Testbericht: AMF Bowling Pinbusters!
Man sollte meinen, dass man nach sage und schreibe 18 Jahren als aktiver Videospieler so schnell nicht mehr geschockt werden könnte. Dann kam „Ninjabread Man“ und bewies mir das Gegenteil indem aufgezeigt wurde, wie schlecht Spiele doch sein können. Ich war mir sicher, dass dieses unterirdische Niveau so schnell nicht wieder erreicht werden würde – wie sehr ich mich doch getäuscht habe. Ich muss zugeben, dass ich in gewisser Weise eine Teilschuld trage, denn ich schreie auch immer gleich „Hier!“, wenn in der Redaktion ein zu erwartender Titel für die Mülltonne zu vergeben ist. Eigentlich wollte ich mir diese Marotte schon lange abgewöhnen, aber nachdem sich sonst keiner meiner Kollegen für „AMF Bowling Pinbusters!“ erwärmen konnte, wanderte die Disc also bei mir in den Wii-Slot und ich durfte mich einer neuen Herausforderung stellen …
Ich geb‘ mir die Kugel!
Die Absichten hinter manchen Games sind leider ziemlich eindeutig. Im Falle von AMF Bowling Pinbusters! wären rein theoretisch zwei Möglichkeiten denkbar gewesen. Zum einen hätte man mit vielen Optionen, Spielmodi und Extras versuchen können, dem in Wii Sports enthaltenen Bowling den Rang abzulaufen und ein Spiel auf die Beine zu stellen, welches man als Liebhaber von geselligen Runden einfach als Pflichttitel in seine Sammlung stellen muss. Zum anderen hätte man sich aber auch ein unmotiviertes Programmiererteam suchen können, um die Steuerung aus Wii Sports schlecht zu kopieren und ein lustloses Stück Software auf die Konsole zu klatschen, welches nicht einmal im alkoholisierten Zustand Spaß macht, selbst wenn es das letzte Spiel auf dieser Welt wäre. Aus Kostengründen entschied man sich seitens „Mud Duck“ für die zweite Variante, denn offenbar war nach dem Einkauf der „AMF“-Lizenz einfach nicht mehr genug Kohle verfügbar. Aber egal, denn die Zielgruppenerweiterung der Wii hat ja zur Folge, dass viele ahnungslose „Casualgamer“ durch die Läden rennen und sich wahllos interessant klingende Spiele kaufen, ohne sich vorher über deren Qualitäten zu informieren. Ein „Voller Einsatz der Wii-Fernbedienung“ wird dabei genauso versprochen wie eine „Helle und farbenfrohe Party-Atmosphäre“ sowie „Einzigartige Minispiele“ – ich kann kaum noch an mich halten! „Acht spielbare Figuren“ – jetzt schlägt es dem Fass aber den Boden aus, das hätte ich in meinen kühnsten Träumen nicht erwartet.
Wer also in der Tat sich hat blenden lassen und sich den Titel zum Budgetpreis ins Haus geholt hat, darf nach dem Starten der Disc in das ziemlich leere Hauptmenü starren. Die Optionen lassen wir lieber gleich außen vor, denn dort ist nur die Lautstärke von Soundeffekten, Musik und Sprache einstellbar. An Spielmodi finden wir im Menü jedenfalls gleich zwei Stück vor: „Jetzt bowlen“ eröffnet dabei den Einzelspielermodus, in welchem mit bis zu drei menschlichen Mitspielern eine schnelle Runde gespielt werden kann, während das „Turnier“ euch als Herausforderung mit insgesamt acht Spielern maximal drei Matches beschert, bevor ihr hier als Sieger die Bahn verlassen dürft. Nach der Auswahl der Spieleranzahl darf man sich seine Spielfigur aussuchen. Wer sich in Gedanken schon darauf einstellt mit seinem Mii zu bowlen, wird schnell eines Besseren belehrt werden. AMF Bowling Pinbusters! hält für euch lediglich acht vorgefertigte Charaktere bereit, aus denen gewählt werden darf. Zu den Helden der Bowlingbahn zählen dabei so stereotype Charaktere wie ein fesches Cowgirl, ein strenger Drill-Sergeant, ein krasser Rapper aus der Bronx, ein schlechter Elvis-Doppelgänger, ein cooler Surfer sowie ein aufmüpfiges Rock-Girlie. Eine Mii-Integration und damit die Identifizierungsmöglichkeit des Spielers mit seinem virtuellen Ich findet nicht statt.
Wäre dies unter dem Gesichtspunkt der Einfachheit für ein schnelles Spiel ohne Schnörkel noch unter Umständen zu verkraften, sind die Defizite im Gameplay dagegen nicht mehr zu entschuldigen. Prinzipiell wurde die Steuerung in AMF Bowling Pinbusters! 1:1 aus Wii Sports übernommen – zumindest in der Theorie. Ihr könnt also vor der Bahn stehend die Richtung und den Winkel ändern (gewechselt wird jeweils mit dem A-Button), ein Drücken und Halten des B-Buttons lässt den Bowler losstarten und nach einer ausholenden Bewegung der Wiimote von hinten nach vorne wird durch das Loslassen von B die Kugel in Richtung Pins befördert. Was in der Theorie und in Nintendos Vorbild einwandfrei funktioniert, präsentiert sich im Falle von AMF Bowling Pinbusters! in der Praxis als absoluter Griff ins Klo. Zwar schussert ihr eure Kugel auch hier irgendwie nach vorne, von Ballkontrolle kann man dabei aber nicht einmal ansatzweise sprechen. Mal driftet eure Bowlingkugel aus unerklärlichen Gründen zur Seite ab, mal rollt sie schnurstracks auf die Pins zu, obwohl ihr der Kugel bewusst einen leichten Seitwärtsdrall mitgeben wolltet. Auffällig und ärgerlich wird es besonders dann, wenn eure Kugel scheinbar in der Mitte der Bahn kurz stockt und eine andere Richtung einschlägt, so dass sie im Endeffekt ihr anvisiertes Ziel nicht erreicht. Das passiert zwar nur selten, aber alleine die Tatsache, dass es überhaupt vorkommt, zeugt von einer schlechten Ingame-Physik. Diese setzt sich übrigens auch im Flugverhalten der Pins fort, die in Wii Sports wesentlich realistischer aus dem Weg gefegt werden. Dass man die Steuerung übrigens nicht für Linkshänder umstellen kann ist zwar ärgerlich, hat mich als Linkshänder aber aus zwei Gründen nicht gestört: Zum einen spiele ich sowieso mit der Wiimote in der rechten Hand, zum anderen spricht die Steuerung ohnehin kaum an, so dass es egal ist, mit welcher Hand man nun die Kugel wirft.
Als ob dies alles noch nicht genug wäre, hat man sich in Sachen Präsentation und Umfang ebenfalls kein Bein ausgerissen. Das schlichte Menü ist eine Schande für jedes Auge und wer sich die Mühe macht ein komplettes Turnier durchzustehen und vielleicht auf eine kleine Belohnung für den Sieg hofft, wird mit einem eingeblendeten „Spielende!“ abgewatscht. Die erzielten Punktzahlen werden übrigens nicht gespeichert, womit auch das letzte bisschen Motivation schneller flöten geht als die Rettungsringe beim Untergang der Titanic. Mehr gibt es nicht zu entdecken, denn freizuschaltende Extras wie neue Spielfiguren oder andere Bahnen gibt es nicht. Thema „andere Bahnen“: Sieben Bowlingbahnen stehen dem Spieler zur Verfügung, die von der Sportsbar über einen Western-Saloon bis hin zum Etablissement in Hollywood reichen und mit dem jeweils passenden Ambiente ausgestattet wurden. Viel zur Atmosphäre beigetragen wird dadurch allerdings nicht. Denn wo in Wii Sports auf den anderen Bahnen links und rechts vom Spieler stets reger Betrieb ist und die Pins an allen Ecken und Enden scheppern, herrscht hier gähnende Leere. Ich finde es wirklich bezeichnend, wenn offenbar nicht einmal die Computerspieler Lust verspüren auf den anderen Bahnen zu spielen …
Doch halt, war da nicht noch etwas? Na klar, uns wurden ja noch sensationelle Minispiele versprochen, oder? Ganze zwei Stück gibt es davon und beide sind einfach nur ein schlechter Scherz. „Pin Bowl“ ist dabei als eine Mischung aus Bowling und Billard anzusehen, denn ihr müsst eine schwarze 8er-Kugel treffen und darauf hoffen, dass sie ein paar Pins umwirft. Mag die Idee noch ansprechend klingen, ist die Umsetzung wirklich grauenhaft und raubt jeden Ansatz von Spielspaß, der eventuell hätte aufkommen können. Es scheint egal zu sein wo man die Billardkugel trifft, sie springt nahezu immer an den Pins vorbei. Im ersten Durchgang habe ich in zehn Spielen insgesamt sensationelle 0 Punkte erzielt, im zweiten Durchlauf waren es immerhin 24 Zähler auf meinem Punktekonto, bevor ich entnervt dem „Spielende!“ entgegen blickte. Das zweite Minispiel ist das Hindernis-Bowling, welches quasi eine schlecht umgesetzte Kopie des Wii Sports-Pendants ist. Spielspaß? Fehlanzeige.
Party-Atmosphäre?
Vollmundig wird auf der Packungsrückseite die Party-Atmosphäre des Titels angepriesen. Im Spiel selbst ist davon allerdings nicht viel zu bemerken. Offenbar fand die Party-Atmosphäre nur während der Progammierarbeiten an dem Spiel statt und anstatt sich um eine ordentliche Optik zu kümmern, feierten die Entwickler bis tief in die Nacht in irgendwelchen Bars. Nur so lässt sich erklären, dass AMF Bowling Pinbusters! auch in optischer Hinsicht allen Erwartungen weit hinterher hinkt. Die vorgefertigten Charaktere könnten der letzten Konsolengeneration entsprungen sein, weisen nur wenige Texturen auf und haben derart ruckelige Animationen, dass man bei ihnen glatt eine Altersgebrechlichkeit vermuten könnte. Die leer gefegten Bowlingarenen sind ebenfalls eher trostlos. Einzig die Spiegelungen auf den Bahnen können sich sehen lassen, ziehen den Karren aber auch nicht mehr aus dem Dreck.
Wirklich schlimm ist auch der Sound des Games. Im besten Falle sind die Hintergrundmusiken der Arenen nämlich einfach nur langweilig und öde. Meistens dagegen sind sie derart repetitiv, dass sie dem Spieler nach spätestens 60 Sekunden tierisch auf den Zeiger gehen. Damit einher gehen die drögen und lustlos eingesprochenen Kommentare der Spielfiguren, die sich immer wieder wiederholen und auch nicht wirklich passend zu den Situationen erklingen. Wenn man nur einen Pin umnietet freut sich euer Hobby-Kegler und trefft ihr neun der zehn Pins, ist er dagegen schon mal ziemlich enttäuscht. Aber das kann euch eigentlich egal sein, da man den Sound ohnehin abstellen sollte. Dann verpasst man zwar die etwas künstlich klingenden Soundeffekte der Pins beim Umfallen, aber das ist nicht weiter tragisch.
Fazit
Wer auf der Suche nach einem guten Bowling-Spiel für Nintendos Wii ist, sollte nach wie vor auf das der Konsole beigelegte Wii Sports zurückgreifen. Wer dagegen zu viel Geld übrig hat und nicht weiß wohin, darf sich ruhig bei mir melden und meine Kontodaten für eine kleine Überweisung erfragen. Erst wer danach immer noch nicht weiß, was mit seiner Kohle anzufangen ist, sich nicht daran stört, dass man kaum Spielspaß als Gegenwert enthält oder einfach ein Geschenk für jemanden sucht, den er überhaupt nicht leiden kann, ist bei AMF Bowling Pinbusters! richtig.
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