Testbericht: FIFA 11
Im Herbst eines jeden Jahres werden Fußballfreunde mit den neusten Teilen der beiden großen Fußball-Marken PES (Konami) sowie FIFA (EA) für die Konsolen beglückt. Werden auf den HD-Konsolen dabei sehr realitätsnahe Spiele geboten, so müssen die Wii-Spieler aufgrund der technischen Begebenheiten mit alternativen Gameplay-Ansätzen Vorlieb nehmen. Besonders die FIFA-Reihe hat dabei im letzten Jahr einen gänzlich neuen Ansatz eingeführt, der mit FIFA 11 nun weitergeführt wird. Wir haben uns für euch auf den virtuellen Rasen begeben und das runde Leder hin und her geschoben.
Elf Freunde sollt ihr sein!
Getreu diesem Motto läuft derzeit die Werbekampagne rund um das neue FIFA-Spiel mit dem Slogan „We are 11“. Dabei wurde auf der Wii hier sogar stellenweise eingeschnitten – denn erstmals seit FIFA Road to World Cup 98 gibt es wieder einen Hallenkick und dieser wird mit jeweils fünf anstatt elf Spielern pro Team absolviert. Und eines vorweg, dieser Modus macht wirklich Laune! Aber alles der Reihe nach, fangen wir zunächst mit dem eigentlichen Gameplay an. Das letztjährige FIFA 10 musste sich einige harte Kritik gefallen lassen. Nicht nur, dass man bei Electronic Arts nun auf Comic-Look setzte, auch das Gameplay wurde weg von der Simulation hin zu Arcade verlagert. Unrealistische Schüsse, die mittels Bullet-Time in Szene gesetzt wurden, waren die Folge. Für echte FIFA-Fans ein gewaltiger Schock. Einzig gelungen dabei das letztlich rasante Spielgeschehen, dass gerade im Multiplayer- bzw. Onlinemodus Spielspaß vermitteln konnte. Das neue FIFA 11 basiert abermals auf der Comic-Engine des Vorgängers – aber, und das ist wirklich positiv – sämtliche übertriebenen Arcade-Einlagen wurden deutlich reduziert oder gar komplett aus dem Spiel entfernt. Bullet-Time Schüsse mit unrealistischer Flugbahn und Brachialgewalt des Balls gehören der Vergangenheit an.
FIFA 11 bietet, neben der gewohnt reichhaltigen Lizenz von 30 Ligen, einen beachtlichen spielerischen Umfang. Ein schnelles Spiel auf dem Rasen oder in der Halle (bzw. Straße/Hinterhof) sind selbstverständlich möglich. Dazu addiert sich der Karrieremodus „Von der Straße ins Stadion“. Hier erstellt man sich zunächst ein Alter Ego, wobei hier viele Details individuell angepasst werden können – Hautfarbe, Gesichtszüge, Frisur, Statur, Bewegungsabläufe und mehr. Auch der eigene Name wird vergeben und thront fortan auf eurem Trikot. Wie in den HD-Versionen bereits möglich, spielt man nun diese Karriere ausschließlich mit dem eigenen Spieler aus der „Be A Pro“-Perspektive, sprich vertikal. Anfangs geht es mit einem Straßenteam auf Hinterhof- und Hallentour, um Scouts auf sich aufmerksam zu machen. Durch Erfahrungspunkte können die individuellen Fähigkeiten verbessert werden und mit den Star-Punkten steigt euer Ansehen. Diese Punkte lassen sich durch das Erfüllen bestimmter Vorgaben verdienen – beispielsweise durch das Erzielen einer bestimmten Anzahl von Toren, das Spielen zu Null, Grätsche gegen einen bestimmten Gegenspielern, das Austricksen des Gegenübers und vieles mehr. Der Arcade-Charakter des Vorgängers kommt zwischendurch noch zum Tragen, da es die bereits in FIFA 10 eingeführten „Boosts“ gibt, die ebenfalls verdient werden können. Diese dürfen (müssen aber nicht) in einem Spiel zum Einsatz kommen, so dass beispielsweise besonders gute Pässe gelingen, die Kondition dauerhaft oben bleibt oder die Stürmer einen massiven Schuss drauf haben. Zwischen den Spielen meldet sich immer mal wieder euer Manager per SMS und gibt Informationen über eure Karriere, auch wenn es dann nach der ersten Straßensaison mit Angeboten von Proficlubs konkret wird. Nun darf der Spieler entscheiden, welches Angebot er annehmen möchte – wurde eine erfolgreiche Spielzeit hingelegt, kann auch bereits ein Angebot eines deutschen Zweitligisten dabei sein. Hier gilt es dann ebenfalls die Karriere voran zu treiben, möglicherweise für die Nationalmannschaft berufen zu werden und letztlich bei einem Topclub zu landen und die Kapitänsbinde zu tragen.
Neben diesem bereits sehr umfangreichen Modus ist zudem der Managermodus „Weg zum Ruhm“ vorhanden. Hier schlüpft man in die Rolle des Teamchefs, darf sich also um die Gestaltung des Kaders in Form von Transfers kümmern. Aber auch die Aufstellung und die Taktik des Teams wird bestimmt. Die Spiele können dann, wie für ein Managerspiel typisch, simuliert werden. Wer sich jedoch ungern auf die Berechnungen der CPU verlassen möchte, der kann die Spiele auch selbst steuern. Hier müssen dann vor dem Anstoß die sogenannten „Trainermomente“ gewählt werden – dies sind Bonusbedingungen, ähnlich dem Karrieremodus, wodurch eure Trainerpersönlichkeit an Bewertung zulegen kann. Durch das Erreichen bestimmter Trainermomente können dann die bereits genannten „Boosts“ verdient werden, um diese ebenfalls im Spiel einzusetzen, falls gewünscht. Das Ansehen beim Vorstand eures Clubs ist jederzeit ersichtlich und natürlich von den sportlichen Erfolgen abhängig. Nach einer jeden Spielzeit besteht dann die Möglichkeit zu einem neuen Club zu wechseln. Insgesamt also ebenfalls ein recht umfangreicher Spielmodus.
Wer gerne ohne sämtliche Karriere-Elemente eine längere Spielzeit bestreiten möchte, der hat die Auswahl aus Meisterschaften und Pokalwettbewerben aus allen vorhandenen Ligen. Wer hingegen erst noch einige Spielzüge und Situationen üben möchte, der kann sich im Trainingszentrum einige hilfreiche Tipps abholen und festlegen, gegen welche Anzahl Gegenspielern trainiert werden soll. Zu guter Letzt ist auch in diesem Jahr der Onlinemodus wieder mit von der Partie. Typisch für EA ist dabei der Verzicht auf die Freundescodes. Wer bereits mit einem Vorgänger-Titel ein Onlineprofil angelegt hat, der kann sich automatisch beim Server anmelden. Hier besteht die Möglichkeit im 1-gg.-1 oder auch 2-gg.-2 anzutreten. Durch Ranglistenspiele kann zudem der Spielausgang in eure individuelle Statistik einfließen und eine weltweite Platzierung unter allen Onlinespielern ist dadurch ersichtlich.
Kontrolle ist alles – nicht nur auf dem Grün
FIFA 11 lässt sich mit verschiedenen Controller-Setups spielen. Wer es ganz einfach mag, der nutzt lediglich die Wii Remote. Hierdurch laufen einige Aktionen halbautomatisch ab, der Spieler kümmert sich nur um die wesentlichen Dinge wie Passen und Schießen. Durch die Hinzunahme eines Nunchuks erfolgt dann die komplette Kontrolle der virtuellen Kicker, mittels Analogstick können diese gesteuert werden. Eingefleischte FIFA-Spieler und auch diejenigen, die bereits die HD-Versionen spielen, greifen wohl am besten zum Classic Controller. Das Button-Setup ist dabei nämlich recht identisch und man findet sich sehr schnell zu recht. Zudem stellt diese klassische Steuerungsvariante für meinen Geschmack die präziseste Art und Weise der Steuerung dar.
Die technische Darbietung des Titels ist vergleichbar mit FIFA 10 bzw. FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Südafrika 2010 – der bereits angesprochene Comic-Look sorgt jedoch dafür, dass viele Spieler sehr schnell erkannt werden durch die leicht überzeichneten Gesichtsmerkmale. Die Animationen der Spieler sind jedenfalls gelungen, durch Wegfall der übertriebenen Action auf dem Rasen wirkt das Spiel insgesamt ohnehin nicht mehr allzu Arcade-lastig. Weiterhin grafisch zu bemängeln sind die grobpixeligen Zuschauer. In Sachen Sound hingegen hat man teilweise punkten können. Einige Vereine bringen individuelle Fangesänge mit sich – die Fans von Borussia Mönchengladbach beispielsweise brüllen ein „VfL, VfL, VfL“ von den virtuellen Rängen. Sehr zu bemängeln ist in diesem Jahr abermals der Kommentar. Hier wurde unerklärlicherweise auf das neue Kommentator-Duo Buschmann/Bräugmann der HD-Versionen verzichtet und stattdessen die beiden Pappnasen der Vorjahre hervorgekramt. Diese sind dabei allzu oft mit ihren Sätzen dermaßen am Geschehen vorbei, dass man nur noch den Kopf schütteln kann und deren Pegel am besten gleich komplett runterschraubt. Ansonsten rundet man die akustische Darbietung mit den „EA Trax“ ab, also lizenzierter Originalmusik von teils mehr und teils weniger bekannten Künstlern.
Fazit
Nach den beiden stark Arcade-lastigen FIFA 10 und FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Südafrika 2010 hat EA Sports erfreulicherweise in FIFA 11 die Schrauben zurückgedreht und viele überzogene und vor allem unrealistische Gameplay-Elemente aus dem Spiel verbannt. Dafür hat man einen für Wii-Verhältnisse sehr umfangreichen „Be A Pro“-Modus integriert sowie einen ebenfalls reichhaltigen Managermodus, die den Spieler für lange Zeit motivieren und vor die Konsole fesseln. Gänzlich neu hingegen ist der Hallen-/Straßenmodus – im Spiel Fünf-gegen-Fünf geht dabei dank Tricks und Bandenspiel richtig die Post ab! Der absolut schnelle und vor allem störungsfreie Onlinemodus rundet das gelungene Gesamtbild ab. FIFA 11 hat viele Kritikpunkte beseitigt und kann in dieser Form allen Fans des virtuellen Leders bedenkenlos empfohlen werden!
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