Testbericht: Boom Blox

Im letzten Jahr kündigte Steven Spielberg an, dass er sich um die Entwicklung eines Videospiels bemühen würde. Erscheinen sollte der Titel für Nintendos Wii, da er von deren Bewegungssensorik mehr als angetan war. In Zusammenarbeit mit Electronic Arts wurde so das Puzzlegame „Boom Blox“ entwickelt und nun auf die spielende Gemeinde losgelassen. Wir haben uns die Wiimote gegriffen und für euch herausgefunden, was der Titel wirklich taugt…

This is Hardcore!

Das Grundprinzip von Boom Blox ist mehr als simpel: Spielberg wollte ein Game erschaffen, welches er jederzeit mit seinen Kids spielen könne. Wer nun allerdings hinter dem Titel einen stinknormalen Puzzler für die Casual-Crowd vermutet, ist schief gewickelt. Natürlich wirkt Boom Blox auf den ersten Blick wie ein herkömmliches Puzzlespiel und spricht durch seinen einfachen Einstieg nun mal auch Gelegenheitszocker an. Doch in Wahrheit steckt viel mehr hinter dem Titel, als man vermuten würde. Doch warum dreht sich denn das Game nun eigentlich? Nun, das ist leicht gesagt und dennoch schwer erklärt. In Boom Blox geht alles um die Zerstörung von vorgefertigten Bauten aus Blöcken. Bevor wir uns dabei den verschiedenen Spielmodi widmen, sollten vielleicht zuerst einmal die verschiedenen Aktionsmöglichkeiten beleuchtet werden. Man kann mit verschiedenen Bällen werfen, um so die Blöcke mit einem geschickten Wurf vom Stapel zu befördern. Die Wurfwerkzeuge reichen dabei von normalen Bällen bis hin zu massiven Bowlingkugeln, die allesamt verschiedene Eigenschaften besitzen. Das zweite zur Verfügung gestellte Werkzeug sind die Projektilwaffen, mit denen geballert werden darf. Hier reicht das Spektrum vom Laser bis hin zur Wasserpistole. Zuletzt hat man noch ein Greifwerkzeug, mit denen einzelne Blöcke geschnappt und mit mehr oder weniger ruhiger Hand aus dem Stapel gezogen werden dürfen.

In den über 300 Levels des Games kommen allerdings nicht alle Werkzeuge zeitgleich zum Einsatz. Jede Stage hat eine bestimmte Thematik und so hat der Spieler auch nur immer eine der drei Möglichkeiten (Werfen, Schießen, Greifen), um das vorgegebene Ziel im Level zu erreichen. Um mit der Zerstörung erfolgreich zu sein, gilt es die verschiedenen Blöcke in den Stages zu kennen und sich deren Vorteile zu Nutzen zu machen. Neben normalen und unbeweglichen Blöcken gibt es auch allerlei Blöcke mit besonderen Fähigkeiten. Edelsteine glitzern und funkeln miteinander um die Wette und müssen meist komplett aus dem Level gekickt werden, um das Ziel zu erreichen und das Punktekonto klingeln zu lassen. Strafblöcke dagegen sollten möglichst nicht aus der Konstruktion nach unten fallen, da dem Spieler der auf ihnen abgebildete Punktewert sonst vom Konto abgezogen wird. Natürlich sind diese oftmals so platziert, dass sie leicht ins Wanken kommen und in die Tiefe purzeln, wenn man nicht präzise zu Werke geht. Bomben explodieren sobald sie getroffen wurden und reißen durch ihre Sprengkraft die Blöcke in ihrer unmittelbaren Umgebung mit sich. Chemikalien dagegen reagieren nach einem größeren Fall oder wenn sie mit anderen Chemikalienblöcken in Berührung kommen. Violette Blöcke verschwinden nach einem Treffer, Wolkenblöcke trotzen der Schwerkraft, Eisblöcke rutschen von anderen Blöcken und Objekten ab und so weiter.

Wer den Einstieg in die ersten Levels des Spielmodus „Entdeckung“ wagt, wird dort nach dem Bestreiten des Tutorials langsam aber sicher an den Umgang mit den verschiedenen Blöcken gewöhnt. Die verschiedenen Puzzles sind dabei vorgegebene Bauten aus Klötzchen und Blöcken, die unter bestimmten Bedingungen abgeräumt werden müssen. Je nachdem mit wie wenigen Würfen man dies bewerkstelligt, erhält man so eine Bewertung zwischen Bronze und Gold. Wurde ein Level erfolgreich bestanden, wird das nächste Puzzle freigeschaltet und man darf weitermachen. Die Stages sind dabei von vornherein bestimmten Thematiken zugeordnet, so dass man mit jeder Art Blöcke mehrere Puzzles zu bestreiten hat. Die Puzzles werden dabei von Mal zu Mal stets anspruchsvoller. Nicht immer ist die offensichtlichste Lösung auch diejenige, die zum Erreichen des Goldrankings führt. Manchmal muss man durchaus etwas experimentieren und auf den ersten Blick eigenartig erscheinende Würfe wagen, um letztlich zum Erfolg zu kommen. Man darf sich also durchaus das Hirn zermartern, um die Stages mit der besten Bewertung abzuschließen. Da man an bestimmten Punkten für absolvierte Stages und erreichte Goldbewertungen neue Extras freigeschaltet bekommt, wird so die Motivation für den Einzelspieler auch über einen längeren Zeitraum hinweg sicher gestellt. Die Schusslevels erfordern das Abballern von Punkteblöcken, sind allerdings nicht so zahlreich vertreten. Das ist jedoch nicht weiter schlimm, da das Feuern über die Wiimote ein wenig aufgesetzt wirkt. Ganz anders dagegen sieht es beim Einsatz des Greifwerkzeugs aus. In diesen Stages ist eine ruhige Hand gefragt und man muss ganz Jenga-like Blöcke aus dem vorgegebenen Stapel ziehen. Natürlich darf die vorgegebene Konstruktion nicht zum Einsturz gebracht werden. Der Einsatz der speziellen Blöcke bringt auch hier die nötige Würze ins Spiel. Sind die ersten Levels für den Einstieg kinderleicht, beißt man sich in den späteren Stages durchaus die Zähne aus.

Ähnlich funktioniert die Sache im Modus „Abenteuer“. Im Prinzip handelt es sich dabei ebenfalls um vorgegebene Puzzles, die gelöst werden wollen. Anders ist hierbei nur, dass man die Stages mit einer kleinen Story miteinander verknüpft. Dabei kommen auch die verschiedenen Charaktere des Spiels zum Einsatz – in Blockform dargestellte Tierfiguren mit so seltsamen Namen wie Benni Biberstiefel, Bobby Brummpetz oder Betsy Muh. Kurze Videosequenzen mit den nett gezeichneten Charakteren bringen euch die jeweilige Geschichte näher (wenngleich diese in der Regel recht belanglos ist) und führen euch von Puzzle zu Puzzle. Erfolge im „Abenteuer“-Modus schalten euch zusätzliche Stages frei, zudem werden wie im „Entdeckungs-Modus“ auch neue Gegenstände für den „Erstellen“-Modus freigegeben. „Erstellen“? Ja, denn Boom Blox bietet einen mehr als ausführlichen Level Editor. Jedes einzelne Puzzle aus dem Game darf dabei nach eigenem Gutdünken umgestaltet und so gespeichert werden, um es mit Freunden zu teilen. Wer will, darf sich aber auch seine eigenen Puzzles aus dem Nichts heraus erschaffen. Dabei ist es egal, ob es um eine möglichst tolle Optik mit vielen Effekten, bzw. beeindruckenden Bauten geht oder ob man wirklich ein kniffliges Rätsel erstellen möchte. Die Möglichkeiten des Editors sind nahezu unbegrenzt. „Nahezu“, denn leider hat man sich nicht ganz an den Toyota-Leitspruch „Nichts ist unmöglich“ gehalten. Die leider nicht unendlich große Rechenkapazität der Wii beschränkt euch beim Bauen auf eine gewisse Anzahl an Blöcken. Sonderblöcke und die einzelnen Charaktere, die allesamt ebenfalls besondere Fähigkeiten haben, brauchen dabei mehr Kapazitäten und sollten etwas sparsamer eingesetzt werden. Die Beschränkungen sind zwar vorhanden, sollten euch allerdings nicht übermäßig am fleißigen Konstruieren hindern. Dank einer Unterstützung der WiFi Connection lassen sich die erstellten Stages mit anderen Spielern tauschen. Schade ist dagegen, dass man dabei nicht noch einen Schritt weiter gegangen ist und weltweite Ranglisten sowie Mehrspieler-Duelle integriert hat.

Alles im Griff?

Damit ein Titel nicht nur Hardcorezocker, sondern auch Gelegenheitsspieler anspricht, ist eine einsteigerfreundliche Steuerung unabdingbar. Dies wurde in Boom Blox perfekt gelöst, denn binnen Sekunden ist die Steuerung erlernt. Über die Pointerfunktion der Wii wird der Cursor pixelgenau gesteuert. Man wählt so beim Werfen aus, wohin man zielen möchte, fixiert seine Wahl mit dem A-Button und ahmt dann mit der Wiimote eine Wurfbewegung nach. Lässt man den A-Button los, wird der Wurf ausgeführt. Über die integrierten Beschleunigungssensoren wird die Stärke des Wurfs gemessen, die vom leichten Werfen bis hin zum kraftvollen Schmettern reichen kann. Ein wenig Fingerspitzengefühl ist also auch beim Werfen gefragt. Die Kamera dreht man übrigens, indem man den B-Button gedrückt hält und über die Pointerfunktion der Wiimote navigiert. Was so simpel klingt, entpuppt sich im finalen Spiel als absolut geniale Lösung. Mit dieser einfachen und dennoch effektiven Steuerung lässt sich alles optimal im Griff haben. Anfänger kommen in kurzer Zeit gut damit zurecht und Profis werden die pixelgenaue Steuerung in den späteren, komplexeren Levels zu schätzen wissen.

Im Mehrspieler-Himmel?

Besondere Aufmerksamkeit möchte ich im Falle von Boom Blox noch dem Mehrspieler-Modus zukommen lassen. Wo Puzzlegames nämlich sonst oftmals nur auf den Einzelspieler ausgerichtet sind, bietet Steven Spielbergs erstes Videogame weit mehr. Sein Vorhaben ein Spiel für die gesamte Familie auf die Beine zu stellen ist jedenfalls geglückt. Doch Boom Blox wird nicht nur durch seine Einsteigerfreundlichkeit die Gelegenheitsspieler vor die Konsole locken, sondern sollte auch Scharen an Hardcorezockern vor dem Screen versammeln, um in heißen Wettkämpfen gegeneinander anzutreten. Der Mehrspieler-Modus ist dabei wahnsinnig umfangreich und bietet die unterschiedlichsten Spielmodi. Kooperativ oder kompetitiv darf mit bis zu vier Spielern angetreten werden, wobei das Spektrum der Puzzles ebenso groß ist wie für den Singleplayer. Den Anfang machen einfache Stapel aus Punkteblöcken, wobei jeder Spieler reihum einen Wurf hat. Die vom Stapel beförderten Blöcke werden dem eigenen Punktekonto gut geschrieben und wer nach Abräumen des Stapels die meisten Punkte auf seinem Konto für sich verbuchen kann, wird zum Sieger erklärt. Genial dabei ist, dass man nicht nur einzelne Stages auswählen, sondern die einer jeweiligen Thematik zugeordneten Stages der Reihe nach spielen kann, wobei jeweils die bisher erreichten Punkte weitergezählt werden. Darüberhinaus gibt es Belagerungs-Levels, in denen man mit einer bestimmten Anzahl an Würfen die schön aufgebaute Burg seinen Kontrahenten zum Einsturz bringen muss. Hierbei gibt es die Varianten, in denen man entweder abwechselnd oder im Splitscreen zeitgleich werfen darf. Wer gerne schießen möchte, darf entweder mit dem Laserstrahl auf Punktejagd gehen oder mit der Wasserpistole auf Blöcke schießen. Die beiden Spieler stehen sich dabei quasi auf den beiden Seiten einer Blockwand gegenüber und müssen die Punkteblöcke mit dem Wasserstrahl jeweils in die Hälfte des Gegners befördern. Abgerundet wird der Mehrspieler-Modus von den Puzzles, in denen das Greifwerkzeug zum Einsatz kommt. Wer Jenga kennt, kann sich in etwa vorstellen, wie das Ganze dann abläuft. Reihum zieht man aus dem Stapel an Klötzchen und Blöcken jeweils einen Block heraus und erhält dafür Punkte. Wer weitere Blöcke zum Fallen bringt erhält Punktabzug und wer den oben auf dem Stapel positionierten Strafblock zum Herabfallen bringt, darf mit einem satten Minus auf seinem Punktekonto rechnen. Interessanter wird diese Spielvariante noch dadurch, dass es später einen Farbwürfel gibt, mit denen unter Umständen die Farbe des nächsten zu entfernenden Blocks vorgegeben wird. Vor allem mit mehreren Spielern vor der Konsole artet so Boom Blox zum schadenfrohen Mehrspieler-Spektakel aus, das die Zocker stundenlang vor die Konsole fesseln kann. Gemäß dem Motto „Na, eine Runde geht noch!“ ertappt man sich immer wieder dabei, dass man doch viel mehr Zeit mit dem Game verbringt, als man es eigentlich vor hatte. Und dies gilt nicht nur für den Mehrspieler-Modus, sondern macht sich ebenso in den Puzzles des Singleplayer-Modus bemerkbar.

Knuddel-Optik?

Dass Boom Blox auf den ersten Blick nach einem reinrassigen Casualtitel in Knuddeloptik aussieht, sollte den geneigten Vielspieler nicht davon abhalten dem Spiel eine Chance zu geben. Die teils minimalistische Optik ist im Falle des Spielberg-Games einfach Mittel zum Zweck. Mangels Rechenpower der Konsole war es offenbar nicht möglich, aufwändigere Texturen auf die Blöcke zu zaubern. Das merkt man vor allem dann, wenn bei größeren Stapeln oder riesigen Explosionen die Engine kurzzeitig ins Ruckeln kommt und Slowdowns den technischen Eindruck des Spiels etwas trüben. Auf der anderen Seite wird durch die schlichte Optik die Übersichtlichkeit zu jeder Zeit gewahrt, was im Endeffekt wohl wichtiger ist als optisch ansprechende Explosionen, Flammen, Rauch, Spiegel- oder Partikeleffekte. Anti-Aliasing wäre dennoch schön gewesen, da gerade bei den vielen vorkommenden Blöcken die Treppchenbildung an den Kanten einfach unschön aussieht. Ziemlich stylish dagegen sind die einzelnen Charaktere in Blockform, die einfach zum Stil des Games passen. Sie kommen in den Zwischensequenzen des „Abenteuer“-Modus vor und stehen sogar in den normalen Stages hüpfen am Rand herum. Werden sie von einem geworfenen Ball oder einem entfernten Block getroffen, wirbelt es sie ebenfalls durch die Gegend und man darf ihren Stimmen lauschen.

Dabei sind wir schon beim nächsten Punkt angelangt, dem Sound. Dieser ist ebenfalls passend ausgefallen. Die Soundeffekte sind stimmig und wo einmal die Explosionen der Bomben scheppern, gibt es im nächsten Moment den entfernten Schrei einer von einem umher fliegenden Block getroffenen Kuh am Spielfeldrand zu hören. Hinzu kommen lockere, beschwingte Hintergrundmusiken, die den Spieler in den einzelnen Stages unterhalten. Die Melodien sind dabei den Thematiken der einzelnen Stages (Mittelalter, Wilder Westen, Geisterhaus, etc.) angepasst und gehen teils wirklich gut ins Ohr, so dass man bald schon mitsummt. Insgesamt macht Boom Blox jedenfalls einen in sich stimmigen Gesamteindruck.

Fazit

Mit Boom Blox hat Steven Spielberg das erste Hardcorespiel für Casual Gamer geschaffen. Durch die simple Steuerung fällt der Einstieg leicht, die im Verlauf des Games immer knackiger werdenden Rätsel werden jedoch auch erfahrenen Spielern das Hirnschmalz zum Kochen bringen. Die einfache und dennoch geniale Idee des Titels überzeugt von der ersten Sekunde und dank unzähliger Extras und dem umfangreichen Level Editor wird man stundenlang mit Boom Blox beschäftigt sein, selbst wenn die Shooter-Stages etwas aufgesetzt wirken. Da das Game sich auch im Mehrspieler-Modus als absolute Spaßgranate entpuppt, kann man Electronic Arts und Spielberg nur gratulieren. Eine derart geniale Idee verbunden mit der nahezu perfekten Spielbarkeit und der in sich stimmigen Präsentation war man bisher in der Regel nur von Nintendo selbst gewohnt. Boom Blox zeigt jedoch eindrucksvoll, dass auch Third Party-Entwickler zu großen Taten auf der Wii fähig sein können – sofern sie sich eben ein wenig Mühe geben.

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Packshot Boom Blox

Boom Blox

Release: 08.05.2008
Publisher:
Entwickler:
Anzahl Spieler: 4
USK: 6