Testbericht: Der Schattenläufer und die Rätsel des dunklen Turms
Was treibt ein Schatten eigentlich so, wenn er getrennt wird von seinem Körper? Und wie weit ist er bereit zu gehen, um diesen zurück zu bekommen? Fragen, die wir für euch geklärt haben. Willkommen im dunklen Turm …
Peter Pan ohne Peter Pan
Wir befinden uns auf einem hohen Turm in einem weit entfernten Land. Vor uns hängt ein kleiner Junge, dessen Gesicht wir nicht erkennen können, mit über der Brust gekreuzten Armen in der Luft. Eine düstere Figur tritt zu uns, die diese fast friedliche Szene mit einem großen Schwert durchbricht. Doch anstatt dem Jungen offensichtlich zu schaden, entledigt sie ihm sich nur seines Schattens, der lautlos zu Boden fällt. Diesen hebt der Unbekannte auf und schleudert ihn vom Turm herab.
So mysteriös beginnt das Spiel Der Schattenläufer und das Geheimnis des dunklen Turms. Nicht der Junge wird gespielt, sondern sein Schatten, der sich an nichts mehr erinnern kann. Alles, was er weiß, als er am Fuß des Turmes erwacht ist, dass sein Köper sich ganz oben befindet. Und dass er ihn zurück will. Also macht er sich, gemeinsam mit einer kleinen Fee, auf den Weg zurück nach oben. Anders als bei herkömmlichen Jump’n’Run, bewegt man sich jedoch nicht in der „normalen Welt“, sondern, wie der Name schon sagt, in deren Schatten. Anfangs ist das zwar noch etwas ungewohnt, was auch dazu führt, dass man sich bei Sprüngen leicht verschätzt, weil man auf die Plattform selbst achtet, anstatt auf ihren Schatten, aber nach ein paar Minuten hat man sich auch schon an das Ebenenspiel gewöhnt. Spätestens, wenn man mit dem gefundenen Schwert die erste Spinne töten muss, die ebenfalls nur als Schatten existiert, fängt man an den Vordergrund zu ignorieren.
Besonders anspruchsvoll sind Gegner wie die Spinne oder andere, weniger leicht zu identifizierende Monster, jedoch nie, soviel sei gleich gesagt. Hat man erst einmal das richtige Timing heraus, lassen sich diese mit ein paar Knopfdrücken ins Jenseits befördern. Jeder gefallene Feind gibt etwas Energie ab, die den schwachen Schattenjungen wieder etwas stärken und sogar Erfahrungspunkte geben, durch die man in der Lage ist, auch immer stärkere Monster zu bekämpfen.
Wie viel Energie der namenlose Schattenjunge aufnehmen kann, hängt von seinem Gewicht ab. Das wiederum hängt von den Erinnerungen ab, die er auf seinem Weg durch den dunklen Turm findet. Diese machen ihn nicht nur materieller und stärker, sondern sind tatsächliche kleine Erinnerungsschnippsel, die Hinweise darauf geben, was eigentlich geschehen ist, um unseren Schatten an diesen Punkt zu bringen.
Ein Sidekick, der keiner ist
Wie bereits erwähnt, ist auch immer eine kleine Fee an unserer Seite. Sie ist einer der Gründe, die das Spiel zu etwas Besonderem machen. Man könnte sogar fast sagen, dass sie die zweite spielbare Figur ist, die man gleichzeitig mit dem Schattenjungen durch den Turm lenkt. Richtet man die Remote auf dem Bildschirm, erscheint sie in der vorderen Ebene, lässt man sie sinken, schwebt sie als Schatten hinter dem Hauptcharakter her. Mit ihr kann man an verschiedenen Stellen teilweise versteckte Objekte im Vordergrund so verschieben und bewegen, dass deren Schatten neue Passagen eröffnen, die für das Fortkommen unvermeidlich sind. Manchmal kann man mit ihr sogar Lichtquellen verändern, die dafür sorgen, dass die Schatten beginnen anders zu fallen und ebenfalls neue Wege freimachen.
Nicht immer sind diese beweglichen Objekte leicht zu finden, aber das gehört zum Puzzlefaktor, der fast sogar noch größer ist, als der Jump’n’Run-Teil. Es gibt jede Menge Rätsel zu lösen, deren Schwierigkeitsgrad von sehr einfach bis zu durchaus kniffelig schwankt. Die beiden Spielsysteme greifen problemlos ineinander, so dass eine solide Basis entsteht.
Leider gibt es von hier an relativ wenig Abwechslung. Das Spiel macht zwar Spaß, aber auf Dauer wird es etwas zäh, da das Gameplay selbst sich kaum ändert. Es gilt verschiedene Level zu durchqueren und dabei immer wieder drei Monitoraugen zu finden, denn nur diese ermöglichen es, durch eine Schattenwand zu gehen und somit die nächste Etappe bestreiten zu können, bis man endlich an der Turmspitze angekommen ist …
Schöne, bunte Schattenwelt
Optisch wartet Schattenläufer in wechselnden Pastelltönen auf, die, je nach Position im Turm, mal heller und mal dunkler ausfallen. Sie wären, ohne Zweifel, schön anzusehen, wenn es denn auch alles saubere Animationen und Grafiken wären. Leider sind sowohl Vordergrund als auch Schatten oft pixelig und die Ränder ausgefranst. Bei einem Spiel, in dem gerade die Schatten so eine zentrale Rolle spielen, darf so etwas nicht sein.
Auch optisch gibt es, von wechselnden Farben und durch unterschiedliche Lichteinfälle, wechselnde Perspektiven, wenig Variation. Man bewegt sich durch den Turm und dieser besteht aus Mauern und Rohren in verschiedenen Formen, die sich jedoch nicht genug unterschieden, um auf Dauer interessant zu bleiben.
Worüber ich zur Abwechslung einmal nicht motzen kann, ist die Musik. Diese ist absolut atmosphärisch und passt sich perfekt der Grafik und Spielgefühl an. Sie ist leise und unaufdringlich und fängt nie an zu nervten. Auch die restlichen Soundeffekte passen optimal zu Spiel und Ambiente. So soll es sein.
Licht und Schatten
Schattenläufer hat, wie jeder Titel, seine Licht- und Schattenseiten (da, nun habe ich den unvermeidlichen Witz gemacht, auf den alle gewartet haben). Jedoch werden die Schwächen des Spieles durch seine Kreativität, seinen Charme und die ganz eigene Atmosphäre fast vollständig wieder wettgemacht. Das Spiel ist ein bisschen so, wie ich mir das Abenteuer von Peter Pans Schatten vorgestellt hätte, ohne die titelgebende Hauptfigur. Ein Schatten auf der Suche nach seinem Peter. Wie schon erwähnt, hat etwas mehr Abwechslung hätte sicher nicht geschadet, aber alles in allem ist Schattenläufer durchaus gelungen. Ein kleines, feines Spiel mit sehr viel Ausstrahlung und sehr viel Flair, bei dem sich die Anschaffung lohnt, wenn man Fan von Jump’n’Run und Rätseln ist und optisch einmal etwas Anderes geboten bekommen will.
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