Testbericht: Destroy All Humans! Big Willy: Entfesselt
Mindestens jährlich erreichen uns Prophezeiungen zum Untergang der Menschheit oder zumindest über die Ankunft von Aliens auf unserem schönen Planeten, aber bisher ging der Kelch immer an uns vorüber. Doch damit ist jetzt Schluß, denn mit THQs „Destroy All Humans! Big Willy: Entfesselt“ kommt es zumindest auf Nintendos Konsole zur ersten Alieninvasion. Wir haben für euch getestet, ob es sich beim dritten Ableger der Reihe um ein extraterrestrisches Spektakel handelt, oder doch nur um Weltraumschrott.
Mein holographischer Chef und ich
Wer die Vorgänger für Playstation und Xbox nicht gespielt hat, dem sei kurz erklärt, worin es im ersten Ableger für eine Konsole aus dem Hause Nintendo geht und welche Charaktere darin eine Rolle spielen. Als erstes wäre da unser Protagonist, der auf den wunderschönen Namen Crypto-137 hört und der Spezies der Furons angehört. Zusammen mit seinem Chef Pox, der seit einer Explosion des Mutterschiffs nur noch eine holographische Projektion seiner selbst ist, kommt er auf die Erde um diverse Aufgaben zu erledigen, die sich alle mehr oder weniger nur um eins drehen – die Menschheit auszulöschen. Die eher dürftig ausgefallene Geschichte ist relativ schnell erzählt: Pox unterhält auf der Erde 500 Filialen seiner Fastfoodkette „Big Willy’s“ und ist damit auf dem Weg der Marktführer im Bereich der schnellen Verköstigung zu werden. Einziger Haken an der Sache ist die spezielle Rezeptur des Essens, denn diese besteht ausschließlich aus den menschlichen Überresten von Cryptos Opfern. Dass diese Zutaten nicht jedem schmecken dürften, ist mehr als offensichtlich und es bahnt sich ein regelrechter Skandal an, als eine gewisse Patty Wurst mit diesen Informationen an die Öffentlichkeit gehen will.
Genau an dieser Stelle kommt Crypto ins Spiel, denn er soll für Pox Zeugen so wie Informanten – und bei dieser Gelegenheit auch Mitbewerber – aus dem Weg räumen. Und als ob das alleine noch nicht genug wäre hat THQ die Action in das Amerika der 70er Jahre gelegt, weshalb es von Hippies, Rollergirls und Discomusik nur so wimmelt, wobei Pox vor allem letzteres verwenden will um die Menschen auf immer zu knechten. Eine wahrhaft schreckliche Vorstellung!
Im Gegensatz zum Vorgänger haben die Entwickler das Arsenal an Waffen mit denen Crypto hantieren kann verdoppelt und so steht neben den Klassikern wie Analsonde und Zap-o-Matik beispielsweise auch eine Zombiekanone zur Verfügung.
In manchen Missionen steuert Crypto außerdem das eigene UFO, in welchem ihm ebenfalls allerlei Waffen zur Verfügen stehen. Wenn sich Crypto mit Big Willy, dem überdimensionalen Maskottchen der Restaurantkette, durch die Straßen bewegt, kann er Schilder, Kisten oder sogar Autos aufnehmen und als Waffe verwenden um den Erdlingen den Garaus zu machen. Und auch wenn die Energie unseres Maskottchen sich gen Ende neigt hat Crypto eine Lösung parat: Er greift sich einfach den nächsten Menschen, um dann in aller Ruhe sein Hirn zu verspeisen und im Handumdrehen ist er wieder bei Kräften.
Zur Besänftigung aller besorgten Mütter sei aber gesagt, dass der Titel durch den Comiclook und den gnadenlos überzeichneten Humor nicht annähernd so brutal daher kommt, wie sich dies in der Zusammenfassung anhören mag.
Mein Big Willy ist ziemlich kurz
Insgesamt beinhaltet der Titel vier Szenarien mit je sechs Hauptmissionen so wie diversen Sidequests. Außerdem können die Waffen, der Big Willy und das UFO im Laufe des Spiels aufgewertet werden. Das klingt leider nach mehr als es am Ende wirklich ist, denn die Missionen sind doch meistens sehr kurz geraten und bereits nach wenigen Stunden hat man die Credits gesehen, wobei sich die Motivation alle Nebenmissionen zu erfüllen stark in Grenzen hält.
Auch die Hauptmissionen ähneln sich leider sehr oft: Schlüpfe in einen fremden Körper und verfolge einen Vedächtigen, sammle mit deinem UFO bestimmte Personen ein, zerstöre die ganze Stadt … So oder so ähnlich laufen die meisten Missionen ab. Das macht zwar anfangs wirklich Spaß, doch mit der Zeit büßt das Spiel durch die geringe Abwechslung deutlich an Spielspaß ein.
„Wiederholung“ ist auch in einem anderen Fall ein gutes Stichwort, denn auch bei Pox zotigen Sprüchen, die er dem Spieler im Minutentakt um die Ohren haut, waren die Entwickler bzw. Texter wenig einfallsreich. Während man am Anfang teilweise noch herzhaft lachen muss, nerven die meist anzüglichen Anspielungen auf die Dauer doch sehr. Schade, denn gerade von diesem Humor lebt der Titel ein Stück weit und er könnte über die vielen anderen Unzulänglichkeiten ein wenig hinweg trösten.
Multiplayer
Der Multiplayer Modus wird auf der Verpackung mit einer „Fülle actiongeladener Missionen“ angepriesen und stellt ein weiteres Beispiel dafür dar, wie wenig man solchen Aufdrucken Glauben schenken sollte. Denn um es kurz zu machen, der Spieler hat die Wahl aus verschiedenen Modi, nämlich Kooperativ und Konkurrenz, mit je zwei Missionen an der Zahl. Geht ihr gemeinschaftlich zu Werke müsst ihr beispielsweise ein Big Willy’s Restaurant gegen humanoide Angreifer schützen, im übrigen eine Mission, die es genau gleich auch im Singleplayer Modus bereits gibt. Geht ihr gegeneinander vor, so ist es eure Aufgabe mehr Signalpunkte einzunehmen als euer Gegenüber. Das geschieht durch simple Berührungen dieser Punkte, während ihr euren Gegner mit den bekannten Waffen in Schach zu halten versucht. Während man den kooperativen Modus wegen ausgeprägter Langeweile vermutlich nach dem ersten Anspielen nie mehr auswählen wird, so bietet die zweite Variante durch den Duellcharakter zumindest für eine begrenzte Zeit Unterhaltung. Unter einer „Fülle actiongeladener Missionen“ versteht man gemeinhin jedoch eigentlich etwas völlig anderes.
Steuerung
Besonderes Augenmerk gilt selbstverständlich immer auch der Steuerung, vor allem wenn eine Serie ihr erstes Stelldichein auf der Wii feiert. Die grundlegende Steuerung von Crypto ist klassisch gehalten und gut gelungen. Gesteuert wird mit dem Analogstick des Nunchuk, mit A ruft man das PK-Menü auf um beispielsweise in fremde Körper zu schlüpfen und mit B nimmt man die Gegner unter Beschuss. A und B zusammen aktivieren die PK-Trage, die Gegenstände und Gegner durch die Luft fliegen lässt. Ausserdem kann man mit dem Z-Knopf springen bzw. mit einem Jetpack durch die Level fliegen und mit der Pointerfunktion der Wiimote die Kamera bewegen. Bis auf die Kamerabewegung funktioniert die Steuerung problemlos und auch die etwas hakelige Pointerimplementierung geht nach einer Weile brauchbar von der Hand. Die Steuerung von Big Willy, die der von Crypto sehr ähnelt, ist ebenfalls gut gelungen. Die Probleme beginnen aber sobald unser Antiheld in seine fliegende Untertasse steigt, denn hier haben die Entwickler versucht die Bewegungssensorik der Wiimote zu nutzen, was leider gehörig in die Hose gegangen ist. Die Richtung des UFOs steuert man weiterhin mit dem Analogstick, doch Bewegungen nach oben und unten so wie die Drehung der Kamera geschehen durch Neigen der Wiimote. Zwar erkennt das Spiel meistens die Bewegung des Spielers, doch leider ist die Umsetzung nicht gerade feinfühlig. Vorallem bei der Bewegung nach oben bzw. unten sorgt die Kombination aus ungenauer Steuerung und schlechter Kameraposition dazu, dass man die Höhe des UFOs nur erahnen kann. Dass man zu niedrig war bemerkt man meistens erst dann, wenn z.B. mit Gegenständen, die unten am UFO hängend transportiert werden, gegen andere Objekte stößt. Dass dieser Umstand dann nicht selten zum Scheitern der Mission führt ist schnell frustrierend.
Grafik und Sound
Sowohl grafisch als auch musikalisch kann der Titel in unserem Test leider nicht überzeugen, denn verwaschene Texturen, aus dem Nichts auftauchende Objekte, Fehler im Leveldesign und eine quasi nicht vorhandene musikalische Untermalung geben ein rundum schwaches Bild ab. Dass sich die Entwickler solchen grafischen Schnick-Schnack wie ein Intro zum Spiel gespart haben kann man da getrost noch als das kleinste Übel bezeichnen.
Selbst für einen PS2-Port sieht das Spiel sehr durchschnittlich aus, und auch die wirklich gut gelungene deutsche Synchronisation kann da den Karren leider nicht mehr aus dem Dreck ziehen.
Fazit
Destroy All Humans! Big Willy: Entfesselt reiht sich in die Riege der durchschnittlichen Actionspiele für Nintendos Wii Konsole ein. Keine Frage, das Spiel macht Spaß und ist streckenweise auch wirklich lustig, beides läßt aber nach sehr kurzer Zeit stark nach. Die Missionen bieten zu wenig Abwechselung als dass sie den Spieler lange auf dem Sofa fesseln könnten, und Pox‘ flache Witze zehren nach einiger Zeit stark an den Nerven.
Da weder die Nebenmissionen noch der Multiplayermodus einen wirklichen Mehrwert bieten, kann man das Spiel nur Fans der Serie ohne Bedenken ans Herz legen. Alle anderen müssen selber entscheiden, ob der technisch und spielerisch mittelmäßige Titel das Geld wert ist.
Aber eines ist doch beruhigend, denn wenn die Aliens sich mit der Planung ihrer Invasion ähnlich wenig Mühe geben wie die Entwickler von Destroy All Humans! Big Willy: Entfesselt, dann wird das von uns keiner mehr erleben. Und das ist vielleicht gar nicht so schlecht …
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