Testbericht: Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 1
Der wohl bekannteste Zauberer der Welt ist wieder da! Diesmal in seinem letzten großen Abenteuer (na ja, zumindest im ersten Teil seines letzten, großen Abenteuers). Natürlich haben wir ihn auf seiner Reise begleitet, um für euch Bericht erstatten zu können. Ob sich das auch gelohnt hat, erfahrt ihr hier.
Weit, weit weg von Hogwarts
Die Geschichte dieses Spieles zusammenzufassen ist schwierig. Ich nehme an, wer dieses Review liest, interessiert sich für das Potterverse und kennt daher die Story. Für all diejenigen, die das hier aber nur lesen, weil sie gerade nichts Besseres zu tun haben, hier zumindest im groben: Oberschurke Voldemort hat der Zaubererwelt den Krieg erklärt und nur Harry, Ron und Hermine können ein böses Ausgehen verhindern, indem sie versuchen Voldemorts Seelenstücke (=Horkruxe) zu finden und zu zerstören.
Ich würde empfehlen vor dem Spielen den Film zu sehen, da Manches sonst einfach nur ein großes Fragezeichen über dem Kopf entstehen lassen, denn mit Erklärungen hat man sich nicht sonderlich aufgehalten. An einigen Punkten hat man sie sogar weggenommen, so dass man sich auch als Kenner fragt, was zum Geier eigentlich gerade passiert.
Das Spiel ist an vielen Stellen komplett anders, als der Film (als das Buch sowieso), was die Logiklücken nicht besser macht. Es wurden „Missionen“ eingebaut, um in den eher ruhigen ersten Teil des Sagaendes, mehr „Spannung“ einzubringen. Da ich Gänsefüßchen benutze, könnt ihr davon ausgehen, dass das nicht sonderlich gelungen ist. Das hat nicht zuletzt mit der Hirnrissigkeit einiger Aufgaben zu tun, wie z.B. plötzlich in einer Höhle voller Drachen zu stehen, aus der es zu entkommen gilt, obwohl es weder in Buch noch Film eine solche Szene gibt und deren Existenz auch im Spiel nicht begründet wird. Weder vorher, noch nachher.
In anderen Medien nennt man so etwas „Lückenfüller“ und die sind bekanntlich nie eine gute Idee. Leider könnte man das über das gesamte Spiel sagen.
Das Faszinierendste an diesem Teil der Harry-Potter-Reihe ist die Tatsache, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll zu beschreiben, an welchen Punkten dieses Spiel versagt. Würde man es kurz machen, würde man wohl sagen: An allen.
Call of Duty ohne Call of Duty
Ich weiß nicht, was für Drogen die Entwickler genommen haben, als sie dieses Stück Softwaremüll zusammengeschustert haben, aber es ist ein gutes Beispiel, warum man die Finger von jeglichen Substanzen lassen sollte. Wer auf die Idee kam aus Harry Potter einen Egoshooter für Kinder zu machen, kann nur unter Einfluss von illegalen Mitteln gestanden haben. Anders lässt sich diese beknackte Idee einfach nicht erklären.
Das Spiel beginnt mit der sinnlosesten Verfolgungsjagd aller Zeiten, bei der man noch nicht einmal das Fluchtfahrzeug steuern kann. Dies wäre ein fliegendes Motorrad, was offenbar zu cool ist für das Spiel. Man könnte ja aus Versehen Spaß haben. So etwas muss verhindert werden!
Stattdessen schießt man stumpf immer wieder denselben Zauber auf die Todesser, die einen verfolgen und auf die man bekanntlich immer wieder trifft. Aber kein Grund zur Sorge. Die Personen, die im Potterverse alle rechtschaffenen Hexen und Zauberer erzittern lassen, erinnern eher an Schießbudenfiguren auf dem Schützenfest, die stupide hin und her wackeln. Genauso gefährlich sind sie auch. Sofern die Grafik gerade keinen spastischen Anfall hat oder die Steuerung-of-Doom ein teuflisches Eigenleben führt, lassen sie sich durch ein paar Mal Knöpfchen drücken erledigen.
Später wird es zwar etwas komplizierter, da sie in Gruppen angreifen, wenn man sich aber lange genug hinter einem Schutzzauber versteckt, lädt sich die Energieleiste von alleine wieder genug auf, um nicht zu sterben. Yay.
Was einem konstant einen Strich durch die Rechnung macht, ist wie bereits angedeutet, die Steuerung. Dieses Thema lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Horror. Sie ist ungenau, umständlich, hakelig und einfach nur dämlich. Die Remote zur Lenkung des Blickwinkels zu nehmen, funktioniert hinten und vorne nicht, da sie ständig hängen bleibt, was in Kämpfen, nun, nennen wir es „ungünstig“ ist.
Auch das Zielen will nicht immer funktionieren. Selbst wenn man einem Gegner direkt gegenüber steht, ihn anvisiert und dann brav B drückt, heißt das nicht, dass der Zauber tatsächlich auch ihn trifft und nicht an einer Stelle am Bildschirmrand verpufft, die noch nicht einmal in der Nähe des Zieles ist. Das wäre ja auch zu einfach.
Blendzauber, bitte!
Die Grafik … Oh die Grafik. Ich weiß nicht, ob ich lachen, weinen oder doch gleich kotzen sollte. Und dabei meine ich noch nicht mal die unzähligen Bugs oder das Flimmern oder die Clippingfehler oder die pixeligen Kanten oder einfallslose und sinnfreie Umgebung, die man nicht erkunden kann, da es nur vorgeschriebene Wege gibt, die man nicht verlassen kann.
Nein, ich meine damit schlicht und einfach, dass die gesamte Grafik unterirdisch schlecht aussieht. Es ist ein bisschen wie eine Zeitreise in die Neunziger. Vielleicht ist ja doch Magie im Spiel und hat uns diesen Thronanwärter des schlechtesten Spiels 2010 aus der dunklen Videospielvergangenheit gebracht! Das wäre immerhin eine logische Begründung für den nicht nur optischen Softwaremüll, der einem hier vorgesetzt wird.
Die Charaktere lassen sich im besten Fall erraten. Ich habe die Theorie aufgestellt, dass die Einstufung ab 12 ist, weil die Gesichter der Hauptfiguren einfach nur verdammt erschreckend sind und kleineren Kindern sicher Albträume bescheren. Das erste Spiel, das ich je gespielt habe, war Doom 2 und selbst ich kann sagen, dass mir die kantigen, aufgequollenen Visagen in HP 7.1 damals mehr Angst gemacht hätten. Immerhin konnte man bei Doom die Monster töten …
Und man wurde schon durch den Titel vorgewarnt, dass man sich ins Verderben stürzt. Das war wenigstens noch fair.
Zum Sound lässt sich immerhin sagen, dass die Originalstimmen aus dem Film verwendet wurden und die Musik auch vollkommen in Ordnung ist. Über die Dialoge selbst lässt sich streiten, aber wenn da die ganze Story sowieso hirnrissig ist, stört das nun wirklich nicht mehr.
Todesfluch, bitte.
Dieses Verbrechen an der Videospielewelt kann nur das Resultat einer betrunkenen Wette mit dem Thema „Wie scheiße kann ein Spiel sein, dass es trotzdem noch gekauft wird, weil ein beliebtes Franchise dahinter steht?“ Die Antwort: Unglaublich, unglaublich schlecht.
Niemand erwartet von einer Filmadaption, dass sie umwerfend toll ist. Trotzdem muss sie nicht in jedem einzelnen Punkt hoffnungslos beschissen sein, oder?
Ein Egoshooter mit Zauberstab hätte in einem Paralleluniversum vielleicht ganz witzig sein können, aber ganz davon abgesehen, dass es nicht zum Titel passt, sollte man sich wirklich überlegen, ob das eine gute Idee für Kinder ist.
Ich weiß ja, dass Todesflüche verboten sind, aber der Verantwortliche für dieses Spiel hat schon ein Avada Kedavra verdient. Vielleicht ist es auch nur Teil von Voldemorts düsterem Plan, alle Welt gegen Harry Potter aufzuhetzen. Mit diesem Spiel könnte es gelingen.
Fazit
HP 7.1 ist ein Titel, bei dem ich mich endlos in Rage reden (oder schreiben) könnte, weil es schlicht nichts gibt, das gelungen ist. Weder Gameplay, noch Steuerung, noch Grafik, noch Storyumsetzung. Ich habe mehr als die Hälfte aller Kritikpunkte weggelassen, weil es sicher nicht gut für meinen Blutdruck ist, wenn ich mich weiter so über diesen Schrott aufrege. Aus gegebenen Gründen fällt die Wertung heute mal etwas anders aus. Zwar habe ich Einzelpunkte verteilt, da der Sound ok ist und meine Augen immerhin nicht das bluten angefangen haben, bei Betrachtung der Grafik, trotzdem überwiegen die negativen Punkte so stark, dass die Gesamtpunktzahl letztlich 0 beträgt.
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