Testbericht: Cooking Mama
Durch die bewegungssensitive Steuerung der Wii sind auf Nintendos aktueller Heimkonsole theoretisch ganz neue Spielgenres möglich. Leider zeigten sich bislang nur wenige Entwickler derartig kreativ und brachten den Spielern ihre Ideen näher. Eine erfrischende Ausnahme ist hierbei Taito, die mit „Cooking Mama“ ein bereits auf dem Nintendo DS erfolgreiches Format auch für Wii umsetzten. Aus unverständlichen Gründen schaffte es der Titel zwar nach Europa, nicht aber in unsere Breitengrade, da der für Europa zuständige Publisher „505 Games“ das Spiel einfach nicht in Deutschland veröffentlichte. Mit THQ fand sich nun nach etlichen Monaten doch noch ein Publisher, der auch deutsche Hobbyköche mit der dazugehörigen Software versorgt. Wir haben die Kochlöffel geschwungen und in unserem Testlabor um die Wette gekocht…
Willkommen in der Küche!
Das Grundprinzip von Cooking Mama ist denkbar simpel. Dem Spieler stehen allerlei Rezepte zur Verfügung, die der Reihe nach gekocht werden sollen. Schirmherrin der ganzen Chose ist die virtuelle Küchenchefin, die euch als „Mama“ vorgestellt wird. Der Titel des Spiels ist somit nicht ganz wörtlich zu nehmen, denn kannibalistische Gerichte stehen in Cooking Mama keineswegs auf dem Programm. Stattdessen gibt es kulinarische Köstlichkeiten aus aller Welt, die von euch nachgekocht werden wollen. Man darf sich dabei entscheiden, ob man im Einzelwettbewerb die Rezepte alleine für sich kochen oder sich mit einem CPU-Gegner aus dem jeweiligen Land messen möchte. Anfänger sollten sich für die erste Variante entscheiden, da man hier auch die Möglichkeit hat, die einzelnen Arbeitsschritte zu üben, bevor man sich in die virtuelle Küche wagt. Ein jedes Gericht ist nämlich in verschiedene Arbeitsschritte unterteilt, die allesamt der Reihe nach absolviert werden müssen. In der Regel beginnt man dabei je nach Gericht mit dem Schälen des Gemüses, dem Schneiden des Fleischs oder indem man den Kochtopf mit Wasser füllt. Nach und nach müssen die weiteren Zutaten zubereitet werden, bis es meist irgendwann zum Anbraten, Frittieren, Garen oder Kochen der Zutaten kommt.
Jeder Arbeitsschritt wird nach einem vorher festgelegten Punkteschema bewertet. Dabei zählt zum einen die Genauigkeit, mit welcher gearbeitet wurde, zum anderen läuft bei jedem Arbeitsschritt auch ein Zeitlimit ab, welches euch Bonuspunkte auf euer Konto bringen kann. Allerdings ist nicht bei allen Arbeiten das Erreichen eines Zeitbonus möglich. Das Kochen im Topf beispielsweise läuft so ab, dass auf einem automatisch durchlaufenden Balken die auszuführenden Aktionen – Umrühren, Zutaten zugeben, Temperatur regeln – angezeigt werden und zum richtigen Zeitpunkt durchgeführt werden müssen. Diese Aufgabe hat man erst dann bewältigt, wenn der Balken komplett durch- und das Zeitlimit damit abgelaufen ist. Hier hätte man sich das Zeitlimit also gleich sparen können. Anders sieht es dagegen bei einfacheren Tätigkeiten wie Schneiden, Raspeln, Schälen, Hacken und dergleichen aus. Wer hier schnell arbeitet, kann sich einen durchaus ordentlichen Bonus verdienen. Das saubere und genaue Arbeiten sollte dabei aber nicht vernachlässigt werden. Denn nur wer exakt arbeitet und keine Fehler macht, heimst für seine Tätigkeit eine Goldmedaille ein und verdient damit erneut satte 100 Punkte pro Arbeitsschritt. Kleinere Fehler bringen immerhin noch 50 Punkte und eine Silbermedaille, bei schwereren Vergehen wie beispielsweise dem Anbrennen lassen von Zutaten gibt es dagegen gar keine Punkte mehr.
Wurde ein Gericht komplett absolviert, erfolgt eine Schlussrechnung mit der finalen Vergabe einer Medaille. Leider wurde hier die Gewichtung sehr unausgewogen erstellt, denn selbst bei komplexeren Gerichten mit mehr als zehn Arbeitsschritten kostet euch ein einziger Fehler in der Zubereitung bereits die Goldmedaille. Für das Fortkommen im Spiel ist das allerdings nicht weiter tragisch, denn selbst wenn ein Gericht total misslingt, wird es dennoch als „gekocht“ abgespeichert. Immer wieder lassen sich so neue Rezepte freischalten, so dass aus den anfänglich nur mageren fünf Gerichten mit der Zeit über 50 Rezepte aus aller Herren Länder werden. Die Motivation alle Gerichte mit einer Goldmedaille perfekt zu absolvieren hält sich jedoch in Grenzen, da es im Einzelmodus keine weiteren Boni für den Spieler gibt. Hier kann man lediglich noch auf Punktejagd gehen, um seine eigenen Rekorde zu verbessern.
Etwas anders sieht es dagegen im Kochduell gegen einen Computerspieler aus. Hier wählt man zu Beginn den gewünschten Kontrahenten sowie das dazugehörige Gericht aus. Um hier erfolgreich zu sein, sollte man die erforderlichen Rezepte bereits zielsicher kochen können, um Fehler möglichst komplett zu vermeiden. Ansonsten wird man gegen den teils zwar langsamen, aber dennoch zielstrebigen CPU-Gegner durchaus die ein oder andere Schlappe hinnehmen müssen. Andererseits kommt es aber auch vor, dass euer virtuelles Gegenüber am Kochtopf gänzlich versagt und ihr mit einem haushohen Punktevorsprung den Sieg einfahrt. Hier wäre eine ausgewogenere Balance des Schwierigkeitsgrades angebracht gewesen und hätte so sicher für spannendere Duelle gesorgt. Aber immerhin lassen sich hier virtuelle Gegenstände für Mamas Küche freischalten, die dann unter dem entsprechenden Punkt betrachtet werden dürfen. Spannender wird es dagegen, wenn sich ein zweiter Spieler dazugesellt und sich eine Wii-Remote schnappt. Dann nämlich darf ein direktes Duell gespielt und somit gegeneinander angetreten werden. Im horizontal geteilten Splitscreen kochen beide Spieler das vorher gewählte Rezept und wetteifern um den Highscore. Wer die meisten Punkte erzielt, trägt natürlich den Sieg davon.
Schwing den Kochlöffel!
Auf den ersten Blick scheint Nintendos Wii perfekt geeignet zu sein für einen Titel wie Cooking Mama. Die Wii-Mote dient als Ersatz für den Kochlöffel, die Pfanne oder das Messer und kommt bei den erforderlichen Arbeitsschritten auch entsprechend zum Einsatz. Während also in den Menüs noch recht konventionell über die etwas langsam ansprechende Pointerfunktion navigiert wird, gestaltet es sich in den Kochduellen dagegen interessant. Zum Raspeln der Zutaten beispielsweise ist es notwendig die senkrecht gehaltene Wii-Remote entsprechend schnell nach links und rechts zu bewegen und immer wieder abzuklopfen, damit man weiter reiben kann. Das Hacken der Zutaten erfordert schnelles Klopfen nach unten, zum präzisen Schneiden dagegen muss die Wii-Remote entsprechend geführt werden. Allerdings kann hier nicht nach Lust und Laune geschnitten werden, sondern die Zutaten werden immer an den vorgegebenen Stellen zerteilt. Ebenso sieht es beim Schälen aus, bei dem die Wii-Mote immer von oben nach unten wie ein Schäler geführt werden muss. Leider macht sich hier die etwas schludrige Arbeit der Programmierer bemerkbar, denn nicht alle Tätigkeiten können exakt ausgeführt werden. Gerade das Schälen sorgt bei vielen Spielern sicher immer wieder für Frust, da zu oft komplett neu von oben angesetzt werden muss, um einen bereits angefangenen Streifen zu Ende schälen zu können. Andere Aufgaben wie das Auskippen von Nudeln oder Reis aus einem Topf verkommen ebenfalls oft zum reinen Glücksspiel. Das Fehlen einer wirklichen Kipp-Animation des Topfes lässt den Spieler im Unklaren darin, inwieweit er die Wii-Mote noch weiter kippen soll oder nicht. Mit einem Mal kippt dann nämlich der Topf um und schüttet seinen Inhalt aus. Hier kann man zwar durch Ausprobieren herausfinden, wie genau die Remote zu halten ist, Neulinge werden dabei aber konsequent scheitern und Frusterlebnisse erleiden.
Ebenso sieht es bei heiklen Angelegenheiten wie dem Aufschlagen von Eiern aus. Auch hier wird man nach einigem Ausprobieren selbst herausfinden müssen, wie stark man die Wii-Mote schlagen muss. Doch selbst wenn man jedes Ei mit derselben Intensität aufschlägt, so hat man hier immer wieder das Gefühl, als würde die Steuerung unterschiedlich stark ansprechen. Mal klappt die Aktion, mal nicht. Das ist gerade deswegen erst recht ärgerlich, weil man für auf den ersten Ansatz aufgeschlagene Eier einen Punktebonus erhält, den es nach einem gescheiterten Versuch nicht mehr gibt. Leider sind auch die Hinweise vor den einzelnen Arbeitsschritten immer nur recht spärlich gehalten und verraten mit Abkürzungen gespickt, was genau zu tun ist. Oftmals hilft auch in diesen Fällen nur ein Experimentieren weiter. Insgesamt bietet die Steuerung von Cooking Mama somit zwar gute und interessante Ansätze, hätte aber noch viel Verbesserung im Detail nötig gehabt. Etliche Aktionen sind nur schwer auszuführen oder werden nur mit Glück korrekt erkannt. Zu oft reagiert die Steuerung zu träge oder unpräzise. Der Einzelspieler wird sich bei entsprechender Motivation wohl dennoch mit den Tücken der Steuerung anfreunden und mit der Zeit damit umzugehen wissen. Im Duell mit einem zweiten Spieler müssen immerhin beide Zocker mit denselben Problemen kämpfen, was für ausgeglichene Wettbewerbsbedingungen sorgt. Dennoch wäre es natürlich schön gewesen, wenn die Programmierer mehr Wert auf die Steuerungsdetails gelegt hätten.
Das Auge isst mit!
Soll dieser Satz auch im Falle von Cooking Mama zutreffen, kann man nicht gerade von einem Festmahl sprechen. Man merkt dem Titel an, dass er zuerst für den Nintendo DS erschien, denn es wirkt schon fast so, als hätte man die Engine einfach auf die Wii portiert. Der japanophile Anime-Stil wurde dabei beibehalten und so kommt es, dass die technischen Möglichkeiten der Konsole nicht einmal ansatzweise ausgenutzt werden. Knallbunte Bitmap-Grafiken erstrahlen soweit das Auge reicht, wurden allerdings recht grob gezeichnet und sind daher nicht immer ansehnlich. Die Animationen sind spärlich ausgefallen und wirken oftmals etwas abgehackt, teils sehen aber immerhin die zum Einsatz kommenden Lebensmittel einigermaßen realistisch aus. Ansonsten hält sich das Game, auch was die Präsentation betrifft, ziemlich zurück. Immerhin wird alles in sich stimmig in einem einheitlichen Stil dargeboten. Nippon-Fans werden sich mit der Optik sicherlich anfreunden können, auch wenn diese genauso auf dem DS möglich gewesen wäre. Wenigstens werden der 60 Hz-Modus sowie 480p unterstützt und das Game läuft im 16:9-Format.
Ebenfalls recht zwiespältig erklingt der Sound des Titels. Die üblichen Küchengeräusche wie das Anbrutzeln in der Pfanne, das Schnippeln der Zutaten und dergleichen mehr sind in der Tat gelungen. Diese Sounds wirken authentisch und unterstützen wirklich das Gefühl sich in einer virtuellen Küche zu befinden. In Sachen Hintergrundmusik ist es aber schnell vorbei mit der Herrlichkeit. Denn die dudelnde Musikuntermalung geht dem Spieler relativ schnell auf den Senkel. Noch schlimmer ist aber die Sprachausgabe, die von einer vollkommen talentfreien Sprecherin verbrochen wurde. Mit übelstem Nippon-Akzent werden dem Spieler Aussprüche wie „Do not mind!“ wenn etwas schief geht vorgekaut. Der Abschuss ist aber das bei einem erfolgreichen Absolvieren ertönende „Wonderful! Better than Mama!“ – denn dieser Satz wird dermaßen oft abgespielt und in einer Tonlage vorgetragen, dass man sich binnen kürzester Zeit dabei nur noch die Haare raufen möchte. Viel Fantasie ist auch vonnöten, wenn man im Duell gegen den Computer die Begrüßungsformeln der Charaktere verstehen möchte. Diese werden nämlich in der jeweiligen Landessprache vorgetragen, aber offenbar allesamt von derselben Sprecherin, die dank ihres Akzents eher erahnen lässt, was da gesagt werden soll. Viel mehr Sound gibt es nicht, denn auch in dieser Beziehung wird eher spartanische Kost geboten.
Fazit
Eigentlich ist Cooking Mama weder Fisch noch Fleisch: Der Einzelspielermodus bietet nur bedingte Motivation und kaum erwähnenswerte Extras. Der Mehrspielermodus sorgt immerhin mit einem zweiten potenziellen Küchenchef an der Wii-Remote kurzzeitig für Laune, da hier beide Parteien mit denselben Tücken kämpfen. Diese sind neben der technisch schwachen Präsentation vor allem die teils hakelige und ungenaue Steuerung sowie die unausgegorene Spiebalance. Dennoch fesselt das von Taito programmierte Game immer wieder vor die Konsole und ein paar Rezepte sind binnen weniger Minuten schnell gekocht. Vor allem für Freunde ungewöhnlicher Konzepte ist Cooking Mama deswegen, trotz der erwähnten Kritikpunkte, einen Blick wert. Alle anderen sollten dagegen einen Bogen um den Titel machen oder vielleicht beim bereits angekündigten Nachfolger einen erneuten Blick riskieren und hoffen, dass Taito hier die kritisierten Punkte ausgebessert hat.
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