Testbericht: Barbie als Prinzessin der Tierinsel

Dass Nintendos Wii neue Käuferschichten anspricht, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Nur so ist es zu erklären, dass die Konsole auch über ein Jahr nach dem Launch noch weggeht wie warme Semmeln und man mittlerweile sogar in Altersheimen die alten Knochen lieber mit einer Runde „Wii Sports“ anstatt mit Krankengymnastik fit hält. Auch die weiblichen Gamer haben die Entwickler dabei für sich entdeckt, nicht zuletzt seitdem auf Nintendos DS Spiele für Mädchen, Girls und Frauen immer größeren Anklang finden und auch kommerzielle Erfolge feiern können. Somit verwundert es kaum, dass auch Activision ein Stück vom Kuchen ab haben möchte und mit „Barbie als Prinzessin der Tierinsel“ ein Game ins Rennen schickt, welches bereits auf den ersten Blick die Zielgruppe der jungen Mädchen anspricht. Ob sich der Ausflug auf das animalische Eiland aber auch für andere Käufer lohnen könnte? Wir haben uns in die rosarote Welt der berühmtesten Puppe gestürzt und können euch nun davon berichten …

Pink, pink, pink sind alle meine Kleider

Seitdem Barbie im Jahre 1959 das Licht der Welt erblickte, sind Mädels rund um den Globus fasziniert von der kecken Blondine mit der Wespentaille, die immer ein Lächeln auf den Lippen hat, modisch gekleidet und scheinbar unendlich erfolgreich damit ist. Bereits zu Zeiten des SNES wurde Barbie deswegen auch schon mit Videospielumsetzungen bedacht, die aber eher spielerischen Totalausfällen glichen und zur damaligen Zeit wohl auch kaum Spielerinnen vor die Konsole locken konnten. In Zeiten von Nintendos Wii sieht das nun anders aus. Die Gamerin von heute wurde längst als lukrative Zielgruppe erkannt und soll nun mit diesem von Ivolgamus programmierten Spiel unterhalten werden. Streng genommen handelt es sich hierbei eigentlich um eine Filmumsetzung, denn – für alle die es nicht wissen – „Barbie als Prinzessin der Tierinsel“ ist ein auf DVD erschienener Animationsfilm von Mattel, der sich rund um die pinke Puppe dreht. Genauer gesagt wird Barbie als junges Mädchen auf eine einsame Insel gespült und wacht dort ohne Erinnerungen auf. Sie freundet sich mit den dort lebenden Tieren an und wird von allen „Rosella“ genannt. Eines Tages landet ein Schiff an der Insel, ein hübscher Jüngling verguckt sich in die holde Maid und nimmt sie und ihre tierischen Freunde mit in die Hafenstadt sowie bald auch an den königlichen Hof. Denn wie es der Zufall so will, ist besagter junger Bursche Prinz Antonio und er hat ein Auge auf die adrette Blondine geworfen. Wo im Film eine Konkurrentin um das Herz des Prinzen sowie deren fiese Mutter ins Spiel kommt und das Happy End verhindern möchte, muss der Spieler in der dazugehörigen Softwareumsetzung alle wichtigen Stationen des Streifens passieren, um am Ende mit dem Prinzen vor dem Traualtar zu stehen.

Man startet dabei nach der Erstellung eines Profils und einer einleitenden Videosequenz direkt auf der einsamen Insel und hat die Wahl aus insgesamt sechs Minispielen. Minispielen? Ja, denn im Prinzip handelt es sich bei Barbie als Prinzessin der Tierinsel um eine mit wenigen Extras angereicherte Minispiel-Sammlung – nicht mehr, aber auch nicht weniger. In jedem der Minispiele lassen sich je nach Geschick des Spielers bis zu drei Inselrosen gewinnen. Hat man genug Rosen gesammelt, darf man zur nächsten Station voranschreiten und sich dort neuen Aufgaben, Pardon, neuen Minispielen stellen. Auf der ersten Insel sind in den sechs Spielen maximal 18 Rosen zu holen, sofern Adam Riese damals keinen Rechenfehler begangen hat. Doch schon beim Erreichen des vollen Dutzends wird der Weg auf das Schiff des Prinzen freigeschaltet. Manche Stationen sind nur mit fünf Minispielen gesegnet, dort wird dann nur das Sammeln von zehn Inselrosen verlangt, um das Vorankommen im Spiel zu sichern. Neben den Höchstpunktzahlen werden auch die erreichten Inselrosen gespeichert, um die erzielten Erfolge zu dokumentieren. Des weiteren gibt es nach bestimmten Games auch Extras in Form von zusätzlichen Kleidern, Schuhen und anderen Accessoires freizuspielen. Diese dürfen Barbie in ihrem Ankleidezimmer auf den Leib geschneidert werden. Während die Zielgruppe der jungen Mädels hier sicher ihre Freude haben wird, kehren hartgesottene Zocker dem Ankleidezimmer nach dem ersten modischen Faux Pas und der Zusammenstellung von pinken Schuhen mit einem violetten Kleid und einer rosafarbigen Halskette schnell den Rücken. Schade ist hierbei generell, dass das Potenzial des „Einkleidens“ nicht ausgenutzt wurde, um es in das laufende Spiel zu übertragen. Die im Ankleidezimmer gewählten Klamotten sind nämlich nur dort aktuell. Wechselt man zurück in das eigentliche Spiel, trägt Barbie, respektive Rosella dort ihre Standardkostüme, die von vornherein so vorgegeben sind und nicht verändert werden können. Leider hat man es hier verpasst dem Spiel eine individuelle Note zu verleihen.

Die Minispiele selbst scheinen auf den ersten Blick gar nicht einmal so übel geworden zu sein und versprechen einiges an Abwechslung. Sei es nun das Sammeln von Blüten, während man auf einer Schaukel sitzt, das Fangen von Schmetterlingen und Glühwürmchen, das Nachzeichnen von Sternbildern am Himmel oder das Füttern von hungrigen Krokodilen mit Obst, damit diese ihre Klappe halten und Rosella unbeschadet den Fluss überqueren und zu ihrem Prinzen Antonio gelangen kann – eine gewisse Prise an Einfallsreichtum muss den Entwicklern durchaus zugestanden werden. Ob die einzelnen Minispiele für den geneigten Zocker ansprechend und motivierend sind, steht dagegen auf einem ganz anderen Blatt. Das hängt auch in erster Linie damit zusammen, dass es so etwas wie spielerischen Anspruch in Barbie als Prinzessin der Tierinsel nicht zu geben scheint. Es mag auf der einen Seite löblich sein, wenn man einen Titel für alle Altersklassen zugängig machen möchte. Senkt man dabei aber den Schwierigkeitsgrad so dermaßen weit herab, dass selbst ein Hamster mit Sehstörungen die Anforderungen bewältigen kann, schränkt das die Zielgruppe doch immens ein. Halbwegs erfahrene Spieler haben nach spätestens zwei Stunden alle Minispiele absolviert, im Großteil der Games schon beim ersten Versuch gleich den Highscore geknackt, drei Inselrosen einkassiert und befinden sich nun nach einem kitschig-schmalzigen Final-Song frisch mit dem Prinzen vermählt auf dessen Schiff auf Hochzeitsreise segelnd wieder. Somit scheint das Spiel wirklich nur für eine sehr junge Zielgruppe geeignet zu sein, die ohne großartige Skills auch schnell Erfolge feiern möchte. Freunde der Emanzipation sollten übrigens auch einen großen Bogen um den Titel machen, denn Rosella verkörpert hier das traditionell klischeehafte weibliche Abziehbild, indem sie fleißig kocht, eifrig näht und wie eine Kellnerin Essen serviert. Fehlt nur noch, dass sie auch putzen, bügeln und staubsaugen muss, aber soweit ging man seitens Ivolgamus dann doch nicht.

Wem der Ausflug auf die Tierinsel alleine zu langweilig ist, der darf selbstverständlich auch einen Freund mit einer Runde Minispiele quälen, bzw. erfreuen, je nachdem wie dessen Affinität zu Barbie und Konsorten aussieht. Alle Minispiele können mit einem zweiten Spieler absolviert und mal kooperativ, mal kompetitiv gespielt werden. Obwohl das Handbuch und die Packungsrückseite übrigens fünf Schauplätze und „28 aufregende Minispiele“ versprechen, bietet Barbie als Prinzessin der Tierinsel sogar noch mehr: Insgesamt stehen nämlich 33 Minispiele auf sechs Schauplätzen zur Verfügung. Ob man die Hochzeit mit dem Prinzen aus „Spannungsgründen“ *hüstel* verschwiegen oder die abweichenden fünf Minispiele unter den Tisch hat fallen lassen, weil diese einfach nicht wie versprochen „spannend“ sind, sei mal dahingestellt. Fakt ist, dass es neben den freispielbaren Kleidern und Accessoires unter dem Menüpunkt „Extras“ auch noch insgesamt fünf Songs aus dem Film gibt, die alle entsperrt werden wollen. Von Beginn an anwählbar ist hier nur der Trailer zum Streifen selbst. Wer also nur das Spiel besitzt und sich Appetit auf den Film machen möchte, ist an dieser Stelle herzlich dazu eingeladen. Alle anderen können sich hier ein Beispiel dafür anschauen, dass auch Animationsfilme in der heutigen Zeit nicht unbedingt den technischen Standards entsprechen müssen.

Schüttel mich!

Wenn wir schon beim Thema „technische Standards“ sind, so werfen wir doch am besten gleich auch einen Blick auf die Minispiele selbst und die Umsetzung der Steuerung. Hierbei ist zu sagen, dass man sich leider nur selten die Mühe machte, die Wii-Steuerung ansprechend in das jeweilige Minigame zu integrieren. Zu oft werden die an den Spieler gestellten Aufgaben nur mit dem Analogstick des Nunchuk oder wahlweise dem Digitalkreuz der Wiimote gesteuert, wobei dann meist nur der A-Button für die auszuführende Aktion Verwendung findet. Gelegentlich kommt das Schütteln der Wiimote als sensationellste aller Wii-Features zum Einsatz. Ab und an darf man sogar die Pointerfunktion nutzen, um z.B. vorgegebene Linien nachzuzeichnen oder schwebende Vögel sowie einen geworfenen Speer in die gewünschte Richtung zu dirigieren. Viel mehr muss nicht gesagt werden, denn mehr Abwechslung in Sachen Steuerung gibt es eigentlich nicht. Allerdings sollte noch erwähnt sein, dass die Pointerfunktion im Spiel selbst sowie in den Menüs konstant etwas schwammig wirkt. Man hat nie das Gefühl, als würde man den Pointer in der Tat pixelgenau steuern können, wie das bei anderen Games oder alleine schon bei der Navigation im Wii-Menü selbst der Fall ist.

Anspruchslos …

… gestaltete sich leider auch die technische Umsetzung des Games. Dabei ist es eigentlich nicht zu entschuldigen, die optische Mittelmäßigkeit des Titels auf die junge Zielgruppe zu schieben. Natürlich werden kleine Mädchen begeistert von der bunten Welt sein, in die sie mit Barbie als Prinzessin der Tierinsel entführt werden. Von diesem Gesichtspunkt aus hat man seitens Ivolgamus nicht viel verkehrt gemacht. Der erfahrene Zocker erkennt aber schnell, dass der Titel optisch so auch bereits in der letzten Konsolengenration ohne Probleme möglich gewesen wäre. An sich wäre auch das noch kein Weltuntergang, allerdings ist es dann umso unverständlicher, warum diverse Patzer nicht vermieden werden konnten. Ein unübersehbarer Pixelfehler in der ersten Videosequenz nach dem Starten des Hauptspiels macht dabei ebenso eine schlechte Figur wie die ständigen Ladezeiten zwischen den Minigames, die mit einer unsagbar nervig wabernden „Ladevorgang“-Schrift überbrückt werden, bei der man den Eindruck hat der Schriftzug würde Ruckeln ohne Ende. Da kann die Grafik an sich noch so stimmig und auf die Zielgruppe zugeschnitten sein, derartige Schnitzer hätte man sich nicht erlauben dürfen.

Auch in Sachen Sound fällt die Bewertung zwiespältig aus. Auf der einen Seite untermalen atmosphärische Melodien das Geschehen und auch die Soundeffekte sind recht angenehm. Ein Lob verdient eigentlich sogar die Synchronisation, da der Titel komplett eingedeutscht wurde und die Sprecher allesamt authentisch klingen (wenngleich der Pfau etwas zu übertrieben tuckig wirkt). Getrübt wird dieser positive Eindruck aber dadurch, dass sich die Kommentare während der Minispiele binnen Sekundenbruchteilen ständig wiederholen. Meist sind es drei Sätze, die für ein Minigame aufgenommen wurden und dann wieder und wieder und wieder und wieder und immer wieder abgerufen werden. Sofern man das zehnte Lebensjahr bereits hinter sich gelassen hat, wird man davon sicherlich schnell genervt werden und den Sound irgendwann frustriert abschalten wollen. Auch die enthaltenen Musikstücke aus dem Film, die in den Videosequenzen eingespielt werden, sind zwar soundtechnisch gesehen sauber ins Spiel übertragen worden, treiben den Hörer anspruchsvoller Klänge aber schnell durch ihren hohen Kitschfaktor zur Verzweiflung. Kleinen Mädels mag das aber unter Umständen gut gefallen, soviel sollte der Fairness halber erwähnt werden.

Fazit

Ein abschließendes Fazit zu ziehen fällt somit nicht gerade einfach. Auf der einen Seite ist Barbie als Prinzessin der Tierinsel für jeden ernsthaften Hardcore-Zocker ein absoluter Graus, eine total Überflutung mit rosafarbigen Kleidern, Schleifen, Blumen und vor allem Minispielen. Auf der anderen Seite besteht die Zielgruppe bei diesem Titel wohl in erster Linie aus jüngeren Mädchen. Diese stören sich weder an der schwammigen Steuerung, noch an der mittelprächtigen Technik. Selbst die Grafikpatzer werden ihnen kaum auffallen, wenn sie mit Rosella fleißig Inselrosen sammeln, die Kleider nähen und davon träumen den Prinzen Antonio zu heiraten. Ist man also auf der Suche nach einem honigsüßen Spiel in Bonbonfarben für den Nachwuchs, der ohnehin gerne mit der pinken Puppe spielt, kann man hier kaum etwas verkehrt machen und darf trotz des geringen Umfangs zugreifen. Barbie-Fans werden ohnehin begeistert sein und unsere Endwertung in Gedanken um mindestens drei Punkte aufwerten. Wer allerdings einen gewissen Anspruch an ein Game hat, eine Herausforderung sucht und auch nichts gegen Langzeitmotivation einzuwenden hat, sollte die Wertung eher halbieren und den Titel tunlichst im Regal stehen lassen.

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Packshot Barbie als Prinzessin der Tierinsel

Barbie als Prinzessin der Tierinsel

Release: 12.12.2007
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Entwickler:
Anzahl Spieler: 4
USK: