Testbericht: Fantastic Four: Rise of the Silver Surfer

In ihrem noch recht kurzen Dasein wurde Nintendos Wii bereits mehrfach von Superhelden heimgesucht. Während die „Ultimate Alliance“ von Marvel dabei im Team antrat, machte sich Kollege Spiderman wenig später im Alleingang auf um die Welt zu retten. 2k schickt nun erneut eine Truppe an Superhelden auf Nintendos Konsole, diesmal hat es das Team der „Fantastic Four“ getroffen. Wie sie sich schlagen und ob sich das Game für Comic-Fans lohnt, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.

Es wird fantastisch!

Mit Fantastic Four – Rise of the Silver Surfer (so der komplette Titel des Spiels) steht uns die Videospielumsetzung des gleichnamigen Kinostreifens ins Haus. Man mag dabei von Filmumsetzungen generell halten was man will, aber gerade das Genre der Comicverfilmungen bietet dabei in der Regel für die Entwickler genug Potential, um einen ansprechenden Titel auf die Beine stellen zu können. Überraschenderweise stammt Fantastic Four allerdings nicht wie die beiden anderen Marvel-Titel für Nintendos Wii aus dem Hause Activision, sondern wurde von den „7 Studios“ entwickelt, während „2k“ als Publisher fungierte. Dennoch hat man sich bei der Videospielumsetzung der fantastischen Superhelden ein Stück weit am bereits kurz nach dem Wii-Launch erhältlichen Marvel: Ultimate Alliance orientiert. Das muss soweit aber nicht unbedingt schlecht sein, immerhin konnte der Activision-Titel ziemlich gut abschneiden. Allerdings brachten die „7 Studios“ auch einige eigene Ideen in das Spiel mit ein, die nicht immer zu überzeugen wissen.

Nach dem Spielstart wird man ohne Vorwarnung in eine FMV-Sequenz geworfen und mit seinen Charakteren konfrontiert, die sich aus unerfindlichen Gründen in einer Höhle tummeln und dort seltsame Vorkommnisse aufklären wollen. Man könnte nun meinen, dass man einfach nur den Kinofilm gesehen haben muss um die Handlung nachvollziehen zu können, doch dem ist nicht so. Später im Spielverlauf weicht Fantastic Four nämlich teils drastisch von der Filmhandlung ab und entwickelt eine eigene Story, die für weitere Verwirrung sorgt. Wer sich mit diesem Punkt anfreunden kann oder ohnehin der Meinung ist, dass eine Story in einem Action-Klopper nichts zu suchen hat, darf sich getrost auf die insgesamt 12 Level des Games freuen. In simpler Button-Smasher-Manier geht man dort nämlich in isometrischer 3D-Ansicht zu Werke, um systematisch alle Räume von Widersachern zu befreien und sich so zum Ende des jeweiligen Abschnittes zu prügeln. Der Spieler darf dabei zu jeder Zeit zwischen den vier Helden wechseln. Ach, ihr kennt die fantastischen Vier nicht? Nein, man prügelt sich nicht etwa HipHop-like mit Thomas D. oder Smudo, sondern schlüpft in die Haut der Marvel-Helden Mr. Fantastic, der Unsichtbaren, der Fackel oder dem Ding. Neben normalen Schlägen und Combo-Attacken stehen jedem Helden dabei begrenzt kosmische Attacken zur Verfügung, die besondere Zerstörungskraft besitzen. Die dazugehörige Energieleiste für kosmische Energie lässt sich aber durch normale Attacken jederzeit wieder auffüllen.

Auch die Energieanzeige muss nicht unbedingt im Auge behalten werden. Sollte es einmal soweit und einer der Protagonisten erschöpft sein, wird er kurzerhand zurück ins Hauptquartier gebeamt, wo er sich binnen geschätzten 30 Sekunden komplett erholt und danach wieder auf der Bildfläche erscheint. Selbst die Kämpfe gegen Zwischen- und Endbosse lassen sich so recht problemlos absolvieren, solange man zumindest einen seiner vier Helden am Leben halten kann. Dank in den Stages verstreuter Extras und haufenweise Energiekugeln sollte das allerdings nicht schwer fallen. Dass man seine Charaktere nicht dauerhaft verlieren kann hat einen einfachen Grund. Die Entwickler haben nämlich in den Stages kleinere Rätsel mit eingebaut, für welche die speziellen Fähigkeiten der einzelnen Helden benötigt werden. Einzig Mr. Fantastic kann beispielsweise Energiestrahlen aussenden und somit Maschinen und Schalter aktivieren, während die Fackel dagegen Leuchtfeuer entzünden und mit seinen Flammenstößen Energiefelder durchdringen kann. Das Ding ist wiederum gefragt, wenn schwere Wände zertrümmert werden wollen und die Energiekugeln der Unsichtbaren eignen sich perfekt um Fackeln zu löschen oder Barrieren zu durchdringen sowie Schalter zu betätigen. Die willkürlich eingestreuten Rätsel klingen im ersten Moment spannend und abwechslungsreich, wiederholen sich jedoch ziemlich häufig und wirken in so manchem Moment eher aufgesetzt und unpassend. Aber immerhin bringt das Lösen der Rätsel zusätzliche Erfahrungspunkte für eure Truppe. Erfahrungspunkte? Ja, denn für jeden besiegten Opponenten streicht man ebenfalls Erfahrungspunkte ein, was nach je 6.000 erzielten Punkten zu einem Level Up des jeweiligen Charakters führt. Man erlernt somit neue Techniken, erhöht die Gesundheitsanzeige oder ermöglicht einen zusätzlichen kosmischen Energiepunkt, mit dem sich mehr Kraft für neue Techniken sammeln lässt. Dieses Prinzip ist mittlerweile nicht mehr neu und man hätte sich für Fantastic Four ruhig ein paar individuellere Möglichkeiten zum Level Up einfallen lassen können, da der Spieler niemals eine Wahl hat, was er denn nun verbessern möchte, sondern das Upgrade automatisch erfolgt. Hier hat die Konkurrenz deutlich die Nase vorne.

Hinzu kommt, dass sich im eigentlichen Spiel im Grunde nur das Ding als solider und spielbarer Charakter entpuppt. Zwar sind dessen Schläge etwas langsamer als die seiner Kumpanen, besitzen dafür aber eine höhere Durchschlagskraft. Zudem kann nur das Ding die Schilde mancher Gegner zerbrechen, die eure Widersacher vor Schaden schützen. Sporadisch wird man eventuell noch zur Fackel wechseln, um mit dessen Feuerprojektilen diverse Gegner aus der Distanz aus dem Weg zu räumen. In der Regel bewegt man sich aber mit dem Ding durch die Stages, walzt seine Kontrahenten nieder und wechselt nur gezwungenermaßen ab und an zu den anderen Helden. Nicht nur deswegen, auch wegen seiner hohen Zerstörungskraft bei Angriffen heimst das Ding automatisch die meisten Erfahrungspunkte ein, was zu einem sehr ungleichen Level Up der Charaktere führt und die Unsichtbare sowie Mr. Fantastic regelmäßig abnippeln lässt, während die beiden anderen Helden bereits mit mehr Energie den feindlichen Attacken länger standhalten können. So erreicht das Ding das finale 12. Level relativ bald, während der Rest der Charaktere noch in den unteren Levels herumkrebst und das Maximum beim ersten Durchzocken nicht erreicht. Das alles wäre nicht so tragisch, hätte man sich wenigstens beim Spielablauf etwas mehr Mühe gegeben. Leider wirken aber die Levels allesamt ziemlich uninspiriert und lustlos zusammengeschustert. In den jeweils 20 bis 30 Minuten einer Stage schleicht man mehrmals durch immer dieselben Gänge und Räume, um diese erst von Gegnern zu säubern, eventuelle versteckte „4er“-Münzen und irgendwann einen Aufzug oder den Ausgang zum nächsten Level zu finden. Die Thematiken der Stages, die von einer Höhle über ein tibetanisches Dorf bis hin zum Versteck von Dr. Doom führen, mögen zwar ansprechend klingen, wurden aber zu lieblos umgesetzt. Comic-Freaks werden es zwar begrüßen, dass man auch im Film nicht vorkommenden Obermotzen wie Super Skrull oder Terrax entgegen tritt, doch leider gestalten sich auch diese Kämpfe als langweilige Prügelorgien ohne Sinn und Verstand. Selbst die durch gesammelte „4er“-Münzen freispielbaren Extras beschränken sich auf ein paar Artworks sowie neue Kampfanzüge und sind kaum der Rede wert. Einzig einige Ansätze, wie das Aktivieren von Kampfdroiden, die an eurer Seite das Feuer ergreifen oder ein kurzes Team Up mit dem Silver Surfer, retten das Game vor der spielerischen Katastrophe. Auch der Mehrspieler-Aspekt sorgt kurzzeitig für Unterhaltung, da weitere Spieler sich jederzeit in das Geschehen einklinken und die anderen Charaktere übernehmen können. Dennoch ist die Gesamtspielzeit mit ca. fünf bis sechs Stunden recht gering ausgefallen und selbst ein weiterer Schwierigkeitsgrad kann kaum zu einem zweiten Durchspielen motivieren.

Nutze die kosmischen Kräfte!

Überzeugt dafür vielleicht wenigstens die Steuerung? Immerhin könnte man meinen, dass man mit den bewegungssensitiven Wii-Controllern ein besonders intensives Spielerlebnis ermöglichen kann. Auch hier kann Fantastic Four leider nur bedingt überzeugen. Die einzelnen Charaktere werden mit dem Analogstick des Nunchuk gesteuert, mit dem Steuerkreuz der Wii-Mote wechselt man zwischen seinen Helden. Attacken lassen sich mit dem A-Button ausführen. Hämmert man mehrmals auf den Knopf, nennt sich das Ergebnis „Combo“. Teils lassen sich diese mit Gestiken der Wii-Mote zu Supermoves abrunden, indem man die Steuereinheiten entweder ruckartig nach oben/unten reißt, schwingt, schüttelt oder kreuzt. Die Ausführung der Attacken wirkt dabei allerdings recht aufgesetzt und funktioniert auch nicht immer 100%ig. Der B-Button kommt bei den Grundfähigkeiten der Charaktere zum Einsatz, mit C wird geblockt und der Z-Button bildet den Grundstein für die kosmischen Angriffe. Ebenfalls integriert wurden Teammoves, deren Ausführung aber nur bei einem in die Luft gewirbelten Gegner möglich ist und sich entsprechend kompliziert gestaltet. Die restlichen Buttons wurden mit dem Menü, einer Karte sowie einer sinnfreien Geste zum Verhöhnen der Gegner belegt.

Auch wenn die Anleitung viele verschiedene Moves für jeden Charakter erklärt, so kommen im laufenden Spiel eigentlich nur die Standardattacken für den Angriff sowie die Grundfähigkeiten der Charaktere zum Einsatz, die man zum Lösen der Rätsel benötigt. Fantastic Four entpuppt sich so ziemlich schnell als Buttonsmasher ohne jeglichen Tiefgang, der lediglich durch gelegentliches Gefuchtel mit der Wii-Mote aufgelockert wird. Spielerische Highlights sucht man vergebens. Auf eine steuerbare Kamera wie in Marvel: Ultimate Alliance wurde übrigens verzichtet. Eine mir unerklärliche Tatsache, versperren doch so manches Mal zu hohe Wände die Sicht auf die untere Ecke eines Raumes und lassen die Übersicht im Spiel flöten gehen.

Ein fantastisches Technik-Feuerwerk?

Ähnlich dröge wie die Steuerung präsentiert sich der Titel auch in Sachen Technik. Bereits die eröffnen FMV-Sequenz ist von einigen unnötigen Rucklern geprägt und hinterlässt einen unschönen Eindruck. Doch nicht nur dort, auch im Rest des Games wirkt die Optik, als hätte man es mit einem Titel der letzten Generation zu tun. Die Animationen der Charaktere stellen dabei noch das Highlight dar, insgesamt kann Fantastic Four in grafischen Dingen aber nicht überzeugen. Lediglich die teils recht ansehnlichen Lichteffekte wissen zu gefallen, wohingegen das Leveldesign und die monotonen Hintergründe alle positiven Ansätze wieder zunichte machen. Einen weiteren Kritikpunkt muss man sich für die unspektakuläre Präsentation gefallen lassen. Während der Stages wird die Story nämlich in der Regel lediglich durch Texteinblendungen und Dialoge weitergesponnen, während es animierte Sequenzen nur sehr selten zu sehen gibt.

Etwas besser sieht es dagegen beim Sound aus. Auch wenn die Dialoge im Game optisch eher mäßig präsentiert werden, so hat man sie immerhin mit passenden deutschen Synchronstimmen unterlegt. Rhetorische Highlights lassen dabei zwar auf sich warten, die Comic-Atmosphäre des Titels wird aber bewahrt. Auch der während der Gefechte eingeblendete Hintergrundsound weiß meist zu gefallen, verstummt nach dem Ende des letzten Gegners recht schnell wieder. Danach lauft ihr ohne Begleitmusik durch die öden Gänge zum nächsten Raum, was dem Spiel einen erst recht tristen Beigeschmack verleiht. Die Soundeffekte sind zahlreich vorhanden, beschränken sich aber in der Regel ebenfalls auf die altbekannten Standards wie Explosionen und dergleichen mehr.

Fazit

Fantastic Four – Rise of the Silver Surfer reiht sich leider in die Riege der mittelprächtigen Filmumsetzungen ein, die zwar manch netten Ansatz bietet, insgesamt aber kaum überzeugt. Schuld daran sind neben dem linearen Level Up-System und der durchschnittlichen Technik vor allem die unmotivierende Levelgestaltung und die unpräzise Steuerung, die Fantastic Four zu einem langweiligen Button-Smasher verkommen lässt. Dank sammelbarer Extras und Mehrspieler-Modus kann das Game zwar kurzzeitig gefallen, einen Kauf sollte man sich aber gut überlegen, da die Motivation nach dem ersten Durchspielen deutlich nachlässt.

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Packshot Fantastic Four: Rise of the Silver Surfer

Fantastic Four: Rise of the Silver Surfer

Release: 27.07.2007
Publisher:
Entwickler:
Anzahl Spieler: 4
USK: 12