Testbericht: Geheimakte Tunguska
Das Genre des Point&Click-Adventures scheint auf der Wii einen zweiten Frühling zu erleben. Nach Titeln wie „Agatha Christie: Und dann gabs keines mehr“ und vor allem dem erfrischenden „Zack & Wiki: Der Schatz von Barbaros“ kommt nun auch die Umsetzung des PC-Titels Geheimakte Tunguska aus dem Jahre 2006 auf die Wii. Wir haben uns für euch einige Stunden zurückgelehnt und diverse Rätsel mittels Wii-Remote gelöst.
Tunguska anyone?
Im Jahre 1908 ereignete sich in der Tunguska-Region in Sibirien eine bisher ungeklärte Explosion, welche im Umkreis von 30km Bäume entwurzelte sowie Fenster und Türen in einer 65km entfernten Siedlung eindrückte. Dieses reale Ereignis dient als Story-Vorlage für das Spiel. In der Rolle der Nina Kalenkow, Tochter eines Wissenschaftlers, findet sich der Spieler in einem mysteriösen Plot wieder. Ninas Vater wurde auf geheimnisvolle Art von unbekannten Kuttenträgern aus dem Berliner Naturkundemuseum entführt. Nina trifft anschließend ahnungslos im Büro des Vaters ein und muss feststellen, dass sein Büro verwüstet wurde und von ihm jegliche Spur fehlt. Nun beginnt auch schon die Rasselei für Nina bzw. den Spieler. Die Story wird dabei stetig vorangetrieben und macht unheimlich neugierig. Ein merkwürdiger Inspektor taucht im Museum auf bei dem man bereits riechen kann, dass irgendetwas faul sein muss – aber dies klärt sich erst im späteren Verlauf des Spiels. Recht bald jedoch findet unsere Hauptdarstellerin heraus, dass ihr Vater vor vielen Jahren Expeditionen in die Tunguska-Region unternahm und es dauert auch nicht allzu lang bis Nina herausfindet, dass sein plötzliches Verschwinden in irgendeiner Weise damit zusammenhängen muss. Fragt sich nur wie?
Schnell freundet sich Nina auch mit Max Gruber an, einem Kollegen des Vaters. Hilft dieser zunächst lediglich durch Wissen und Ratschläge weiter, so erfährt das Spiel eine tolle Wendung, in dem ab einer bestimmten Stelle auch Max selber zu steuern ist. Der Spieler kann nun zwischen den beiden Protagonisten hin- und herschalten und sogar mit ihnen interagieren, was dem Spiel deutlich mehr Tiefe und Spielwitz verleiht. Gemeinsam gilt es dann die Spur des Vaters aufzunehmen.
Die Story nimmt fortan ihren Lauf und wir möchten an dieser Stelle natürlich nicht zu viel verraten um keine weiteren Inhalte vorweg zu nehmen und euch den Spaß zu nehmen. Schauen wir doch mal lieber im Folgenden auf die Spielmechanik und die technische Seite des Spiels.
Ein typischer Ablauf …
Rätsel innerhalb des Spiels, mit denen man im Grunde ständig konfrontiert ist, laufen meist wie folgt ab: Ihr untersucht den Bildschirm und findet ein, zwei Gegenstände, die zuerst einmal ins Inventar wandern. Ihr erkundet diese oder eine nächste Szenerie weiter und findet etwas Interessantes, was jedoch vermutlich irgendwie aktiviert werden muss. Ein Blick ins Inventar, den ein oder anderen Gegenstand von vorhin herausgenommen und mit ihm über die Stelle gefahren – und siehe da, eine mögliche Aktion wird angezeigt! Ausführen, fertig. Ok, ganz so simpel ist es natürlich meist nicht, denn Kombinationen sind gefragt und ordentlich Gehirnschmalz gefordert und vielleicht auch ein wenig innovatives bzw. experimentelles Denken – so lässt sich dann auch mal schnell mit Klebeband, einem Handy und einer niedlichen Katze ein 1A mobiles Abhörgerät bauen.
Neben diesen mehr oder weniger klassischen Rätsel- und Kombiniereinlagen heißt es an manchen Stellen ordentlich knobeln bzw. puzzeln. Hier müssen z.B. Münzen auf eine ganz bestimmte Art und Weise gelegt werden, damit sich ein Schalter aktivieren lässt. Oder aber auch andere Schalterspiele, die an Puzzleeinlagen erinnern sind mit von der Partie und sorgen für Abwechslung im Spielgeschehen.
Die Steuerung – Point&Click eben!
Die Handhabung des Spiels ist wirklich simpel aber sehr effektiv. Mit der Pointerfunktion der Wii-Remote steuert ihr den Zeiger über den Bildschirm. Fährt man nun über Objekte bzw. Gegenstände, die zu untersuchen sind, so werden diese grafisch hervorgehoben. Mit dem A-Knopf können Aktionen ausgeführt werden, mit B lässt sich der Gegenstand im Inventar ablegen bzw. aus diesem wieder herausnehmen. Durch Drücken des digitalen Steuerkreuzes nach unten, öffnet sich das Inventar am unteren Bildschirmrand. Prinzipiell reicht es aus, um Nina bzw. Max auf dem Bildschirm zu bewegen, einmal per A-Knopf auf das gewünschte Ziel zu drücken – die Spielfigur läuft dann direkt zum gewünschten Ziel. Wer gerne eine direktere Kontrolle haben möchte, der kann die Nunchuk-Erweiterung anschließen und mittels Analogstick die Figur frei bewegen. Eine sehr hilfreiche Funktion versteckt sich hinter dem 1-Knopf – wird dieser gedrückt so werden sämtliche interaktive Stellen oder Gegenstände auf dem Bildschirm mit einer kleinen Lupe gekennzeichnet. Ein eventuell frustvolles Absuchen des Bildschirms kann hiermit verhindert werden. Mit dem Plus-Knopf der Remote gelangt man ins Menü, hier lässt sich das Spiel jederzeit speichern bzw. laden. Aber auch ein Tagebuch lässt sich aufrufen, in welchem Nina alle besonderen Ereignisse notiert. Dies ist natürlich sehr praktisch, sollte man mal eine längere Spielpause eingelegt haben und sich nicht mehr ganz genau an die Story erinnern. Ebenfalls für Freunde der schnellen und unkomplizierten Spielweise sind die Spieletipps, die sich auf den hinteren Seiten des Tagebuchs verstecken. Ist also ein Rätsel zu kompliziert, so kann hier Hilfe ersucht werden.
Ein nettes Gimmick übrigens die zweite Wii-Remote – hiermit kann ein zweiter Spieler zwar nicht aktiv ins Spielgeschehen eingreifen, aber ebenfalls den Bildschirm erkunden und Markierungen setzen.
Grafik und Sound
Die Optik von Geheimakte Tunguska bietet zwar aus technischer Sicht nichts spektakuläres, sorgt aber beim Betrachter für ein sehr angenehmes visuelles Erlebnis. Die Hintergründe sind sehr schön und vor allem detailiert gezeichnet. Das eigentlich statische Setting wird durch dezent animierte 2D- und 3D-Objekte mit Leben gefüllt. Die im Vergleich zur PC-Version recht niedrige Auflösung der Wii hat einen netten Nebeneffekt, denn sämtliche Szenerien wirken nahezu gestochen scharf. Die Spielfiguren selbst sind allesamt 3D-Modelle, die sich gut in das Gesamtbild einfügen und recht flüssig animiert wurden.
In punkto Sound hat der Titel einiges zu bieten. Neben atmosphärischer Musik im Opening wurden die Geräuschkulissen sehr authentisch gestaltet. So ertönen Verkehrsgeräusche aus Richtung einer Straße oder Naturgeräusche im Wald – so wie es sein muss. Die deutsche Sprachausgabe ist in jedem Fall ein Highlight des Spiels. Gesprochen werden die beiden Protagonisten von den Synchronstimmen der Schauspieler Brad Pitt und Angelina Jolie – Die Dialoge sind immer sehr passend und mit viel Wortwitz geschmückt. Ein absoluter Hörgenuss und vor allem für lesefaule Spieler eine echte Erleichterung.
Fazit
Mit Geheimakte Tunguska bringt Koch Media ein erstklassiges Point&Click-Adventure auf die Wii. Die Story funktioniert gut und steigert sich im Spielverlauf, sodass man als Spieler immer wissen möchte, wie es denn nun weitergeht. Durch die Möglichkeit, zwei Akteure steuern zu können, erhält das Spiel eine weitere gelungene Komponente, die den Spielspaß enorm steigert. Zwischen den klassischen Kombinationsrätseln sind einige, fast schon Minispiel-artige Puzzeleinlagen vorhanden, in der es meist darum geht, irgendwelche Schalter o.ä. korrekt zu bedienen. Gepaart mit der wirklich schönen Optik und der hervorragenden Sprachausgabe kommen Adventure-Freunde in 10 bis 12 Stunden Gesamtspielzeit voll auf ihre Kosten – aber auch Genre-Neueinsteiger werden durch die intuitive Steuerung schnell zurecht kommen. Aus meiner Sicht ist einzig die Tatsache zu bemängeln, dass die besonderen Wii-Fähigkeiten der Bewegungssensorik völlig außen vor gelassen wurden, wie sie z.B. in Zack & Wiki zu finden sind. Allerdings rührt dies natürlich daher, dass das Spiel, wie in der Einleitung erwähnt, auf der PC-Version basiert. Wünschenswert ist aber eine Berücksichtigung der besonderen Wii-Möglichkeiten im bereits angekündigten zweiten Teil. Lange Rede, kurzer Sinn – Geheimakte Tunguska ist jeden Cent wert und hat sich den Silber-Award redlich verdient!
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