart-Battlemode, sowie ein simples Zeitrennen.
Alles in allem ist das auch eine Zeit lang recht lustig, im Vergleich zu anderen Mehrspielertiteln aber die schlechtere Wahl. Zudem leidet die Darstellungsqualität im Splitscreen teilweise spürbar. Das Spiel sieht schlechter aus und läuft bei zwei Spielern und sechs Computerfahrern stockend.
Fazit
Warum? Warum nur packen die Entwickler soviel Freispielbares in einen Titel hinein und sorgen dann dafür, dass einfach kein richtiger Spielspaß aufkommen will? Die meisten Inhalte wird der Käufer wahrscheinlich gar nicht zu Gesicht bekommen, weil er die Hot Wheels vorher zum Boxenstopp abschiebt.
Egal ob es die mäßige Grafik, den monotonen Sound, die schwammige Sensorsteuerung oder den schmalen Multiplayer betrifft – überall wurde gespart, nichts ist außergewöhnlich, nirgendwo findet sich eine Idee, die es nicht schon vorher gab.
Eine kurze Zeit lang ist man dennoch geneigt, die zunächst vielfältigen erscheinenden Inhalte zu erkunden, aber schon nach kurzer Zeit wird jeder Käufer merken, dass er für sein Geld woanders einfach mehr bekommt.
Beat That! Der Name ist Programm, denn dieses Spiel zu überbieten ist wahrlich kein Kunststück. Schade.
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