Testbericht: Calling
Es wird wieder gruselig auf der Wii! Nach „Silent Hill: Shattered Memories“ und „Fragile Dreams: Farewell Ruins of the Moon“ wird das Horror-Genre um ein weiteres Spiel aufgestockt: „Calling“ heißt das neue Werk von Entwickler Hudson, welches euch das Fürchten lehren soll. Ob das gelungen ist, erfahrt ihr im folgenden Review.
Das Mysterium der „Schwarzen Seite“
Eine Website, auf der nichts weiter zu sehen ist als ein Besucherzähler. Harmlos könnte man meinen – doch nicht so bei Calling. Es kursieren nämlich jede Menge Gerüchte über diese Internetseite und immer mehr Neugierige möchten wissen, was an ihnen dran ist. Es heißt, Menschen die von der Dunkelheit getrieben werden, gelangen von dieser Schwarzen Seite aus in einen Chatroom und erhalten von dort wiederum einen Ruf aus den Tiefen. Dadurch treten sie in den sogenannten „Mnemonischen Abgrund“ und wandeln ab dann für immer zwischen Leben und Tod…
Vier gänzlich unterschiedliche Charaktere müssen bereits nach kurzer Zeit feststellen, dass an dieser Legende etwas Wahres dran ist. Sobald ihr euch diese Vorgeschichte als Filmsequenz angesehen habt, liegt das Schicksal der Betroffenen in eurer Hand. Dabei spielt ihr zwar jeden Charakter abwechselnd, die Hauptperson ist jedoch eine College Studentin namens Rin Kagura, die versucht ihre verschollene Freundin wiederzufinden. Auch die Anderen haben, egal ob aus reiner Neugierde oder Sehnsucht zum verstorbenen Ehemann, die unterschiedlichsten Gründe, warum sie die „Schwarze Seite“ besucht haben.
Immer schön gelassen bleiben…
Ihr befindet euch also nun in diesem mysteriösen Abgrund und das erklärte Ziel ist, irgendwie aus dieser Zwischenwelt zu flüchten. Leichter gesagt als getan, denn die Umgebung ist düster und ihr seid meist die einzige, noch lebende Gestalt weit und breit. Hinzu kommen noch angriffslustige Geister die versuchen, euch das Leben schwer zu machen. Am besten wehrt ihr euch gegen sie, wenn ihr im richtigem Moment den A-Knopf der Wiimote drückt. Sollte das Ausweichmanöver daneben gehen, müsst ihr die Fernbedienung schütteln, um die ungebetenen Wesen loszuwerden. Ganz eliminieren lassen sich die Biester allerdings nicht, denn in Calling kommen keinerlei Waffen zum Einsatz. Will man einem erneuten Angriff entgehen, bleibt nur die Flucht an einen anderen, scheinbar sicheren Ort.
Wichtig ist, dass ihr Rin und Co. auf keinen Fall zu lange in Aufregung versetzt. Deshalb solltet ihr auf jeden Fall darauf achten, wie ängstlich die Person gerade ist. Zeigen sich auf der Anzeige grüne Pulsschläge ist euer Charakter noch einigermaßen relaxed, sobald sich diese aber rot färben, solltet ihr schnell abhauen, denn ansonsten heißt es „Game Over“. Nach ein paar Sekunden Erholung geht der Puls schnell wieder runter, und ihr seid bereit um auf das nächste Ungetüm zu treffen.
Apropos Puls: Während man so durch die dunklen Räume wandert, die im besten Fall lediglich durch den Schein der Taschenlampe erhellt werden und man nichts weiter als ein gelegentliches Knacken vernimmt, schafft es Calling sogar, den eigenen Plus kurzzeitig an machen Stellen in die Höhe zu treiben. Denn gerade wenn ihr an nichts Böses denkt, taucht auf einmal direkt vor euch das Gesicht eines Geists auf, oder es schnellt eine Hand aus einem Getränkeautomaten hervor. Anfangs mag man davon noch überrascht sein, aber mit Fortschreiten des Abenteuers lässt der Überraschungseffekt deutlich nach. Zwar sind solche Elemente unverzichtbar für ein Horror-Game, jedoch bedienen die japanischen Entwickler hier so ziemlich jedes Klischee.
Calling spielt sich wie ein typisches Point & Click Adventure im Japano-Stil und eure Hauptbeschäftigung ist es, durch verschiedene Locations zu laufen und nach dem nächsten Hinweis zu suchen oder den weiteren Weg ausfindig zu machen. Durch Anklicken und Untersuchen von Objekten wie Schränke oder Schubladen lässt sich oft der nächste Tipp finden, zum Beispiel in Form eines Notizzettels. Im Großen und Ganzen wäre damit das Spielprinzip erklärt, denn wirklich viel Abwechslung gibt es nicht. Oftmals sucht man nach der Nadel im Heuhaufen, weil es unzählige Möglichkeiten gibt, in denen etwas Brauchbares versteckt sein könnte. Aus diesem Grund müsst ihr ziemlich viel Geduld an den Tag legen, um nicht irgendwann frustriert aufzugeben.
Willkommene Abwechslung bieten immerhin verschiedene Rätsel, die es zu knacken gilt. So muss man beispielsweise ein Schiebepuzzle lösen, die Zahlenkombination eines Tresors herausfinden, oder Voodoo-Puppen in die richtige Reihenfolge bringen, um sich den Weg freizuräumen. Meist sind diese Aufgaben aber leicht zu meistern und sorgen somit nur kurzzeitig für Unterhaltung.
Wiimote + Handy = „wiiPhone“
Die Steuerung erfolgt grundsätzlich mit Wiimote und Nunchuk. Während ihr in der Ego-Perspektive spielt, dient eure Fernbedienung als Pointer, mit dem ihr euch in alle Richtungen umseht. Den Nunchuk verwendet man zum Laufen und durch Drücken des C-Knopfes ist es möglich, in die Hocke zu gehen. Habt ihr es eilig und wollt rennen, so könnt ihr den Z-Knopf betätigen. Türen und Schränke lassen sich durch eine Bewegung der Wiimote öffnen.
Leider trägt die Ungenauigkeit der Steuerung einen ziemlich großen Teil dazu bei, dass Calling einige Pluspunkte abgeben muss.
Ein nettes Feature im Spiel ist, dass die Wii Remote nicht nur als Pointer sondern ebenfalls als eine Art Telefon dient. Dabei haben sich die Entwickler den integrierten Lautsprecher zu Nutze gemacht indem dieser, jedes Mal wenn ihr einen Anruf erhaltet, klingelt. Außerdem hört man auch die Stimme des Anrufers daraus, sodass man die Fernbedienung wie ein Handy an das Ohr hält, um etwas verstehen zu können.
Aufgrund der Tatsache, dass sich die gesamte Story an verschieden Locations, wie zum Beispiel einer verlassenen Schule, einem Kranken- oder Wohnhaus abspielt, bietet das Handy eine ganz praktische Funktion: Durch Wählen bestimmter Nummern könnt ihr euch von einem Ort zum anderen teleportieren. Der Nachteil ist aber, dass das Gerät im vorherigen Gebäude bleibt und ihr immer wieder ein neues finden müsst.
Wie auch in der realen Welt geht ohne Handy gar nichts. Denn in manchen Situationen hilft es euch entscheidend weiter, wenn beispielsweise Anrufe oder Nachrichten von Geistern empfangen werden, die den nächsten brauchbaren Tipp liefern. Gelegentlich kommt es außerdem vor, dass diese nur anrufen um euch Angst einzujagen. Die integrierte Aufnahmefunktion entschlüsselt geheimnisvolles Rauschen und wandelt es in Gespräche um, sodass man sie verstehen kann. Vielleicht hätten die Sprecher der deutschen Fassung aber noch ein wenig üben sollen, denn wirklich glaubwürdig kommen sie selten rüber. Für alle, die Japanisch verstehen, bietet sich übrigens die Möglichkeit die Sprache zu wechseln. Wer weiß, vielleicht ist die Umsetzung der Sprachausgabe hier besser gelungen…
Solltet ihr euch gerade einmal nicht zurechtfinden, steht euch eine Karte zur Verfügung in der die jeweiligen Räume und Gänge eingezeichnet sind, sowie euer momentaner Standort ersichtlich ist. Die gesammelten Hinweise, Briefe und Telefonnummern befinden sich in der Akte – so könnt ihr immer wieder darauf zurückgreifen.
Seid ihr im Spiel etwas weiter fortgeschritten, könnt ihr euch in der Galerie umsehen. Hier lassen sich zum Beispiel alle Charaktere als 3D-Modelle betrachten, die bisherigen Filmsequenzen noch einmal ansehen oder die Gespräche der Geister erneut anhören. Des weiteren bietet sie zusätzliche Funktionen, die sich nur durch die Eingabe der im Spiel versteckten Passwörter freischalten lassen.
Grafik und Sound
Wie es sich für ein Horror-Game gehört, ist Calling düster ausgefallen, das täuscht aber nicht über die recht detailarme Grafik und die matschigen Texturen hinweg. Ein wenig mehr Dynamik hätte den Protagonisten ebenfalls nicht geschadet. Manchmal stehen sie recht unbeweglich da, was aber offensichtlich weniger mit Angstzuständen zu tun hat.
Die vorkommenden Filmsequenzen, welche am Ende eines Kapitels oder auch mal dazwischen zu sehen sind, bieten eine leicht bessere Grafik als im Spiel selbst und sind nett anzusehen. Lediglich die deutsche Synchronisation ist nicht gelungen, aber das lässt sich verschmerzen.
Auch am Sound wurde generell gespart, was der gesamten Atmosphäre jedoch zugute kommt. Was braucht man mehr, als quietschende Türen, leise Schritte oder manchmal einfach nur eine gespenstische Stille?
Fazit
Bei diesem Spiel werden jegliche typischen Horror-Klischees bedient, die Steuerung ist zu ungenau geraten und die Grafik ist enttäuschend. Aufgrund des recht linearen Spielverlaufs, macht sich bereits nach kurzer Zeit so etwas wie Routine breit. Aber Calling hat auch seine guten Seiten: Neben der gespenstischen Atmosphäre, die sich durch das Spiel zieht, ist die Idee aus der Wiimote ein Handy zu machen, ebenso gelungen. Die Story ist interessant, weshalb es sich trotz der Schwächen lohnt bis zum Schluss durchzuhalten. Anfangs verspricht das Spiel wirklich unterhaltsam zu werden. Leider bietet es unter dem Strich zu wenig Abwechslung, sodass der Spielspaß deutlich nachlässt. Freunde des Horror-Genres können jedoch gerne einen Blick darauf werfen und werden die ersten Stunden sicherlich ihren Spaß daran haben.
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